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U 9/88 BSch - Oberlandesgericht (Rheinschiffahrtsobergericht)
Entscheidungsdatum: 28.11.1989
Aktenzeichen: U 9/88 BSch
Entscheidungsart: Urteil
Sprache: Deutsch
Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Abteilung: Rheinschiffahrtsobergericht

Leitsatz:

Zur Verkehrssicherungspflicht bei einer schwierigen Brückendurchfahrt, wenn ein umsichtiger Schiffsführer auch bei schlechten Witterungs- und Sichtverhältnissen die Stelle gefahrlos passieren kann.

 

Urteil des Oberlandesgerichts (Rheinschiffahrtsobergerichts) Karlsruhe

vom 28. November 1989

U 9/88 BSch

(Rheinschiffahrtsgericht Mannheim)

- rechtskräftig -

Zum Tatbestand:

Am 9.6.1987 fuhr ein mit Kies beladener Koppelverband der Klägerin, bestehend aus dem 1595t großen MS „0" (86 m lang, 11,05 m breit, 2 x 600 PS) und dem an der Backbordseite gemehrten 2193t großen MSL „P" (86,5 m lang, 11,2m breit, Schottelantrieb mit 480 PS) von Iffezheim kommend auf dem Rhein bei der bei Stromkilometer 362,0 gelegenen Eisenbahnbrücke zu Tal. Die 1946/47 errichtete „Dauerbehelfsbrücke" steht auf vier mit Eisabweisern versehenen, im Strombett befindlichen Pfeilern. Die mittlere, 50m breite Öffnung ist für die Talfahrt, die linksrheinisch davon gelegene, gleichfalls 50 m breite Brückenöffnung ist für die Bergfahrt bestimmt. Die übrigen Öffnungen sind für die Schiffahrt gesperrt. Im Brückenbereich befinden sich, rechtsrheinisch Kribben. Zur Kennzeichnung der für die Talfahrt bestimmten Brückenöffnung sind ca. 50 m oberhalb der die Durchfahrtsöffnung begrenzenden Pfeiler zwei gelbe Radartonnen etwa in Höhe von Stromkilometer 361,92 torartig ausgelegt. Oberhalb davon liegen am rechtsrheinischen Fahrwasserrand zwei rote, mit Radarreflektoren versehene Fahrwasserbegrenzungstonnen etwa in Höhe von Stromkilometer 361,850 und etwa in Höhe von Stromkilometer 361,750. Noch weiter oberhalb, etwa in Höhe von Stromkilometer 361,450, ist in der Nähe des dort befindlichen Kribbenkopfes eine weitere Spierentonne ausgelegt.

Im Zuge der anstehenden Brückenpassage stieß der Koppelverband gegen den linksrheinisch gelegenen Brückenpfeiler der Talfahreröffnung der Brücke und sank. Wegen der Schwierigkeit der Passage der 50 m breiten Brückenöffnungen haben Schiffahrtskreise und Behörden seit mehreren Jahrzehnten wiederholt auf eine Beseitigung der Brückenpfeiler hingewirkt. Die Klägerin hat vorgetragen, die Behelfsbrücke entspreche nicht den gesetzlichen und behördlichen Vorschriften, insbesondere nicht den allgemein anerkannten Regeln des Brückenbaus sowie nicht den technischen Regeln und Sicherheitsanforderungen. Der Zustand der Brücke entspreche darüber hinaus auch nicht den Bauvorschriften der Deutschen Bundesbahn. Die Breite der Durchfahrtsöffnungen sei nicht ausreichend. Unter bestimmten Umständen sei die Passage auch für einen sich pflichtgemäß verhaltenden erfahrenen Oberrheinsteuermann nicht ohne Gefahr möglich, zumal dort wegen der rechtsrheinisch liegenden Kribben eine Querströmung zur Strommitte vorhanden sei.
Am Unfalltag sei der Koppelverband von Iffezheim aus talwärts gefahren. Etwa bei Stromkilometer 336 seien auf einer Strecke von 1 bis 2 km Nebelschwaden über den Rhein getrieben, welche die Schiffsführung des Verbandes veranlaßt hätten, zur Erleichterung der Navigation das Radargerät mitlaufen zu lassen. Bei Stromkilometer 348,5 seien nochmals einige Nebelschwaden aufgetaucht. Danach habe uneingeschränkte Sicht geherrscht. Kurz oberhalb der Maxauer Eisenbahnbrücke seien erneut Nebelschwaden aufgetaucht, die der Besatzung überraschend die Sicht auf die Eisenbahnbrücke genommen hätten. Es habe keine Gelegenheit mehr bestanden, mit dem beladenen Koppelverband vor der Eisenbahnbrücke aufzudrehen oder sonstwie ständig zu werden. Der Schiffsführer habe die Maschinen auf halbe Kraft gesetzt, die er gebraucht habe, um den Verband bei der starken Strömung steuerfähig zu halten. Auf dem MSL „P" sei der Schottelmotor angeworfen worden, um mitdrehen und mitsteuern zu können. Der Verband habe die rechtsrheinisch bei Stromkilometer 361,750 liegende rote Tonne in einem Abstand von wenigen Metern passiert. Auf Höhe dieser Tonne habe sich die Sicht weiter verschlechtert, die Vorschiffe habe man vom Steuerhaus aus nur noch knapp ausmachen können. Zu diesem Zeitpunkt habe der Verband Kurs „mit Vorhalt steuerbord des dritten Pfeilers" gehabt, und man sei gerade im Begriff gewesen, die Vorderschiffe langsam nach backbord abfallen zu lassen. Genau in diesem kritischen Augenblick habe sich der Schiffsführer von der optischen Sicht trennen und sich allein auf das Radarbild konzentrieren müssen. Bei dem Übergang von optischer Sicht auf Radarfahrt sei der Verband wegen der Reaktionszeit des menschlichen Auges ohne Führung gewesen und die Navigation durch den Steuermann sei, wenn auch nur für Augenblicke, ausgeschaltet und zur Lotterie geworden. Als der Schiffsführer schließlich das Radarbild gesehen habe, habe er erkannt, daß die Vorderschiffe zu schnell nach backbord abgingen und daß der Verband auf den Backbordpfeiler der Durchfahrt zudriftete. Der Schiffsführer habe sofort das Ruder hart nach Steuerbord ausgedreht und die Drehzahl beider Maschinen auf volle Kraft erhöht. Als das keine Wirkung gezeigt habe, habe er die Steuerbordmaschine auf Achteraus gesetzt. Dennoch sei MS „0" mit dem Steuerbordvorschiff gegen den backbordseitigen Pfeiler gefahren. Die unglückselige Behelfskonstruktion sei in Verbindung mit dem Hochwasser, den Strömungsverhältnissen und der plötzlichen Sichtbehinderung die Ursache des Unfalles gewesen. Der Beklagten seien die beim Zusammentreffen dieser Faktoren bestehenden Gefahren der Passage bekannt gewesen.
Die Beklagte (Bundesrepublik Deutschland) hat vorgetragen, die Brückendurchfahrt stelle in ihrer gesamten Anlage für  die Schiffahrt eine schwierige Passagestelle dar, die vor allem bei größeren Einheiten besondere nautische Anforderungen an die Schiffsführung stelle, die aber erfahrungsgemäß von jeder Schiffsführung auf dem Rhein erfüllt würden. Die Brücke werde zwar von Behörden der Beklagten als zweifellos unliebsames Hindernis für die internationale Rheinschiffahrt bezeichnet, was jedoch keineswegs bedeute, daß die Brückendurchfahrt - worauf es hier alleine ankomme - zur Zeit des Unfalles verkehrsunsicher gewesen sei. Aufgrund der genauen Markierung der Fahrrinne durch im Radarbild erkennbare Schiffahrtszeichen sei ein objektiv gefahrloses Passieren der Brückendurchfahrt zu jeder Zeit gewährleistet. Zum Unfall sei es aufgrund eines Verschuldens der Schiffsführung des Verbandes gekommen, weil diese die durch die vorhandene Betonnung entlang der Buhnenköpfe gebildete Radarlinie unsachgemäß angehalten habe. Dies ergebe sich aus der Tatsache, daß die Tonne bei Rheinkilometer 361,750 von MS „O" aus der Verankerung gerissen worden sei. Den falschen Kurs habe die Besatzung versucht, über eine entsprechend harte Kurskorrektur nach Backbord auszugleichen. Dabei sei offensichtlich übersteuert worden, so daß man auch durch die geschilderten Manöver den Kurs nicht mehr ausreichend nach Backbord habe korrigieren können. Die Querströmung habe aus hydrologischen Gründen bei dem hohen Wasserstand am Unfalltag nicht havarieurursächlich werden können, denn die Strömungsverhältnisse seien bei höherem Wasserstand nicht unberechenbar oder gar höher als bei niedrigem Wasserstand. Die Schiffsführung des Verbandes hätte sich bereits bei der Annäherung an die Brücke auf eine plötzlich erforderlich werdende Umstellung von Sicht- auf Radarfahrt vorbereiten müssen.
In der Berufungsbegründung hat die Klägerin noch auf einen späteren Unfall im Brückenbereich hingewiesen, der zeige, dass die Gefahren dieser als Schiffahrtshindernis gefürchteten Notbrücke nicht durch erhöhte Sorgfalt und Aufmerksamkeit der Schiffsführungen ausgeglichen werden könnten.
Im übrigen hat die Klägerin gerügt, das Schiffahrtsgericht habe sich nicht mit der Frage auseinandergesetzt, ob eine Verkehrsunsicherheit der Brücke vorgelegen habe.
Das Rheinschiffahrtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung hatte keinen Erfolg.
Die Revision wurde vom Bundesgerichtshof nicht angenommen (s. den im Anschluß an die Entscheidungsgründe gedruckten Beschluß).

Aus den Entscheidungsgründen:


„..... Eine Verpflichtung der Beklagten zum 11. Ersatz der der Klägerin durch den Schiffsunfall an der Maxauer Eisenbahnbrücke entstandenen Schäden besteht nicht.
Entgegen der Ansicht der Klägerin hat die Beklagte die sie treffende Verkehrssicherungspflicht nicht verletzt.
Zwar weist die Klägerin zutreffend darauf hin, daß das 1946/47 vor Gründung der Bundesrepublik Deutschland auf Anordnung der Besatzungsmacht als Straßen- und Eisenbahnbrücke errichtete Behelfsbrückenbauwerk aufgrund der Anordnung der Brückenpfeiler im Strombett und der nur jeweils eine nutzbare Breite von 50 m aufweisenden beiden Schiffahrtsöffnungen von den Schiffahrtstreibenden als ein Hindernis empfunden wird und daß die jahrelangen Bemühungen der nachgeordneten Behörden der Beklagten, des Schiffahrtsgewerbes und der Rheinzentralkommission die Beklagte bis zu dem Unfall nicht zu veranlassen vermochten, die - in Aussicht gestellte - Beseitigung des Brückenbauwerkes und die Errichtung einer neuen Brücke mit einer größeren Schiffahrtsöffnung in Angriff zu nehmen bzw. in die Wege zu leiten, um so den geänderten Verkehrsverhältnissen, insbesondere im Hinblick auf die größer gewordenen Abmessungen der Schiffseinheiten, Rechnung zu tragen. Gleichfalls ist der Klägerin beizupflichten, daß es nicht zu dem Unfall gekommen wäre, wenn die Beseitigung des Brückenbauwerkes schon vor dem Unfallereignis erfolgt wäre.
Jedoch kann der Ansicht der Klägerin, die Beklagte habe dadurch, daß sie die Beseitigung des Brückenbauwerkes vor dem Unfall nicht vorgenommen bzw. nicht veranlaßt habe, eine der Klägerin gegenüber bestehende Pflicht schuldhaft verletzt und sei deshalb zum Schadensersatz verpflichtet, nicht gefolgt werden. Eine rechtliche Verpflichtung der Beklagten zur Ausführung oder Veranlassung derartiger Maßnahmen besteht gegenüber der Klägerin als Benutzerin der Bundeswasserstraße „Rhein" nicht, denn aus der der Beklagten obliegenden Verkehrssicherungspflicht für diese Wasserstraße ist ein solcher Anspruch der Klägerin als Benutzerin derselben nicht herzuleiten.
Der Beklagten obliegt die Verkehrssicherungspflicht auf dem Rhein in bezug auf die durchgehende Schiffahrt, soweit sie den Schiffsverkehr auf dem Rhein eröffnet oder andauern läßt. Unabhängig von den ihr obliegenden öffentlich-rechtlichen Pflichten ist sie gehalten, den für den durchgehenden Schiffsverkehr zur Verfügung gestellten Verkehrsweg im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren zu sichern, insbesondere dafür zu sorgen, daß dieser die für die zugelassene Schiffahrt erforderliche Breite und Tiefe besitzt, daß er frei von Hindernissen und - soweit erforderlich - genügend gekennzeichnet ist (BGHZ 37, 69 [70/71]). Sie bestimmt als Eigentümerin der Wasserstraße im Rahmen ihrer öffentlich-rechtlichen Verpflichtung (Bundeswasserstraßengesetz, Art. 28 Mannheimer Akte), in welchem Umfang der Schiffsverkehr auf dem Rhein eröffnet ist und bleibt. Die Schiffahrt kann durch ihre Maßnahmen die Beklagte nicht zwingen, die vorgesehene Fahrrinne zu erweitern (BGH a.a.O.; VersR 1969, 630; VersR 1963, 551 [552]). Der durchgehenden Schiffahrt steht hier seit Errichtung der Maxauer Brücke in den Jahren 1946/47 nur der durch das Brückenbauwerk eingeschränkte Verkehrsweg zur Verfügung, auf dem die Beklagte den Schiffsverkehr andauern läßt. In Anbetracht des Umstandes, daß die Beklagte im Rahmen der sie gegenüber den Verkehrsteilnehmern treffenden Verkehrssicherungspflicht nicht verpflichtet ist, den zur Verfügung gestellten Verkehrsweg, die Fahrrinne, zu erweitern, wie der Bundesgerichtshof wiederholt ausgeführt hat, besteht mithin kein Anspruch der Klägerin als Verkehrsteilnehmerin auf Erweiterung der zur Verfügung gestellten Fahrrinne durch Abriß des die Fahrrinne im Unfallbereich begrenzenden Brückenbauwerkes.
Auch daraus, daß die Klägerin die Brücke als ein gefährliches Hindernis bezeichnet und daß der Bundesgerichtshof ausgesprochen hat, daß die Beklagte dafür zu sorgen hat, daß der für die durchgehende Schiffahrt zur Verfügung gestellte Verkehrsweg frei von Hindernissen ist, läßt sich ein derartiger Anspruch der Klägerin nicht herleiten. Denn die bei der Fahrt als hinderlich empfundenen Brückenpfeiler begrenzen den Fahrweg und stellen in diesem Sinne kein im Fahrweg vorhandenes Hindernis dar, dessen Beseitigung der Beklagten im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht obliegen würde.
Auch der weitere Sachvortrag der Klägerin ist nicht geeignet, den von ihr gegenüber der Beklagten erhobenen Vorwurf, durch Nichtbeseitigung des hinderlichen Brückenbauwerkes vor dem Unfall die sie treffende Verkehrssicherungspflicht verletzt zu haben, zu begründen.
Zwar behauptet die Klägerin unter Hinweis auf ihre Darstellung von dem Unfallablauf, daß die für die Talfahrt bestimmte rechtsrheinische Brückenöffnung unter Berücksichtigung der während der Ansteuerung der Brückenöffnung zu erwartenden Versetzung nach linksrheinisch, die als Querströmung bezeichnet wird, die gefahrlose Durchfahrt eines die zulässigen Höchstabmessungen nicht überschreitendenden Koppelverbandes nicht zulasse, wenn plötzlich die Sicht durch Nebel eingeschränkt werde und von der Fahrt nach optischer Sicht auf die Radarfahrt übergegangen werden müsse. Hiermit will sie erkennbar zum Ausdruck bringen, daß der von der Beklagten im Brückenbereich zur Verfügung gestellte Fahrweg nicht breit genug sei und bei den mitgeteilten Umständen eine gefahrlose Durchfahrt ihres Koppelverbandes nicht zulasse.
Diese Ansicht vermag der Senat nicht zu teilen. Im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht ist die Beklagte gehalten, dafür zu sorgen, daß der für die zugelassene Schiff
fahrt bestimmte Fahrweg die zur Fahrt erforderliche Breite besitzt. Das ist an der Maxauer Brücke der Fall. Im Unfallbereich ist, wie sich aus §§ 11.03, 11.02 Nr. 1 lfd. Nr. III a RhSchPVO ergibt, die Fahrt von Schubverbänden oder sonstigen Fahrzeugzusammenstellungen bis zu einer Gesamtlänge von 185 m und einer Breite von 22,80 m-zugelassen, dem auch der Koppelverband der Klägerin mit einer maximalen Länge von 86 m und einer Gesamtbreite von 22,25 m entsprach. Bezogen auf die maximal zulässige Breite von Schiffsverbänden steht bei einer nutzbaren Breite der Brückenöffnung ein Freiraum von 27,2 m zur Verfügung, der hier bei den Abmessungen des Koppelverbandes der Klägerin sogar 27,75 m beträgt. Eine derartige Fahrwasserbreite läßt bei der an Engstellen gebotenen besonders vorsichtigen Fahrweise ein gefahrloses Passieren der Brücköffnung, insbesondere die Einhaltung eines hinreichenden Abstandes zu den Brückenpfeilern zu. Ob bei den Strömungsverhältnissen auf dem Rhein ein Freiraum von nur 3 m, den das OLG Köln, bestätigt durch das Urteil des Bundesgerichtshofes vom 13. 3. 1969 (VersR 1969, 630 f.) für einen auf der Mosel zu Tal fahrenden Schubverband als zur Durchfährt einer Brückenöffnung genügend erachtet hat, auch zum Durchfahren der Maxauer Eisenbahnbrücke als ausreichend angesehen werden kann, bedarf keiner näheren Erörterung, denn hier ist für die die Maxauer Brücke passierenden Schiffseinheiten selbst bei Ausschöpfung der zulässigen Höchstbreite ein Freiraum von mehr als 27 m vorhanden. Dies entspricht auch der Rechtsprechung des Senats in einem vergleichbaren Fall, in dem das einem beladenen Talfahrer im Bereich einer Fahrwasserenge von 70 m Breite zur Verfügung stehende Fahrwasser als zur Passage eines dort, ca. 10 m vom Fahrwasserrand entfernt wartenden, 22,8 m breiten Schubverbandes als ausreichend angesehen wurde (Senatsurteil vom 8. 5. 1984 - U 4/82 RhSch -; die Revision wurde vom Bundesgerichtshof - II ZR 138/84 - nicht angenommen).
Dem steht auch nicht entgegen, daß die zu Tal kommenden, die für die Talfahrt bestimmte Brückenöffnung anhaltenden Fahrzeuge infolge der rechtsrheinisch liegenden Kribben eine Versetzung zur Strommitte hin erfahren. Dies war den Schiffsführern der Klägerin bekannt, unabhängig davon, daß jeder Schiffsführer über hinreichende Kenntnisse von der zu durchfahrenden Stromstrecke verfügen muß. Dem kann durch entsprechendes Vorhalten zum rechten Ufer begegnet werden, zumal sich die Schiffsführer bei der Ansteuerung der Brückenöffnung gut an den rechtsrheinisch ausliegenden roten Fahrwassertonnen sowie den beiden vor den Brückenpfeilern ausgelegten gelben Radartonnen orientieren können.
Das mag im Einzelfall schwierig sein, wenn, wie die Klägerin zum Unfallhergang vorträgt,, durch plötzlich einsetzenden Nebel dem nach optischer Sicht fahrenden Schiffsführer die Sicht genommen wird und auf die Fahrt mit Radar übergegangen werden muß. Dies um so mehr, wenn, wie die Klägerin zum Unfall vorträgt, die Sonne scheint, denn dann sind die Augen des Schiffsführers an das Tageslicht gewöhnt, wodurch bei Übergang auf die Radarfahrt das auf dem wesentlich dunkleren Bildschirm vorhandene Bild bis zur Eingewöhnung der Augen vom Schiffsführer überhaupt nicht erkannt und, was bei der Fahrt mit Radarhilfe zur Bestimmung des Kurses erforderlich ist, ausgewertet werden kann.
Nur der Vollständigkeit halber ist im Hinblick darauf, daß die Klägerin in derartigen Fällen ein sofortiges Verdunkeln des Steuerhauses nicht für notwendig und das Abschirmen des Radarbildes gegen Tageslichteinflüsse durch den aufgesetzten Tubus als genügend erachtet, darauf hinzuweisen, daß bei einer derartigen Fahrweise es für den Schiffsführer nicht möglich ist, neben dem Radarbild noch den Wende- und Ruderlagenanzeiger zu beobachten, was aber in der Radarfahrt zur Kontrolle der Drehbewegung des Schiffes und des Kurses unerläßlich ist. Es gibt zwar moderne Radargeräte (z. B. ELNA 3200), bei denen die Wendeanzeige eingeblendet werden kann. Mit einem solchen Gerät war MS „O" jedoch, wie die in den Ermittlungsakten befindlichen Lichtbilder von der Radaranlage des Schiffes zeigen, nicht ausgerüstet.
Unabhängig davon, daß die von der Klägerin geschilderten Schwierigkeiten bei der Schiffsführung im Falle des plötzlichen Zufallens der Sicht durch Nebel kein spezielles Problem bei der Durchfahrt einer Engstelle, wie einer Brücke, darstellen, dieselben Schwierigkeiten können bei einer anstehenden Begegnung zweier Fahrzeuge, beim Einlaufen in Schleusen oder Häfen oder bei Wendemanövern auftreten, ist es auch der Beklagten nicht möglich, im Rahmen der ihr obliegenden Verkehrssicherungspflicht derartige Naturereignisse abzuwenden. Im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren kann allenfalls von ihr zur Sicherung des Schiffsverkehrs erwartet werden, daß sie an derartigen Engstellen Vorrichtungen anbringt, die den Schiffsführern bei Einsatz der zur Verfügung stehenden Hilfsmittel (Radar, Ausguck) eine Orientierung ermöglichen. Das ist hier durch Auslegen der mit Radarreflektoren versehenen roten rechtsrheinischen Fahrwasserbegrenzungstonnen und durch die torartig vor den beiden Brückenpfeilern ausgelegten beiden gelben (Radar-) Ansteuerungstonnen der Brückendurchfahrt geschehen. Die in diesem Zusammenhang von der Klägerin ohne geeignetes Beweisangebot aufgestellte Behauptung, die Tonnen seien teilweise und zeitweise durch die starke Strömung niedergedrückt worden oder hätten auf- und abgeschwankt, wird durch die in den Ermittlungsakten befindlichen Lichtbilder von den am Unfalltag aufgenommenen . . . Tonnen widerlegt. Im übrigen beeinträchtigt das Auf- und Abschwappen der mit Radarreflektoren versehenen Tonnen nicht die Reflektion der von dem Radargerät des Schiffes abgestrahlten elektromagnetischen Wellen. Das gilt gleichermaßen für eine mit einem Radarreflektor ausgestattete, infolge der Strömung etwas schräg liegende Tonne, denn bei der Schräglage der Tonne wird die Reflektion auftreffender „Radarwellen" durch die auf halber Länge des Radarreflektors eingeschweißten horizontalen Bleche gewährleistet, die auf den in den Ermittlungsakten befindlichen Lichtbildern deutlich zu erkennen sind. Insoweit ist ein Verstoß der Beklagten gegen die ihr obliegende Verkehrssicherungspflicht nicht feststellbar, so daß es sich erübrigt, der weiteren Frage nachzugehen, ob und inwieweit ein Fehlverhalten der Schiffsführung des Koppelverbandes für den Unfall ursächlich geworden ist. Die weitere Frage, ob die Beklagte gegenüber den Vertragsstaaten der Mannheimer Akte aufgrund der Art. 28 bzw. 30 MA gehalten sein könnte, für eine Beseitigung dieses hinderlichen Brückenbauwerkes in der Wasserstraße zu sorgen, bedarf hier keiner Erörterung, denn eine Verpflichtung der Beklagten gegenüber der Klägerin als Benutzerin der Wasserstraße zur Veranlassung einer derartigen Ausbaumaßnahme ließe sich hieraus nicht herleiten. Insoweit kann auch dahinstehen, welche Auswirkungen der Umstand haben könnte, daß das Brückenbauwerk im Eigentum der Deutschen Bundesbahn steht ..."

Ebenfalls abrufbar unter ZfB 1991 - Nr.8 (Sammlung Seite 1316 ff.); ZfB 1991, 1316 ff.