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Leitsatz:
Die Fautfracht kann auch dann nicht zur Bemessung der Umsatzsteuer herangezogen werden, wenn sie auf Grund eines Chartervertrags über zusammengesetzte Reisen und nur für den letzten Reiseabschnitt vereinnahmt wurde (Ergänzung des BFH-Urteils V R 118/66 vom 22. Januar 1970, BFH 98, 225, BStBl II 1970, 363).
Urteil des Bundesfinanzhofs
vom 27. August 1970
Aus den Gründen:
Die steuerpflichtige Reederei hatte ihr Tankschiff von August 1955 bis Juni 1961 gegen eine Tagesmiete von Y DM an die Firma X verchartert, die für das Schiff ab August 1966 jedoch keine Verwendung mehr hatte. Die Parteien vereinbarten darauf für den Rest der Vertragszeit statt der Chartermiete die Zahlung eines Betrages, der der Differenz zwischen der vereinbarten Miete und der künftig erwarteten Miete auf Grund einer anderweitigen Vercharterung des Schiffes entsprach. Das Finanzamt zog diese Beträge zur Umsatzsteuer von 4 % heran. Nach erfolglosem Einspruch legte die Steuer zurückgewiesen.
U. a. führt der Bundesfinanzhof aus:
Das FG ist mit dem FA davon ausgegangen, dass die strittigen Zahlungen gemäß §§ 580, 584 HGB als Fautfracht bezahlt wurden. Nach diesen Vorschriften erhält der Verfrachter (Steuerpflichtiger), wenn der Befrachter (X) wie hier bei zusammengesetzten, auf Grund eines Chartervertrags auszuführenden Reisen vor Antritt des letzten Reiseabschnitts den „Rücktritt" vom Vertrag erklärt, als Fautfracht zwar die volle Fracht, muss sich aber, insbesondere wenn er Gelegenheit zu anderweitigem Frachtverdienst hat, einen angemessenen Bruchteil der Fracht, jedoch nicht weniger als die Hälfte, abziehen lassen.
Fautfrachten sind in der Regel Entgelte, die umsatzsteuerrechtlich nicht erfassbar sind (vgl. das Urteil des Senats VR 118/66 vom 22. Januar 1970, BFH 98, 225, BStBI. 11 1970, 363). Gleichwohl sind sie - im Gegensatz zur Meinung des FA - keine Geschenke. Sie sind vielmehr ihrem Wesen nach eine schematisch geregelte Entschädigung dafür, dass der Befrachter die Dienste des Verfrachters ohne besondere Voraussetzungen lösen und ihn der vertraglich zugesicherten Verdienstmöglichkeiten berauben kann; im übrigen begrenzt die Regelung zugleich das Risiko des kündigenden Befrachters (vgl. hierzu Prüssmann, a.a.O., Anm. B 3 und D 1 zu § 580). Die Fautfracht ist also ein Ausgleich zur Abwendung eines Verlusts und kein Ausgleich für eine Leistung. Ihre kausale Verknüpfung mit dem obligatorischen Chartervertrag - auf die das FG zur Stützung seiner Rechtsauffassung besonders hinweist - ist umsatzsteuerrechtlich unbeachtlich. Denn bei dieser Steuer zählt nur das Entgelt, das durch eine vom Unternehmer ausgeführte Leistung aufgewogen wird.
Ein unmittelbarer Zusammenhang der Fautfrachtzahlung mit den etwa geleisteten Frachtdiensten liegt nicht vor; denn diese Leistungen sind durch die Frachten abgegolten. Insbesondere hat das Gesetz die Fautfracht nicht etwa als eine Art Entgeltauffüllung für die geleisteten Frachtdienste ausgestaltet. Die gegenteilige Auffassung muss schon aus dem Gesichtspunkt abgelehnt werden, dass das Gesetz in § 580 HGB Fautfrachtzahlungen für den Fall vorsieht, dass der Verfrachter überhaupt keine Leistung erbracht hat.
Die Abreden zwischen den Vertragsparteien, die hier wie stets nur Aufschlus über die Natur der steuerrechtlich zu beurteilenden Handlungen geben können, stellen - wie das FA selbst ausführt - darauf ab, dass „im Falle der Inanspruchnahme der vom Verfrachter versprochenen Leistung das dafür vereinnahmte Entgelt, im Fall der Nichtinanspruchnahme, also auch des Rücktritts, die vertragliche oder gesetzliche Garantiesumme ... im HGB als Fautfracht bezeichnet" gezahlt wird. Damit kommt zum Ausdruck, dass die Fautfracht nach dem Willen der Parteien eine Zahlung ist, die der Verfrachter bei Eintritt der vorgesehenen Umstände ohne jede Gegenleistung dem Befrachter (Steuerpflichtigen) zu erbringen hatte."