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226 B - 3/89 - Berufungskammer der Zentralkommission (Berufungsinstanz Rheinschiffahrt)
Decision Date: 20.03.1989
File Reference: 226 B - 3/89
Decision Type: Urteil
Language: German
Court: Berufungskammer der Zentralkommission Straßburg
Department: Berufungsinstanz Rheinschiffahrt

Leitsätze:

Ein Motorschiff, das nicht geeignet ist, geschleppt zu werden, darf auch keinen Vorspann nehmen. Wie lange das Prüfzeugnis einer Gasanlage Gültigkeit hat, richtet sich nach den Vorschriften der Rheinschiffs-Untersuchungsordnung, nicht nach der Bescheinigung des Ausstellers des Prüfzeugnisses.

Urteil der Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschiffahrt

vom 20. März 1989

226 B - 3/89

(Rheinschiffahrtsgericht Duisburg-Ruhrort)

 

Zum Tatbestand:

Der Betroffene hatte für das ihm gehörende und von ihm geführte Motorschiff während der Bergfahrt auf dem Niederrhein zur vorübergehenden Verstärkung der Motorkraft ein anderes Motorschiff als Vorspann genommen. Sein Schiff war nach dem Schiffsattest nicht dazu geeignet, geschleppt zu werden. Außerdem war die Gasanlage des Schiffes seit mehr als 3 Jahren nicht geprüft worden. Der Betroffene besaß allerdings eine Prüfungsbescheinigung vom 19.9. 1983, deren Gültigkeit vom Aussteller bis zum 26. 8. 1987 befristet worden war. Das Rheinschiffahrtsgericht verhängte wegen einer Ordnungswidrigkeit gemäß Artikel 8 Ziffer 1 b), i) der Einführungsverordnung zur Rheinschiffs-Untersuchungsordnung eine Geldbuße in Höhe von DM 200,—. Die Berufung des Betroffenen hatte keinen Erfolg.

Aus den Entscheidungsgründen:

„Ein Unterschied zwischen ,schleppen' und ,vorspannen', wie ihn der Betroffene konstruiert, besteht nicht. In beiden Fällen wird ein Schiff von dem schleppenden oder vorgespannten an einem Strang gezogen. Dabei kann das gezogene Schiff ohne eigene Maschine fahren, also ganz von derjenigen des ziehenden abhängen, oder auch einen eigenen Motor einsetzen, dessen Kraft durch diejenige der Maschine des ziehenden Schiffes leldiglich verstärkt wird. In beiden Fällen behält das gezogene Schiff die Fähigkeit, sich selbst zu steuern. Ist deshalb ein Schiff nach dem ihm erteilten Attest nicht geeignet, zu schleppen oder geschleppt zu werden, so fehlt ihm auch die Eignung, Vorspannboot zu sein oder ein solches zu nehmen.
Es kann auch nicht anerkannt werden, daß ,schleppen' das ,geschleppt werden' nicht einschließe, die mangelnde Eignung des Schiffes des Betroffenen zu ,schleppen' ein ,geschleppt werden' also nicht ausschließe. Mit ,schleppen' ist vielmehr das Fahren in einem Schiffsverbande gemeint, der aus mindestens einem an einem Strang ziehenden und mindestens einem an einem solchen Strang gezogenen Schiff, das sich selbst steuert, besteht.
Das Prüfzeugnis der Gasanlage des Schiffes des Betroffenen hatte nach der Rheinschiffsuntersuchungsordnung eine Gültigkeitsdauer von 3 Jahren. Da es am 19.9. 1983 ausgestellt worden war, erlosch seine Gültigkeit am 19. 9. 1986. Daran änderte der Umstand nichts, daß im Zeugnis eine falsche Gültigkeit bis zum 26. 8. 1987 vermerkt war, da die ausstellende Firma nicht in der Lage war, die Gültigkeit ihrer Prüfzeugnisse über die gesetzlichen Zeiten hinaus zu verlängern.
Das falsche Gültigkeitsdatum des Prüfzeugnisses war auch keine Grundlage, auf deren Verläßlichkeit der Betroffene hätte vertrauen dürfen. Reedereien und Kapitänen von Schiffen ist bekannt, in welchen zeitlichen Abständen nach den geltenden gesetzlichen Bestimmungen Schiffe zu prüfen sind, denn sie haben ja solche Prüfungen zur rechten Zeit zu veranlassen und tun das auch. Sie können deshalb falsche Eintragungen über die Gültigkeitsdauer von Prüfzeugnissen erkennen. Es fehlt also jede Grundlage eines schützenswerten Vertrauens auf Richtigkeit objektiv falscher Eintragungen.
........."


Anmerkung der Redaktion:

Auch folgende Begründung wäre ohne weiteres einleuchtend gewesen: Ein Motorschiff, das Vorspann nimmt, wird mehr oder weniger „geschleppt". Ist es nach seinem Schiffsattest nicht geeignet, geschleppt zu werden, ist auch Vorspann nicht erlaubt.

 

Ebenfalls abrufbar unter ZfB 1990 - Nr.5 (Sammlung Seite 1296); ZfB 1990, 1296