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Leitsatz:
Der Angestellte einer Firma ist für die richtige Bemannung ihrer Schiffe verantwortlich, wenn ihm diese Aufgabe übertragen worden ist. Dies gilt ohne Rücksicht darauf, ob er Organ oder leitender Angestellter ist oder Vorgesetzte hat, an deren Weisungen er gebunden ist. Ein für die Bemannung verantwortlicher Angestellter der Firma hat dafür zu sorgen, daß seine Befugnisse auch während seines Urlaubs in der erforderlichen Weise ausgeübt werden. Schwierigkeiten bei der Anwerbung von Schiffsbesatzungsmitgliedern ändern die Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Bemannung nicht.
Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschiffahrt
Urteil
vom 2. September 1987
(Auf Berufung gegen das Urteil des Rheinschifffahrtsgerichts Duisburg-Ruhrort vom 23.10.1986 - 5 OWi 16b Js 665/86 (85/86 BSch) - 5 OWi 16c Js 666/86 (91/86 BSch)
Tatbestand und Entscheidungsgründe:
Der Betroffene ist Angestellter der U-G.b.m.H. mit dem Sitz in Linz/Rhein. Zwei Schiffe dieser Gesellschaft (Motorschiff "JW" und Motorschiff "PW") waren am 2.10 und am 4.12.1985 mit unvollständiger Besatzung in Fahrt. Nach der Ansicht der zuständigen Behörde war der Betroffene dafür verantwortlich, weil er im Rahmen der Organisation der "U" für die ordnungsgemäße Bemannung der Schiffe dieser Gesellschaft zu sorgen hatte. Der Betroffene leugnete auch zunächst seine Verantwortung nicht. In einer Eingabe vom 17.4.1986 wies er darauf hin, dass er vom 2.-14.12.85 in Urlaub gewesen, in dieser Zeit also nicht verantwortlich gewesen sei. Unter dem 4.3.86 wies er auf die Schwierigkeiten hin, qualifizierte Schiffsbesatzungsmitglieder anzuwerben. Weiter bezog er sich auf die hohen Kosten stilliegender Schiffe. Mit beiden Argumenten entschuldigte er, dass er unterbemannte Schiffe habe auf Fahrt gehen lassen.
Die Eingaben blieben ohne Erfolg, denn gegen den Betroffenen ergingen Bußgeldbescheide über DM. 305 und 155.
Auf seine Einsprüche hin verband das Rheinschifffahrtsgericht Duisburg-Ruhrort beide Bußgeldverfahren. Zum Verhandlungstermin vom 23.10.86 wurde das persönliche Erscheinen des Betroffenen angeordnet. Dieser erschien nicht, ohne dies zu entschuldigen. Das Rheinschifffahrtsgericht Duisburg-Ruhrort hat deshalb durch Urteil vom 23.10.86 die Einsprüche des Betroffenen gemäß § 74 Abs. 2 OWiG als unzulässig verworfen. Der Betroffene hat Berufung eingelegt.
Er leugnet jetzt seine Verantwortlichkeit für die Bemannung der Schiffe der U. und behauptet, weder ein Organ dieser Gesellschaft, noch ihr Betriebsleiter der Abteilung Binnenschifffahrt, noch ihr Personalleiter, noch ein sonstiger nicht weisungsgebundener Angestellter zu sein.
Die Berufung ist formell nicht zu beanstanden, hat aber aus den folgenden Gründen keinen Erfolg.
Die Verantwortlichkeit des Betroffenen für die ordnungsgemäße Bemannung der Schiffe der "U-G.m.b.H." hängt nicht davon ab, wie seine Stellung in deren Organisation rechtlich zu bewerten ist. Insbesondere kommt es nicht darauf an, ob er Organ oder leitender Angestellter der Gesellschaft ist. Entscheidend ist vielmehr, ob zu den ihm übertragenen Aufgaben auch die Sorge für die richtige Bemannung der Schiffe der Gesellschaft gehört. Es kommt also auf das an, was der Betroffene tatsächlich tut. Die ausgeübte Tätigkeit markiert auch den Umfang der Verantwortung. Unerheblich ist auch, ob der Betroffene Vorgesetzte hat, an deren Weisungen er gebunden ist. Hier kommt es darauf an, ob er tatsächlich Weisungen erhalten hat und erhält, die er im einzelnen Falle befolgen musste oder muss.
Im ersten Rechtszuge hat der Betroffene seine Verantwortung für die richtige Bemannung der Schiffe der Union-G.m.b.H. bejaht. Das zeigt vor allem sein Schreiben vom 4.3.1986 an die Wasser- und Schifffahrtsdirektion West in Münster, durch das er gegen einen der beiden gegen ihn ergangenen Bußgeldbescheide Einspruch eingelegt hat. Hier ist von fehlender Verantwortlichkeit des Betroffenen nicht die Rede, sondern nur von Schwierigkeiten bei der Anwerbung von Matrosen und den hohen Kosten stilliegender Schiffe. Auch der Einspruch des Betroffenen vom 17.4.86 gegen den zweiten Bußgeldbescheid leugnet dessen Verantwortlichkeit grundsätzlich nicht, behauptet aber, sie habe während eines Urlaubes nicht bestanden. Hiermit kann der Betroffene aber nicht gehört werden, denn die berufliche Verantwortung ruht während eines Urlaubes des Verantwortlichen nicht, da davon ausgegangen werden muss, dass dieser dafür Sorge trägt, dass seine Befugnisse während seines Urlaubes so ausgeübt werden, wie er das selbst tun würde. Der Betroffene hat nicht vorgetragen, dass dies nicht bei ihm so war.
Schwierigkeiten bei der Anwerbung von Schiffsbesatzungsmitgliedern ändern die Verpflichtung zur ordnungsmäßigen Bemannung nicht. Das gleiche gilt von den Kosten stilliegender Schiffe, für die keine vollständige Besatzung gefunden werden kann.
Die ergangenen Bußgeldbescheide sind aus den dargelegten Gründen nicht zu beanstanden.
Das Urteil des Rheinschifffahrtsgerichts brauchte zu ihnen nicht Stellung zu nehmen, da es die Einsprüche aus formellen Gründen verworfen hat, wie geschehen ist.
Dagegen hat die Berufungskammer den gesamten Komplex materiell und formell zu prüfen. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass es bei dem Urteil des Rheinschifffahrtsgerichts bleiben muss mit der Wirkung, dass auch die ergangenen Bußgeldbescheide bestätigt sind.
Aus den dargelegten Gründen wird für Recht erkannt:
1. Die Berufung des Betroffenen gegen das Urteil des Rheinschifffahrtsgerichts Duisburg-Ruhrort vom 23.10.1986 wird zurückgewiesen. Das ergangene Urteil wird bestätigt.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Betroffene.
3. Ihre Festsetzung gemäß Artikel 39 der Revidierten Rheinschifffahrtsakte erfolgt durch das Rheinschifffahrtsgericht Duisburg-Ruhrort.
Ebenfalls abrufbar unter ZfB 1989 - Nr.6 (Sammlung Seite 1268); ZfB 1989, 1268