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Leitsatz:
Zulässiges Verbot von Katamaranen auf der Duisburger Sechs-Seen-Platte durch Satzung der Stadt Duisburg.
Urteil des Oberverwaltungsgericht Münster
vom 21. September 1984
Zum Tatbestand:
In § 3 der vom Rat der Stadt Duisburg am 18. Juni 1979 beschlossenen, am 22. September 1980 geänderten „Satzung über die Nutzung und Befahrensweise des Erholungsgebietes der Sechs-Seen-Platte in Duisburg" heißt es u. a.:
„Nicht zugelassen sind Mehrrumpfboote."
Der Kläger beantragte dennoch bei dem beklagten Oberstadtdirektor der Stadt die Genehmigung zum Segeln mit einem Katamaran (fällt unter den Begriff der Mehrrumpfboote) auf der Sechs-Seen-Platte mit dem Hinweis, dass er das oben bezeichnete Verbot für rechtswidrig halte. Der Antrag wurde abgelehnt, weil Katamarane wegen ihrer hohen Geschwindigkeit bis zu 50 km/h eine besondere Gefahrenquelle für die übrigen Wassersportler bilden würden.
Nach Zurückweisung seines Widerspruchs hat der Kläger seinen Antrag im verwaltungsgerichtlichen Verfahren weiter verfolgt und verlangt, den Beklagten zur Erteilung der Erlaubnis zu verpflichten. Zur Begründung trägt er u.a. vor, dass die Satzung wegen ungleicher Behandlung und damit wegen Verstoßes gegen Art. 3 GG nichtig sei. Die Unterscheidung zwischen Katamaranen und Einrumpf-Segelbooten sei willkürlich. Erstere seien nicht weniger manövrierfähig als Jollen. Etwa zu befürchtende Gefahren könnten durch andere Maßnahmen, wie durch Beschränkung der Segelfläche, Geschwindigkeitsbegrenzungen oder zahlenmäßige Beschränkung ausgeschlossen werden.
Der Beklagte hält die Differenzierung für geboten und gerechtfertigt. Bei der Auswahl der Unterscheidungsmerkmale habe der Stadt Gestaltungsfreiheit zugestanden. Man habe erreichen wollen, dass die auf der Sechs-Seen-Platte zugelassenen Segelboote insgesamt ein vergleichbares Verhalten zeigen sollten. Die vom Kläger vorgeschlagenen Maßnahmen seien ungeeignet.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung kostenpflichtig zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen.
Aus den Entscheidungsgründen:
„...
Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass § 18 Abs. 2 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Oktober 1979, GV NW S. 594 (GO NW), den Gemeindeeinwohnern ein subjektiv-öffentliches Recht auf Zulassung zu den öffentlichen Einrichtungen der Gemeinde nur im Rahmen der durch die Widmung festgelegten Zweckbestimmung der jeweiligen Einrichtung einräumt.
Der vom Kläger beanstandete Ausschlussder Katamarane, die unter den in der Benutzungssatzung 1983 verwendeten Begriff der Mehrrumpfboote fallen, ist, wie das Verwaltungsgericht zutreffend und überzeugend dargelegt hat, rechtlich nicht zu beanstanden. Insoweit ist dem Kläger erneut folgendes entgegenzuhalten:
Ebenso wie die Gemeinde frei ist in der Entscheidung, ob eine öffentliche Einrichtung geschaffen werden soll, unterliegt es ihrem Entschluss, die Zweckbestimmung der Einrichtung festzulegen. Bindungen bei der Entscheidung, wie sie die Einrichtung widmen und deren Benutzung ausgestalten will, ergeben sich, soweit hier von Interesse, im wesentlichen nur aus Art. 3 Abs. 1 GG. Das aus dieser Vorschrift folgende Willkürverbot verlangt auch für den Bereich der öffentlichen Leistungsgewährungen, dass bei der Auswahl der Tatbestände, für die eine normative Regelung getroffen wird, nach den sachlichen Gesichtspunkten verfahren wird, die sich aus der Art des zu regelnden Lebenssachverhalts ergeben. Dabei bleibt dem Normgeber jedoch in größerem Umfang als im Bereich der Eingriffsverwaltung ein breiter Gestaltungsspielraum, der ihn in weitem Umfang zum Erlass typisierender und generalisierender Regelungen berechtigt und Differenzierungen erlaubt, soweit sich dafür aus dem Gegenstand der Regelung ein sachlich vertretbarer Gesichtspunkt anführen lässt.
Daran gemessen bedeutet der Ausschluss von Katamaranen keine willkürliche Ungleichbehandlung. Die in der Widmung zum Ausdruck gebrachte Erholungsfunktion der Gewässer stellt die Stadt angesichts der die Aufnahmekapazität übersteigenden Nachfrage vor die Aufgabe, Auswahlkriterien und Bewirtschaftungsmodalitäten festzulegen, die einer möglichst großen Anzahl von Interessenten eine wasser- bzw. segelsportliche Betätigung (noch) sinnvoll erlauben. Dabei darf die Stadt im Rahmen ihrer Gestaltungsfreiheit der segelsportlichen Gewässernutzung mit solchen Wasserfahrzeugen den Vorrang einräumen, die - wie Surfbretter und Segelboote - bei der Masse der Nutzungsinteressenten verbreitet sind, und Nutzungen ausschließen, die ihrer Art nach geeignet erscheinen, die Leichtigkeit des durch diese Wasserfahrzeuge geprägten allgemeinen Nutzungsablaufs und damit auch die sinnvolle und zweckmäßige Ausnutzung der Einrichtung durch möglichst viele Benutzer zu stören.
Danach ist der hier vorgenommene generelle Ausschluss von Katamaranen zulässig, denn er dient der Gewährleistung eines - wegen der hohen Frequentierung der Gewässer anzustrebenden - verhältnismäßig gleichartigen Fahrverhaltens der überwiegenden Zahl der zugelassenen Fahrzeuge. Von dem Fahrverhalten dieser Fahrzeuge unterscheiden sich Katamarane, wie der Kläger selbst einräumt, insbesondere dadurch, dass sie typischerweise schneller Fahrt aufnehmen als Einrumpfboote, diesen bei geringen Windstärken in der Geschwindigkeit überlegen sind und - jedenfalls auf bestimmten Kursen und bei stärkerem Wind - „überdurchschnittliche" Geschwindigkeiten erreichen. Die Einschätzung der Stadt, dass sich dieses vergleichsweise atypische bauartcharakteristische Geschwindigkeitsverhalten der Katamarane nach aller Lebenserfahrung nachteilig auf den widmungsgemäßen allgemeinen Nutzungsablauf auswirken könnte, stellt einen sachlich hinreichenden Grund für die Entscheidung dar, Benutzer dieser Fahrzeuge von der Leistungsgewährung auszunehmen.
Im übrigen könnte die Klage aber auch dann, wenn sich der hier in der Benutzungssatzung normierte Ausschluss der Benutzer von Katamaranen als sachwidrig und deshalb als Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz erweisen sollte, aus Rechtsgründen keinen Erfolg haben. Denn die Nichtigkeit der Ausschlussregelung würde nicht zu einer den Kläger begünstigenden Erweiterung der Widmung und damit zu einem Zulassungsanspruch aus § 18 Abs. 2 GO NW führen. Es müsste vielmehr dem Normgeber überlassen bleiben, auf welchem Wege er die gebotene Gleichbehandlung herstellt; er hätte dabei die Wahl zwischen einer Ausdehnung der Leistungsgewährung auch auf Katamarane und der Einführung einer - nicht notwendig Katamarane begünstigenden - Ersatzregelung unter Verwendung neuer, mit dem Gleichheitssatz vereinbarer Zulassungskriterien. Das Gericht wäre nicht befugt, von sich aus die vom Umfang der Widmung abhängenden Zulassungsansprüche in Anwendung des Art. 3 Abs. 1 GG auf Gruppen von Interessenten auszudehnen, die der Normgeber erklärtermaßen unberücksichtigt lassen wollte.