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VR 64/74 - Bundesfinanzhof (-)
Entscheidungsdatum: 31.03.1977
Aktenzeichen: VR 64/74
Entscheidungsart: Urteil
Sprache: Deutsch
Gericht: Bundesfinanzhof München
Abteilung: -

Leitsatz:

Güterbesichtiger, Probenehmer und dergleichen im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 5 UStG 1967 sind nur die amtlich bestellten Sachverständigen, die zur Besichtigung von Gütern anlässlich einer Güterbeförderung berufen sind (z. B. nach § 61 BSchG).

Urteil

des Bundesfinanzhofes

vom 31. März 1977


Zum Sachverhalt:

Die Klägerin - wohnhaft in Bremen - nahm unter Berufung auf § 4 Nr. 3 in Verbindung mit § 8 Abs. 1 Nr. 5 UStG 1967 Steuerfreiheit für die Umsätze in Anspruch, die sie als Probenehmerin bei Erzverladungen für Rechnung ausländischer Auftraggeber erzielte, ohne selbst aufgrund einer speziellen Vorschrift des Handelsrechts oder des Bremischen Landesrechts dazu bestellt oder beeidigt zu sein. Der Beklagte (Finanzamt) lehnte die Steuerfreiheit ab. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren hat auch das Finanzgericht die Klage auf Herabsetzung der Umsatzsteuerschuld abgewiesen. Die Revision blieb erfolglos.

Aus den Gründen:

Die Vorschrift des § 8 Abs. 1 Nr. 5 UStG 1967 befreit die Leistungen der Handelsvertreter, Handelsmakler, Schiffsmakler, Havariekommissare sowie der Schiffs- und Güterbesichtiger und grenzt somit die begünstigten Leistungen nach dem Berufsbild der genannten Berufsgruppen ab. Dieser Abgrenzungsmethode kommt entgegen, dass die Berufsbilder größtenteils gesetzlich festgelegt (so durch die Vorschriften des Handelsrechts für den Handelsvertreter und Handelsmakler) oder in Anlehnung an die handelsrechtlichen Vorschriften von der zivilrechtlichen Lehre und Rechtsprechung definiert worden sind (so für den Schiffsmakler und den Havariekommissar). Auch für die von § 8 Abs. 1 Nr. 5 UStG 1967 genannten Schiffs- und Güterbesichtiger gibt es Regelungen zur Festlegung des Berufsbildes, und zwar für den Schiffsbesichtiger durch das Bremische „Gesetz über die Schiffsbesichtiger in Bremen und Bremerhaven" vom 5. Februar 1957 (Bremisches Gesetzblatt 1957 S. 7) und für die Güterbesichtiger durch die Bremische „Verordnung, betreffend die beeidigten Güterbesichtiger" vom 3. Januar 1904. Nach § 1 der vorbezeichneten Verordnung sind die beeidigten Güterbesichtiger bestellt, um - vorbehaltlich anderweitiger gerichtlicher Verfügung gemäß § 164 FGG - als Sachverständige in den Fällen der §§ 438, 610 HGB und § 61 des Binnenschifffahrtsgesetzes den Zustand oder die Menge der Güter festzustellen.
Die Geltendmachung bzw. das Erlöschen von Schadensersatzansprüchen ist von einer Güterbesichtigung abhängig, die durch die zuständige Behörde oder durch hierzu amtlich Sachverständige vorzunehmen ist. Nur diese amtlich bestellten Sachverständigen sind zu einer Güterbesichtigung im Falle von Transportschäden berufen. Soweit ihre Ernennung nicht auf Antrag durch das zuständige Amtsgericht erfolgt (§ 164 FGG), sind die Sachverständigen für Dauer durch die zuständige Behörde oder eine andere dazu ermächtigte Stelle (Organe und Berufsvertretungen des Handels, Handwerks oder der Landwirtschaft) zu bestellen (vgl. Baumbach/Duden, Handelsgesetzbuch, 22. Aufl., § 438 Anm. 2 A; Schaps/Abraham, Das Deutschke Seerecht, § 610 HGB, Anm. 9; Prüßmann, Seehandelsrecht, § 610 HGB Anm. C 1; Schlegelberger/Liesecke, Seehandelsrecht, § 610 HGB RdNr. 3). Für die Länder Bremen und Hamburg sind dazu nähere Regelungen durch die vorbezeichnete Bremische Verordnung i. V. m. dem Gesetz über die Industrie- und Handelskammern im Lande Bremen vom 6. Mai 1958 (Bremisches Gesetzblatt 1958 S. 47) bzw. durch das Hamburgische Handelskammergesetz vom 27. Februar 1956 (Hamburgisches Gesetz- und Verordnungsblatt 1956 S. 21) getroffen.

Nach Auffassung des Senats betrifft die Vorschrift des § 8 Abs. 1 Nr. 5 UStG 1967, die sich auch hinsichtlich der übrigen von ihr erfassten Berufe im Bereich des Handelsrechts bewegt, nur die nach den Vorschriften dieses Rechtsgebietes durch amtliche Bestellung zur Güterbesichtigung berufenen Sachverständigen (vgl. Eckhardt/Weiß, Umsatzsteuergesetz, Kommentar, § 8 Tz. 77). Für eine ausdehnende Auslegung besteht weder nach der Entstehungsgeschichte noch nach der Zielsetzung des § 8 UStG 1967 eine Veranlassung. Die nach § 4 Nr. 3 UStG 1967 steuerfreien Leistungen für ausländische Auftraggeber sind in § 8 Abs. 1 UStG 1967 abschließend und erschöpfend aufgeführt.