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106 P - 10/79 - Berufungskammer der Zentralkommission (Berufungsinstanz Rheinschiffahrt)
Decision Date: 24.01.1979
File Reference: 106 P - 10/79
Decision Type: Urteil
Language: German
Court: Berufungskammer der Zentralkommission Straßburg
Department: Berufungsinstanz Rheinschiffahrt

Leitsatz:

Verhältnis des europäischen Übereinkommens über Rechtshilfe vom 20. April 1959 zur europäischen Menschenrechtskonvention vom 4. 11. 1950.

Urteil der Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschiffahrt

vom 24. Januar 1979

107 P - 10/79

(Rheinschiffahrtsgericht Straßburg)

ebenso Urteil 106 - P-10/79

Zum Sachverhalt:

Der Beschuldigte, der durch Versäumnisurteil des Rheinschiffahrtsgerichts in Straßburg vom 18. 10. 1978 zu einer Geldbuße von 300 Francs wegen Zuwiderhandlung gegen Vorschriften der RhSchPolVO verurteilt worden war, hat Berufung eingelegt mit der Begründung, daß die Vorladung zu dem Verhandlungstermin im Widerspruch zu Art. 40 der Mannheimer Akte und zu Art. 6 der europäischen Menschenrechtskonvention - letzteres mangels einer Vorladung in einer für ihn verständlichen Sprache - gestanden habe und das Urteil daher aufgehoben werden müsse. Die Berufungskammer hat ihrem Urteil die gleichen Gesichtspunkte zugrundegelegt, wie in dem vorstehend veröffentlichten Urteil 101 P - 8/79 - und stellt zunächst fest, daß im vorliegenden Fall die Vorladung gemäß Art. 40 Abs. 3 der Mannheimer Akte und den formellen Vorschriften der deutschen Strafprozeßordnung sowie auch nach Art. 552 der französischen Strafprozeßordnung erfolgt ist. Hinsichtlich der Beachtung der Menschenrechtskonvention wurde jedoch ein Verstoß festgestellt und deshalb das Urteil aufgehoben.

Aus den Gründen:

„...
Zu Unrecht hat die Staatsanwaltschaft in ihrem Plädoyer das europäische Übereinkommen über Rechtshilfe vom 20. April 1959, insbesondere hinsichtlich der europäischen Menschenrechtskonvention, als gleichbedeutend mit der Abfassung der Vorladung in einer beliebigen Amtssprache des Europarates interpretiert, unbeschadet der Tatsache, daß der Beschuldigte nicht in der Lage ist, sie zu verstehen.

Wenn das europäische Übereinkommen über Rechtshilfe, das übrigens eine Verwaltungsvereinbarung zwischen Vertragsparteien ist, die Möglichkeit vorsieht, die den zuständigen Behörden der Bundesrepublik Deutschland übermittelten Schriftstücke entweder in Deutsch oder in einer der Amtssprachen des Europarates abzufassen, so präjudiziert sie keineswegs die Bedingungen, die noch aufgrund der europäischen Menschenrechtskonvention einzuhalten sind, die das Übereinkommen über Rechtshilfe, wie ausdrücklich in Art. 26 dieses Instruments gefordert wird, in keiner Weise berührt.

Die Verletzung der in Art. 6.3 der europäischen Menschenrechtskonvention genannten Rechte des Beschuldigten, in Kenntnis gesetzt zu werden, hat jedoch nicht zur Folge, daß die Vorladung an die Person ungültig wird, sondern verhindert lediglich, daß das Gericht ein Urteil fällt, obwohl aus den Akten nicht ersichtlich ist, ob der Beschuldigte in der Lage war, die Art und den Grund der in der Vorladung angeführten Beschuldigung zu verstehen.

Das Versäumnisurteil, gegen das Berufung eingelegt wurde und das in Verletzung der europäischen Menschenrechtskonvention betreffend das Recht des Beschuldigten, in Kenntnis gesetzt zu werden, gefällt wurde, muß aufgehoben werden.
...“