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II ZR 78/69 - Bundesgerichtshof (Berufungsinstanz Schiffahrt)
Entscheidungsdatum: 18.03.1971
Aktenzeichen: II ZR 78/69
Entscheidungsart: Urteil
Sprache: Deutsch
Gericht: Bundesgerichtshof Karlsruhe
Abteilung: Berufungsinstanz Schiffahrt

Leitsatz:

Wird beim Seetransport dem Ablader vom Verfrachter ein Container überlassen und das Gut In diesem gepackt dem Verfrachter übergeben, so gehört der Container zur Verpackung der Güter" im Sinne des § 86 ADS. Werden die Güter im Container nicht genügend befestigt, so daß sie gegeneinander und gegen die Wände des Containers stoßen, so liegt eine „mangelhafte Verpackung der Güter" vor.

Urteil des Bundesgerichtshofes

vom 18. März 1971

II ZR 78/69

(Landgericht Hamburg; Oberlandesgericht Hamburg)

Zum Tatbestand:

Der Klägerin war als Abladerin vom Verfrachter ein Container zur Verfügung gestellt worden, den sie durch die Speditionsfirma N. mit Schlafzimmermöbeln zwecks Transportes von Bremen nach Chicago packen ließ. Der Container wurde von der Möbelsendung nur zu 2/3 in Anspruch genommen; der freie Teil des Containers wurde durch die Rückwände der Möbel abgeschlossen, die durch drei waagerechte Kanthölzer von 4 x 6 cm Stärke oben, unten und in der Mitte gestützt wurden. Die Kanthölzer, die mit Klötzen an der 4 mm starken Sperrholzinnenwand des Metallcontainers befestigt waren, sind auf dem Transport gebrochen, so daß die Möbelstücke durcheinander geworfen wurden und zum Teil zerbrachen. Die Lackoberfläche der Möbel wurde so beschädigt, daß sich eine Aufarbeitung nicht lohnte.
Die Klägerin verlangt von der beklagten Versicherin aufgrund der für diesen Transport abgeschlossenen Seetransportversicherung Versicherungsschutz durch Ersatz des vom Havariekommissar taxierten Schadens von etwa 25000,-DM. Die Beklagte macht geltend, daß der Schaden auf mangelhafter Verpackung beruhe, jedenfalls vom Ablader schuldhaft verursacht sei, der sich der Firma N. zur Stauung in den Container bedient habe.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, das Oberlandesgericht hat sie abgewiesen. Die Revision der Klägerin blieb erfolglos.

Aus den Entscheidungsgründen:

Vergeblich wendet sich die Revision gegen die Feststellung des Berufungsgerichts, daß die Güter mangelhaft verpackt gewesen seien. Der Befrachter hatte die verschifften Güter in einem zum Seetransport geeigneten Zustand in der nötigen Verpackung dem Verfrachter zu übergeben. Er konnte sich dabei der herkömmlichen Methode bedienen, nach der Möbel für den Seetransport in Behälter (etwa Lift-Vans für Umzüge, Kisten oder Verschläge) zu packen sind. In diesen Fällen gehört die sichere Befestigung der Möbel oder ihrer Teile im Behälter usw. zur ordnungsmäßigen Verpackung. Nicht anders ist es, wenn der Befrachter durch den Ablader die Stauung der Möbel in einem besonderen, genormten und vom Verfrachter zur Verfügung gestellten "Container" vornehmen läßt. Er bedient sich in diesem Fall des Containers zu der ihm obliegenden seemäßigen Verpackung der Güter, die auf diese Weise ohne besondere Behälter und Kisten für die Möbel vorgenommen werden konnte. Zutreffend hat das Berufungsgericht ausgeführt, daß die vom Verfrachter vorzunehmende Stauung sich nur auf den vom Ablader zu packenden Container als solchen bezieht. Der Container kann nicht als „Schiffsraum" angesehen werden, soweit die Unterbringung der Güter in ihm in Frage steht. Die richtige Unterbringung im Container ist hier ein Teil der Verrichtungen, die der Befrachter vorzunehmen oder zu veranlassen hat, um die Güter einwandfrei zu verpacken. Wurden hierbei die im Seeverkehr allgemein am Abladungsort zur Abladungszeit nach der Auffassung der beteiligten Kreise nötigen Anforderungen nicht erfüllt, so liegt eine mangelhafte Verpackung" im Sinne des § 86 Abs. 1 ADS vor. Das Berufungsgericht konnte ohne Zuziehung eines Sachverständigen den unstreitigen Sachverhalt dahin würdigen, daß die Festlegung der Möbel im Container für eine seemäßige Verpackung nicht ausreichte. Wenn das Berufungsgericht ausführt, "schon ein Laie" könne den Druck auf die Kanthölzer abschätzen, so hat es gerade nicht seine Sachkunde verneint, sondern eine besonders starke, offensichtliche Unterschätzung der entstehenden Kräfte auf Grund seiner Sachkunde angenommen. Die Zuziehung eines Sachverständigen lag in seinem Ermessen. Es konnte sich hier die genügende eigene Sachkunde ohne Verfahrensverstoß zutrauen. Auf einen Antrag der Klägerin, einen Sachverständigen zu vernehmen, kam es nicht an, und das Berufungsgericht hat auch nicht mangels eines Antrages von der Anhörung eines Sachverständigen abgesehen. Der Packmeister der Speditionsfirma mag die Kanthölzer für genügend stabil gehalten und auch angenommen haben, die Klötze könnten sich unmöglich von den Wänden lösen. Das Berufungsgericht konnte diese Auffassung angesichts der besonderen neuartigen Verhältnisse, wie sie sich aus der nur teilweisen Füllung eines großen Containers (40 Fuß) ergaben, für unrichtig halten. Für § 86 Abs. 1 ADS genügt der objektive Tatbestand der mangelhaften Verpackung. Auf ein Verschulden des Versicherungsnehmers kommt es nicht an (vgl. RG, Sasse, Deutsche Seeversicherung Nr. 41)."