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Leitsätze:
1) Der Absender kann vom Frachtführer den gemäß Art. 20 Abs. 1 CMNI nach dem Gewicht der verlorenen oder beschädigten Güter berechneten Betrag nur verlangen, wenn das Gewicht in der Frachturkunde dokumentiert ist.
2) Der Frachtführer ist nicht verpflichtet, den Absender darauf hinzuweisen, dass dieser ihm das Gewicht der zu befördernden Güter nach Art. 6 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a CMNI schriftlich mitzuteilen hat.
3) Der Verlust des Rechts auf Haftungsbeschränkung nach Art. 21 Abs. 1 Satz 1 CMNI knüpft an ein eigenes qualifiziertes schuldhaftes Verhalten des Frachtführers an; ein schuldhaftes Verhalten seiner Bediensteten wird dem Frachtführer nicht zugerechnet.
CMNI Art. 6 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a, Art. 11, 20 Abs. 1, Art. 21 Abs. 1 Satz 1
BGH, Urteil vom 1. Juni 2017
Az.: – 1 ZR 29/16
(Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Az.: 5 U 17/13, ZfB 2016, Sammlung Seite 2412 ff, LG Frankfurt am Main, Az.: 3-15 O 97/11)
Aus dem Tatbestand:
Die E GmbH (im Weiteren: Absenderin) beauftragte die Beklagte zu 1 damit, den in Orsava in Rumänien neu gefertigten Schiffsrumpf (im Weiteren: Kasko) des Tankschiffs »Montana« in die Niederlande zu schleppen. Auf der Teilstrecke von Orsava nach Engelhartszell in Österreich ließ die Beklagte zu 1 den Transport von der Beklagten zu 2 vornehmen. Dabei wurde der an der Steuerbordseite des Schiffs TMS Michael der Beklagten zu 2 befestigte Kasko im Verbund befördert. Am 18. Oktober 2010 kam es gegen 6.15 Uhr auf dem Donauabschnitt in der Nähe von Gabcikovo in der Slowakischen Republik zu einer Kollision mit dem zu Tal fahrenden Schiff GMS Vantage.
Die Absenderin unterhielt bei der Klägerin eine Baurisiko Versicherung, aufgrund der für den eingetretenen Schaden Versicherungsschutz bestand. Die M AG, die nach dem Versicherungsvertrag 40% des versicherten Risikos trug, hat die auf sie übergegangenen Ansprüche an die Klägerin abgetreten.Diese hat mit ihrer Klage zur Abgeltung des eingetretenen Schadens von den beiden Beklagten als Gesamtschuldnern zuletzt einen Betrag von 246.968,50 € nebst Zinsen verlangt.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Beklagten zur Zahlung des Gegenwerts von 666,67 Sonderziehungsrechten des Internationalen Währungsfonds in Euro nebst Zinsen verurteilt und die Berufung der Klägerin im Übrigen zurückgewiesen (OLG Frankfurt am Main, ZfB 2016, Sammlung Seite 2412 ff; TranspR 2016, 399).
Mit der vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagten beantragen, verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter, soweit dieser vor dem Berufungsgericht erfolglos geblieben ist. Die Beklagten erstreben mit ihren Anschlussrevisionen, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, weiterhin die vollständige Abweisung der Klage …
Aus den Entscheidungsgründen:
Das Berufungsgericht hat die Haftungstatbestände der Art. 16 Abs. 1 und Art. 4 Abs. 2 CMNI ohne Rechtsfehler als anwendbar angesehen.
a) Nach Art. 16 Abs. 1 CMNI haftet der Frachtführer bei einer der CMNI unterfallenden Beförderung für den Schaden, der durch Verlust oder Beschädigung der Güter in der Zeit von der Übernahme zur Beförderung bis zur Ablieferung oder durch Überschreitung der Lieferfrist entsteht, sofern er nicht beweist, dass der Schaden durch Umstände verursacht worden ist, die ein sorgfältiger Frachtführer nicht hätte vermeiden können und deren Folgen er nicht hätte abwenden können …
b) Das Berufungsgericht hat die Haftungsnormen der CMNI als einschlägig angesehen, weil sowohl die Klägerin mit der Beklagten zu 1 als auch diese mit der Beklagten zu 2 »das niederländische Transportrecht nach CMNI« als anwendbares Haftungsregime vereinbart hatten …
Die Anschlussrevision der Beklagten zu 1 wendet sich ohne Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, der in den beiden Verträgen vereinbarte Haftungsausschluss für nautisches Verschulden könne bei qualifiziertem Verschulden des Schiffsführers keine Wirkung entfalten.
a) Bei Anwendung der Vorschriften der CMNI folgt dies aus deren Artikel 25 Absatz 2 Buchstabe a. Das Berufungsgericht … ist weiterhin zutreffend davon ausgegangen, dass es in einem solchen Fall nicht auf den im Schrifttum bestehen den Meinungsstreit ankommt, ob eine Vertragsklausel wirksam ist, die – wie im Streitfall – weder die positiven noch die negativen Voraussetzungen des in Art. 25 Abs. 2 Buchst. a CMNI geregelten Haftungsausschlusses im Wortlaut nennt. 14 b) Das niederländische Recht war nach der rechtsfehlerfreien Beurteilung des Berufungsgerichts nur nachrangig anwendbar (dazu vorstehend II 1 b) …
Die Anschlussrevision der Beklagten zu 1 rügt weiterhin ohne Erfolg, das Berufungsgericht habe die Beweislast verkannt, soweit es gemeint habe, die Beklagten hätten sich wegen der als Schadensursache ernsthaft in Betracht kommenden leichtfertigen Unterlassung des Schiffsführers der »Michael« hinsichtlich der fehlenden Schadensursächlichkeit entlasten müssen.
a) Die Anschlussrevision der Beklagten zu 1 weist hierzu auf die Rechtsprechung des Senats hin, nach der sich die vom Berufungsgericht angenommene Beweislastumkehr auf Fälle des groben Organisationsverschuldens in Form von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit durch den Frachtführer oder Spediteur selbst beschränkt (vgl. BGH, Urteil vom 30. Januar 2008 – 1 ZR 146/05, TranspR 2008, 117 Rn. 30; Urteil vom 4. Februar 2016 – 1 ZR 216/14, TranspR 2016, 404 Rn. 51, jeweils mwN). Von einem solchen qualifizierten Organisationsverschulden der beiden Beklagten sei auch das Berufungsgericht nicht ausgegangen.
b) Mit diesen Ausführungen dringt die Anschlussrevision der Beklagten zu 1 nicht durch. Das Berufungsgericht hat in der Sache keine Beweislastentscheidung getroffen. Es hat vielmehr mit dem gerichtlichen Sachverständigen angenommen, dass der zu Berg fahrende Koppelverband der Beklagten zu 2 nicht dem Verlauf des Flusses in der Rechtskurve gefolgt, sondern geradeaus weitergefahren und damit in den Kurs der zu Tal fahrenden »Vantage« gesteuert ist, wobei die nur unzureichend vorhandene Sicht des Rudergängers des Motorschiffs »Michael« für die unterlassene Kurskorrektur nicht unerheblich war. Das Berufungsgericht hat damit die Schadensursächlichkeit der Fahrt ohne ausreichende Sicht positiv festgestellt.
Die Anschlussrevisionen der Beklagten zu 1 und 2 wenden sich schließlich ohne Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, der Haftungsausschluss für nautisches Verschulden scheitere daran, dass auf dem Bug des Kaskos kein Ausguck positioniert gewesen sei …
Das Berufungsgericht hat jedenfalls im Ergebnis rechtsfehlerfrei angenommen, dass der von den Beklagten geschuldete Wertersatz nach Art. 19 Abs. 2 und 3 CMNI auf die in Art 20 Abs. 1 Satz 1 CMNI vorgesehene Haftungshöchstgrenze beschränkt ist, weil die Voraussetzungen für einen Verlust des Rechts auf Haftungsbeschränkung gemäß Art 21 Abs. 1 CMNI nicht vorliegen. Die dagegen gerichteten Angriffe der Revision haben keinen Erfolg.
a) Nach Art. 21 Abs. 1 CMNI kann sich der Frachtführer oder der ausführende Frachtführer nicht auf die in diesem Übereinkommen vorgesehenen oder im Frachtvertrag vereinbarten Haftungsbefreiungen und Haftungsgrenzen berufen, wenn nachgewiesen wird, dass er selbst den Schaden durch ein Verhalten verursacht hat, das in der Absicht, einen solchen Schaden herbeizuführen, oder leichtfertig und in dem Bewusstsein begangen wurde, dass ein solcher Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde. Insoweit erfolgt keine Zurechnung eines Verschuldens von Hilfspersonen des Frachtführers wie hier des Schiffsführers oder der Mannschaft des Schiffs »Michael«.
b) Auf der Grundlage der von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen, die das Berufungsgericht zu der Frage getroffen hat, ob die Haftung der Beklagten bereits dem Grunde nach an dem vereinbarten Haftungsausschluss für nautisches Verschulden scheitert, kann nicht von einem für den eingetretenen Schaden nachweislich ursächlich gewordenen qualifizierten eigenen Verschulden der Beklagten im Sinne von Art. 21 Abs. 1 CMNI ausgegangen werden.
aa) Das Berufungsgericht hat insoweit zunächst ausgeführt, der in dieser Vorschrift vorausgesetzte besonders schwere Pflichtverstoß habe noch nicht darin
bestanden, dass mit dem Motorschiff »Michael« ein für die Koppelung des Kaskos und den Transport ungeeignetes Schiff verwendet worden sei …
Dementsprechend sei die konkrete Koppelung in dem von der staatlichen Schifffahrtsverwaltung Bratislava nach dem Unfall am 18. Oktober 2010 erstellten Havariebericht nicht beanstandet und die von den österreichischen Behörden am 19. Oktober 2010 erteilte »Fahrterlaubnis für Sondertransporte« lediglich mit der Einschränkung verbunden worden, dass das verbandführende Fahrzeug mit einer funktionstüchtigen und während der Fahrt ständig in Betrieb befindlichen Radaranlage ausgestattet und während der Fahrt ständig ein Ausguck am Bug mit Funkverbindung zum Schiffsführer vorhanden sein müsse. Der Umstand, dass die gewählte Verbandszusammenstellung möglicherweise nicht einem »guten Schifffahrtsbrauch«, also – wie der Sachverständige bei seiner Anhörung erläutert habe – der beruflichen Übung entsprochen habe, rechtfertige es nicht, die konkrete Zusammenstellung, wenn sie sich als nautisches Verschulden darstellen sollte, als besonders schweren Pflichtverstoß zu qualifizieren …
(2) Zutreffend ist das Berufungsgericht bei dieser Sachlage davon ausgegangen, dass ein nautisches Versagen von Angehörigen der Mannschaft vorlag und ein unfallursächliches qualifiziertes Organisationsverschulden der Beklagten nicht ersichtlich ist. Der Verband war – anders als die Revision meint – keineswegs von Anfang an fahruntüchtig.
(3) Vorliegend findet auch keine Umkehr der Beweislast statt. Nach der Senatsrechtsprechung obliegt es, wenn ein grober Organisationsmangel vorliegt, grundsätzlich dem Frachtführer, sich hinsichtlich der fehlenden Schadensursächlichkeit zu entlasten, sofern das beanstandete Verhalten als Schadensursache ernsthaft in Betracht kommt (BGH, TranspR 2008,117 Rn. 30 mwN). Dieser Rechtssatz kann im Streitfall nicht zur Anwendung kommen, weil die Parteien gerade darüber streiten, ob ein bei den Beklagten bestehender Organisationsmangel vorgelegen hat. Ohne eine entsprechende Beweislastumkehr kann aber nicht davon ausgegangen werden, dass ein Verstoß der Beklagten gegen Pflichten zur Organisation ihrer Betriebe in der in Art. 21 Abs. 1 CMNI vorgesehenen qualifizierten Form unfallursächlich geworden ist.
6. Ebenfalls ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, für den Haftungshöchstbetrag nach Art. 20 Abs. 1 Satz 1 CMNI sei nicht an das Gewicht des Kaskos, sondern an die Ladungseinheit anzuknüpfen und die Haftung der Beklagten damit auf 666,67 Rechnungseinheiten beschränkt, da die Frachturkunde im Streitfall keine Angabe zum Gewicht des Kaskos enthalten habe.
a) Nach Art. 20 Abs. 1 Satz 1 CMNI haftet der Frachtführer vorbehaltlich des Art. 21 und des Abs. 4 in keinem Fall und aus welchem Rechtsgrund er auch in Anspruch genommen wird für höhere Beträge als 666,67 Rechnungseinheiten für jede Packung oder andere Ladungseinheit oder 2 Rechnungseinheiten für jedes Kilogramm des in der Frachturkunde erwähnten Gewichts der verlorenen oder beschädigten Güter, je nachdem, welcher Betrag höher ist. Das Berufungsgericht hat der Formulierung »des in der Frachturkunde erwähnten Gewichts« in Art. 20 Abs. 1 Satz 1 CMNI mit der im Schrifttum früher einhellig vertretenen und auch gegenwärtig ganz herrschenden Auffassung (vgl. MünchKomm.HGB/Otte, 3. Aufl., Art. 20 CMNI Rn. 11 ff.; Koller, Transportrecht, 9. Aufl., Art. 20 CMNI Rn. 1; Holland in v. Waldstein/Holland, Binnenschifffahrtsrecht, 5. Aufl., Art. 20 CMNI Rn. 9; Ramming, Hamburger Handbuch Binnen Schifffahrtsfrachtrecht, 2009, Rn. 490; ders., TranspR 2008, 189, 194; ders, RdTW 2014, 245, 248; Trost in Hartenstein/Reuschle, Handbuch des Fachanwalts Transport- und Speditionsrecht, 3. Aufl., Kap. 15 Rn. 63; zu Art. 20 Abs. 1 Satz 2 CMNI vgl. OLG Düsseldorf, TranspR 2014, 234, 240 f. und dazu Otte, jurisPR-TranspR 5/2014 Anm. 2; aA neuerdings Ramming, RdTW 2014, 390, 405; ders., RdTW 2016, 326, 331 f) zu Recht entnommen, dass der Absender den nach dem Gewicht berechneten Betrag nur dann verlangen kann, wenn das Gewicht in der vorgegebenen Form urkundlich dokumentiert ist.
b) Dieses Ergebnis folgt in erster Linie aus dem Wortlaut des Art. 20 Abs. 1 Satz 1 CMNI, der für die Berechnung des Haftungshöchstbetrags an die Gewichtsangabe in der Urkunde anknüpft. Für diese Ansicht spricht weiter, dass beim Erlass der CMNI das Problem, dass die für die Berechnung des Haftungshöchstbetrags maßgeblichen Angaben in der Frachtur
kunde nicht erwähnt sind, ausweislich der in Art. 20 Abs. 1 Satz 2 CMNI enthaltenen Regelung durchaus gesehen worden ist. Der Umstand, dass danach, wenn es sich bei der Packung oder anderen Ladungseinheit um einen Container handelt und in der Frachturkunde nicht Packungen oder Ladungseinheiten als im Container verpackt angegeben wurden, an die Stelle des Betrags von 666,67 Rechnungseinheiten der Betrag von 1.500 Rechnungseinheiten für den Container ohne die darin verstauten Güter und zusätzlich der Betrag von 25.000 Rechnungseinheiten für die im Container verstauten Güter tritt, legt es nahe anzunehmen, dass in den übrigen Fällen, in denen in der Frachturkunde eine für die Berechnung des Haftungshöchstbetrags erforderliche Angabe fehlt, die Berechnung nicht auf anderem Wege vorgenommen werden kann.
c) Dieser Auffassung steht nicht entgegen, dass die mit Art. 20 Abs. 1 Satz 1 CMNI vergleichbare Vorschrift des § 504 Abs. 1 Satz 1 HGB für das seit dem 25. April 2013 geltende deutsche Seefrachtrecht keinen entsprechenden Formvorbehalt statuiert. Die CMNI ist ein internationales Übereinkommen, deren Auslegung nicht durch – abweichende – nationale Vorschriften beeinflusst wird.
d) Soweit eine Frachturkunde nach Art. 11 Abs. 3 CMNI für den Abschluss und den Inhalt des Frachtvertrags und für die Übernahme der Güter zur Beförderung so wie in der Urkunde beschrieben eine Vermutung begründet (Art. 11 Abs. 3 Satz 2), bezieht und beschränkt sich diese Vermutung auf die betreffenden Angaben. Wenn keine Frachturkunde erstellt wurde oder – wie im Streitfall – eine erstellte Frachturkunde keine entsprechenden Angaben enthält, gilt diese Vermutung nicht. Dementsprechend lässt sich hier auch aus dem Umstand, dass die Vermutung des Art. 11 Abs. 3 CMNI grundsätzlich widerleglich ist, nichts für die Revision Günstiges ableiten (aA Ramming, RdTW 2014, 390, 405).
e) Eine abweichende Beurteilung ist im Streitfall nicht deshalb geboten,
weil es nach Art. 11 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 CMNI Sache des Frachtführers ist, für jede unter dieses Übereinkommen fallende Beförderung von Gütern eine Frachturkunde auszustellen, und die Frachturkunde nach Art. 11 Abs. 5 Satz 1 Buchst. f CMNI Maß, Zahl oder Gewicht sowie Merkzeichen der an Bord verladenen oder zur Beförderung übernommenen Güter enthält. Diese Verpflichtung besteht für den Frachtführer nur dann, wenn der Absender ihm die entsprechenden Angaben zuvor gemäß Art. 6 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a und b CMNI in schriftlicher Form gemacht hat (MünchKomm. HGB/Otte aaO Art. 11 CMNI Rn. 7; Koller aaO Art. 11 CMNI Rn. 2). Hat der Absender dem Frachtführer Maß, Zahl oder Gewicht nicht schriftlich angegeben, stehen ihm auch keine Schadensersatzansprüche gegen den Frachtführer zu, weil dieser keine entsprechenden Angaben in die Frachturkunde aufgenommen hat (Holland in v. Waldstein/Holland aaO Art. 11, 12 CMNI Rn. 8).
f) Die Beklagten traf auch keine Verpflichtung, die Absenderin darauf hinzuweisen, dass diese nach Art. 6 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a CMNI das Gewicht des zu befördernden Kaskos schriftlich anzugeben hatte. Der Annahme einer solchen Verpflichtung steht die Regelung des Art. 8 Abs. 1 CMNI entgegen. Nach dessen Satz 1 Buchstabe a haftet der Absender, auch ohne dass ihn ein Verschulden trifft, unter anderem für alle Schäden und Aufwendungen, die dem Frachtführer oder dem ausführenden Frachtführer dadurch entstanden sind, dass die Angaben oder Hinweise nach Art. 6 Abs. 2 CMNI fehlen, unrichtig oder unvollständig sind. Diese Regelung lässt erkennen, dass die Verantwortung für das Vorliegen, die Richtigkeit und die Vollständigkeit der Angaben beim Absender liegt. Der Frachtführer ist danach grundsätzlich nicht verpflichtet, den Absender auf das Fehlen schriftlicher Angaben zu Maß, Zahl oder Gewicht der Transportgüter hinzuweisen …
BGH, Urteil vom 1. Juni 2017, Az.: – 1 ZR 29/16, (Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Az.: 5 U 17/13, ZfB 2016, Sammlung Seite 2412 ff, LG Frankfurt am Main, Az.: 3-15 O 97/11)
Der 1. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 1. Juni 2017 durch …
für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin und die Anschlussrevisionen der Beklagten gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 26. Januar 2016 werden zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens. Der Streithelferin werden die im Revisionsverfahren durch die Nebenintervention entstandenen Kosten auferlegt.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die E GmbH (im Weiteren: Absenderin) beauftragte die Beklagte zu 1 damit, den in Orsava in Rumänien neu gefertigten Schiffsrumpf (im Weiteren: Kasko) des Tankschiffs »Montana« in die Niederlande zu schleppen. Auf der Teilstrecke von Orsava nach Engelhartszell in Österreich ließ die Beklagte zu 1 den Transport von der Beklagten zu 2 vornehmen. Dabei wurde der an der Steuerbordseite des Schiffs TMS Michael der Beklagten zu 2 befestigte Kasko im Verbund befördert. Am 18. Oktober 2010 kam es gegen 6.15 Uhr auf dem Donauabschnitt in der Nähe von Gabcikovo in der Slowakischen Republik zu einer Kollision mit dem zu Tal fahrenden Schiff GMS Vantage.
Die Absenderin unterhielt bei der Klägerin eine Baurisiko Versicherung, aufgrund der für den eingetretenen Schaden Versicherungsschutz bestand. Die M AG, die nach dem Versicherungsvertrag 40% des versicherten Risikos trug, hat die auf sie übergegangenen Ansprüche an die Klägerin abgetreten. Diese hat mit ihrer Klage zur Abgeltung des eingetretenen Schadens von den beiden Beklagten als Gesamtschuldnern zuletzt einen Betrag von 246.968,50 € nebst Zinsen verlangt.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Beklagten zur Zahlung des Gegenwerts von 666,67 Sonderziehungsrechten des Internationalen Währungsfonds in Euro nebst Zinsen verurteilt und die Berufung der Klägerin im Übrigen zurückgewiesen (OLG Frankfurt am Main, ZfB 2016, Sammlung Seite 2412 ff; TranspR 2016, 399).
Mit der vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagten beantragen, verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter, soweit dieser vor dem Berufungsgericht erfolglos geblieben ist. Die Beklagten erstreben mit ihren Anschlussrevisionen, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, weiterhin die vollständige Abweisung der Klage.
Entscheidungsgründe:
Das Berufungsgericht hat angenommen, der vertraglich vereinbarte Haftungsausschluss für nautisches Verschulden ändere nichts daran, dass die Beklagte zu 1 als Frachtführerin und die Beklagte zu 2 als ausführende Frachtführerin für die in ihrer Obhut eingetretene Beschädigung des Kaskos dem Grunde nach gemäß den Bestimmungen des Budapester Übereinkommens über den Vertrag über die Güterbeförderung in der Binnenschifffahrt (CMNI) hafteten. Auch wenn dieser Haftungsausschluss – wie das Landgericht gemeint habe – wirksam wäre, käme er den Beklagten jedenfalls deshalb nicht zugute, weil dem Schiffsführer des Motorschiffs »Michael« ein leichtfertiger Navigationsfehler zur Last falle, der in dem Bewusstsein begangen worden sei, dass die Kollision mit dem entgegenkommenden Schiff mit einiger Wahrscheinlichkeit eintreten werde. Der hierfür erforderliche besonders schwere Pflichtverstoß, bei dem der Frachtführer oder seine Mitarbeiter in krasser Weise das Sicherheitsinteresse der Vertragspartner missachtet hätten, liege zwar nicht schon in dem aus der Sicht des gerichtlichen Sachverständigen ungeeigneten Schiffsverbund. Er bestehe vielmehr darin, dass auf dem Bug des die »Michael« der Höhe nach überragenden Kaskos kein Ausguck positioniert gewesen sei.
Die Haftung der Beklagten sei allerdings summenmäßig beschränkt, weil die Voraussetzungen für einen Verlust des Rechts auf Haftungsbeschränkung nicht vorlägen. Insoweit komme es allein auf ein dem Frachtführer oder dem ausführenden Frachtführer anzulastendes persönliches Verschulden an. Für ein solches persönliches Verschulden sei nichts vorgetragen und auch nichts ersichtlich.
Für den Haftungshöchstbetrag sei nicht an das Gewicht des Kaskos, sondern an die Ladungseinheit anzuknüpfen. Da die Frachturkunde keine Angaben zum Gewicht des Kaskos enthalte, sei die Haftung der Beklagten auf 666,67 Rechnungseinheiten beschränkt. Das Unterlassen der Eintragung des Gewichts in die Frachturkunde stelle keine Pflichtverletzung des Frachtführers dar, wenn die Gewichtsangabe diesem gegenüber – wie im Streitfall – nicht schriftlich erfolgt sei.
II. Diese Beurteilung hält, soweit das Berufungsgericht der Klage stattgegeben hat, den Angriffen der Anschlussrevisionen der Beklagten (dazu unter II 1 bis 4) und, soweit das Berufungsgericht die Klage abgewiesen hat, den Angriffen der Revision der Klägerin stand (dazu unter II 5 und 6).
Das Berufungsgericht hat die Haftungstatbestände der Art. 16 Abs. 1 und Art. 4 Abs. 2 CMNI ohne Rechtsfehler als anwendbar angesehen.
a) Nach Art. 16 Abs. 1 CMNI haftet der Frachtführer bei einer der CMNI unterfallenden Beförderung für den Schaden, der durch Verlust oder Beschädigung der Güter in der Zeit von der Übernahme zur Beförderung bis zur Ablieferung oder durch Überschreitung der Lieferfrist entsteht, sofern er nicht beweist, dass der Schaden durch Umstände verursacht worden ist, die ein sorgfältiger Frachtführer nicht hätte vermeiden können und deren Folgen er nicht hätte abwenden können. Diese Haftung gilt nach Art. 4 Abs. 2 Satz 1 CMNI auch dann, wenn der Frachtführer die Ausführung der Beförderung ganz oder teilweise einem ausführenden Frachtführer übertragen hat, und tritt neben die entsprechende Haftung des ausführenden Frachtführers nach Art. 4 Abs. 2 Satz 2 CMNI für die von diesem durchgeführte Beförderung.
b) Das Berufungsgericht hat die Haftungsnormen der CMNI als einschlägig angesehen, weil sowohl die Klägerin mit der Beklagten zu 1 als auch diese mit der Beklagten zu 2 »das niederländische Transportrecht nach CMNI« als anwendbares Haftungsregime vereinbart hatten. Es hat dieser Formulierung entnommen, dass die Geltung der CMNI jeweils vorrangig vereinbart war und niederländisches Transportrecht lediglich subsidiär zur Anwendung kommen sollte. Diese Beurteilung hält sich im Rahmen zulässiger Vertragsauslegung, die in erster Linie dem Tatrichter obliegt. Dagegen spricht nichts für die von der Anschlussrevision der Beklagten zu 2 vertretene gegenteilige Ansicht, es sei ausschließlich das nationale niederländische Transportrecht anwendbar, weil in diesem Fall der Hinweis auf die CMNI nicht verständlich wäre. Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden (allgemein zur Nachprüfung der Ermittlung ausländischen Rechts durch den Tatrichter im Revisionsverfahren: BGH, Beschluss vom 4. Juli 2013 – V ZB 197/12, BGHZ 198, 14 Rn. 15 bis 22; Urteil vom 14. Januar 2014 – II ZR 192/13, NJW 2014, 1244 Rn. 14 f.; Beschluss vom 13. September 2016 -VI ZB 21/15, NJW 2017, 564 Rn. 54) ist die Beurteilung des Berufungsgerichts, das niederländische Transportrecht enthalte seinerseits eine Verweisung auf das Einheitsrecht, das lediglich durch zwingende Vorschriften des nationalen Rechts verdrängt werde. Danach kommt es nicht mehr darauf an, ob das Prozessverhalten der Parteien des Rechtsstreits eine konkludente Rechtswahl darstellen konnte. Da die Haftungsnormen der CMNI gelten, ist weiter das Vorbringen der Anschlussrevision der Beklagten zu 2 unerheblich, das nationale niederländische Recht kenne keinen Art. 4 Abs. 2 Satz 2 CMNI vergleichbaren Direktanspruch des Absenders gegen den ausführenden Frachtführer.
Die Anschlussrevision der Beklagten zu 1 wendet sich ohne Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, der in den beiden Verträgen vereinbarte Haftungsausschluss für nautisches Verschulden könne bei qualifiziertem Verschulden des Schiffsführers keine Wirkung entfalten.
a) Bei Anwendung der Vorschriften der CMNI folgt dies aus deren Artikel 25 Absatz 2 Buchstabe a. Das Berufungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass der Frachtführer oder ausführende Frachtführer nach dieser Bestimmung nicht für durch ein Verhalten des Schiffsführers, Lotsen oder sonstiger Personen im Dienste des Schiffs oder eines Schub- oder Schleppbootes bei der nautischen Führung oder der Zusammenstellung oder Auflösung eines Schub- oder Schleppverbandes verursachte Schäden haftet, sofern er seine Pflichten gemäß Art. 3 Abs. 3 CMNI hinsichtlich der Besatzung erfüllt hat und die Handlung oder Unterlassung nicht in der Absicht, den Schaden herbeizuführen, oder leichtfertig und in dem Bewusstsein begangen wird, dass ein solcher Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde. Es ist weiterhin zutreffend davon ausgegangen, dass es in einem solchen Fall nicht auf den im Schrifttum bestehen den Meinungsstreit ankommt, ob eine Vertragsklausel wirksam ist, die – wie im Streitfall – weder die positiven noch die negativen Voraussetzungen des in Art. 25 Abs. 2 Buchst. a CMNI geregelten Haftungsausschlusses im Wortlaut nennt. 14 b) Das niederländische Recht war nach der rechtsfehlerfreien Beurteilung des Berufungsgerichts nur nachrangig anwendbar (dazu vorstehend II 1 b). Außerdem lässt es nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht anders als Art. 25 Abs. 2 Buchst. a CMNI den Haftungsausschluss für Navigationsfehler nicht eingreifen, wenn das schadensursächliche Verhalten vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Wissen der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts begangen wurde. Auch gegen diese Feststellung zum Inhalt des niederländischen Rechts hat die Anschlussrevision der Beklagten
zu 1 keinen revisionsrechtlich erheblichen Angriff erhoben.
Die Anschlussrevision der Beklagten zu 1 rügt weiterhin ohne Erfolg, das Berufungsgericht habe die Beweislast verkannt, soweit es gemeint habe, die Beklagten hätten sich wegen der als Schadensursache ernsthaft in Betracht kommenden leichtfertigen Unterlassung des Schiffsführers der »Michael« hinsichtlich der fehlenden Schadensursächlichkeit entlasten müssen.
a) Die Anschlussrevision der Beklagten zu 1 weist hierzu auf die Rechtsprechung des Senats hin, nach der sich die vom Berufungsgericht angenommene Beweislastumkehr auf Fälle des groben Organisationsverschuldens in Form von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit durch den Frachtführer oder Spediteur selbst beschränkt (vgl. BGH, Urteil vom 30. Januar 2008 – 1 ZR 146/05, TranspR 2008, 117 Rn. 30; Urteil vom 4. Februar 2016 – 1 ZR 216/14, TranspR 2016, 404 Rn. 51, jeweils mwN). Von einem solchen qualifizierten Organisationsverschulden der beiden Beklagten sei auch das Berufungsgericht nicht ausgegangen.
b) Mit diesen Ausführungen dringt die Anschlussrevision der Beklagten zu 1 nicht durch. Das Berufungsgericht hat in der Sache keine Beweislastentscheidung getroffen. Es hat vielmehr mit dem gerichtlichen Sachverständigen angenommen, dass der zu Berg fahrende Koppelverband der Beklagten zu 2 nicht dem Verlauf des Flusses in der Rechtskurve gefolgt, sondern geradeaus weitergefahren und damit in den Kurs der zu Tal fahrenden »Vantage« gesteuert ist, wobei die nur unzureichend vorhandene Sicht des Rudergängers des Motorschiffs »Michael« für die unterlassene Kurskorrektur nicht unerheblich war. Das Berufungsgericht hat damit die Schadensursächlichkeit der Fahrt ohne ausreichende Sicht positiv festgestellt.
Die Anschlussrevisionen der Beklagten zu 1 und 2 wenden sich schließlich ohne Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, der Haftungsausschluss für nautisches Verschulden scheitere daran, dass auf dem Bug des Kaskos kein Ausguck positioniert gewesen sei.
a) Die Anschlussrevision der Beklagten zu 2 führt dazu aus, die Beklagte zu 2 habe im Berufungsverfahren explizit vorgetragen und unter Beweis durch Einvernahme des Schiffsführers Z des Motorschiffs »Michael« gestellt, dass sich auf dem Koppelverband tatsächlich ein mit einem Handfunkgerät ausgestatteter Matrose als Ausguck auf dem Bug befunden und den Zeugen Z mit den Worten gewarnt habe, »da kommt was auf uns zu«. Der Umstand, dass der Zeuge Z bereits im Einzelrichtertermin vor dem Berufungsgericht am 17. Juli 2014 vernommen worden sei, habe nichts an der Notwendigkeit geändert, ihn zu dem vorliegend angesprochenen Punkt zu vernehmen, da es seinerzeit lediglich um die Frage der Planungen zur Mannschaftsstärke des Schiffs gegangen sei. Außerdem lasse die vom Berufungsgericht aufgestellte Forderung, der Ausguck habe gerade auf dem – wesentlich höheren – Kasko positioniert sein müssen, unberücksichtigt, dass dieser sich in der konkreten Unfallsituation auf der dem Ufer zugewandten Seite befunden habe. Demensprechend habe das Berufungsgericht zuvor selbst festgehalten, die Sicht des Schiffsführers der »Michael« nach Backbord -wo die Begegnung stattgefunden habe – habe durch die höheren Aufbauten des Kaskos nicht beeinträchtigt werden können. Damit sei unerfindlich, warum danach ein – unterstellt – auf der »Michael« aufgestellter Ausguck die auf der einsichtigen Seite entgegenkommende »Vantage« nicht hätte sehen sollen.
b) Die Anschlussrevision der Beklagten zu 1 macht ergänzend geltend, die vom Berufungsgericht vertretene Ansicht, der Ausguck habe sich zwingend auf dem Bug des höheren Kaskos befinden müssen, finde auch in den Erläuterungen des gerichtlichen Sachverständigen keine Stütze. Dieser habe angegeben, dass eine Kompensation durch einen Ausguck auf (dem Bug) des Motorschiffs »Michael› immerhin eingeschränkt möglich gewesen wäre, wobei seine Einschränkung nur für die Sicht nach Steuerbord, nicht für die hier entscheidende Sicht nach Backbord gegolten habe.
c) Das Berufungsgericht hat demgegenüber unter Bezugnahme auf die entsprechende Beurteilung im schriftlichen Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen angenommen, auf das Vorhandensein einer uneingeschränkt funktionstüchtigen Radaranlage habe nur verzichtet werden dürfen, wenn zum Ausgleich ein permanenter und in ständigem Funkkontakt zum Schiffsführer der »Michael« stehender Ausguck auf dem Bug des Kaskos gewährleistet worden wäre. Die Beklagten seien dem Vortrag der Klägerin, dies sei nicht der Fall gewesen, nicht mit substantiiertem Vorbringen entgegengetreten, sondern hätten sich darauf beschränkt, den nautischen Vorteil eines Ausgucks in Abrede zu stellen, und im Übrigen behauptet, ein Ausguck sei aufgestellt gewesen, ohne dessen Person namhaft zu machen oder anzugeben, wo konkret er auf dem Koppelverband aufgestellt gewesen sei. Das Berufungsgericht hat danach mit Recht angenommen, dass die Beklagten weder ihrer Erklärungslast nach § 138 Abs. 2 ZPO entsprochen noch ihrer sekundären Darlegungslast genügt haben. Damit war der Vortrag der Klägerin gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden anzusehen und die Einvernahme der von den Beklagten benannten Zeugen deshalb nicht veranlasst (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Januar 2011 – II ZR 171/09, juris Rn. 5; BAG, BB 2016, 505 Rn. 41).
Das Berufungsgericht hat jedenfalls im Ergebnis rechtsfehlerfrei angenommen, dass der von den Beklagten geschuldete Wertersatz nach Art. 19 Abs. 2 und 3 CMNI auf die in Art 20 Abs. 1 Satz 1 CMNI vorgesehene Haftungshöchstgrenze beschränkt ist, weil die Voraussetzungen für einen Verlust des Rechts auf Haftungsbeschränkung gemäß Art 21 Abs. 1 CMNI nicht vorliegen. Die dagegen gerichteten Angriffe der Revision haben keinen Erfolg.
a) Nach Art. 21 Abs. 1 CMNI kann sich der Frachtführer oder der ausführende Frachtführer nicht auf die in diesem Übereinkommen vorgesehenen oder im Frachtvertrag vereinbarten Haftungsbefreiungen und Haftungsgrenzen berufen, wenn nachgewiesen wird, dass er selbst den Schaden durch ein Verhalten verursacht hat, das in der Absicht, einen solchen Schaden herbeizuführen, oder leichtfertig und in dem Bewusstsein begangen wurde, dass ein solcher Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde. Insoweit erfolgt keine Zurechnung eines Verschuldens von Hilfspersonen des Frachtführers wie hier des Schiffsführers oder der Mannschaft des Schiffs »Michael«.
b) Auf der Grundlage der von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen, die das Berufungsgericht zu der Frage getroffen hat, ob die Haftung der Beklagten bereits dem Grunde nach an dem vereinbarten Haftungsausschluss für nautisches Verschulden scheitert, kann nicht von einem für den eingetretenen Schaden nachweislich ursächlich gewordenen qualifizierten eigenen Verschulden der Beklagten im Sinne von Art. 21 Abs. 1 CMNI ausgegangen werden.
aa) Das Berufungsgericht hat insoweit zunächst ausgeführt, der in dieser Vorschrift vorausgesetzte besonders schwere Pflichtverstoß habe noch nicht darin bestanden, dass mit dem Motorschiff »Michael« ein für die Koppelung des Kaskos und den Transport ungeeignetes Schiff verwendet worden sei. Der gerichtlich bestellte Sachverständige habe bei der mündlichen Erläuterung seines schriftlichen Gutachtens vom 2. April 2015 am 24. November 2015 diese Koppelung zwar als von vornherein unge
eignet bezeichnet und hinzugesetzt, ein verantwortlicher Schiffsführer hätte diese Zusammenstellung seines Erachtens nicht gewählt. In seinem schriftlichen Gutachten habe der Sachverständige allerdings ausgeführt, die Regelungen der »Grundsätzlichen Bestimmungen für die Schifffahrt auf der Donau« verböten Verbandszusammenstellungen der streitgegenständlichen Art nicht. Dementsprechend sei die konkrete Koppelung in dem von der staatlichen Schifffahrtsverwaltung Bratislava nach dem Unfall am 18. Oktober 2010 erstellten Havariebericht nicht beanstandet und die von den österreichischen Behörden am 19. Oktober 2010 erteilte »Fahrterlaubnis für Sondertransporte« lediglich mit der Einschränkung verbunden worden, dass das verbandführende Fahrzeug mit einer funktionstüchtigen und während der Fahrt ständig in Betrieb befindlichen Radaranlage ausgestattet und während der Fahrt ständig ein Ausguck am Bug mit Funkverbindung zum Schiffsführer vorhanden sein müsse. Der Umstand, dass die gewählte Verbandszusammenstellung möglicherweise nicht einem »guten Schifffahrtsbrauch«, also – wie der Sachverständige bei seiner Anhörung erläutert habe – der beruflichen Übung entsprochen habe, rechtfertige es nicht, die konkrete Zusammenstellung, wenn sie sich als nautisches Verschulden darstellen sollte, als besonders schweren Pflichtverstoß zu qualifizieren. Auf das Vorhandensein einer uneingeschränkten funktionstüchtigen Radaranlage, deren Betrieb bei nicht eingeschränkten Sichtverhältnissen nicht zwingend und auch von den slowakischen Behörden nicht konkret vorgeschrieben worden sei, habe nach dem schriftlichen Gutachten des Sachverständigen aber nur verzichtet werden dürfen, wenn ein sicherer Fahrtverlauf zum Ausgleich der fehlenden Rundumsicht durch Gestellung eines permanenten, in ständigem Kontakt zum Schiffsführer der »Michael stehenden Ausgucks auf dem Bug der »Montana« gewährleistet worden wäre.
bb) Danach liegt kein unfallursächliches qualifiziertes Organisationsverschulden der Beklagten vor.
(1) Das Berufungsgericht hat angenommen, der Schaden gehe ungeachtet dessen, dass der genaue Unfallhergang letztlich nicht geklärt sei, ursächlich auf die leichtfertige Unterlassung des Schiffsführers des Motorschiffs »Michael« zurück. Der Sachverständige habe in seinem Gutachten festgestellt, dass sich die »Vantage« in der Zeit vor der Havarie auf einem nicht zu beanstandenden Kurs befunden habe und auch der Kurs der »Michael« bis zum Zeitpunkt der Havarie nicht zu beanstanden gewesen sei. Bei seiner Anhörung in der mündlichen Verhandlung habe er erklärt, der Unfall könne nur darauf beruhen, dass der zu Berg fahrende Koppelverband aus welchem Grund auch immer einen nicht mehr eindeutigen Kurs gesteuert habe, nicht dem Verlauf des Flusses in der Rechtskurve gefolgt, sondern geradeaus weitergefahren und in den Kurs der »Vantage« gesteuert sei. Der Sachverständige sei zu dem Ergebnis gelangt, für beide Schiffe habe die Möglichkeit bestanden, den Kurs nach Steuerbord zu korrigieren und die Havarie zu verhindern; die nur unzureichend vorhandene Sicht des Rudergängers der »Michael« sei dabei »nicht unerheblich« gewesen.
(2) Zutreffend ist das Berufungsgericht bei dieser Sachlage davon ausgegangen, dass ein nautisches Versagen von Angehörigen der Mannschaft vorlag und ein unfallursächliches qualifiziertes Organisationsverschulden der Beklagten nicht ersichtlich ist. Der Verband war – anders als die Revision meint – keineswegs von Anfang an fahruntüchtig.
(3) Vorliegend findet auch keine Umkehr der Beweislast statt. Nach der Senatsrechtsprechung obliegt es, wenn ein grober Organisationsmangel vorliegt, grundsätzlich dem Frachtführer, sich hinsichtlich der fehlenden Schadensursächlichkeit zu entlasten, sofern das beanstandete Verhalten als Schadensursache ernsthaft in Betracht kommt (BGH, TranspR 2008,117 Rn. 30 mwN). Dieser Rechtssatz kann im Streitfall nicht zur Anwendung kommen, weil die Parteien gerade darüber streiten, ob ein bei den Beklagten bestehender Organisationsmangel vorgelegen hat. Ohne eine entsprechende Beweislastumkehr kann aber nicht davon ausgegangen werden, dass ein Verstoß der Beklagten gegen Pflichten zur Organisation ihrer Betriebe in der in Art. 21 Abs. 1 CMNI vorgesehenen qualifizierten Form unfallursächlich geworden ist.
6. Ebenfalls ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, für den Haftungshöchstbetrag nach Art. 20 Abs. 1 Satz 1 CMNI sei nicht an das Gewicht des Kaskos, sondern an die Ladungseinheit anzuknüpfen und die Haftung der Beklagten damit auf 666,67 Rechnungseinheiten beschränkt, da die Frachturkunde im Streitfall keine Angabe zum Gewicht des Kaskos enthalten habe.
a) Nach Art. 20 Abs. 1 Satz 1 CMNI haftet der Frachtführer vorbehaltlich des Art. 21 und des Abs. 4 in keinem Fall und aus welchem Rechtsgrund er auch in Anspruch genommen wird für höhere Beträge als 666,67 Rechnungseinheiten für jede Packung oder andere Ladungseinheit oder 2 Rechnungseinheiten für jedes Kilogramm des in der Frachturkunde erwähnten Gewichts der verlorenen oder beschädigten Güter, je nachdem, welcher Betrag höher ist. Das Berufungsgericht hat der Formulierung »des in der Frachturkunde erwähnten Gewichts« in Art. 20 Abs. 1 Satz 1 CMNI mit der im Schrifttum früher einhellig vertretenen und auch gegenwärtig ganz herrschenden Auffassung (vgl. MünchKomm.HGB/Otte, 3. Aufl., Art. 20 CMNI Rn. 11 ff.; Koller, Transportrecht, 9. Aufl., Art. 20 CMNI Rn. 1; Holland in v. Waldstein/Holland, Binnenschifffahrtsrecht, 5. Aufl., Art. 20 CMNI Rn. 9; Ramming, Hamburger Handbuch Binnen-Schifffahrtsfrachtrecht, 2009, Rn. 490; ders., TranspR 2008, 189, 194; ders, RdTW 2014, 245, 248; Trost in Hartenstein/Reuschle, Handbuch des Fachanwalts Transport- und Speditionsrecht, 3. Aufl., Kap. 15 Rn. 63; zu Art. 20 Abs. 1 Satz 2 CMNI vgl. OLG Düsseldorf, TranspR 2014, 234, 240 f. und dazu Otte, jurisPR-TranspR 5/2014 Anm. 2; aA neuerdings Ramming, RdTW 2014, 390, 405; ders., RdTW 2016, 326, 331 f) zu Recht entnommen, dass der Absender den nach dem Gewicht berechneten Betrag nur dann verlangen kann, wenn das Gewicht in der vorgegebenen Form urkundlich dokumentiert ist.
b) Dieses Ergebnis folgt in erster Linie aus dem Wortlaut des Art. 20 Abs. 1 Satz 1 CMNI, der für die Berechnung des Haftungshöchstbetrags an die Gewichtsangabe in der Urkunde anknüpft. Für diese Ansicht spricht weiter, dass beim Erlass der CMNI das Problem, dass die für die Berechnung des Haftungshöchstbetrags maßgeblichen Angaben in der Frachturkunde nicht erwähnt sind, ausweislich der in Art. 20 Abs. 1 Satz 2 CMNI enthaltenen Regelung durchaus gesehen worden ist. Der Umstand, dass danach, wenn es sich bei der Packung oder anderen Ladungseinheit um einen Container handelt und in der Frachturkunde nicht Packungen oder Ladungseinheiten als im Container verpackt angegeben wurden, an die Stelle des Betrags von 666,67 Rechnungseinheiten der Betrag von 1.500 Rechnungseinheiten für den Container ohne die darin verstauten Güter und zusätzlich der Betrag von 25.000 Rechnungseinheiten für die im Container verstauten Güter tritt, legt es nahe anzunehmen, dass in den übrigen Fällen, in denen in der Frachturkunde eine für die Berechnung des Haftungshöchstbetrags erforderliche Angabe fehlt, die Berechnung nicht auf anderem Wege vorgenommen werden kann.
c) Dieser Auffassung steht nicht entgegen, dass die mit Art. 20 Abs. 1 Satz 1 CMNI vergleichbare Vorschrift des § 504 Abs. 1 Satz 1 HGB für das seit dem 25. April 2013 geltende deutsche Seefrachtrecht keinen entsprechenden
Formvorbehalt statuiert. Die CMNI ist ein internationales Übereinkommen, deren Auslegung nicht durch – abweichende – nationale Vorschriften beeinflusst wird.
d) Soweit eine Frachturkunde nach Art. 11 Abs. 3 CMNI für den Abschluss und den Inhalt des Frachtvertrags und für die Übernahme der Güter zur Beförderung so wie in der Urkunde beschrieben eine Vermutung begründet (Art. 11 Abs. 3 Satz 2), bezieht und beschränkt sich diese Vermutung auf die betreffenden Angaben. Wenn keine Frachturkunde erstellt wurde oder – wie im Streitfall – eine erstellte Frachturkunde keine entsprechenden Angaben enthält, gilt diese Vermutung nicht. Dementsprechend lässt sich hier auch aus dem Umstand, dass die Vermutung des Art. 11 Abs. 3 CMNI grundsätzlich widerleglich ist, nichts für die Revision Günstiges ableiten (aA Ramming, RdTW 2014, 390, 405).
e) Eine abweichende Beurteilung ist im Streitfall nicht deshalb geboten, weil es nach Art. 11 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 CMNI Sache des Frachtführers ist, für jede unter dieses Übereinkommen fallende Beförderung von Gütern eine Frachturkunde auszustellen, und die Frachturkunde nach Art. 11 Abs. 5 Satz 1 Buchst. f CMNI Maß, Zahl oder Gewicht sowie Merkzeichen der an Bord verladenen oder zur Beförderung übernommenen Güter enthält. Diese Verpflichtung besteht für den Frachtführer nur dann, wenn der Absender ihm die entsprechenden Angaben zuvor gemäß Art. 6 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a und b CMNI in schriftlicher Form gemacht hat (MünchKomm. HGB/Otte aaO Art. 11 CMNI Rn. 7; Koller aaO Art. 11 CMNI Rn. 2). Hat der Absender dem Frachtführer Maß, Zahl oder Gewicht nicht schriftlich angegeben, stehen ihm auch keine Schadensersatzansprüche gegen den Frachtführer zu, weil dieser keine entsprechenden Angaben in die Frachturkunde aufgenommen hat (Holland in v. Waldstein/Holland aaO Art. 11, 12 CMNI Rn. 8).
f) Die Beklagten traf auch keine Verpflichtung, die Absenderin darauf hinzuweisen, dass diese nach Art. 6 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a CMNI das Gewicht des zu befördernden Kaskos schriftlich anzugeben hatte. Der Annahme einer solchen Verpflichtung steht die Regelung des Art. 8 Abs. 1 CMNI entgegen. Nach dessen Satz 1 Buchstabe a haftet der Absender, auch ohne dass ihn ein Verschulden trifft, unter anderem für alle Schäden und Aufwendungen, die dem Frachtführer oder dem ausführenden Frachtführer dadurch entstanden sind, dass die Angaben oder Hinweise nach Art. 6 Abs. 2 CMNI fehlen, unrichtig oder unvollständig sind. Diese Regelung lässt erkennen, dass die Verantwortung für das Vorliegen, die Richtigkeit und die Vollständigkeit der Angaben beim Absender liegt. Der Frachtführer ist danach grundsätzlich nicht verpflichtet, den Absender auf das Fehlen schriftlicher Angaben zu Maß, Zahl oder Gewicht der Transportgüter hinzuweisen.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 , § 97 Abs. 1, § 101 Abs. 1, 1 Halbs. 2 ZPO.
Ebenfalls abrufbar unter ZfB 2017 - Nr.11 (Sammlung Seite 2493 ff.); ZfB 2017, 2493 ff.