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Leitsatz:
Zur strafrechtlichen Beurteilung fortgesetzter Handlungen, insbesondere im Falle der länger dauernden Unterbemannung eines Schiffes. Eine gebührenpflichtige Verwarnung gibt dem Betroffenen nicht die Fortsetzung der Reise mit unterbemanntem Schiff frei.
Urteil der Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschiffahrt
vom 18. November 1986
185 B - 12/86
(Rheinschiffahrtsgericht Mannheim)
Zum Tatbestand:
Bei einer Kontrolle der Wasserschutzpolizei am 5.7. 1984 gab der Betroffene als Eigner und Führer des holländischen MS „H." zu, seit etwa 1 1/2 Jahren die für die Betriebsform A erforderliche Mindestbesatzung um einen Schiffsjungen unterschritten zu haben. Er habe nicht die Absicht, in der nächsten Zeit einen Schiffsjungen an Bord zu nehmen. Auf seinen Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid über 2600,- DM setzte das Rheinschiffahrtsgericht eine Geldbuße von 500,- DM fest. Der Betroffene hat seine Berufung an die Berufungskammer der ZKR und den Antrag auf Herabsetzung der Buße auf 50,- DM damit begründet, daß die ein Jahr vor der Einleitung des Bußgeldverfahrens begangenen Taten wegen Verjährung nicht geahndet werden könnten. Außerdem sei er schon verschiedene Male wegen derselben Taten gebührenpflichtig verwarnt und damit bestraft worden. Die Berufungskammer der Rheinzentralkommission hat die Geldbuße auf 300,- DM herabgesetzt, die weitergehende Berufung zurückgewiesen und dem Betroffenen die Hälfte der Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt.
Aus den Entscheidungsgründen:
„...
1. Das Rheinschiffahrtsgericht hat gegen den Betroffenen eine Geldbuße von DM 500,- festgesetzt, weil es der Ansicht war, er habe „seit ca. 11/2 Jahren" mit seinem Schiff „Henja" den Rhein befahren, ohne die erforderliche Mindestbesatzung an Bord zu haben, da der Schiffsjunge gefehlt habe. Damit hat das Rheinschiffahrtsgericht - allerdings ohne die Bezeichnung zu verwenden - eine fortgesetzte Handlung des Betroffenen angenommen. Diese ist strafrechtlich immer dann gegeben, wenn aufgrund eines einmal gefaßten Gesamtvorsatzes das gleiche Delikt - hier die gleiche Ordnungswidrigkeit - nochmals begangen wird. Sie ist also u. a. dann nicht feststellbar, wenn keine mehrfache Handlung bewiesen werden kann, oder wenn feststeht, daß mehrere Handlungen mit Ausnahme der letzten schon mit Geldbußen oder gebührenpflichtigen Verwarnungen belegt worden sind.
In der Verhandlung der Berufungskammer hat der Vertreter der Anklagebehörde zugestanden, daß die mit Schriftsatz des Verteidigers des Betroffenen vom 6.10. 1986 vorgelegten Unterlagen über gebührenpflichtige Verwarnungen des Betroffenen am 23.9. 1983, 13.4. 1984 und 2.7. 1984 Fahrten mit unterbemanntem Schiff betreffen. Er hat weiter eingestanden, daß der Betroffene auch in früherer Zeit wegen solcher Fahrten gebührenpflichtig verwarnt worden sei. Damit ist zumindest unklar, ob der Betroffene in der Zeit vom 2.7. 1984 Fahrten mit unterbemanntem Schiff unternommen hat, deretwegen er nicht gebührenpflichtig verwarnt worden ist. Diese Unklarheit wirkt zugunsten des Betroffenen und verhindert die Feststellung, er habe vor dem 2.7. 1984 Fahrten bei Unterbemannung unternommen, die durch gebührenpflichtige Verwarnungen nicht erledigt worden seien.
2. Die Berufungskammer geht davon aus, daß die gebührenpflichtige Verwarnung des Betroffenen am 2.7.1984 auf der gleichen Reise erfolgt ist, auf der er am 5.7.1984 mit unterbemanntem Schiff angetroffen wurde. Das macht aber die Festsetzung einer Geldbuße nicht unmöglich. Die gebührenpflichtige Verwarnung am 2.7. 1984 gab dem Betroffenen nicht die Fortsetzung seiner Reise mit unterbemanntem Schiff frei, sondern betraf nur die Fahrt bis zum genannten Tage. Ihre Fortsetzung ohne vollständige Schiffsbesatzung war eine neue Ordnungswidrigkeit. Entschuldigungsgründe des Betroffenen sind nicht zu sehen. Die Vervollständigung der Besatzung - z. B. durch einen Hilfsmann – war jederzeit möglich. Die damit verbundenen Kosten mußten aufgewendet werden. Verjährungsprobleme unter den dargelegten Umständen sind nicht vorhanden.
3. Die Höhe der Buße muß einmal der Tatsache Rechnung tragen, daß sie nur für die Fahrt nach dem 2.7. 1984, also für eine Einzeltat möglich ist. Eine fortgesetzte Tat scheidet als Grundlage aus. Zum anderen ist aber für die Höhe der Buße die Hartnäckigkeit von Bedeutung, mit welcher der Betroffene die Bemannungsvorschriften mißachtet. Sie zeigt sich vor allem in seiner Erklärung am 5.7.1984 vor den Beamten der Wasserschutzpolizei, er werde auch in Zukunft keinen Schiffsjungen einstellen. Beide Gesichtspunkte haben die Berufungskammer bewogen, die vom Rheinschiffahrtsgericht festgesetzte Geldbuße auf DM 300, zu mäßigen."