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Leitsatz:
Erklärten die Miteigentümer dreier Schleppkähne jahrelang die zunächst einzeln ermittelten Erträge der Kähne zusammengefasst als einheitlichen Gewinn, der dann vom Finanzamt einheitlich festgestellt wurde, und liegen auch weitere Anzeichen für den gemeinsamen Betrieb eines einheitlichen Unternehmens vor, so können sie sich bei Veräußerung eines Schiffes nicht darauf berufen, sie hätten drei Einzelunternehmen betrieben, bei der Veräußerung des einen Schiffes handele es sich also um eine (tarifbegünstigte) Betriebsveräußerung. Auch eine Teilbetriebsveräußerung liegt in einem solchen Falle nicht vor.
Urteil des Bundesfinanzhofs
vom 21. Februar 1973
Zum Sachverhalt:
Streitig ist, ob der Verkauf eines Schiffes als steuerbegünstigte Betriebsveräußerung oder Teilbetriebsveräußerung zu behandeln ist. Die drei Klägerinnen zu 1 bis 3 betrieben drei geerbte Schleppkähne gemeinschaftlich, an denen sie, wie folgt, als Eigentümerin beteiligt waren:
Kahn X Kahn Y Kahn Z
Klägerin zu 1 50 % 50 % 50%
Klägerin zu 2 25 % - 25%
Klägerin zu 3 25 % 50% 25 %
Schon seit Jahren wurde der einheitlich, zunächst durch Einnahmeüberschussrechnung, später durch Vermögensvergleich ermittelte Gewinn den einheitlichen und gesonderten Feststellungen des Jahresgewinns und der Festsetzung der Gewerbesteuer-Meßbeträge der Gemeinschaft zugrundegelegt. Bei der einheitlichen Gewinnfeststellung für den streitigen Feststellungszeitraum beantragten die Klägerinnen den durch Veräußerung des Schleppkahns Z erzielten Gewinn als tarifbegünstigten Gewinn aus einer Teilbetriebsveräußerung gemäß § 16 Abs. 1 in Verbindung mit § 34 Abs. 1 EStG zu behandeln. Das Finanzamt rechnete jedoch den Verkaufserlös dem laufenden Gewinn zu.
Die Klägerinnen erhoben Klage mit der Begründung, dass die Schiffe keinen einheitlichen Betrieb bildeten. Sie, die Klägerinnen, hätten sich nur zum Zwecke der Verwaltung zusammengetan und übten keine echte Unternehmertätigkeit aus, da sie in einem Schifferbetriebsverband zusammengefasst seien, der die Einteilung und Abrechnung im Verhältnis zum Verlader regele.
Das Finanzgericht wies die Klage ab und führte u. a. aus, dass die Gemeinschaft nach außen als einheitliches Unternehmen aufgetreten sei. Der Annahme, dass ein einheitliches Unternehmen vorgelegen habe, stehe nicht entgegen, dass -wie die Klägerinnen vortrügen - der Schifferbetriebsverband im Verhältnis zu den Verladern zwischengeschaltet sei, er die Schiffe für die einzelnen Frachtfahrten einteile und mit den Verladern abrechne. Hiernach trete dieser Verband lediglich als Vermittler und Verrechnungsstelle zwischen den Schiffseignern und den Verladern auf, ohne den Schiffseignern die Eigenschaft als Gewerbetreibende oder einem Zusammenschluss von Schiffseignern die Eigenart von Mitunternehmern zu nehmen. Den Schiffseignern sei dadurch zwar weitgehend die Mühe des Suchens nach Frachtkunden abgenommen, sie beteiligten sich aber weiterhin über den Schifferbetriebsverband nachhaltig und mit der Absicht, Gewinn zu erzielen am wirtschaftlichen Verkehr. Von einer reinen Vermögensverwaltung könne entgegen der Ansicht der Klägerinnen unter diesen Umständen keine Rede sein. Ferner stehe der Annahme, es liege ein einheitliches Unternehmen vor, nicht entgegen, dass für jedes Schiff zunächst eine gesonderte Einnahmen- und Ausgabenrechnung aufgemacht worden sei und die Fahrtergebnisse eines jeden Schiffes bei der Gewinnverteilung unter den Klägerinnen eine gewisse Rolle gespielt hätten. Im Ergebnis würden die unmittelbar mit den drei Schiffen zusammenhängenden Einnahmen und Ausgaben zusammen mit den sonst noch anfallenden Erträgen und Generalunkosten in einheitlichen Jahresabschlüssen zusammengefasst, so dass auch dadurch der gemeinschaftliche Betrieb eines Unternehmens nach außen hin dokumentiert werde. Bei dieser seit vielen Jahren gegebenen Sachlage könnten die Klägerinnen, ohne sich mit ihrem früheren Verhalten in Widerspruch zu setzen, nun bei der Veräußerung eines der Schiffe nicht geltend machen, dass sie jedes Schiff für sich gesondert betrieben hätten. Die Veräußerung eines von mehreren gemeinsam betriebenen Schiffes stelle auch keine Teilbetriebsveräußerung dar. Nach dem Urteil des BFH vom 13. Januar 1966 IV 76/63 (BFHE 84, 461, BStBI III 1966, 168) könne ein Schiff nur dann als Teilbetrieb angesehen werden, wenn es den alleinigen Gegenstand eines selbständigen Zweigbetriebs des Gesamtunternehmens bilde, der alle sonst an einen Teilbetrieb gestellten Anforderungen erfülle und mit der Veräußerung des Schiffes untergehe.
Selbst nach der etwas großzügigeren Auslegung des Teilbetriebsbegriffs durch das Urteil des BFH vom 27. Oktober 1960 IV 251/57 U (BFHE 72, 628, BStBI III 1961, 230) könne bei dem veräußerten Schleppkahn von einem Teilbetrieb nicht gesprochen werden.
Gegen dieses Urteil legten die Klägerinnen Revision ein, die jedoch als nicht begründet zurückgewiesen wurde.
Aus den Gründen:
Dem FG ist zuzustimmen, wenn es meint, die Tatsache, dass schon seit Jahren, und zwar auch von den Rechtsvorgängern der Klägerinnen, der Gewinn für die drei Schiffe einheitlich erklärt wurde, spreche dafür, dass ein einheitliches Unternehmen vorlag, d. h. ein Zusammenschluss, der die Gesellschafter verpflichtet, „die Erreichung eines gemeinsamen Zweckes in der durch den Vertrag bestimmten Weise zu fördern" (§ 705 BGB). Dem Vorliegen einer Gesellschaft steht auch nicht entgegen, dass nur zwei Schiffe allen Klägerinnen gehören, ein drittes dagegen nur zweien derselben; denn es ist durchaus denkbar, dass nur einzelne Gesellschafter Teile des Gesellschaftsvermögens in die Gesellschaft einbringen.
Ein gemeinsames Auftreten gegenüber dem FA braucht zwar noch nicht zu bedeuten, dass die Klägerinnen (und ihre Rechtsvorgänger) sich damit als Gesellschafter geriert haben müssen. Es besteht vielmehr auch die Möglichkeit, dass lediglich aus Vereinfachungsgründen die drei Schiffe von ein und derselben Person im Auftrage und im Interesse der jeweiligen Eigentümer gemeinsam verwaltet wurden und dass das ermittelte Betriebsergebnis unter Einbeziehung der anteiligen allgemeinen Verwaltungskosten zusammengefasst dem FG zur Feststellung mitgeteilt wurde. Für diese Handhabung spricht die für die Gewinnverteilung unter Gesellschaftern an sich ungewöhnliche Regelung, dass die Gesellschafter nicht quotenmäßig am Gesamterfolg der Gesellschaft beteiligt waren, sondern jeder nur am Gesamtergebnis seines Schiffes entsprechend seinem Eigentumsanteil.
Das FG hat indessen seine im Wesentlichen auf einer Würdigung der tatsächlichen Umstände beruhenden und daher für den Senat bindenden (§ 118 Abs. 2 FGO) Feststellungen noch durch weitere Argumente untermauert.
Die Feststellung des FG, es sei ein einheitliches Betriebsergebnis zusammengestellt worden, hat es an anderer Stelle noch weiter erhärtet. Es hat nämlich ausgeführt, es sei zwar für jedes Schiff der Gewinn zunächst getrennt ermittelt worden und die Fahrergebnisse eines jeden Schiffes hätten bei der Gewinnverteilung unter den Klägerinnen auch eine gewisse Rolle gespielt. Im Ergebnis jedoch seien die unmittelbar mit den drei Schiffen zusammenhängenden Einnahmen und Ausgaben „zusammen mit den sonst noch anfallenden Erträgen und Generalunkosten" in einheitlichen Jahresabschlüssen zusammengefasst worden, so dass auch dadurch der gemeinschaftliche Betrieb eines Unternehmens nach außen hin dokumentiert werde.
Nach allem ist die vom FG gezogene Folgerung, es habe eine Mitunternehmerschaft vorgelegen, und zwar zumindest nach dem Anschein, den die Gemeinschaft erweckt habe und von dem sie sich nunmehr bei einem für sie ungünstigen Sachverhalt nicht distanzieren könne, möglich und damit für das Revisionsgericht bindend; Rechtsgrundsätze sind nicht verletzt.
Dem FG ist auch darin zuzustimmen, dass kein Teilbetrieb veräußert wurde. Die Klägerinnen führten ein einheitliches Unternehmen, innerhalb dessen die Schiffe, wenn sie auch bei der Ermittlung der auf sie entfallenden Einnahmen und Ausgaben zunächst eine gewisse selbständige Behandlung erfuhren, nur - wenn auch kostspielige - Betriebsmittel waren. Der Fall liegt nicht anders, als wenn ein Unternehmen mit mehreren gleichen kostspieligen Maschinen arbeitet oder ein Taxiunternehmen mehrere Taxis gleichzeitig fahren lässt und dann eine der Maschinen oder eines der Taxis verkauft wird. Es kann dann kein Zweifel darüber bestehen, dass kein Teilbetrieb verkauft wurde, auch wenn - bei entsprechender Einschränkung der Verdienstmöglichkeiten - mit nur einer der Maschinen oder mit nur einem Taxi ein Unternehmen weitergeführt werden könnte. Der Betriebsteil, der veräußert wird, darf nicht in einem bloßen Teil des sonst gleichgerichteten Betriebs (vgl. das Urteil des Senats vom 5. April 1968 IV R 75/67, BFHE 92, 219 BStBI III 1968, 523, das ein mehrere Großtankstellen betreibendes Treibstoffhandelsunternehmen betrifft) bestehen.
Es handelt sich nicht um eine Teilbetriebsveräußerung, sondern um eine Einschränkung des Gesamtbetriebs."