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Leitsätze:
1) Zur rechtlichen Beurteilung der Frachtenausschüsse in der Binnenschifffahrt.
2) Die Entscheidung über die Genehmigung eines Frachtenausschußbeschlusses trägt alle Merkmale eines Verwaltungsaktes.
3) Die Frachtenausschüsse haben eine eigenständige Aufgabe der beteiligten Wirtschaftskreise selbstverantwortlich wahrzunehmen. Mit der Übertragung der Festsetzung der Entgelte für Verkehrsleistungen hat der Gesetzgeber den Frachtenausschüssen keineswegs nur ein unverbindliches Vorschlagsrecht eingeräumt.
4) Der dem Bundesverkehrsminister zukommende Entscheidungsraum bei der Genehmigung ist so weit gefasst, dass von einer zu engen Bindung nicht die Rede sein kann. Die Staatsaufsicht darf aber nicht so weit gehen, dass von einem eigenständigen Raum für die Frachtenausschüsse nichts mehr übrig bleibt. Durch das Erfordernis der pflichtgemäßen Ausübung des Ermessens sind dem Bundesverkehrsminister trotz eines weiten Entscheidungsrahmens Grenzen gesetzt.
5) Durch die Ablehnung der Genehmigung können nur die Rechte des Frachtenausschusses, nicht aber solche der Schifffahrttreibenden verletzt werden.
Urteil des Bundesverwaltungsgerichts
vom 28. März 1969
Zum Tatbestand:
Ende 1964 beschloss der Frachtenausschuß für den Rhein unter Zustimmung des damals noch bestehenden beratenden Ausschusses (Vertreter der Verladerschaft) eine Erhöhung der Kiesfrachten ab Oberrheinstationen. Die Genehmigung wurde vom BVM bzw. von der hierzu ermächtigten WSD Duisburg wegen Fehlens des damals noch erforderlichen Einvernehmens des Bundeswirtschaftsministers durch Bescheid vom 5. Januar 1965 versagt. Darauf klagten der Frachtenausschuß für den Rhein (Kläger zu 1), der Schiffer-Betriebsverband Jus et Justitia (Kläger zu 2) und eine Reederei (Kläger zu 6) - die Kläger zu 3-5 nahmen die Klage in erster Instanz zurück - gegen die Bundesrepublik, vertreten durch das BVM (Beklagte), im verwaltungsgerichtlichen Verfahren auf Aufhebung des Bescheides und begehrten die Verpflichtung der Beklagten, die Genehmigung zu erteilen.
Das Verwaltungsgericht hat durch Teilendurteil die Kläger zu 2 und 6 abgewiesen und durch Zwischenurteil entschieden, dass die Klage des Klägers zu 1 zulässig ist. Im gegenseitigen Einverständnis wurde - zur Aussparung einer Instanz - von beiden Parteien Sprungrevision eingelegt. Das Bundesverwaltungsgericht hat nunmehr beide Revisionen zurückgewiesen und das erstinstanzliche Urteil bestätigt.
Aus den Gründen:
„1. Das Verwaltungsgericht hat mit Recht in dem gemäß § 109 VwGO erlassenen Zwischenurteil die Zulässigkeit der vom Kläger zu 1) erhobenen Anfechtungs- und Verpflichtungsklage bejaht. Die Entscheidung über die Genehmigung der vom Kläger zu 1) festgesetzten Frachtentgelte ist ein Verwaltungsakt, der die Rechte dieses Klägers verletzen kann (§ 42 Abs. 2 VwGO).
Der rechtlichen Beurteilung ist das während des Revisionsverfahrens geänderte Gesetz über den gewerblichen Binnenschiffsverkehr in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. Januar 1969 (BGBI. 1 S. 65) - BSchVG - zugrunde zu legen. Das Bundesverwaltungsgericht als Revisionsgericht hat Rechtsänderungen, die während eines Rechtsstreits eintreten, im selben Umfange zu berücksichtigen wie die Instanzgerichte (BVerwGE 1, 291 [298]). Da der Kläger zu 1) neben der Aufhebung des die Genehmigung versagenden Bescheides auch die Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung der Genehmigung begehrt, zumindest aber mit der Aufhebung des angefochtenen Bescheides eine neue Entscheidung des Bundesministers für Verkehr über die Genehmigung herbeiführen will, müssten die Vorinstanzen, entschieden sie jetzt, die Neufassung des Binnenschiffsverkehrsgesetzes berücksichtigen.
a) Die Entscheidung über die Genehmigung ist nicht ein der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage entzogener Bestandteil eines Rechtsetzungsverfahrens. Nach § 28 Abs. 1 BSchVG bedürfen Beschlüsse der Frachtenausschüsse oder der erweiterten Frachtenausschüsse über Entgelte für Verkehrsleistungen der Genehmigung des Bundesministers für Verkehr. Die genehmigten Beschlüsse erlässt dieser als Rechtsverordnungen (§ 29 Abs. 1 BSchVG). Die Beschlüsse der Frachtenausschüsse haben nicht, wie diese Regelung zeigt, den Charakter von Rechtsnormen, die mit der Genehmigung unmittelbar rechtliche Wirkung erhalten. Sie werden erst durch die vom Bundesminister für Verkehr zu erlassende Rechtsverordnung allgemein verbindlich. Während bei öffentlich-rechtlichen Körperschaften und Anstalten, denen Autonomie verliehen ist, das Rechtsetzungsverfahren bereits vor der Entscheidung der Genehmigung einsetzt, beginnt es bei den Frachtenausschüssen und bei den anderen zur Festsetzung befugten Ausschüssen erst dann, wenn der Bundesminister für Verkehr die nach § 28 Abs. 1 BSchVG vorgesehene Genehmigung erteilt hat. Sieht man bereits das Genehmigungsverfahren als Teil des Rechtsetzungsverfahrens an, weil es die Feststellung des Inhalts der zu erlassenden Rechtsverordnung zum Gegenstand hat, so ist auch in diesem Falle die im Genehmigungsverfahren ergehende Entscheidung in dem hier allein ausschlaggebenden Verhältnis zum Kläger zu 1) ein Verwaltungsakt.
Durch die Erteilung oder Versagung der Genehmigung wird über die den Frachtenausschüssen eingeräumten Befugnisse entschieden, die sie selbstverantwortlich wahrnehmen. Damit wird - gleichgültig, ob das Rechtsetzungsverfahren begonnen hat oder nicht - im Einzelfall bestimmt, was der Frachtenausschuß tun darf oder nicht. Eine solche Entscheidung trägt alle Merkmale eines Verwaltungsakts, wie sie dem seit langem von Wissenschaft und Rechtsprechung geprägten Begriff zugrunde liegen.
b) Den Frachtenausschüssen ist ein in eigener Verantwortung wahrzunehmender Aufgabenkreis bei der Frachtenbildung übertragen. Nach § 21 BSchVG haben die Frachtenausschüsse das Entgelt der Verkehrsleistungen der Schifffahrt und Flößerei zwischen deutschen Lade- und Löschplätzen festzusetzen, sofern die Verkehrsleistungen entweder ganz oder im Falle einer durchgehenden Beförderung streckenweise auf Bundeswasserstraßen erbracht werden. Die Entgelte sollen marktgerecht sein und den wirtschaftlichen Verhältnissen der Unternehmer der Schifffahrt und der Flößerei Rechnung tragen; sie sind Festentgelte oder Mindest-Höchstentgelte. Bei der Festsetzung von Mindest-Höchstentgelten sind unbillige Benachteiligungen landwirtschaftlicher und mittelständischer Wirtschaftskreise sowie wirtschaftlich schwacher und verkehrsungünstig gelegener Gebiete zu verhindern. Die von der Beklagten vertretene Meinung, die Frachtenausschüsse seien lediglich ein sachverständiges Gremium zur Beratung des Bundesministers für Verkehr bei der Frachtenbildung, lässt nicht nur die geschichtliche Entwicklung der Frachtenausschüsse und ihrer Befugnisse unberücksichtigt, sondern ist auch mit den gesetzlichen Vorschriften über die Frachtenbildung und ihrem Sinngehalt nicht zu vereinbaren.
Die Einrichtung von Frachtenausschüssen in der gewerblichen Binnenschifffahrt geht auf die Anpassungsverordnung vom 23. Dezember 1931 (RGBI. 1 S. 779) und auf § 1 des Gesetzes zur Bekämpfung der Notlage der Binnenschifffahrt vom 16. Juni 1933 (RGBI. II S. 317) sowie auf die Durchführungsverordnungen vom 23. März und 26. August 1932 (RVkBI. S. 58, 145) zurück. Ihre weitere Ausgestaltung erfuhren sie durch die 36. Durchführungsverordnung zum Notlagegesetz vom 20. Mai 1943 (Deutscher Reichs- und Preußischer Staatsanzeiger Nr. 118) - und durch die Verordnung der Frachtenbildung in der Binnenschifffahrt vom 3. Oktober 1941 (RGBI. 1 S. 622). Die von ihnen festgesetzten Entgelte wurden von den Wasser- und Schifffahrtsdirektionen als Aufsichtsbehörden genehmigt, von der Preisbehörde bestätigt und im Verkehrsblatt verkündet.
Das Gesetz über den gewerblichen Binnenschiffsverkehr vom 1. Oktober 1953 (BGBI. 1 S. 1453, 1485; II S. 550), das im Wesentlichen das bisherige Recht ordnete und zusammenfasste, hielt an dem Frachtenbildungsverfahren fest. Der Ausschuss für Verkehr sprach in seinem schriftlichen Bericht zum Entwurf dieses Gesetzes von den Frachtenausschüssen als einer bewährten Selbstverwaltungseinrichtung der Wirtschaft. Als durch die Verkehrsänderungsgesetze vom 1. August 1961 (BGBI. 1 S. 1157, 1161, 1163) der Verkehr durch eine Liberalisierung der Frachtentgelte und einen damit verbundenen freien Wettbewerb an die soziale Marktwirtschaft herangeführt wurde, dienten die Frachtenausschüsse als Vorbild für die im Güterkraftverkehr erstmalig eingesetzten Tarifkommissionen. Berücksichtigt man, dass vor dem Änderungsgesetz vom 1. August 1961 die Festsetzung der Tarife des Güterkraftverkehrs ausschließlich in der Hand des Bundesministers für Verkehr lag, der vor seiner Entscheidung die Verbände des Verkehrsgewerbes lediglich anzuhören hatte, so zeigt schon allein die Weiterentwicklung des Tarifbildungswesens bei diesem Verkehrsträger, dass die Auffassung der Beklagten, die Frachtenausschüsse seien lediglich beratend tätig, und es sei dem Bundesminister für Verkehr freigestellt, ob er ihre als „Empfehlungen" anzusehenden Vorschläge sich zu eigen mache, nicht richtig sein kann.
Der Wortlaut der gesetzlichen Regelung macht denn auch deutlich, dass den Frachtenausschüssen mehr zukommt als eine unverbindliche Beratungstätigkeit. § 21 BSchVG spricht unmissverständlich davon, dass den Frachtenausschüssen die Festsetzung der Entgelte für Verkehrsleistungen obliegt. dass der Gesetzgeber mit diesem Begriff nicht lediglich ein - ebenfalls unverbindliches - Vorschlagsrecht gemeint hat, zeigt § 27 BSchVG. Nach Absatz 2 dieser Vorschrift sind die Frachtenkommissionen für Tagesgeschäfte befugt, Entgelte für Verkehrsleistungen vorzuschlagen. Der anschließend Absatz 3 sieht vor, dass die Bezirksausschüsse und gemeinsamen Ausschüsse Festsetzungsbefugnisse erhalten können. Wenn dann schließlich Absatz 4 den Fachausschüssen das Recht einräumt, dem Frachtenausschuß Entgelte für Verkehrsleistungen vorzuschlagen und § 30 BSchVG den Bundesminister für Verkehr unter bestimmten Voraussetzungen ermächtigt, ohne Mitwirkung der Frachtenausschüsse Entgelte festzusetzen, so geht aus dem Gesamtzusammenhang dieser Regelung hervor, dass dem Gesetzgeber der Unterschied zwischen dem Recht auf Festsetzung und dem Vorschlagsrecht durchaus geläufig war. Es fehlt daher an jedem Anhaltspunkt dafür, dass der Begriff der Festsetzung je nachdem, ob der Frachtenausschuß oder der Bundesminister für Verkehr diese Befugnis ausübt, einen unterschiedlichen Sinn haben soll.
Der von der Beklagten vertretenen Auffassung widerspricht auch die gesamte Ausgestaltung des Frachtenbildungsverfahrens. Wenn den Frachtenausschüssen ein mehr oder weniger unverbindliches Vorschlagsrecht zustünde, bedürfte es keiner besonderen Genehmigung ihrer Beschlüsse. Der Bundesminister für Verkehr könnte sie einfach unbeachtet lassen oder sie in mehr oder weniger großem Umfange zur Grundlage einer von ihm zu erlassenden Rechtsverordnung machen. Damit ließe sich aber wiederum § 29 Abs. 1 BSchVO nicht vereinbaren, wonach der Bundesminister für Verkehr die genehmigten Beschlüsse und nicht seine auf Grund von Vorschlägen der Frachtenausschüsse vorgenommene Festsetzung als Rechtsverordnung erlässt.
Die Beklagte lässt auch den Zweck außer acht, der mit der Bildung von Frachtenausschüssen verfolgt wird. Grundsätzlich ist es Sache derjenigen, die Verkehrsleistungen in der Binnenschifffahrt erbringen, das dafür zu zahlende Entgelt mit ihren Vertragspartnern zu vereinbaren. Zur Sicherung volkswirtschaftlich angemessener Entgelte für Verkehrsleistungen und zur Vermeidung verkehrswirtschaftlicher Schäden erfordern die überragenden Interessen der Allgemeinheit an einem geordneten und wirtschaftlich gesunden Verkehrswesen einen weitgehenden staatlichen Eingriff. Der Sinn der Frachtenausschüsse ist es, diejenigen, deren Rechte eingeschränkt werden müssen, ihre eigenen Belange selbst wahrnehmen zu lassen, soweit der staatliche Eingriff hierzu Raum lässt. Deshalb sind es in erster Linie die Verkehrsunternehmer, die über die Entgelte für ihre Leistungen selbst beschließen sollen. Aber auch den Vertretern der Verlader ist die Möglichkeit zu geben, ihre Interessen im Frachtenbildungsverfahren wahrzunehmen, damit es nicht zu einer einseitigen, nur von einer Vertragspartei vorgenommenen Frachtenfestsetzung kommt. Deshalb sind auch die Frachtenausschüsse aus je zwei zahlenmäßig gleich starken Gruppen von Vertretern der Schifffahrt und der Verlader zusammengesetzt (§ 25 Abs. 1 BSchVG). Diese Gestaltung des Frachtenbildungsverfahrens lässt keinen Zweifel daran aufkommen, dass die Frachtenausschüsse eine eigenständige Aufgabe der beteiligten Wirtschaftskreise selbstverantwortlich wahrnehmen. Ihre Mitglieder sind nach § 25 Abs. 6 BSchVG an Aufträge und Weisungen nicht gebunden. Zwar unterstehen die Frachtenausschüsse der Aufsicht des Bundesministers für Verkehr (§ 24 BSchVG); das spricht aber nicht gegen ihre selbständige Stellung, sondern zeigt, dass es sich bei ihnen nicht um bloße beratende Organe der Verwaltung in Form der politischen Selbstverwaltung handelt. Eine allgemeine Dienstaufsicht wäre auch mit der unabhängigen Stellung der Ausschussmitglieder nicht zu vereinbaren. Die Stellung der Ausschüsse als einer Selbstverwaltungseinrichtung der Wirtschaft, die nach § 25 Abs. 1 und 5 BSchVG maßgeblichen Einfluss auf die Besetzung der Ausschüsse hat, wird auch dadurch unterstrichen, dass die persönlichen und sachlichen Kosten der Ausschüsse, wie in der Begründung des Entwurfs des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den gewerblichen Binnenschiffsverkehr (Deutscher Bundestag, 3. Wahlperiode, Drucksache 2384) ausdrücklich betont wird, dem Bund nicht zur Last fallen. § 4 der Verordnung über die beratenden Ausschüsse bei den Frachtenausschüssen der Binnenschifffahrt vom 27. Oktober 1961 (VkBI. 1961 S. 652) stellt dies hinsichtlich der Mitglieder der Verladerausschüsse klar.
Gegen die Annahme einer Selbstverwaltungseinrichtung spricht auch nicht der Umstand, dass den Frachtenausschüssen die Befugnis, selbst Rechtsvorschriften zu erlassen (Autonomie), nicht zusteht. Die Satzungsgewalt ist häufig mit der Selbstverwaltung verbunden; sie ist aber nicht ohne weiteres in ihr enthalten, sondern bedarf ausdrücklicher Verleihung.
Ebenso wenig schließt die Tatsache, dass die Frachtenausschüsse nicht juristische Personen des öffentlichen Rechts sind, ihre Eigenschaft als Selbstverwaltungseinrichtung aus. Die Rechtsfähigkeit des öffentlichen Rechts deckt sich nicht mit derjenigen des bürgerlichen Rechts. Sie geht weiter. Im Verwaltungsrecht können auch Personen- und Sacheinheiten, die bürgerlich-rechtlich nicht rechtsfähig sind, als Träger von Rechten und Pflichten auftreten. Diese Rechtsfähigkeit ist allerdings meist auf eine bestimmte Rechtsmaterie begrenzt. Aus dieser begrenzten öffentlich-rechtlichen Rechtsfähigkeit zieht § 61 Nr. 2 VwGO die notwendige prozessuale Folgerung, indem er diesen Vereinigungen die Beteiligtenfähigkeit zuerkennt. Der Gesetzgeber war also nicht gehindert, den Frachtenausschüssen bestimmte Aufgaben zur selbstverantwortlichen Erledigung zu übertragen und ihnen im Rahmen dieser Aufgaben bestimmte Rechte zuzuerkennen oder Pflichten aufzuerlegen.
Zwar besteht in Bezug auf Autonomie und eigene Rechtspersönlichkeit ein wesentlicher Unterschied zu den Handwerkskammern oder Industrie- und Handelskammern, bei denen das Bundesverwaltungsgericht die Entscheidung über die Genehmigung von Satzungsbeschlüssen als Verwaltungsakt angesehen hat (BVerwGE 16, 83 und 312). Die hier angefochtene Entscheidung darüber, ob Beschlüsse der Frachtenausschüsse gebilligt werden können, um ihnen durch Erlass einer Rechtsverordnung allgemeine Verbindlichkeit zu geben, kann trotzdem von der Sache her mit der Genehmigung von Satzungen öffentlich-rechtlicher Körperschaften und Anstalten gleichgestellt werden.
c) Die Stellung der Ausschüsse ist also keineswegs unbedeutend und auf eine bloße Hilfstätigkeit gegenüber der Verwaltung beschränkt, wie es die Beklagte darstellt. Andererseits ist aber in Anbetracht des überragenden Interesses der Allgemeinheit an der Preisgestaltung im Verkehrsgewerbe die Stellung des Bundesministers für Verkehr nicht so eingeengt, dass er unter bestimmten eng begrenzten Voraussetzungen die Beschlüsse genehmigen und anschließend als Rechtsverordnung erlassen muss. Der ihm zukommende Entscheidungsraum ist so weit gefasst, dass von einer gebundenen Genehmigung, die unter fest begrenzten Voraussetzungen erteilt werden muss, keine Rede sein kann. Nach § 29 Abs. 2 BSchVG kann der Bundesminister für Verkehr Rechtsverordnungen, die genehmigte Beschlüsse zum Inhalt haben, aufheben, wenn Gründe des Allgemeinwohls es erfordern. Aus denselben Gründen kann er gemäß § 30 BSchVG ohne Mitwirkung der Frachtenausschüsse Entgelte für Verkehrsleistungen festsetzen. Darüber hinaus hat er die Leistungen und Entgelte der verschiedenen Verkehrsträger insoweit aufeinander abzustimmen, als es die Verhinderung des unbilligen Wettbewerbs erfordert (§ 33 Abs. 2 BSchVG).
Wenn auch in diesen weit gesteckten Rahmen Ermessenserwägungen einfließen können, so steht das der Annahme, dass es sich bei der in § 24 BSchVG geregelten Aufsicht des Bundesministers für Verkehr über die Frachtenausschüsse um eine Staatsaufsicht im Rahmen einer Selbstverwaltung handelt, nicht entgegen. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, schließen sich Selbstverwaltung und Zweckmäßigkeitsaufsicht nicht aus. Entscheidend ist, dass diese Aufsicht nicht so weit gehen darf, dass von einem eigenständigen Raum für die Ausschüsse nichts mehr übrig bleibt. Wenn auch der Entscheidungsrahmen weit ist, so sind ihm durch das Erfordernis der pflichtgemäßen Ausübung des Ermessens Grenzen gesetzt, die nicht überschritten werden dürfen. Den Ausschüssen verbleibt damit ein noch angemessener Raum der Selbstgestaltung und Bestimmung bei der Frachtenbildung.
Die dem Bundesminister für Verkehr eingeräumten Prüfungsbefugnisse gegenüber den Beschlüssen der Frachtenausschüsse lassen auch etwaige Bedenken, die sich aus Art. 80 GG ergeben könnten, nicht aufkommen. Das wäre möglicherweise dann der Fall, wenn er unter sehr engen Voraussetzungen die Beschlüsse der Frachtenausschüsse zu genehmigen und zu verkünden hätte. In einem derartigen Falle wäre die Rechtsetzungsbefugnis nur formell dem Bundesminister für Verkehr, materiell aber den Frachtenausschüssen übertragen. Diese gehören aber nicht zu dem in Art. 80 GG abschließend bestimmten Kreis, dem eine Rechtsetzungsbefugnis übertragen werden darf. Deshalb wurden vom Bundesrat gegen den Entwurf des Gesetzes über den gewerblichen Binnenschiffsverkehr Bedenken gegen die frühere Regelung der Verkündung von Beschlüssen der Frachtenausschüsse erhoben (Deutscher Bundestag, 1. Wahlperiode, Drucksache Nr. 4343). Diesen verfassungsrechtlichen Bedenken des Bundesrats trug der Ausschuss für Verkehr dadurch Rechnung, dass er durch eine Änderung in den §§ 29, 30 dem Bundesminister für Verkehr das Recht einräumte, die Beschlüsse der Frachtenausschüsse aufzuheben und anstelle der Frachtenausschüsse selbständig Entgelte festzusetzen.
Aus der verfassungsrechtlichen Stellung des Verordnungsgebers ergibt sich, dass er durch den Gesetzgeber im Rahmen der ihm erteilten Ermächtigung weitgehend eingeschränkt werden kann und nicht über den breiten Spielraum verfügt wie der Gesetzgeber (BVerfGE 13, 248 [255]). Deshalb ist es nicht zu beanstanden, wenn der Verordnungsgeber an die Mitwirkung einer anderen Stelle gebunden wird, sofern ihm ein so weiter Spielraum verbleibt, dass entsprechend der Regelung des Art. 80 Abs. 1 Satz 1 GG die Verantwortung für die Rechtsverordnung ausschließlich von ihm getragen wird (BVerfGE 10, 221 [227]; BVerwGE 28, 36 [44]).
d) Das Rechtsschutzbedürfnis ist nicht entfallen. Der Beschluss des Klägers zu 1) vom 5. November 1964 ist nicht durch die Versagung der Genehmigung hinfällig geworden. Die Anfechtung dieser Entscheidung hat aufschiebende Wirkung (§ 80 Abs. 1 VwGO). Erst wenn die Entscheidung über die Versagung der Genehmigung unanfechtbar wird, ist der Beschluss über die Erhöhung der Kiesfrachten unwirksam und vermag rechtliche Wirkung nicht mehr zu äußern. Die Geschäftsordnung des Klägers zu 1), auf die die Beklagte hinweist, vermag diese Rechtswirkungen nicht abzuändern. Ein Verzicht auf die Anfechtung der Entscheidung der Aufsichtsbehörde kann darin nicht erblickt werden, dass erkennbar ein dahin gehender Wille des Klägers zu 1) fehlt.
Der Beschluss des Klägers zu 1), um dessen Genehmigung im vorliegenden Verfahren gestritten wird, ist auch nicht durch den von der Beklagten erwähnten späteren Beschluss über die Kiesfrachten, der einen Margentarif vorsieht, aufgehoben worden. Zwar ist die Berücksichtigung der erst in der Revisionsinstanz vorgetragenen Tatsache nicht ausgeschlossen, weil sie bei der Prüfung einer Sachurteilsvoraussetzung von Bedeutung ist. Der spätere Beschluss ist jedoch, wie die Beklagte selbst vorträgt, nicht genehmigt worden. Rechtliche Wirkungen konnte er deshalb nicht entfalten.
2. Das Verwaltungsgericht hat mit Recht die Klagen der Kläger zu 2) und zu 6) abgewiesen.
Eigene Rechte, die sie zur Anfechtung der Entscheidung über die Versagung der Genehmigung und zu dem Begehren auf Erteilung der Genehmigung legitimieren könnten, sind nicht gegeben. Die Kläger zu 2) und zu 6) sind nicht, wie der Kläger zu 1), in die Tarifbildung eingeschaltet. Sie können nach der gesetzlichen Regelung nicht einmal dem Kläger zu 1) Vorschläge über die Frachtenbildung unterbreiten. Zwar ist es nicht ausgeschlossen, dass sie den Frachtenausschüssen Anregungen für die Frachtenbildung geben, jedoch haben sie keinen Anspruch darauf, dass diesen Anregungen entsprochen wird. Ihr Einfluss auf das Frachtenbildungsverfahren beschränkt sich nach § 25 Abs. 1 Satz 2 BSchVG lediglich darauf, dass sie über ihre Verbände auf die Besetzung der Frachtenausschüsse Einfluss nehmen können. Weitergehende Rechte sind ihnen in diesem Verfahren nicht zuerkannt. Die Befugnis zur Frachtenbildung stehen allein den Frachtenausschüssen zu. Deshalb können durch die Ablehnung der Genehmigung auch nur die Rechte des Frachtenausschusses, nicht aber solche der Schifffahrtstreibenden verletzt sein. Es handelt sich bei der Entscheidung über die Genehmigung um einen die einzelnen Schifffahrtstreibenden nicht berührenden Rechtsvorgang zwischen dem Bundesminister für Verkehr und den Frachtenausschüssen. Verfehlt ist auch der Hinweis auf den Eingriff in ihre Vertragsfreiheit. Diese ist ohnehin auf Grund des allgemein im Verkehrsgewerbe bestehenden Tarifzwanges beschränkt. Dieser Tarifzwang ist zum Schutz höherwertiger Rechtsgüter, nämlich zur Erhaltung eines geordneten Verkehrswesens und zur Sicherung eines gesunden Wettbewerbs zwischen den einzelnen Verkehrsträgern erforderlich. Verfassungsrechtliche Bedenken lassen sich daraus nicht herleiten. Soweit die Beschränkung der Vertragsfreiheit durch die Einführung höherer Tarife oder Frachten gelockert werden soll, liegt die Befugnis hierzu allein bei den Frachtenausschüssen. Nur sie können die sich daraus ergebenden Rechte wahrnehmen."’)
1) Anm. d. Redaktion:
Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ist für die gesamte Binnenschifffahrt von außerordentlicher Bedeutung. Durch die Entscheidung ist klargestellt worden, dass eine Klage des Frachtenausschusses gegen die Bundesrepublik bzw. das Bundesverkehrsministerium wegen Erteilung oder Nichterteilung einer Genehmigung zulässig ist, und zwar nach Maßgabe der am 1. Januar 1969 in Kraft getretenen Gesetzesnovelle.
Die sehr eingehende und sorgfältige Begründung des Bundesverwaltungsgerichts unterstreicht vor allem die selbständige Stellung des Frachtenausschusses gegenüber dem BVM, stellt erstmalig die rechtliche Bedeutung des Frachtenausschusses in einer vom bisherigen Standpunkt des BVM wesentlich abweichenden Weise klar und schränkt die vermeintlichen Dienstaufsichtsrechte und Einflussmöglichkeiten des BVM nicht unwesentlich ein. Das Urteil wird für das Rechtsverhältnis des Frachtenausschusses zum BVM und für die Zusammenarbeit mit diesem in Zukunft noch erhebliche Bedeutung gewinnen.