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Leitsatz:
Zum Begriff der Beförderung auf Wasserstraßen" im Sinne § 4 Ziffer 9 UStG, § 35 Abs. 1 Ziffer 1 UStDB.
Urteil des Bundesfinanzhofes
vom 20. Oktober 1959
Zum Tatbestand:
Der Beschwerdeführer (Bf.) übte neben seiner unstreitig umsatzsteuerfreien Tätigkeit als Hauptfrachtführer im Sinne des § 432 HGB (mit Einschaltung von Unterfrachtführern) davon unabhängig eine weitere Tätigkeit aus, die darin bestand, dass er als „Meldestelle" im Auftrage von Reedern, die als Hauptfrachtführer Waren beförderten, die am Bestimmungsort eintreffenden Schiffe an ihre Löschplätze weiterleitete, den bei ihm sich meldenden Schiffsführern entsprechende Weisungen erteilte, die Verfügungsberechtigten vom Eintreffen der Ware unterrichtet und dafür sorgte, dass Kähne von der Firma X an die Löschstellen geschleppt wurden. Für diese gesamte Tätigkeit, gegebenenfalls auch für die geleistete Schlichtungshilfe im Falle von Schwierigkeiten, erhielt der Bf. eine „Provision" bzw. „Abfertigungsgebühr". Finanzamt und Vorinstanz hielten solche Entgelte für umsatzsteuerpflichtig. Die Rechtsbeschwerde blieb erfolglos.
Aus den Gründen:
In Anlehnung an die Begriffsbestimmung in § 4 der Beförderungssteuer-Durchführungsverordnung (BefStDV) vom B. Oktober 1955 ist unter „Beförderung" eine im Rahmen eines Unternehmens stattfindende Tätigkeit zu verstehen, die auf Fortbewegung von Personen oder Gütern gerichtet ist. Dabei ist Voraussetzung, dass die Fortbewegung Selbstzweck oder Hauptzweck der Tätigkeit ist und dass die Tätigkeit unter eigener Verantwortung des Unternehmers ausgeübt wird. Eine Beförderung für Dritte liegt nur vor, wenn die Leistung nicht für eigene Zwecke des Unternehmens bewirkt wird.
Der Begriff der „Beförderung auf Wasserstraßen" in § 35 Abs. 1 Ziff. 1 UStDB ist nach dem Sinn und Zweck dieser Bestimmung eng auszulegen. Soweit es sich um die Beförderung von Gütern handelt, ist darunter die Fortbewegung dieser Güter auf schiffbaren natürlichen oder künstlichen Wasserwegen vom Einladeort bis zum Ausladeort durch einen Frachtführer oder sonstigen Güterbeförderer zu verstehen. Frachtführer ist außer demjenigen, der gewerbsmäßig die Beförderung der Güter selbst ausführt (§ 425 HGB) auch derjenige, der zur Ausführung der von ihm gewerbsmäßig übernommenen Beförderung das Gut einem anderen Frachtführer übergibt (sogenannte Hauptfrachtführer, § 432 HGB). Außer der in der Fortbewegung der Güter bestehenden eigentlichen Güterbeförderung sind - entsprechend einem allgemeinen Grundsatz des Umsatzsteuerrechts - auch die damit in Zusammenhang stehenden notwendigen Nebenleistungen umsatzsteuerfrei, soweit sie der Güterbeförderer selbst bewirkt. Nach dem Beförderungssteuerrecht, das insoweit für die Beförderung auf Wasserstraßen analog anzuwenden ist, sind als Beförderung dem Umfange nach alle Leistungen anzusehen, für die der Beförderungspreis gezahlt wird (vgl. § 16 BefStDV 1955). Darunter fallen alle Verrichtungen, die dazu dienen, beladene Schiffe nach den dafür bestehenden Bestimmungen oder nach den Vereinbarungen mit den Schiffseigentümern in Fahrt zu setzen oder bis zum Löschplatz in Fahrt zu halten. Der Ersatz der Kosten dieser Verrichtungen durch den Besteller des Transports gehört mit zum Beförderungspreise, auch wenn sie neben der eigentlichen Fracht als Frachtzuschlag berechnet werden. Erledigt ein Frachtführer nach der Beladung und vor der Entladung seines Schiffes notwendige Formalitäten bei Behörden, stellt er Ermittlungen über die Person des Empfängers der Ladung und über Zeit und Ort ihrer Löschung an und besorgt er sich erforderlichenfalls Schlepphilfe, so sind diese Maßnahmen zur Beförderung (= Fortbewegung) der Güter auf der Wasserstraße notwendig. Sie sind aber nur dann umsatzsteuerfrei, wenn sie Nebenleistungen zur umsatzsteuerfreien Hauptleistung sind, d. h. mit diesen zusammen von ein und demselben Unternehmer bewirkt werden. Werden Leistungen dieser Art von einem anderen Unternehmer bewirkt, so tritt Steuerfreiheit nicht ein, es sei denn, dass eine besondere Befreiungsvorschrift zur Anwendung käme (wie das z. B. für bestimmte Leistungen der Schiffsmakler in Seehafenplätzen gemäß § 28 Abs. 1 Ziff. 4 UStDB der Fall ist). Da die umstrittene Tätigkeit des Bf. weder eine Beförderung im eigentlichen Sinne noch eine vom Unternehmer der Hauptleistung bewirkte Nebenleistung darstellt, muss die Steuerfreiheit nach § 35 Abs. 1 Ziff. 1 UStDB versagt werden.