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Leitsätze:
1) Im Falle einer Bestrafung wegen Trunkenheit am Ruder im Binnenschiffsverkehr ist bei der Strafzumessung zu berücksichtigen, daß sich die Verhältnisse in der Binnenschiffehrt nicht mit denen im Straßenverkehr vergleichen lassen.
2) Die Einziehung des Rheinschifferpatents aufgrund des § 42m StGB ist unzulässig.
Urteil des Amtsgerichts Duisburg-Ruhrort
vom 10. Oktober 1966
Tatbestand:
Der wegen verschiedener Delikte sechsmal vorbestrafte Angeklagte, der als Lotse bis zu 1500,- DM monatlich netto verdient und 4 Kinder versorgen muss), hatte am 2. 4. 1965 als Schiffsführer ein mit 2 Matrosen bemanntes Tankmotorschiff von Duisburg-Ruhrort zu Tal zu bringen. Als er um 6.30 Uhr an Bord erschien, machte er auf den Matrosen B. schon den Eindruck, „packevoll" zu sein. Dann verließ er mit dem Matrosen W. um 10 Uhr das Schiff und trank in einer Wirtschaft verschiedene Gläser Doornkaat und Bier und anschließend, wieder an Bord gekommen, weitere Flaschen Bier. Sodann trat er etwa um 13 Uhr die Talfahrt an.
Er kuppelte die Schraube ein, machte voll voraus und lief von seinem Liegeplatz am Nordwall des Hafenkanals mit steigender Geschwindigkeit auf den 40 bis 50 m weiter hafeneinwärts liegenden Tankschleppkahn D zu. Der neben ihm stehende Matrose W. übernahm darauf selbst das Ruder und versuchte, den „D" Kahn noch freizufahren, was nicht ganz gelang. Als W. nach leichter Berührung mit dem Kahn das TMS stromwärts gewendet hatte, wollte der Angeklagte das Steuer wieder übernehmen, was die Matrosen B und W - auch trotz verschiedener weiterer Versuche des Angeklagten auf der Fahrt nach Lobith - jedoch verhindern konnten. Der Angeklagte, der zeitweise auf einer Bank schlief und außerdem noch 3 Flaschen Bier trank, nahm auch nach der Ankunft in Lobith um 16 Uhr weitere 3 Flaschen Bier und 1 Wasserglas Doornkaat zu sich. Die um 20.05 Uhr und 20.20 Uhr entnommenen Blutproben ergaben - zurückgerechnet auf 16 Uhr - einen Blutalkoholgehalt von 1,2-1,3 Promille und auf 13 Uhr einen solchen von 0,9-1,0 Promille.
Aus den Gründen:
Das Gericht hat unter Berücksichtigung dieses Sachverhalts den Angeklagten rechtskräftig mit 3 Wochen Gefängnis bestraft und in den Gründen u. a. folgendes festgestellt:
Der Angeklagte hat durch sein Verhalten den Straftatbestand des § 315 a Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit Abs. 3 Nr. 2 verwirklicht. Er hat ein Schiff geführt, obwohl er infolge des Genusses alkoholischer Getränke nicht in der Lage war, das Fahrzeug sicher zu führen und hat hierdurch Leib und Leben eines anderen und fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet.
Dadurch, dass der Angeklagte mit voller Kraft auf das Fahrzeug „D" losfuhr, bestand die allergrößte Gefahr einer schweren Kollision. Hierbei hätte auch die Frau, die auf dem Achterschiff stand, schweren Schaden erleiden können. Der Angeklagte hat fahrlässig gehandelt und die Gefahr fahrlässig verursacht. Er wusste, dass er erhebliche Mengen Alkohol zu sich genommen hatte und konnte deshalb erkennen, dass er nicht mehr in der Lage war, sein Schiff sicher zu führen.
Der Gesichtspunkt der Abschreckung anderer vor Begehung ähnlicher Taten erfordert es im vorliegenden Falle nicht, eine besonders harte Strafe zu verhängen. Dem erkennenden Richter sind aus seiner Eigenschaft als Rheinschifffahrts- und Schifffahrtsrichter die Verhältnisse in der Binnenschifffahrt bekannt. Sie lassen sich nicht mit denen im Straßenverkehr vergleichen. Zwar bringt auch die Trunkenheit am Ruder eine große Gefährdung anderer mit sich. Jedoch drohen hier in der Regel nur Sachschäden.
Personenschäden treten verhältnismäßig selten auf, weil ein Schiff bei einem Zusammenstoß größeren Schutz bietet als etwa ein Kraftfahrzeug. Auch ist bisher nicht bekannt geworden, dass so häufig in der Schifffahrt betrunken gefahren wird wie im Straßenverkehr.
Im vorliegenden Verfahren ist es aber trotzdem erforderlich, gegen den Angeklagten eine Freiheitsstrafe zu verhängen, obwohl nach § 315 a Abs. 3 StGB die Tat auch mit einer Geldstrafe gesühnt werden könnte. Das Gericht ist davon überzeugt, dass der Angeklagte nur durch eine Freiheitsstrafe davon abgehalten werden kann, in Zukunft in ähnlicher Weise straffällig zu werden. Hierfür spricht, dass der Angeklagte sich von der Hauptverhandlung nur wenig beeindrucken ließ. Es war ersichtlich, dass er seine Tat auch heute noch für harmlos hält. (Wird ausgeführt).
Es ist nicht gerechtfertigt, diese Strafe gemäß § 23 StGB zur Bewährung auszusetzen. Die Persönlichkeit des Angeklagten und sein Vorleben in Verbindung mit seinem Verhalten nach der Tat lassen nicht erwarten, dass er unter der Einwirkung der Aussetzung in Zukunft ein gesetzmäßiges und geordnetes Leben führen wird. Das Gericht verweist hierzu auf die Ausführungen zum Strafmaß. Auch die Öffentlichkeit hätte im vorliegenden Falle kein Verständnis dafür, wenn die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung ausgesetzt würde. Der Angeklagte hat allzu bedenkenlos gehandelt. Wie wenig er darum gegeben hat, von der Polizei kontrolliert worden zu sein, ergibt sich daraus, dass er am nächsten Tag erneut betrunken fahren wollte.
Eine Entziehung der Erlaubnis des Angeklagten, auf dem Rheinstrom Schiffe zu führen, sowie eine Einziehung seines Rheinschifferpatentes ist nicht zulässig. Die Vorschrift des § 42m StGB bezieht sich lediglich auf das Führen von Kraftfahrzeugen im Straßenverkehr. Der Gesetzgeber hat zwar in § 248 b Abs. 5 StGB klargestellt, dass auch ein Schiff ein Kraftfahrzeug sein kann. Diese in § 248 b Abs. 5 getroffene Definition trifft jedoch nur im Rahmen dieser Bestimmung zu, da andernfalls die Definition im allgemeinen Teil des Strafgesetzbuches hätte erfolgen müssen (vergleiche hierzu im Einzelnen: Kortendick, Trunkenheit am Ruder im Binnenschiffsverkehr, ZfB 1966, Seite 162)."