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Leitsatz:
Besatzungsvorschriften müssen auch in besonderen Situationen beachtet werden, wenn z. B. die Besatzung zwar generell vorschriftsmäßig ist, für kurze Zeit aber ein Besatzungsmitglied sich nicht an Bord befindet. Auch in diesem Fall muß auf die Fortsetzung der Fahrt für die Dauer des vorübergehenden Mangels verzichtet werden.
Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschiffahrt
Urteil
vom 07. Dezember 1987
(Auf Berufung gegen den Beschluss des Rheinschifffahrtsgerichts Duisburg-Ruhrort vom 24. April 1985 - 5 OWi 16bJs 55/87 -)
Tatbestand und Entscheidungsgründe:
Der Betroffene ist der Schiffsführer des Motorschiffs "S". Auf einer Fahrt von Duisburg nach Basel wurde dieses Schiff am 27.9.1986 durch Beamte der Wasserschutzpolizei kontrolliert. Dabei wurde festgestellt, dass
a) von der vorgeschriebenen Mindestbesatzung der Matrosen-Motorwart fehlte,
b) dass für die 8 Feuerlöscher an Bord kein gültiges Prüfungszeugnis vorhanden war.
Es ist unstreitig, dass das genannte Schiff eine vollständige Besatzung hatte. Der Matrose war nur deshalb nicht an Bord, weil der Betroffene ihn über das Wochenende vom 27/29.9 beurlaubt hatte, damit er seine Braut in Mannheim besuchen konnte. Diese Beurlaubung wiederum war erfolgt, weil der Betroffene glaubte, die Weiterreise von Duisburg nach Basel erst am 29.9. antreten zu können, weil dann erst sein Schiff beladen sei. Als der beurlaubte Matrose bereits von Bord war, ergab es sich, dass die Beladung schon am 27.9. beendet werden konnte. Der Betroffene entschloss sich zur sofortigen Abfahrt, weil fallende Wasserstände drohten, denen die Abladung seines Schiffs nicht entsprach. Er wollte, ohne leichtern zu müssen, Basel erreichen. Den beurlaubten Matrosen hatte er angewiesen, in Mannheim an Bord zu kommen und nicht, wie vorgesehen, in Duisburg.
Weiter ist unstreitig, dass das Prüfzeugnis der Feuerlöscher bei der Kontrolle erst seit zwei Monaten wegen Zeitablaufs ungültig war. Der Betroffene hat die Prüfung inzwischen vornehmen lassen. Sie hat ergeben, dass die Feuerlöscher in Ordnung waren. Wegen des geschilderten Sachverhalts ist gegen den Betroffenen ein Bussgeldbescheid über DM 500.- ergangen. Auf seinen Einspruch hin hat das Rheinschifffahrtsgericht Duisburg-Ruhrort eine Geldbusse von DM 300.festgesetzt.
Mit seiner Berufung erstrebt der Betroffene unter Berufung auf den unstreitigen Sachverhalt in erster Linie Freispruch, in zweiter Linie Herabsetzung der Geldbusse.
Die Berufung ist in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden. Sie ist vor allem rechtzeitig begründet worden, da die 30 Tagefrist des Artikels 3 Absatz 3 der Revidierten Rheinschifffahrtsakte erst am 6.7.1987 ablief. Die Frist hat mit dem Eingang der Berufung bei Gericht am 4.6.1987 zu laufen begonnen. Sie wäre am 4.7.1987 abgelaufen, wenn dieser Tag nicht ein Samstag gewesen wäre, an dem ebenso wie am Sonntag keine Fristen ablaufen. Dadurch verschob sich der Fristablauf auf den 6.7.1987.
In der Sache ist festzustellen, dass der unstreitige Sachverhalt den Betroffenen weder rechtfertigt noch entschuldigt. Bemannungsvorschriften müssen auch in einer besonderen Situation, wie sie hier vorgelegen hat, beobachtet werden. Sie werden auch dann verletzt, wenn ihnen die Besatzung eines Schiffes zwar generell gerecht wird, auf einer bestimmten Reise aber nicht, weil, ein Besatzungsmitglied für kurze Zeit beurlaubt wurde. Auf eine Fahrt mit nicht ordnungsgemäß bemanntem Schiff muss auch dann verzichtet werden, wenn mit dem Verzicht Nachteile verbunden sind, wie die vom Betroffenen geschilderten. Schließlich gelten Bemannungsvorschriften auch für kurze Reisen. Prüfungszeugnisse über Feuerlöscher müssen vor dem Ablauf ihrer Wirksamkeitszeit erneuert werden, übersehen der Ablauf zeit entschuldigt hier ebenso wenig wie der intakte Zustand der Feuerlöscher. Alle vom Betroffenen vorgetragenen und unstreitigen Umstände zeigen, dass seine Schuld zunächst nicht groß war. Sie wurde aber dadurch größer, dass er die Aufforderung der ihm kontrollierenden Beamten der Wasserschutzpolizei, seine Fahrt mit nicht hinreichend bemanntem Schiff einzustellen, nicht befolgte. Weiter ist zu bedenken, dass der Betroffene mehrere der Sicherheit des Verkehrs auf dem Rhein dienende Vorschriften verletzt hat. Bei Abwägung dieser Umstände erscheint die vom Rheinschifffahrtsgericht festgesetzte Geldbusse, die nicht besonders hoch ist, angemessen.
Es wird deshalb für Recht erkannt:
1) Die Berufung des Betroffenen gegen das Urteil des Rheinschifffahrtsgerichts Duisburg-Ruhrort vom 24.4.1987 wird zurückgewiesen.
Das genannte Urteil wird bestätigt.
2) Der Betroffene trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3) Deren Festsetzung erfolgt durch das Rheinschifffahrtsgericht Duisburg-Ruhrort gemäß Artikel 39 der Revidierten Rheinschifffahrtsakte.
Ebenfalls abrufbar unter ZfB 1989 - Nr.6 (Sammlung Seite 1269); ZfB 1989, 1269