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Leitsatz:
Die Kosten eines Parteigutachten sind ausnahmsweise nur dann erstattungsfähige Parteikosten, wenn dieser Partei besondere fachliche Kenntnisse der Gegenpartei fehlen oder die Partei selbst nicht in der Lage ist, ein vorliegendes privates oder gerichtliches Sachverständigengutachten zu überprüfen.
Beschluss des Oberlandsgerichts Karlsruhe
- Schiffahrtsobergericht -
vom 02.02.2009
Entscheidungsgründe:
Die sofortige Beschwerde der Klägerin, mit der sie sich dagegen wendet, dass die Kosten des von ihr beauftragten Privatgutachters in Höhe von insgesamt 6.426,00 Euro nicht als erstattungsfähig festgesetzt wurden, ist zulässig (104 Abs. 3 ZPO i.V.m. § 11 Abs. 1, 21 Nr. 1 RPfIG), aber nicht begründet.
Nach § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO hat die unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere sind die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung notwendig waren. Prozesskosten im Sinne der genannten Bestimmung sind dabei nicht nur die im Prozess selbst entstandenen Kosten, vielmehr können auch solche Aufwendungen unter den Begriff Prozesskosten fallen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Rechtsstreit vor- oder außerprozessual entstanden sind. Kosten eines Privatgutachtens sind nur ausnahmsweise zu erstatten. Dabei sind die Anforderungen an die Erstattungsfähigkeit unterschiedlich, je nachdem, ob es sich um ein vorprozessuales oder ein prozessbegleitendes Sachverständigengutachten handelt. Kosten für ein prozessbegleitendes Privatgutachten sind in aller Regel nicht erstattungsfähig, denn noch mehr als für eine vorprozessuale Gutachtertätigkeit gilt während eines Rechtsstreits, dass es von seltenen Ausnahmen abgesehen Aufgabe des Gerichtes ist, die Beweiserhebung durch Einholung von Sachverständigengutachten durchzuführen. Damit die Kosten eines privat eingeholten Sachverständigengutachtens ausnahmsweise erstattungsfähig sind, muss dieses jedenfalls prozessbezogen sein. Außerdem darf die Sachkunde der Partei für ein klares Urteil in tatsächlicher Hinsicht nicht ausreichen, sodass sie sich außerstande sieht, ihrer Darlegungslast zu genügen, einen gebotenen Beweis anzutreten oder Angriffe des Gegners abzuwehren (ständige Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Karlsruhe, Beschl. v. 20.07.1999 – 3 W 27/99 –; Beschl. v. 29.07.2002 – 3A W 59/02 – m.w.N.; Schifffahrtsobergericht Karlsruhe, Beschl. v. 10.03.2003 – 23 W 1/03 BSch –; vgl. ferner BGH Beschl. v. 17.12.2002 – VI ZB 56/02 – sowie Zöller/Herget, ZPO, 27. Aufl. § 91 Rdnr. 13 m.w.N.). Eine solche Ausnahme ist nur bei unabweisbarer Notwendigkeit gegeben, die beispielsweise dann anzunehmen sein kann, wenn einer Partei besondere technische, mathematische oder sonstige fachliche Kenntnisse der Gegenpartei fehlen, oder es gilt, ein vorliegendes privates oder gerichtliches Sachverständigengutachten zu überprüfen, zu widerlegen, zu erschüttern oder dem gerichtlich bestellten Sachverständigen bei seiner Erläuterung sachdienliche Vorhalte zu machen ohne dazu selbst in der Lage zu sein.
Am Vorliegen dieser strengen Voraussetzungen – der unabweisbaren Notwendigkeit – fehlt es hier hinsichtlich der von der Klägerin eingeholten und zum eigenen Parteivortrag gemachten drei privatgutachterlichen Stellungnahmen, wie die Rechtspflegerin des Schifffahrtsgerichts in der angefochtenen Entscheidung vom 4. August 2008 ebenso wie in der Nichtabhilfeentscheidung vom 14. Januar 2009 eingehend und zutreffend dargestellt hat; sie hat insbesondere u.a. darauf abgehoben, dass die Klägerin durch in Schifffahrtssachen spezialisierte, erfahrene Rechtsanwälte vertreten wurde, dass der Gesichtspunkt der Waffengleichheit hier nicht durchschlägt und schließlich auch, dass die Klägerin auf der Grundlage des vorausgegangen Verklarungsverfahrens zu dem Sachvortrag in der Lage war, der Gegenstand der gerichtlichen Beweiserhebung und Entscheidung (im Grundurteil) wurde. Dem ist nichts Weiteres hinzuzufügen.
Ebenfalls abrufbar unter ZfB 2009 - Nr.04 (Sammlung Seite 2019 f.); ZfB 2009, 2019 f.