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Leitsatz:
Zur Art und Weise der Zustellung eines Rheinschifffahrtsgerichtsurteils, wenn von ihrer Rechtsgültigkeit die fristgerechte Einlegung der Berufung an die Berufungskammer der Rheinzentralkommission und damit die Zulässigkeit der Berufung abhängt.
Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschiffahrt
Urteil
125 C - 1/81
vom 24. Februar 1981
(Rheinschiffahrtsgericht Straßburg)
Zum Tatbestand:
Ein Schubverband der Beklagten hatte die Schutzhölzer an der linken Seite der unterstromigen Einfahrt in die große Schleusenkammer der Schleuse Marckolsheim beschädigt. Dadurch erlitt auch ein Leichter der Beklagten einige Schäden.
Die Klägerin (Electricite de France) erhob Klage auf Schadensersatz in Höhe von etwa 5500 ffr., weil der Schubverband der Beklagten die Schutzbalken fälschlicherweise als Leitwerk benutzt habe.
Die Beklagte bestreitet ein Verschulden und macht in ihrer Widerklage geltend, daß ihr Leichter infolge eines abstehenden Eisenaufsatzes beschädigt und der Unfall auf einen Defekt der Anlagen der Klägerin zurückzuführen sei.
Das Rheinschiffahrtsgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt und die Widerklage abgewiesen. Die Berufung der Beklagten wurde von der Berufungskammer der Rheinzentralkommission als unzulässig zurückgewiesen.
Aus den Entscheidungsgründen:
Mit Schriftsatz vom 30. April 1980, der dem Rheinschiffahrtsgericht am 2. Mai 1980 zugestellt worden ist, hat die Beklagte Berufung gegen das Urteil vom 11. Februar 1980, zugestellt am 11. März, eingelegt und dabei ausdrücklich erklärt, Berufung bei der Zentralkommission für die Rheinschiffahrt einzulegen. Da die Berufung nach Ablauf der vorgeschriebenen Frist erfolgte, hat die Berufungskammer in limine litis zu. prüfen, ob die Berufung zulässig ist.
In Art. 37 der Mannheimer Akte heißt es: Soll die Berufung bei der Zentralkommission angebracht werden, so ist sie binnen 30 Tagen nach der in der Gemäßheit der Landesgesetze erfolgten Insinuation des Urteils anzumelden. Diese Anmeldung hat mit dem ausdrücklichen Bemerken zu erfolgen, daß die Entscheidung der Zentralkommission verlangt werde. Sie ist auch der Gegenpartei in dem von ihr in erster Instanz erwählten Domizil oder in dessen Ermangelung gleichfalls dem Gericht zuzustellen. In welcher Weise die Anmeldung bei dem Gericht zu erfolgen hat, bleibt der Bestimmung der Landesgesetzgebung überlassen.
Nach Art. 680 der (französischen) NZPO muß in der Zustellungsurkunde eines Urteils die Einspruchs-, Berufungs- oder Kassationsfrist deutlich angegeben werden, sofern eines dieser Rechtsmittel eingelegt werden kann, sowie die Modalitäten für die Ausübung dieses Rechtsmittel.
Zunächst ist hervorzuheben, daß in der vom Gerichtsbeamten ausgestellten Zustellungsurkunde sehr deutlich die Berufungsfrist angegeben ist und darauf hingewiesen wird, daß der Berufungskläger entweder bei der Zentralkommission für die Rheinschiffahrt oder beim Rheinschiffahrtsberufungsgericht Berufung einlegen kann. Dies sind wichtige Formalitäten, die die Person, an die die Zustellung bewirkt wird, über ihre Rechte aufklären soll.
In der Zustellungsurkunde hat der Gerichtsbeamte nicht angegeben, daß die Berufung beim Rheinschiffahrtsgericht angemeldet werden und bei der Zentralkommission mit dem ausdrücklichen Bemerken eingelegt werden muß, daß ihre Entscheidung verlangt werde und daß in diesem letztgenannten Fall die Berufung auch der Gegenpartei zuzustellen ist.
Zwar hat das Fehlen dieser Angaben zumindest im Prinzip die Ungültigkeit der Zustellung durch den Gerichtsbeamten zur Folge, doch ist das nicht der Fall, wenn dadurch der Gegenpartei, die in erster Instanz durch einen Rechtsanwalt vertreten war, dem das Urteil vorher durch Gerichtsbescheid zugestellt worden war, kein Schaden erwächst.
Art. 680 der (französischen) NZPO kann nämlich nur geltend gemacht werden, wenn ein Schaden nachgewiesen wird, doch dieser Schaden ergibt sich nicht zwangsläufig daraus, daß die Zustellungsurkunde nicht alle nach diesem Artikel geforderten Angaben enthält. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn das Fehlen gewisser Angaben nicht nachteilig für die Interessen einer unterrichteten und gut beratenen Gegenpartei ist; ihrem Rechtsberater ist das Urteil übrigens schon am 20. Februar 1980 durch Gerichtsbescheid zugestellt worden. Außerdem ist ein Schaden von der Gegenpartei weder nachgewiesen noch vorgetragen worden. Somit ergibt sich im vorliegenden Fall und aufgrund der vorbeschriebenen Umstände, daß die Zustellung des Urteils durch den Straßburger Gerichtsbeamten nicht ungültig ist, nur weil darin nicht gesagt wird, daß die Berufung beim erstinstanzlichen Gericht angemeldet werden muß.
Unter diesen Umständen ist die Berufung, deren Begründetheit nicht untersucht zu werden braucht, für unzulässig zu erklären, weil sie nicht binnen der nach Art. 37 Mannheimer Akte vorgesehenen Frist von 30 Tagen eingelegt worden ist."