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Leitsatz:
Zur Strafbarkeit gefährlicher Überholmanöver bei Hochwasser im Bereich der Baerler Brücke.
Urteil der Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschiffahrt
vom 13. Oktober 1982
145 B -5/82
(Rheinschiffahrtsgericht Duisburg-Ruhrort)
Zum Sachverhalt:
Auf der Talfahrt überholte am 13. Februar 1980 das vom Betroffenen geführte leere MTS M in der Nähe der Baerler Brücke bei einem Ruhrorter Pegel von 8,50 m das gleichfalls leere MTS C auf dessen Steuerbordseite. Nach der Überholung und nach der Passage der Brücke fiel das TMS C in Backbordschräglage in den linksrheinischen Hang und stieß dort nach vergeblichen Versuchen, das Schiff aufzustrecken, mit dem zu Berg fahrenden Schubverband F zusammen, wobei an beiden Schiffen Schäden von zusammen etwa 150000,- DM entstanden. Das Rheinschiffahrtsgericht hat den Betroffenen wegen gefährlichen Überholmanövers verurteilt. Gegen dieses Urteil hat er Berufung eingelegt, die von der Berufungskammer zurückgewiesen worden ist (Höhe des Bußgeldes ist im Berufungsurteil nicht erwähnt worden!).
Aus den Gründen:
„...
Die den Betroffenen am stärksten belastenden Aussagen sind diejenigen des Schiffsführers S. und des Steuermanns D. des TMS C. Sie sind so vollständig und in allen Einzelheiten so genau, daß mit ihrer Hilfe der gesamte Verlauf der umstrittenen Überholung festgelegt werden kann, und zwar in einer Weise, die den Betroffenen überführt und diejenigen Feststellungen bestätigt, welche das Rheinschiffahrtsgericht im angefochtenen Urteil zu seinen Lasten getroffen hat. Auf sie wird verwiesen. (Das Urteil befaßt sich in den folgenden Ausführungen und einer sehr eingehenden Bewertung mit den Aussagen der vorgenannten und anderer Zeugen, nämlich drei Beamten der Wasserschutzpolizei und der Schiffsführer des Schubbootes F und des in der Nähe befindlichen Bootes K, außerdem mit der Aussage des Betroffenen selbst im Verklarungsverfahren.)
Im Urteil heißt es sodann:
„Zusammenfassend trifft die Berufungskammer in Übereinstimmung mit dem Rheinschiffahrtsgericht die folgenden Feststellungen: Das Schiff des Betroffenen hat unter dessen Führung das TMS C unter Umständen zu überholen begonnen, die erkennen ließen, daß sich die Überholung bis unter die Baerler Brücke erstrecken werde. Der Seitenabstand zwischen beiden Schiffen und zwischen ihnen und dem an ihrer Steuerbordseite liegenden Brückenpfeiler war dabei so gering, daß C dem steuerbords überholenden Schiff des Betroffenen nach Backbord ausweichen mußte und dadurch etwas schräg im Strom lag. Diese Schräglage wurde verstärkt, als M unmittelbar nach der Beendigung der Überholung hart nach Steuerbord abdrehte. Die Heckwelle dieses Schiffes schlug dabei vor den Bug des etwas schräg nach Backbord liegenden C und verstärkte diese Schräglage. Die Versuche der Führung dieses Schiffes, es wieder in eine gestreckte Lage zu bringen, mißlangen. Das Schiff fiel in den zum linksrheinischen Ufer ziehenden Hang und stieß mit dem zu Berg kommenden Schubverband F zusammen. Damit steht fest, daß der Betroffene eine gefährliche Überholung durchgeführt und gegen § 6.03 RhSchPVO verstoßen hat. Dieser Verstoß war schuldhaft, denn seine Folgen waren für den Betroffenen voraussehbar. Er kannte die für die Talfahrt nicht ungefährlichen Stromverhältnisse im Bereich der Baerler Brücke, insbesondere die dort bestehende Gefahr, in den Hang zum linksrheinischen Ufer hin zu fallen. Er wußte auch, daß sie bei dem bestehenden hohen Wasserstande und der damit verbundenen starken Strömung besonders groß war. Der Betroffene wußte weiter, daß mit Rücksicht auf die Kurse beider Schiffe und die Lage eines Pfeilers der Baerler Brücke C angesichts der Überholung nach Backbord ausweichen und in eine gewisse Schräglage geraten mußte. Schließlich wußte er, daß die Verlegung des Kurses seines Schiffes nach Steuerbord nach dem Ende der Überholung diese Schräglage verstärken mußte, da die Heckwelle den Bug des überholten Schiffes weiter nach Backbord drückte. Die eingetretene Folge dieser Schräglage war dem Betroffenen als erfahrenem Schiffsführer ebenfalls nicht fremd. Seine Schuld steht mithin fest. Der Versuch der Berufungsbegründung, den Kausalzusammenhang zwischen dem geschilderten Verhalten des Betroffenen und der späteren Havarie zu bestreiten, ist erfolglos. Er wird mit der Behauptung unternommen, das Ruder von C sei bereits vor der Havarie defekt gewesen, und nur deshalb sei es nicht gelungen, das Schiff aus der Schräglageherausaufzustrecken.AuchhierstütztsichdieBerufungsbegründung auf die Aussage des Zeugen D., der bei seiner Vernehmung durch die Wasserschutzpolizei erklärt hat, ihm sei es unverständlich, daß sein Schiff nicht aus dem Hang herausgekommen sei, obschon man die Maschine voll eingesetzt habe. Nach der Kollision habe ihm sein Schiffsführer erklärt, es bestehe ein Schaden an der Ruderanlage. Nach der Aussage des Schiffsführers S. ist der Schaden bei der Kollision entstanden. Aus der Aussage des Zeugen D. kann nicht entnommen werden, er habe schon vorher bestanden. Er selbst weiß das nicht. Die Mitteilung seines Schiffsführers erfolgte nach der Kollision, sie war also ein Hinweis auf deren Folgen. Wenn der Zeuge D. sich schließlich darüber gewundert hat, daß sein Schiff im Hang nicht aus der Schräglage herauskam, obschon die Maschine voll. eingesetzt wurde, so beweist das nicht, daß das Schiffsruder damals schon defekt war...“