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22 U 2/15 BSc - Oberlandesgericht (Schiffahrtsobergericht)
Decision Date: 30.11.2015
File Reference: 22 U 2/15 BSc
Decision Type: Urteil
Language: German
Court: Oberlandesgericht Karlsruhe
Department: Schiffahrtsobergericht

Leitsätze:

1) Werden im Rahmen eines Chartervertrages über ein Binnenschiff Güter mit diesem Schiff transportiert, ist maßgeblich für die Rechtsnatur dieses Vertrages, ob die Beförderung der Güter durch den Vercharterer durchgeführt wird (dann Frachtvertrag) oder durch den Charterer selbst mit dem ihm überlassen Schiff (dann Miete).

2) Überlässt der Vercharterer nicht nur das Schiff (bareboat-Charter), sondern zusätzlich die Dienste seines Personals, so ist für die Unterscheidung zwischen Miete und Frachtcharter entscheidend, wer die Mannschaft führt. Behält der Vercharterer die unmittelbare Verfügungsgewalt über das Schiff dadurch, dass die Mannschaft dem Befehl des Vercharterers unterstellt ist, so schließt dies eine Miete aus.

3) Wird durch einen Erfüllungshilfen des Absenders beim Löschen des vercharterten Schiffes das Schiff beschädigt, so handelt es sich um eine Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht im Sinne des § 280 I BGB der frachtvertraglichen Verpflichtung des Absenders zum Löschen aus § 412 HGB. Für den daraus entstandenen Schaden haftet der Absender gegenüber dem Frachtführer.

4) Artikel 6 IV CMNI verpflichtet den Absender des Frachtvertrages nicht nur zum Laden, sondern über den Wortlaut hinaus auch zum Entladen des Schiffes. Dass das Löschen der Ladung in Artikel 6 IV CMNI nicht erwähnt ist, ist ein Redaktionsversehen, so dass es bei Anwendbarkeit des deutschen Rechtes neben der CMNI insoweit nicht auf die ausdrückliche Entladeverpflichtung des Absenders nach § 412 I HGB ankommt

Urteil des Schiffahrtsobergerichtes Karlsruhe

vom 30. November 2015

Az.: 22 U 2/15 BSch (Schiffahrtsgericht Mannheim, Az.: 30 C 1/14 BSch)

Aus dem Tatbestand:

Die Klägerin nimmt die Beklagte aus übergegangenem Recht auf Schadensersatz wegen der Beschädigung des CMS »Duancis« beim Entladen eines Containers im Hafen von Rotterdam in Anspruch. Die Klägerin ist Versicherer des CMS »Duancis«. Die Eignerin des CMS »Duancis«, schloss mit der Beklagten, einem auf Containertransporte spezialisierten Logistikdienstleister, eine als Chartervertrag (in der Folge ChV) bezeichnete Vereinbarung, in der sie sich verpflichtete für die Beklagte Binnenschifftransporte zwischen Be- und Entladehäfen am Rhein sowie niederländischen und belgischen Seehäfen durchzuführen. Am 26.05.2013 legte CMS »Duancis« nach einer Reise am Containerterminal der Streithelferin zu 1 im Hafen von Rotterdam an, um 23 Container zu löschen. Die Klägerin behauptet, beim Löschen des ersten Containers, der im hintersten Laderaum in der dritten Lage frei stand (Container MSKU 027166-7), habe der Kranführer durch Ungeschicklichkeit das Steuerhaus der CMS »Duancis« beschädigt. Die Klägerin macht einen Gesamtschaden in Höhe von 101.063,90 € geltend. Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte kostenpflichtig zu verurteilen, an die Klägerin 101.063,90 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz von 99.090,00 € seit dem 05.02.2014 und von 1.973,90 € seit dem 21.05.2014 zu bezahlen. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Beklagte bestreitet den Unfallhergang und die Höhe des entstandenen Schadens. Die Beklagte hat der Betreibergesellschaft des Verladeterminals in Rotterdam, der A (Streithelferin Ziff. 1) und ihrem Auftraggeber für den Transport der Container, der B (Streithelferin Ziff. 2), mit Schriftsatz vom 26.05.2014 den Streit verkündet. Beide sind auf Seiten der Beklagten dem Rechtsstreit beigetreten. Die Streithelferin Ziff. 2 hat ihrem Auftraggeber, der C, den Streit verkündet. Dieser ist ebenfalls auf Seiten der Beklagten dem Rechtsstreit beigetreten (Streithelferin Ziff. 3). Das Amtsgericht – Schifffahrtsgericht – Mannheim hat der Klage mit der Streithelferin Ziff. 3 am 28.04.2015 zugestelltem Grund-Urteil vom 17.04.2015 – 30 C 1/14 BSch -, auf das zu den dortigen Feststellungen und Entscheidungsgründen sowie dem erstinstanzlichen Vorbringen der Parteien verwiesen wird, dem Grunde nach stattgegeben: Die Beklagte habe die von einem Mitarbeiter der Streithelferin Ziff. 1 beim unsachgemäßen Löschen des Containers verursachte Beschädigung des Steuerhauses des CMS »Duancis« zu vertreten. Die Beklagte sei als Absenderin gegenüber der Rechtsvorgängerin der Klägerin zum Löschen des Containers verpflichtet gewesen. Diese Verpflichtung habe sich aus dem ChV i.V.m. Art. 6 Abs. 4 CMNI ergeben. Zwischen den Parteien sei unstreitig, dass der Transport zwischen deutschen Ladehäfen und einem niederländischen Entladehafen abgewickelt wurde, so dass über Art. 2 Abs. 1 CMNI grundsätzlich der Anwendungsbereich des Budapester Übereinkommens (CMNI) eröffnet ist. Auf die zwischen der Beklagten und der Rechtsvorgängerin der Klägerin geschlossene Vereinbarung seien hinsichtlich der Verlade- und Entladeverpflichtung die Vorschriften der CMNI anwendbar. Ihre rechtliche Beziehung sei die eines Frachtführers zum Absender. Da sich im Vertrag keine Sonderregelungen über das Ver- und Entladen des Schiffes fänden, die Materie aber auch bei der Annahme eines (Zeit-) Mietvertrages offenkundig regelungsbedürftig sei, komme insoweit deutsches Transportrecht zur Anwendung. In der Sache wäre damit die Vorschrift des § 412 HGB einschlägig, wenn nicht – wie vorliegend – Art. 6 Abs. 4 CMNI als deutsches Transportrecht aufgrund der grenzüberschreitenden Beförderung vorrangig zu beachten wäre. Nach dieser Vorschrift treffe die Beklagte als Vertragspartnerin der Rechtsvorgängerin der Klägerin die Pflicht zur Entladung des Schiffes. Zwar sei das Löschen der Ladung in Art. 6 Abs. 4 CMNI nicht erwähnt, doch schließe sich das Gericht der vorherrschenden Literaturansicht an, dass es sich dabei um ein Redaktionsversehen handelt (von Waldstein/Holland, Binnenschifffahrtsrecht 5. Auflage, Art. 6 CMNI RZ 28). Letztlich könne dies aber auch dahinstehen, da das ansonsten zur Anwendung gelangende Frachtrecht des HGB in § 412 Abs. 1 die Verpflichtung der Beklagten zur Löschung der Ladung ausdrücklich normiere. Als vertragliche Nebenpflicht der transportrechtlichen Verpflichtung zum Löschen treffe die Beklagte die Pflicht dafür Sorge zu tragen, dass Rechtsgüter der Rechtsvorgänger der Klägerin beim Entladen nicht verletzt werden. Diese Pflicht habe die Beklagte verletzt (§ 280 Abs. 1 BGB), indem ein Mitarbeiter der Streithelferin Ziff. 1 beim Entladen das Schiff beschädigte und ihr dieses Verhalten zuzurechnen sei (§ 278 BGB) ...

Aus den Gründen:

1. Der zwischen der Rechtsvorgängerin der Klägerin (Vercharterer) und der Beklagten (Charterer) geschlossene Chartervertrag ist seiner Rechtsnatur nach ein Frachtvertrag.

a) Ist zu klären, ob der Vercharterer nur einen Beförderungserfolg (Frachtvertrag), eine mietähnliche Schiffsüberlassung mit Beförderung oder eine Schiffsmiete schuldet, so ist nach den jeweiligen Vereinbarungen zu entscheiden, welche Art von Verpflichtung übernommen worden ist (OLG München in NJW-RR 1988, 223). Maßgeblich für die Abgrenzung von Miet- und Frachtcharter ist dabei zunächst, ob der Charterer die Güter nach den getroffenen Vereinbarungen mit dem ihm überlassenen Schiff selbst befördern soll (dann Miet- oder Bareboatcharter) oder ob die Beförderung durch den Vercharterer durchgeführt wird (dann Frachtcharter; vgl. Ramming, Hamburger Handbuch zum Binnenschifffahrtsfrachtrecht Rn. 92). Überlässt der Vercharterer zusätzlich die Dienste seines Personals, wird der Chartervertrag also mit einem Dienstverschaffungsvertrag kombiniert, so ist für die Unterscheidung zwischen Miet- und Frachtcharter entscheidend, wer die Mannschaft führt (vgl. v. Waldstein/Holland, Binnenschifffahrtsrecht, 5. Aufl. 2007 HGB § 407 Rn. 23). Bleibt die Mannschaft dem Befehl des Vercharterers unterstellt, so behält dieser die unmittelbare Verfügungsgewalt über das Schiff, was eine Mietcharter ausschließt. Wird hingegen zusammen mit dem Transportmittel auch das Personal überlassen oder gestellt, führt dies, wenn der Besitz dadurch während der Nutzungsdauer zur freien Verfügung auf den Charterer übergeht, zu einer mietrechtlichen Einordnung (vgl. MüKoHGB/Thume 3. Aufl. § 407 Rn. 32).

b) Nach den getroffenen Vereinbarungen sollte der Vercharterer mit dem von ihm bemannten Schiff Binnenschiffstransporte für den Charterer durchführen (Nrn. 1.1., 1.3. ChV), die der Charterer organisieren wollte (Nr. 1.4. ChV). Bereits die Benennung des Charterzwecks »Binnenschiffstransporte« lässt die Annahme der Vereinbarung einer reinen Mietcharter als fern liegend erscheinen. Denn wenn die Parteien allein die Zurverfügungstellung eines bemannten Schiffs hätten vereinbaren wollen, hätte es dieses Zusatzes nicht bedurft. Statt der vereinbarten Klausel Nr. 1.3.»Der Vercharterer wird mit dem vermieteten Binnenschiff Binnenschiffstransporte für den Charterer durchführen.«hätte bei der Vereinbarung einer Mietcharter zudem die Formulierung». Der Vercharterer vermietet das Binnenschiff an den Charterer zur Durchführung von Binnenschiffstransporten« nähergelegen. Gegen die Vereinbarung einer Mietcharter spricht auch die Zuweisung der Organisation der Transporte an den Charterer in Nrn. 1.4., 4.4. ChV. Denn durch die sprachliche Unterscheidung der Vertragsparteien zwischen der Durchführung (Nr. 1.3. ChV) und der Organisation der Binnenschiffstransporte, die Einteilung und Disposition des Schiffes, haben diese zugleich deutlich gemacht, dass die Leistungspflicht des Vercharterers nicht mit der Zurverfügungstellung eines bemannten Schiffs sein Bewenden haben sollte, vielmehr eine weitere Leistung, eben die Durchführung von Transporten, geschuldet war. Ebenfalls gegen die Vereinbarung einer Mietcharter spricht die in Nr. 6.3. ChV vereinbarte Kostentragung gewisser Nebenkosten durch den Vercharterer, die nicht zu erklären wäre, wenn dieser tatsächlich nur ein bemanntes Schiff zur Verfügung stellen sollte ...Auch die Zuweisung der Verantwortung für das Legen und Wegnehmen von Steckern während des Binnenschiffstransport (»stekkeren van de containers«) in Nr. 7.5. ChV an den »Vercharterer bzw. Kapitain« lässt sich mit der Vorstellung einer vereinbarungsgemäßen Übertragung der Kommandogewalt über die Mannschaft auf den Charterer nicht vereinbaren.

2. Wollte man dies anders sehen, so läge eine Mietcharter mit Dienstverschaffungsabrede vor (vgl. Ramming, Hamburger Handbuch zum Binnenschifffahrtsfrachtrecht Rn. 94). Geschuldet wäre dann nicht die Beförderung von Fracht, sondern die Zurverfügungstellung eines Schiffes samt der Dienstleistung der Mannschaft. In diesem Fall kämen auf den Vertrag die mietrechtlichen Vorschriften der §§ 535 ff. BGB zur Anwendung.

a) In der Folge hätte der Mieter/Charterer bei einer Abnutzung/Beschädigung durch nicht vertragsgemäßen Verbrauch für eigenes und zuzurechnendes Verschulden einzustehen, nach § 278 BGB damit auch für seine Erfüllungsgehilfen. Der Begriff ist hier weit auszulegen und umfasst sämtliche Personen, die mit Wissen und Wollen des Mieters/Charterers in Berührung mit der Mietsache kommen (vgl. Palandt/Grüneberg, 74. Aufl. 2015, § 278 Rn. 18 m.w.N.). Dazu zählen u.a. auch der von dem Mieter/Charterer beauftragte Spediteur und dessen Leute sowie die von ihm hinzugezogenen Lieferanten und Handwerker (vgl. BGH, Urteil. v. 14.04.1976 – VIII ZR 288/74 -, BGHZ 66, 349, 354). Keine Erfüllungsgehilfen des Mieters/Charters sind dagegen die Leute des Vermieters sowie ungebetene Gäste und Besucher (vgl. Emmerich in Emmerich/Sonnenschein, Miete 10. Aufl. 2011, § 538 Rn. 4 Fn. 13).

b) Gemessen an dem Vorstehenden wäre selbst bei Annahme einer Mietcharter mit  Dienstverschaffungsabrede eine Haftung der Beklagten dem Grund nach für die bei der Löschung des Containers MSKU 027166-7 durch das Verschulden des Kranführers entstandenen Schaden gegeben.

Anmerkung der Redaktion:

Gerade bei Containertransporten durch Logistikdienstleister werden häufig Charterverträge über den regelmäßigen Einsatz, Pendelverkehr, des Containerschiffes geschlossen, das exklusiv vom Logistikdienstleister genutzt wird. In aller Regel sind dies keine bareboat-Charterverträge, sondern Charterverträge über ein bemanntes Schiff.Ob ein solcher Vertrag als Frachtvertrag oder als Mietvertrag zu klassifizieren ist, kann ganz erhebliche rechtliche Konsequenzen haben, zum Beispiel für Ladungsschäden, die nur im Rahmen eines Frachtvertrages der Obhutshaftung aus vermutetem Verschulden und der transportrechtlichen Haftungsbeschränkung unterliegen. Die Beklagte hatte mit dem gecharterten Schiff Container unterschiedlicher Auftraggeber von Deutschland in die Niederlande transportiert, bei der Entladung eines bestimmten Containers war der Fahrstand des Schiffes beschädigt worden. Wäre der Chartervertrag ein Mietvertrag, würde die Schadenersatzpflicht ausschließlich den mietrechtlichen Regeln unterliegen, die Vorschriften über das Laden und Löschen von Schiffen im Rahmen eines Frachtvertrages kämen zwischen den Parteien des Chartervertrages nicht zur Anwendung. Der gesetzliche Gerichtsstand läge am Schadenort oder am Sitz des Beklagten, nicht am transportrechtlichen Gerichtsstand. Das Schiffahrtsgericht Mannheim und ihm folgend das Schiffahrtsobergericht Karlsruhe haben den Chartervertrag als Frachtvertrag qualifiziert und als »Frachtcharter« bezeichnet, was zur Folge hat, dass der Ausrüster des Schiffes (Vercharterer) als Frachtführer angesehen wird, das Logistikunternehmen (Charterer) als Absender. Weiter hat dies die Konsequenz, dass der beklagte Logistikdienstleister seinen Auftraggeber für den Transport des havarieursächlichen Containers frachtrechtlich in Regress nehmen kann. Zu diesem Zwecke war die Streitverkündung an die Streitverkündete Ziffer 3 ausgesprochen worden. Im Ergebnis haftet der Charterer des Schiffes im vorliegenden Fall gegenüber dem Vercharterer frachtrechtlich für ein Verschulden des Umschlagsbetriebes, da dieser als Erfüllungsgehilfe des Absenders (Charterer) das Schiff gelöscht hat, wozu der Absender nicht nur nach § 412 HGB, sondern auch nach Artikel 6 IV CMNI verpflichtet ist, obwohl das Löschen im CMINI nicht ausdrücklich erwähnt ist. Die grundsätzlichen Ausführungen des Schiffahrtsobergerichtes Karlsruhe sind über den entschiedenen Fall hinaus sehr interessant, weil sie zum Beispiel im Falle von Ladungsschäden an Containern zur frachtvertraglichen Obhutshaftung mit Haftungsbegrenzung gegen den Charterer als Hauptfrachtführer und den Vercharterer als ausführendem Frachtführer führen.

Rechtsanwalt Dr. Martin Fischer,

Frankfurt am Main

Urteil des Schiffahrtsobergerichtes Karlsruhe

vom 30. November 2015

Az.: 22 U 2/15 BSch (Schiffahrtsgericht Mannheim, Az.: 30 C 1/14 BSch)

Tatbestand:

Die Klägerin nimmt die Beklagte aus übergegangenem Recht (Abtretung Anlage K1 – I/8) auf Schadensersatz wegen der Be-schädigung des CMS »Duancis« beim Entladen eines Containers im Hafen von Rotterdam in Anspruch. Die Klägerin ist Versicherer des CMS »Duancis«. Die Eignerin des CMS »Duancis«, schloss mit der Beklagten, einem auf Containertransporte spezialisierten Logistikdienstleister, eine als Chartervertrag (in der Folge ChV) bezeichnete Vereinbarung (Anlage K2 – I/9, Verlängerung Anlage K3 – I/19), in der sie sich verpflichtete für die Beklagte Binnenschifftransporte zwischen Be- und Entladehäfen am Rhein sowie niederländischen und belgischen Seehäfen durchzuführen. Am 26.05.2013 legte CMS »Duancis« nach einer Reise am Containerterminal der Streithelferin zu 1 im Hafen von Rotterdam an, um 23 Container zu löschen. Die Klägerin behauptet, beim Löschen des ersten Containers, der im hintersten Laderaum in der dritten Lage frei stand (Container MSKU 027166-7), habe der Kranführer durch Ungeschicklichkeit das Steuerhaus der »CMS »Duancis« beschädigt. Die Klägerin macht einen Gesamtschaden in Höhe von 101.063,90 € geltend. Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte kostenpflichtig zu verurteilen, an die Klägerin 101.063,90 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz von 99.090,00 € seit dem 05.02.2014 und von 1.973,90 € seit dem 21.05.2014 zu bezahlen. Die Beklagte hat beantragt,die Klage abzuweisen. Die Beklagte bestreitet den Unfallhergang und die Höhe des entstandenen Schadens. Die Beklagte hat der Betreibergesellschaft des Verladeterminals in Rotterdam, der A (Streithelferin Ziff. 1) und ihrem Auftraggeber für den Transport der Container, der B (Streithelferin Ziff. 2), mit Schriftsatz vom 26.05.2014 den Streit verkündet. Beide sind auf Seiten der Beklagten dem Rechtsstreit beigetreten. Die Streithelferin Ziff. 2 hat ihrem Auftraggeber, der C, den Streit verkündet. Dieser ist ebenfalls auf Seiten der Beklagten dem Rechtsstreit beigetreten (Streithelferin Ziff. 3). Das Amtsgericht – Schifffahrtsgericht – Mannheim hat der Klage mit der Streithelferin Ziff. 3 am 28.04.2015 zugestelltem Grund-Urteil vom 17.04.2015 – 30 C 1/14 BSch -, auf das zu den dortigen Feststellungen und Entscheidungsgründen sowie dem erstinstanzlichen Vorbringen der Parteien verwiesen wird, dem Grunde nach stattgegeben: Die Beklagte habe die von einem Mitarbeiter der Streithelferin Ziff. 1 beim unsachgemäßen Löschen des Containers verursachte Beschädigung des Steuerhauses des D zu vertreten. Die Beklagte sei als Absenderin gegenüber der Rechtsvorgängerin der Klägerin zum Löschen des Containers verpflichtet gewesen. Diese Verpflichtung habe sich aus dem ChV i.V.m. Art. 6 Abs. 4 CMNI ergeben. Zwischen den Parteien sei unstreitig, dass der Transport zwischen deutschen Ladehäfen und einem niederländischen Entladehafen abgewickelt wurde, so dass über Art. 2 Abs. 1 CMNI grundsätzlich der Anwendungsbereich des Budapester Übereinkommens (CMNI) eröffnet ist. Auf die zwischen der Beklagten und der Rechtsvorgängerin der Klägerin geschlossene Vereinbarung seien hinsichtlich der Verlade- und Entladeverpflichtung die Vorschriften der CMNI anwendbar. Ihre rechtliche Beziehung sei die eines Frachtführers zum Absender. Da sich im Vertrag keine Sonderregelungen über das Ver- und Entladen des Schiffes fänden, die Materie aber auch bei der Annahme eines (Zeit-) Mietvertrages offenkundig regelungsbedürftig sei, komme insoweit deutsches Transportrecht zur Anwendung. In der Sache wäre damit die Vorschrift des § 412 HGB einschlägig, wenn nicht – wie vorliegend – Art. 6 Abs. 4 CMNI als deutsches Transportrecht aufgrund der grenzüberschreitenden Beförderung vorrangig zu beachten wäre. Nach dieser Vorschrift treffe die Beklagte als Vertragspartnerin der Rechtsvorgängerin der Klägerin die Pflicht zur Entladung des Schiffes. Zwar sei das Löschen der Ladung in Art. 6 Abs. 4 CMNI nicht erwähnt, doch schließe sich das Gericht der vorherrschenden Literaturansicht an, dass es sich dabei um ein Redaktionsversehen handelt (von Waldstein/Holland, Binnenschifffahrtsrecht 5. Auflage, Art. 6 CMNI RZ 28). Letztlich könne dies aber auch dahinstehen, da das ansonsten zur Anwendung gelangende Frachtrecht des HGB in § 412 Abs. 1 die Verpflichtung der Beklagten zur Löschung der Ladung ausdrücklich normiere. Als vertragliche Nebenpflicht der transportrechtlichen Verpflichtung zum Löschen treffe die Beklagte die Pflicht dafür Sorge zu tragen, dass Rechtsgüter der Rechtsvorgänger der Klägerin beim Entladen nicht verletzt werden. Diese Pflicht habe die Beklagte verletzt (§ 280 Abs. 1 BGB), indem ein Mitarbeiter der Streithelferin Ziff. 1 beim Entladen das Schiff beschädigte und ihr dieses Verhalten zuzurechnen sei (§ 278 BGB). Hiergegen wendet sich die am 21.05.2015 eingelegte und – nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 28.07.2015 – am 15.07.2015 begründete Berufung der Streithelferin Ziff. 3, die mit ihrem Rechtsmittel, inhaltlich unterstützt von der Beklagten (II/67), eine Abweisung der Klage anstrebt. Sie ist der Ansicht, das Schifffahrtsgericht habe fälschlich das Vorliegen eines Frachtvertrags angenommen. Ein solcher liege aber nur vor, wenn sich der Frachtführer gegen Bezahlung der Fracht verpflichte, Güter auf Wasserstraßen zu befördern. Im vorliegenden Fall sei aber ein Zeitmietvertrag über das Schiff geschlossen worden, kombiniert mit einem Vertrag über die Dienstüberlassung der Schiffsmannschaft. Auf eine solche Konstellation sei die CMNI nicht anwendbar (zit. Ramming, Hamburger Handbuch zum Binnenschifffahrtsfrachtrecht Rn. 94; Münch-Komm HGB § 407 Rn. 32). Die Streitverkündete Ziff. 3 beantragt daher, die Klage unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils abzuweisen. Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und beantragtdie Berufung zurückzuweisen. Die Klägerin hält die Kritik der Berufung an dem erstinstanzlichen Urteil für nicht gerechtfertigt. Der Vercharterer habe sich vorliegend zur Beförderung und Ablieferung von Transportgut für den Charterer gegen Bezahlung verpflichtet. Das ergebe sich eindeutig aus der geschlossenen Vereinbarung. Zum weiteren Vorbringen der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst der Anlagen verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Ohne Rechtsfehler hat das Schifffahrtsgericht auf eine Haftung der Beklagten gegenüber der Klägerin dem Grunde nach entschieden.

1. Der zwischen der Rechtsvorgängerin der Klägerin (Vercharterer) und der Beklagten (Charterer) geschlossene Chartervertrag ist seiner Rechtsnatur nach ein Frachtvertrag.

a) Ist zu klären, ob der Vercharterer nur einen Beförderungserfolg (Frachtvertrag), eine mietähnliche Schiffsüberlassung mit Beförderung oder eine Schiffsmiete schuldet, so ist nach den jeweiligen Vereinbarungen zu entscheiden, welche Art von Verpflichtung übernommen worden ist (OLG München in NJW-RR 1988, 223).Maßgeblich für die Abgrenzung von Miet- und Frachtcharter ist dabei zunächst, ob der Charterer die Güter nach den getroffenen Vereinbarungen mit dem ihm überlassenen Schiff selbst befördern soll (dann Miet- oder Bareboatcharter) oder ob die Beförderung durch den Vercharterer durchgeführt wird (dann Frachtcharter; vgl. Ramming, Hamburger Handbuch zum Binnenschifffahrtsfrachtrecht Rn. 92). Überlässt der Vercharterer zusätzlich die Dienste seines Personals, wird der Chartervertrag also mit einem Dienstverschaffungsvertrag kombiniert, so ist für die Unterscheidung zwischen Miet- und Frachtcharter entscheidend, wer die Mannschaft führt (vgl.v.Waldstein/Holland, Binnenschifffahrtsrecht, 5. Aufl. 2007 HGB § 407 Rn. 23). Bleibt die Mannschaft dem Befehl des Vercharterers unterstellt, so behält dieser die unmittelbare Verfügungsgewalt über das Schiff, was eine Mietcharter ausschließt. Wird hingegen zusammen mit dem Transportmitel auch das Personal überlassen oder gestellt, führt dies, wenn der Besitz dadurch während der Nutzungsdauer zur freien Verfügung auf den Charterer übergeht, zu einer mietrechtlichen Einordnung (vgl. MüKoHGB/Thume 3. Aufl. § 407 Rn. 32).

b) Nach den getroffenen Vereinbarungen sollte der Vercharterer mit dem von ihm bemannten Schiff Binnenschiffstransporte für den Charterer durchführen (Nrn. 1.1., 1.3. ChV), die der Charterer organisieren wollte (Nr. 1.4. ChV). Bereits die Benennung des Charterzwecks »Binnenschiffstransporte« lässt die Annahme der Vereinbarung einer reinen Mietcharter als fern liegend erscheinen. Denn wenn die Parteien allein die Zurverfügungstellung eines bemannten Schiffs hätten vereinbaren wollen, hätte es dieses Zusatzes nicht bedurft. Statt der vereinbarten Klausel Nr. 1.3.»Der Vercharterer wird mit dem vermieteten Binnenschiff Binnenschiffstransporte für den Charterer durchführen.«hätte bei der Vereinbarung einer Mietcharter zudem die Formulierung »Der Vercharterer vermietet das Binnenschiff an den Charterer zur Durchführung von Binnenschiffstransporten näher gelegen. Gegen die Vereinbarung einer Mietcharter spricht auch die Zuweisung der Organisation der Transporte an den Charterer in Nrn. 1.4., 4.4. ChV. Denn durch die sprachliche Unterscheidung der Vertragsparteien zwischen der Durchführung (Nr. 1.3. ChV) und der Organisation der Binnenschiffstransporte, die Einteilung und Disposition des Schiffes, haben diese zugleich deutlich gemacht, dass die Leistungspflicht des Vercharterers nicht mit der Zurverfügungstellung eines bemannten Schiffs sein Bewenden haben sollte, vielmehr eine weitere Leistung, eben die Durchführung von Transporten, geschuldet war. Ebenfalls gegen die Vereinbarung einer Mietcharter spricht die in Nr. 6.3. ChV vereinbarte Kostentragung gewisser Nebenkosten durch den Vercharterer, die nicht zu erklären wäre, wenn dieser tatsächlich nur ein bemanntes Schiff zur Verfügung stellen sollte. Die von der Berufungsführerin zur Stützung ihrer gegenteiligen Ansicht vorgetragenen Argumente überzeugen dagegen nicht. Zunächst ist der Berufungsführerin darin zuzustimmen, dass die Vertragsparteien einen Chartervertrag mit einem Dienstverschaffungsvertrag kombiniert haben. Damit ist jedoch, wie oben bereits ausgeführt, die Entscheidung zwischen einer Miet- und Frachtcharter noch nicht getroffen. Gleiches gilt für den Umstand, dass die Parteien nicht einen einzelnen Transportauftrag vereinbart haben, vielmehr eine unbestimmte Vielzahl solcher Aufträge innerhalb einer gewissen Zeitspanne. Auch dies macht die geschlossene Vereinbarung nicht zur bloßen Mietcharter. Auch die weiteren von der Berufung aufgeführten Vertragsklauseln zeigen zwar die Nähe der vertraglichen Vereinbarung zu einer Mietcharter, lassen jedoch das auf der Durchführung von Binnenschiffstransporten für den Charterer durch den Vercharterer liegenden Schwergewicht des Chartervertrags nicht entfallen. Zudem ist dem geschlossenen Chartervertrag kein Hinweis darauf zu entnehmen, dass sich der Charterer die Befehlsgewalt über die Mannschaft hätte durch die Vereinbarung übertragen lassen wollen. Auch dafür, dass der von dem Vercharterer zu stellende Kapitän des Schiffes bei der Leitung des Schiffes den Weisungen des Charterers unterstellt worden wäre, finden sich in dem Vereinbarungstext keine Hinweise. Im Gegenteil sprechen einzelne Vereinbarungen über die Bestimmungsrechte des Charterers, etwa Nr. 4.6. ChV (»Der Charterer hat das Recht vorzugeben, an welcher Bunkerstelle gebunkert wird«), deutlich gegen die Annahme einer Schiffsführung durch den Charterer. Auch die Zuweisung der Verantwortung für das Legen und Wegnehmen von Steckern während des Binnenschiffstransport (»stekkeren van de containers«) in Nr. 7.5. ChV an den »Vercharterer bzw. Kapitain« lässt sich mit der Vorstellung einer vereinbarungsgemäßen Übertragung der Kommandogewalt über die Mannschaft auf den Charterer nicht vereinbaren.

2. Wollte man dies anders sehen, so läge eine Mietcharter mit Dienstverschaffungsabrede vor (vgl. Ramming, Hamburger Handbuch zum Binnenschifffahrtsfrachtrecht Rn. 94). Geschuldet wäre dann nicht die Beförderung von Fracht, sondern die Zurverfügungstellung eines Schiffes samt der Dienstleistung der Mannschaft. In diesem Fall kämen auf den Vertrag die mietrechtlichen Vorschriften der §§ 535 ff. BGB zur Anwendung.

a) In der Folge hätte der Mieter/Charterer bei einer Abnutzung/Beschädigung durch nicht vertragsgemäßen Verbrauch für eigenes und zuzurechnendes Verschulden einzustehen, nach § 278 BGB damit auch für seine Erfüllungsgehilfen. Der Begriff ist hier weit auszulegen und umfasst sämtliche Personen, die mit Wissen und Wollen des Mieters/Charterers in Berührung mit der Mietsache kommen (vgl. Palandt/Grüneberg, 74. Aufl. 2015, § 278 Rn. 18 m.w.N.). Dazu zählen u.a. auch der von dem Mieter/Charterer beauftragte Spediteur und dessen Leute sowie die von ihm hinzugezogenen Lieferanten und Handwerker (vgl. BGH, Urteil. v. 14.04.1976 – VIII ZR 288/74 -, BGHZ 66, 349, 354). Keine Erfüllungsgehilfen des Mieters/Charters sind dagegen die Leute des Vermieters sowie ungebetene Gäste und Besucher (vgl. Emmerich in Emmerich/Sonnenschein, Miete 10. Aufl. 2011, § 538 Rn. 4 Fn. 13).

b) Gemessen an dem Vorstehenden wäre selbst bei Annahme einer Mietcharter mit Dienstverschaffungsabrede eine Haftung der Beklagten dem Grund nach für die bei der Löschung des Containers MSKU 027166-7 durch das Verschulden des Kranführers entstandenen Schaden gegeben. Dabei ist es letztlich nicht von entscheidender Bedeutung, ob der Kranführer oder dessen Arbeitgeberin, die Streithelferin Ziff. 1, von der Beklagten oder – wie von der Beklagten vorgetragen – von der Streithelferin Ziff. 2 beauftragt wurde. Denn auch ein Auftrag durch ihre Vertragspartnerin wäre der Beklagten haftungsrechtlich zuzurechnen, wenn er – wie vorliegend anzunehmen – mit ihrem (unterstellten) Einverständnis und in der vereinbarungsgemäßen Abwicklung des zwischen der Beklagten und der Streithelferin Ziff. 2 geschlossenen Vertrags erteilt wurde. Auch in diesem Fall hätte sich in dem Schadensfall ein Risiko verwirklicht, das durch die Beklagte geschaffen wurde und nicht wie im Fall einer Beschädigung durch ungebetene Gäste und Besucher in gleicher Weise auch ohne den Chartervertrag für die Klägerin bestanden hätte.

3. Im Übrigen wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen des Schifffahrtsgerichts Mannheim zu den weiteren tatbestandlichen Voraussetzungen der Haftung der Beklagten verwiesen, die von der Berufung zu Recht nicht angegriffen werden. Soweit die Berufung den Umstand thematisiert, dass Art. 6 Abs. 4 CMNI eine Pflicht des Absenders zur Entladung des Schiffes nicht ausdrücklich regelt, kommt es auf die damit in Zusammenhang stehende Streitfrage nicht an, weil im vorliegenden Fall einer Frachtcharter sich aus dem ansonsten zur Anwendung kommenden Frachtrecht des HGB gemäß § 412 Abs. 1 die Verpflichtung des Absenders zur Löschung der Ladung ergibt.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO. Sie war nicht dem Schlussurteil vorzubehalten. Die Entscheidung über die Kosten der Berufung gegen das Grundurteil ist unabhängig davon, wie später in der Sache selbst entschieden wird. Denn § 97 Absatz 1 ZPO enthält einen Fall der Kostentrennung und legt die Kosten eines endgültig erfolglosen Rechtsmittels immer dem Rechtsmittelkläger auf (BGH, Urt. v. 27.04.1970 – III ZR 49/69 -, BGHZ 54, 21, 29; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 06. März 2014 – I-23 U 112/13, 23 U 112/13 –, juris Rn. 2 m.w.N). Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10 ZPO.

Ebenfalls abrufbar unter ZfB 2016 - Nr.2 (Sammlung Seite 2408ff.); ZfB 2016, 2408 ff.