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Urteil der Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschiffahrt
in einer Berufung gegen ein Urteil des Rheinschifffahrtsgerichts Colmar vom 7. Januar 1980 und gegen eine Entscheidung desselben Gerichts vom 3. März 1980)
Tatbestand:
Am Abend des 4. März 1975 gegen 19 Uhr hat das rheinabwärts fahrende Motorschiff "Rheinland", das den Gebrüdern „Z“ K.G. gehört, von „F“ geführt wurde und bei der Versicherungsgesellschaft „T“ A.G. versichert ist, bei Einfahrt in die große Kammer der Schleusen Straßburg das vordere Tor dieser Kammer beschädigt, das gemäß Art. 2 des mit Erlass vom 10. Mai 1971 über Ausbau und Betrieb der Staustufe Straßburg auf dem Rhein gebilligten Lastenheftes Bestandteil der Konzession ist, die der FRANZÖSISCHE STAAT „EDF“ übertragen hat. Infolge des Unfalls musste „EDF“ das beschädigte Tor reparieren lassen; die Kosten für die Instandsetzung betrugen 555.695,- Francs.
Verfahren:
Am 15. Dezember 1976 hat „EDF“ Herrn „F“, der das MS "Rheinland" führte, die Gebrüder „Z“ in ihrer Eigenschaft als Reeder und die Versicherungsgesellschaft „T“ beim Rheinschifffahrtsgericht Straßburg auf Zahlung einer Summe von 555.695,- Francs in Wiedergutmachung des beim Unfall vom 4. März 1975 verursachten Schadens verklagt.
Mit Urteil vom 4. Januar 1978 hat das Straßburg unter Berufung auf die Verjährung der öffentlichen Klage erklärt, dass die Klage von „EDF“ verjährt sei. Dies begründete es damit, dass die Klägerin die Zivilklage nicht binnen einem Jahr, sondern erst am 16. Dezember 1976 eingelegt habe, so dass die Klage nicht mehr statthaft sei. Mit diesem Urteil wird „EDF“ außerdem zu den Kosten verurteilt sowie zur Zahlung eines Betrags von 2.000,- Francs an die Beklagten in Erstattung ihrer nicht in den Kosten enthaltenen Auslagen, zuzüglich gesetzliche Zinsen seit dem Tage der Urteilsverkündung.
Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Am 2. Februar 1978 haben „F“, die Gebrüder „Z“ und die Versicherungsgesellschaft „T“ beim Rheinschifffahrts- Berufungsgericht Colmar Berufung eingelegt. „EDF“ hat am 14. März 1978 Berufung angemeldet und dabei ausdrücklich erklärt, Berufung bei der Berufungskammer der Zentralkommission einzulegen.
Nachdem das Rheinschifffahrts- Berufungsgericht in einem ersten Urteil vom 8. November 1978 erklärt hatte, dass es ordnungsgemäß mit den Berufungen befasst worden sei, hat es mit Urteil vom 4, April 1979 erkannt, dass „EDF“ nicht parteifähig gewesen sei und zwar aus folgenden Gründen:
- die die Konzession vergebende Behörde muss als unmittelbare Eigentümerin der vom Konzessionär errichteten Anlagen betrachtet werden, wenn sie sich die kostenfreien Rückgabe bei Ablauf der Konzession ausbedungen hat.
- der Staat kann niemandem das Recht abtreten, das öffentliche Eigentum betreffende Klagen zu führen, so dass die Klage der „EDF“ für unzulässig erklärt werden muss.
Nachdem der FRANZÖSISCHE STAAT mit Schriftsatz vom 11. Juli 1979 Drittwiderspruchsklage gegen das Urteil des Rheinschifffahrts- Berufungsgerichts vom 4. April 1979 erhoben hat, hat dieses Berufungsgericht, das „EDF“ gestattete, zur Unterstützung des FRANZÖSISCHEN STAATES in den Rechtsstreit einzugreifen, mit Urteil vom 7. Januar 1980 erklärt, dass die Drittwiderspruchsklage und die Streithilfe von „EDF“ zulässig und begründet seien und erneut für Recht erkannt:
- „EDF“ war parteifähig, auf Wiedergutmachung des Schadens aus dem Unfall vom 4. März 1975 zu klagen;
- das Urteil ist auch für „EDF“ rechtswirksam;
- die öffentliche Verhandlung würde, ausgehend von dieser Rechtslage, auf der Sitzung vom 3. März 1980 fortgesetzt;
- die Entscheidung über die Kosten sowie über den in Anwendung von Art. 700 der Neuen Zivilprozessordnung gestellten Antrag von „F“, den Gebrüder „Z“ und der Versicherungsgesellschaft „T“ wird vorbehalten.
Anlässlich der Sitzung vom 3. März 1980 hat das Rheinschifffahrts-Berufungsgericht die sofortige Aufnahme der öffentliche Verhandlung angeordnet und den Antrag von „F“, der Gesellschaft „Z“ und der Versicherungsgesellschaft „T“ zurückgewiesen, wonach insbesondere festgestellt werden sollte, dass das Berufungsgericht aufgrund der Berufung gegen das Urteil vom 7. Januar 1980 bei der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt nicht mehr zuständig sei und hilfsweise die Sache bis zu einer Entscheidung der Zentralkommission vertagt werden sollte.
Mit Anträgen vom 30. Januar 1980, die „EDF“ am 6. Februar 1980 zugestellt wurden, haben die Beklagten „F“, Gebrüder „Z“ und die Versicherungsgesellschaft „T“ Berufung gegen das Urteil des Rheinschifffahrts- Berufungsgerichts vom 7. Januar 1980 eingelegt und dabei erklärt, diese Berufung bei der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt einzulegen. Die Berufungsschrift vom 30. Januar 1980 ist am 8. Februar 1980 auch dem FRANZÖSISCHEN STAAT und dem Rheinschiffahrts- Berufungsgericht zugestellt worden. Mit Berufungsschrift vom 25. Februar 1980, die am 27. Februar 1980 der Kanzlei des Rheinschifffahrts-Berufungsgerichts zugegangen ist, haben die Berufungskläger ihre Berufung begründet und ihre Anträge dargelegt; diese Berufungsschrift ist „EDF“ und dem FRANZÖSISCHEN Staat auf Betreiben des Rheinschifffahrts-Berufungsgerichts übermittelt worden (Entscheidung vom 7. März 1980).
In ihrer Berufungsschrift vom 30. Januar 1980 und ihrer Berufungsbegründung vom 25. Februar haben die Berufungskläger folgende Anträge gestellt:
Die Zentralkommission für die Rheinschifffahrt möge,
- die Berufung gegen das Urteil vom 7. Januar 1980
für zulässig erklären,
- das genannte Urteil ändern,
- den Antrag des FRANZÖSISCHEN STAATES zurückweisen,
- ihn zu allen Kosten verurteilen.
„F“, die Fa. Gebr. „Z“ und die Versicherungsgesellschaft „T“ mit Anträgen vom 5. März 1980,die am 11. März 1980 beim Rheinschifffahrts-Berufungsgericht registriert und am selben Tag dem FRANZÖSISCHEN STAAT zugestellt worden sind, auch Berufung gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts vom 3. März 1980 eingelegt, das die Fortsetzung der mündlichen Verhandlung angeordnet und den Antrag von „F“, der Fa. „Z“ und der Versicherungsgesellschaft „T“ zurückgewiesen, hat, wonach insbesondere festgestellt werden sollte, dass das Berufungsgericht aufgrund der Berufung bei der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt nicht mehr zuständig ist und hilfsweise die Sache bis zu einer Entscheidung in der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt zurückgestellt werden sollte.
Zur Begründung ihrer Anträge machen Ä. „F“, die „Z“ und die Versicherungsgesellschaft „T“ geltend, dass das Urteil des Rheinschifffahrts- Berufungsgerichts vom 7. Januar 1980 in erster Instanz gefällt worden sei, da zuvor kein Gericht über den Antrag des FRANZÖSISCHEN STAATES erkannt habe. Somit sei, zumal hier in jedem Fall die zweifache Instanz vorliegt, gemäß Art. 37 der Mannheimer Akte und dem französischen Gesetz vom 21. April 1932 davon auszugehen, dass das Urteil vom 7. Januar 1980 in erster Instanz gefällt worden und somit die Berufung bei der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt zulässig sei.
Die Berufungskläger machen ferner geltend, dass der Vorderrichter sich zu Unrecht auf Art. 585 der Neuen Zivilprozessordnung gestützt habe, wonach gegen jedes Urteil Drittwiderspruchsklage eingelegt werden kann. Hierzu führen sie aus, dass die Rheinschifffahrtsgerichte nicht zuständig seien, eine zuvor von ihnen getroffene Entscheidung aufzuheben, vor allem weil die Zuständigkeit dieser Gerichte auf die Fälle der Art. 33 und 34 der Mannheimer Akte beschränkt ist. Mach der Mannheimer Akte gibt es keine andere Möglichkeit der Zurücknahme oder Aufhebung als die der Berufung gegen Urteile, deren Gegenstand über 50,- Francs beträgt. Durch. seine Erklärung, dass Art. 585 der N.Z.P.O. bei den Rheinschifffahrtsgerichten zur Anwendung komme, habe der Vorderrichter Art. 38 der Mannheimer Akte "entstellt", wo es heißt, für das Verfahren finden die geltenden Landesgesetze Anwendung "wenn die Berufung bei diesem Gericht eingelegt wird". So müsse darauf hingewiesen werden, dass der FRANZÖSISCHE STAAT, der gegen die Beklagten Drittwiderspruchsklage beim Rheinschifffahrts-Berufungsgericht eingelegt hat, keine Berufung bei diesem Gericht eingelegt habe, da er nicht einen Rechtsweg für eine Änderung einer von einem niedrigeren Gericht getroffenen Entscheidung benutzt habe. Die Berufungskläger machen schließlich geltend, dass die Mannheimer Akte sich mit ihrer Bestimmung, dass bei Berufung für das Verfahren die Landesgesetze Anwendung finden, darauf beschränke, Verfahrensregeln für die Abwicklung der Berufung aufzustellen mit Ausnahme von nationalen Regeln für die Fälle, in denen Berufung oder ein späteres Rechtsmittel gegen eine Entscheidung eingelegt werden kann. Diese ergeben sich ausschließlich aus der internationalen Akte.
In Bezug auf die Berufung gegen die Entscheidung des Rheinschiffahrts-Berufungsgerichts vom 3. März 1980 haben die Berufungskläger die Auffassung vertreten, dass dieses Gericht auf das Urteil vom 7. Januar 1980 hin zu Unrecht die Fortsetzung der öffentlichen Verhandlung angeordnet habe, zumal mit Schriftsatz vom 30. Januar 1980 gegen dieses Urteil Berufung bei der Zentralkommission eingelegt worden ist, die, gemäß Art. 539 der Neuen Zivilprozessordnung, eine aufschiebende Wirkung für das Urteil vom 7. Januar hat.
In Erwiderung darauf macht der FRANZÖSISCHE STAAT mit Berufungsschrift vom 28o März 1980 an die Zentralkommission für die Rheinschifffahrt geltend, dass die Drittwiderspruchsklage ein außerordentlicher Rechtsweg sei, der dritten Personen zur Verfügung stehe, wenn ihre Interessen verletzt würden oder ihnen durch ein Urteil, mit dem sie nichts zu tun hatten, ein Schaden drohe; Drittwiderspruchsklage könne gegen ein Urteil erster Instanz sowie gegen ein Urteil der Berufungsinstanz (Art. 585 der N.Z.P.O.) eingelegt werden und dabei sei es unerheblich, ob es sich um eine Entscheidung eines Richters des gemeinen Rechts oder die eines Ausnahmerichters handle. Der FRANZÖSISCHE STAAT behauptet weiter, dass gegen das in einer Drittwiderspruchsklage gefällte Urteil die gleichen Rechtsmittel eingelegt werden könnten wie gegen die Entscheidung des Gerichts, das es gefällt habe, und dass in diesem Fall gemäß Art. 592 der N.Z.P.O,, die Berufung gegen eine Entscheidung eines Berufungsgerichts unzulässig sei, in Art. 38 der Mannheimer Akte werde bestimmt, dass für das Verfahren in Appellationssachen die geltenden Landesgesetze Anwendung finden, so dass die Berufung für unzulässig erklärt werden müsse; außerdem sei sie aus den vom Rheinschifffahrts- Berufungsgericht; genannten Gründen unbegründet, und dieses Gericht habe deshalb zu Recht auf die Drittwiderspruchsklage hin die Aufhebung des Urteils vom 4. April 1979 entschieden.
Aus diesen Gründen hat der FRANZÖSISCHE STAAT folgende Anträge gestellt:
- zu erklären, dass die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Rheinschifffahrts-Berufungsgerichts Colmar vom 7. Januar 1980 unzulässig ist.
- die Beklagten und Berufungskläger zu verurteilen, an den FRANZÖSISCHEN STAAT einen Betrag von 2.000,Francs als Schadensersatz für ein missbräuchliches Verfahren zu zahlen.
In der Berufung gegen die Entscheidung des Rheinschifffahrts-Berufungsgerichts vom 3. März 1980 hat der FRANZÖSISCHE STAAT seine Anträge aus den Berufungsbegründungen vom 28. März und 23. Oktober 1980 übernommen und plädiert:
Möge die Zentralkommission
- die Berufung für unzulässig, hilfsweise für unbegründet erklären,
- die Beklagten verurteilen, an den FRANZÖSISCHEN STAAT wegen Verfahrensmissbrauch die Summe von 2.000,- Francs zuzüglich gesetzliche Zinsen zu zahlen« Sie in Anwendung von Art. 700 der N.Z.P.O. verurteilen, in Erstattung der Unkosten eine Summe von 2.000,- Francs, zuzüglich gesetzliche Zinsen, zu zahlen.
Zur Begründung seiner Anträge macht der FRANZÖSISCHE STAAT geltend, dass die Entscheidungen des Rheinschifffahrts- Berufungsgerichts berufungsunfähige Entscheidungen seien, vor allem weil nicht gleich, zeitig gegen eine Entscheidung, mit der die Vertagung abgelehnt wurde, und gegen das letztinstanzliche Urteil Berufung eingelegt werden könne; eine derartige Berufung sei in jedem Fall mangels stichhaltiger Gründe unbegründet.
In ihren Schriftsätzen vom 8. Februar, 13. März und 24. März 1980 behauptet auch „EDF“ , dass das vom FRANZÖSISCHEN STAAT mit einer Drittwiderspruchsklage eingeleitete Verfahren durchaus zulässig sei, da Art. 38 der Mannheimer Akte bestimme, dass für das Verfahren in Appellationssachen die Gesetze des Landes Anwendung finden, in dem sich das erstinstanzliche Gericht befindet, in jedem Fall werde weder in einem nationalen noch in einem internationalen Text die Möglichkeit vorgesehen, Berufung gegen eine Entscheidung des Rheinschifffahrtsobergerichts einzulegen; durch eine gegenteilige Lösung würde eine dritte Instanz zugunsten der Zentralkommission der Rheinschifffahrt geschaffen, eine Lösung, die den Bestimmungen der Mannheimer Akte zuwiderlaufen würde. Aus diesen Gründen hat „EDF“ folgende Anträge gestellt:
- zu erklären, dass die Berufung gegen das Urteil des Rheinschifffahrtsobergerichts Colmar vom 7. Januar 1980 unzulässig ist.
- die Berufungskläger und Beklagten zu verurteilen, „EDF“ eine Entschädigung in Höhe von 30.000,- Francs für dieses offensichtlich missbräuchliche Verfahren zu zahlen.
Auf die Berufung von „F“, Gebr. „Z“ und der Versicherungsgesellschaft „T“ gegen die Entscheidung des Rheinschifffahrts-Berufungsgericht Colmar vom 3. März 1980 hin hat „EDF“ die in ihrer Berufungsschrift vom 2. März 1980 aufgeführten Anträge gestellt und plädiert:
Möge die Zentralkommission
- die Berufung für unzulässig, hilfsweise für unbegründet erklären,
- die Berufung zurückweisen,
- die Kläger zu l0.000,- Francs Schadensersatz wegen missbräuchlichem Verfahren verurteilen,
- sie in Anwendung von Art. 700 der N.Z.P.O. zu 2.000,- Francs zu verurteilen.
Zur Begründung ihrer Anträge macht „EDF“ geltend, dass bei der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt, die ranggleiche mit den Appellationsgericht Colmar sei, nicht Berufung gegen eine Entscheidung des Appellationsgericht Colmar, das als Rheinschifffahrts-Berufungsgericht erkenne, eingelegt werden könne. Sie führt weiter aus, dass eine Berufung gegen einen Entschluss, die Entscheidung nicht zu vertagen, keineswegs ein Sachurteil sei und dass unter diesen Umständen die Berufung nicht zulässig sei. Schließlich macht „EDF“ geltend, dass die Berufungskläger die Anzahl der Verfahren missbräuchlich erhöhten, was einerseits die Gewährung von Schadensersatz rechtfertige, anderseits erfordere, dass die Berufungskläger sich an den „EDF“ entstehenden Kosten beteiligtem
Entscheidungsgründe:
Es wird Bezug genommen auf die Prozessakten, die ordnungsgemäß zur mündlichen Verhandlung übermittelten und beigebrachten Unterlagen, auf das angefochtene Urteil und die Schriftsätze der Parteien, auf die die Berufungskammer erforderlichenfalls für eine ausführliche Darstellung des Sachverhalts und der Rechtsgründe verweist.
Zulässigkeit der Berufungen bei der Berufungskammer:
Zunächst muss bemerkt werden, dass das Verfahren beim Rhein-schifffahrts- Berufungsgericht Colmar die Folge zweier Berufungen gegen ein Urteil des Rheinschifffahrtsgerichts Straßburg vom 4. Januar 1978 ist.
Als erstes legten die Beklagten „F“, die Gebrüder „Z“ und die Versicherungsgesellschaft „T“ am 2. Februar 1978 Berufung beim Rheinschifffahrts- Berufungsgericht ein, während „EDF“ erst am 14. März 1978 Berufung anmeldete und dabei ausdrücklich erklärte, die Entscheidung der Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt zu beantragen.
Zu Recht hat also das Rheinschifffahrts-Berufungsgericht erklärt, vorschriftsmäßig mit den gemäß Art. 37bis (Abs. 1) Mannheimer Akte eingelegten Berufungen befasst worden zu sein. In diesem Artikel wird bestimmt "Haben in einem Rechtsstreit sowohl der Kläger als auch der Beklagte fristgerecht Berufung eingelegt, und zwar der eine bei der Zentralkommission und der andere bei der innerstaatlichen Berufungsinstanz, so entscheidet das zuerst angerufene Gericht über beide Berufungen".
Die Beklagten, die sich frei für die innerstaatliche Berufungsinstanz entscheiden und Berufung beim Rheinschifffahrts-Berufungsgericht eingelegt haben, können ihren Entschluss nicht mit der Begründung ändern, dass sie durch die Drittwiderspruchsklage in der Berufungsinstanz um die zweifache Gerichtsinstanz gebracht würden.
Die Drittwiderspruchsklage ist ein außergewöhnlicher Rechtsbehelf und steht all denjenigen zur Verfügung, deren Interessen verletzt oder denen durch ein Urteil, von dem sie nicht betroffen waren, Schaden droht.
In Art. 582 der N.Z.P.O. heißt es, mit der Drittwiderspruchsklage soll die Aufhebung oder Abänderung eines Urteils zugunsten Dritter, die dieses Urteil anfechten, erreicht werden, und werden die beanstandeten Punkte in Bezug auf ihren Urheber wieder in Frage gestellt, damit erneut de facto und de jure für Recht erkannt wird.
Drittwiderspruchsklage kann auf jeder beliebigen Verfahrensebene - erste Instanz und Berufungsverfahren - eingelegt werden und gemäß Artikel 592 der N.Z.P.O. können gegen das Urteil in einer Drittwiderspruchsklage die gleichen Rechtsmittel eingelegt werden wie gegen die Entscheidungen des Gerichts, das es gefällt hat.
Aus dem Vorstehenden folgt, dass die Art. der N.Z.P.O, über die Drittwiderspruchsklage Verfahrensbestimmungen und nicht Bestimmungen der Gerichtsordnung sind.
Mithin sind diese Verfahrensbestimmungen gemäß Art. 38 Abs. 3 der Mannheimer Akte anzuwenden, wo es formell heißt: "Wird die Berufung bei diesem Gericht (Rheinschifffahrtsobergericht) eingelegt, so finden die für das Verfahren in Appellationssachen geltenden Landesgesetze Anwendung".
Gegen letztinstanzliche Urteile kann in der Regel Revision eingelegt werden, nicht aber gegen Urteile und Entscheidungen des Rheinschifffahrts-Berufungsgerichts Colmar.
In Art. 7 des französischen Gesetzes vom 21. April 1832 über die Rheinschifffahrtsgerichte heißt es, dass gegen Urteile der Rheinschifffahrtsrichter keine Revisionsmöglichkeiten bestehen.
Übrigens ist es ständige französische Rechtsprechung, dass es gegen Urteile und Entscheidung des Rheinschifffahrts-Berufungsgerichts keine Rechtsmittel gibt und damit gegen solche Entscheidungen nicht Berufung eingelegt werden kann.
Jedenfalls gibt es weder innerstaatliche noch internationale Bestimmungen, wonach die Möglichkeit, gegen eine Entscheidung des Rheinschifffahrts-Berufungsgerichts Berufung einzulegen, vorgesehen wird.
Jede gegenteilige Lösung würde eine dritte Instanz zugunsten der Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt schaffen und den Prinzipien der Mannheimer Akte zuwiderlaufen.
Gegen die Regel der doppelten Instanz, die übrigens auch in der N.Z.P.O. bestätigt wird, wird somit nicht durch die gegen ein Urteil eines Berufungsgerichts eingelegte Drittwiderspruchsklage Verstoßen.
Demnach kann ein Urteil in der Drittwiderspruchsklage in keinem Fall als gleichwertig mit einem erstinstanzlichen Urteil angesehen werden.
In diesem Fall kann gegen das Urteil vom 7. Januar 1980, mit dem das Rheinschifffahrts- Berufungsgericht die Drittwiderspruchsklage des FRANZÖSISCHEN STAATES sowie die Streithilfe der „EDF“ für statthaft und begründet erklärt, kein Rechtsmittel eingelegt werden.
Die Berufungskammer kann die Berufung, die die Beklagten bei ihr gegen das Urteil vom 7. Januar 1980 eingelegt haben, demnach nur für unzulässig erklären.
Ähnlich verhalt es sich mit der Berufung der Beklagten gegen die Entscheidung vom 3. März 1980, die das Rheinschifffahrts- Berufungsgericht im selben Verfahren getroffen hat.
Die Berufungskammer muss mithin auch die Berufung der Beklagten gegen die vorgenannte Entscheidung vom 3. März 1980 für unzulässig erklären.
Schadensersatzanträge des FRANZÖSISCHEN STAATES und der „EDF“ wegen Verfahrensmissbrauch.
Der FRANZÖSISCHE STAAT und „EDF“ haben bei der Berufungskammer Schadensersatzanträge gestellt, mit denen sie von den Beklagten und Berufungsklägern mehrere Beträge wegen Verfahrensmissbrauch oder genauer gesagt wegen missbräuchlicher Klageführung fordern.
Auch wenn davon ausgegangen wird, dass solche Anträge unter die Art. 33 und 34 der Mannheimer Akte fallen und damit in den Zuständigkeitsbereich der Berufungskammer gehören, wäre in diesem Fall nicht der Beweis erbracht, dass das Prozessgebaren der Beklagten ein schadensersatzpflichtiges Verschulden darstellt.
Die Erhebung einer Klage ist nun dann als Fehler zu werten, wenn sie ein boshafter und unaufrichtiger Akt oder zumindest ein grober und arglistiger Fehler ist.
Durch ihre Berufung gegen das Urteil des Rheinschifffahrts-Berufungsgerichts vom 7. Januar 1980 und die Entscheidung desselben Gerichts vom 3. März 1980 haben die Beklagten einen so schwerwiegenden Fehler nicht begangen, dass die Forderung nach Schadensersatz berechtigt wäre.
Die diesbezüglichen Anträge des FRANZÖSISCHEN STAATES und der „EDF“ sind somit zurückzuweisen.
Anträge des FRANZÖSISCHEN STAATES und der „EDF“ auf Entschädigung für die in den Gerichtskosten nicht enthaltenen Unkosten.
Der FRANZÖSISCHE STAAT beantragt, die Berufungskammer möge die Beklagten verurteilen, an ihn in Anwendung von Art. 700 der N.Z.P.O. einen Betrag von 2.000,- Francs zu zahlen.
„EDF“ beantragt ebenfalls, die Berufungskammer möge die Beklagten in Anwendung des vorgenannten Artikels 700 zur Zahlung eines Betrags von 2.000,- Francs verurteilen.
In Artikel 700 der N.Z.P.O. ist vorgesehen, dass der Richter eine Partei verurteilen kann, die Auslagen ihrer Gegenpartei zu bezahlen. Auch wenn ein Verschulden nicht festgestellt wird, kann der Richter dies sogar dann tun, wenn es ihm ungerecht erscheint, dieser Gegenpartei die Honorare und sonstigen Kosten, die sie auslegen musste und die nicht Gerichtskosten im eigentlichen Sinne des Wortes sind, in voller Höhe aufzubürden. Hier ist ein freies richterliches Ermessen gegeben, vor allem bei der Entscheidung über die Anlastung der genannten Kosten.
Diese Regeln kommen gemäß Art., 30 der Verfahrensordnung (vom 23. Oktober 1969) auch bei der Berufungskammer zur Anwendung.
In diesem Artikel heißt es, soweit die revidierte Rheinschifffahrtsakte und diese Ordnung keine Vorschriften vorsehen, kann die Kammer die Verfahrensbestimmungen anwenden, die nach dem Recht des erstinstanzlichen Gerichts vorgesehen sind, um insbesondere das Recht der Parteien auf Anhörung zu gewährleistende.
Im vorliegenden Fall sind der FRANZÖSISCHE STAAT und „EDF“ unter abenteuerlichen und ungewöhnlichen Bedingungen vor die Berufungskammer gezogen worden und mussten sich deshalb von Rechtsanwälten vertreten lassen, deren Interventionen Kosten verursachen.
Die Berufungskammer, die das Vorhandensein eines Verschuldens nicht festzustellen hat, leitet aus ihrer Ermessensbefugnis das Recht ab, „F“, die Gesellschaft „Z“ und die Versicherungsgesellschaft „T“ zu verurteilen, an den FRANZÖSISCHEN STAAT und „EDF“ die in Anwendung von Art. 700 der Z.P.O. geforderten Beträge zu zahlen.
Mithin erkennt die Berufungskammer der Zentralkommission für Recht:
Die Berufungen von „F“, den Gebrüder „Z“ K.G. und der Versicherungsgesellschaft A.G. gegen das Urteil des Rheinschifffahrts- Berufungsgerichts vom 7. Januar und gegen die Entscheidung desselben Gerichts vom 3. März 1980 sind unzulässig und indem sie über die Anträge des FRANZÖSISCHEN STAATES und der „EDF“ entscheidet,
Die Anträge auf Schadensersatz wegen Verfahrensmissbrauch werden zurückgewiesen, die in Anwendung von Art. 700 der N.Z.P.O. gestellten Anträge sind begründet, „F“, die Gebrüder ZIEGLOWSKY KG und die Versicherungsgesellschaft „T“ AG werden somit verurteilt,
1) an den FRANZÖSISCHEN STAAT eine Summe von 2.000,- Francs, nebst gesetzliche Zinsen,
2) an „EDF“ eine Summe von 2.000,- Francs zu zahlen.
„F“, die Gebrüder „Z“ K.G. und die Versicherungsgesellschaft „T“ A.G. werden zu sämtlichen Kosten verurteilt, die Kostenfeststellung gemäß Art. 39 der Revidierten Rheinschifffahrtsakte erfolgt durch das Rheinschifffahrtsgericht Straßburg.