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Leitsatz:
Zur Auslegung von Vereinbarungen zwischen Auftraggeber und Werft über den Bau eines Binnenschiffes.
Urteil des Bundesgerichtshofes
vom 9. Dezember 1968
II ZR 38/67
(Oberlandesgericht Köln)
Zum Tatbestand:
Im September 1957 erteilten die Beklagten dem Kläger, dem Inhaber einer Schiffswerft, den Bauauftrag für ein „Gustav-Königs-Schiff" für rd. 200000,- DM mit der Maßgabe, daß sämtliches unter 29 Nummern aufgeführte Hauptmaterial kostenlos frei Werft von dem Beklagten geliefert werden sollte. Der Kläger hatte die Lohnarbeiten durchzuführen und alle in den 29 Nummern nicht bezeichneten Kleinteile an Material zu liefern. Dar Kläger erklärte sich einverstanden, daß notfalls einige Teilarbeiten aus dem Lohnauftrag bei entsprechender Ermäßigung der Vergütung des Klägers herausgenommen und anderweitig vergeben würden. Der Kläger war verpflichtet, das Schiff nach der Baubeschreibung und nach den Plänen des Schiffsbauingenieurs K., dem von den Beklagten die technische Leitung des Auftrages übertragen worden war, zu bauen und u. a. unter der Voraussetzung, daß der Schiffsbaustahl bis spätestens Dezember 1957 geliefert würde, bis 31. Dezember 1958 fertigzustellen. Die erste Rate von 10 000,- DM und die nächsten Raten von je 15 000,- DM sollten am 1. 10. 1957 bzw. am 15. 11. 1957 bzw. am 15. 2. 1958 geleistet werden.
Bei dem Streit der Parteien um die Höhe der Vergütung geht es in der Revisionsinstanz noch um 2 Posten:
a) Bevor der von den Beklagten bei der Fa. Ki. bestellte Stahl im Februar und März 1958 eintraf, hatte der Kläger eigenen Stahl verwendet. Er verlangt hierfür etwa 37 600,- DM mit der Erklärung, daß der Rest des von der Fa. Ki. gelieferten, nicht verwendeten und auf der Werft noch lagernden Stahls zur Verfügung der Beklagten stehe.
b) Die Beklagten bringen ca. 11 700,- DM von der dem Kläger zustehenden Vergütung in Abzug, weil sie gemäß der getroffenen Vereinbarung in Höhe dieses Betrages 21 einzeln bezeichnete Leistungen durch andere Firmen hatten ausführen lassen.
Landgericht und Oberlandesgericht haben die Klage, soweit es sich um diese beiden Beträge von insgesamt etwa 49 300,- DM handelt, abgewiesen. Auf die Revision des Klägers ist das Urteil des Berufungsgerichts insoweit aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen, als die Klage im Falle b) (ca. 11 700,- DM) abgewiesen worden ist.
Aus den Entscheidungsgründen:
a) Ersatzanspruch des Klägers für Stahleinbau in Höhe von 37640,-DM
Die Ausführungen im angefochtenen Urteil sind aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Die Revision meint, das Berufungsgericht habe die Regeln über die Geschäftsführung ohne Auftrag übersehen. Wegen der Schwierigkeiten rechtzeitiger Anlieferung des Stahls durch die Beklagten habe K. die Verwendung des vom Kläger selbst beschafften Stahls ausdrücklich gebilligt, um den Fortgang der Bauarbeiten und die rechtzeitige Fertigstellung des Schiffes zu gewährleisten. Vom Standpunkt beider Parteien aus habe der Einbau des Ersatzstahls dem Interesse der Beklagten und ihrem mutmaßlichen Willen entsprochen. Bei der Knappheit an Schiffsbaustahl hätten die Beteiligten die Verwendung von Ersatzstahl als risikolos angesehen, selbst wenn eine von K. beabsichtigte teilweise Annullierung des Ki.-Auftrages nicht hätte gelingen sollen. Der Erstattungsanspruch des Klägers werde nicht dadurch berührt, daß die Beteiligten mit dem Verbleiben eines Restbestandes und dessen etwaiger Rückgabe an die Beklagten nicht gerechnet hätten.
Dem kann nicht zugestimmt werden. Wenn der Kläger seinen eigenen Stahl in der Absicht, den Wert des von Ki. gelieferten Stahls nicht mit dem Wert seines eigenen Stahls zu verrechnen, falls er für den Ki.-Stahl keine Verwendung hatte, in das Schiff einbaute, so entsprach dies weder dem Interesse noch dem mutmaßlichen Willen der Beklagten. Die Beklagten waren zur Abnahme und Bezahlung des Ki.-Stahls verpflichtet. Die zusätzliche Stahllieferung durch den Kläger war für sie nur eine Last, da sie für den Ki.-Stahl keine Verwendungsmöglichkeit hatten. Daran ändert nichts, daß sie an der zügigen Fertigstellung des Schiffes interessiert waren. Nach der Auftragsbestätigung haben die Beklagten selbst mit der Möglichkeit gerechnet, daß der Schiffsbaustahl von der Firma Ki. nicht bis spätestens Dezember 1957 angeliefert werde, und für diesen Fall die Hinausschiebung des Fertigstellungtermins über den 31. Dezember 1958 vorgesehen. Der Kläger hätte sich ebenso wie beim Einbau des Winkelstahls vorher die Zustimmung der Beklagten zur Verwendung seines Stahls verschaffen müssen, wenn er den Ki.-Stahl nicht als Ersatz für seinen eigenen Stahl behalten wollte. Er konnte nicht erwarten, daß die Beklagten sowohl den Ki.-Stahl als auch seinen eigenen Stahl abnehmen und bezahlen würden.
Die Revision erhebt weiter eine Verfahrensrüge. Das Berufungsgericht habe den Vortrag des Klägers übergangen, daß die Beklagten im Oktober 1957 10 000,- DM und im November 1957 und Februar 1958 je 15 000,- DM an den Kläger gezahlt hätten, bevor noch eine Stahllieferung von Ki. eingegangen sei. Zu diesen Zahlungen, so meint die Revision, wären die Beklagten nicht verpflichtet gewesen, wenn der Kläger nicht schon weitgehend Bauarbeiten ausgeführt hätte, die nur mit anderweitig bezogenem Material hätten vorgenommen werden können. Mit diesen Zahlungen hätten die Beklagten der Verwendung dieses Materials zugestimmt, der Kläger habe ihr Verhalten als Genehmigung ansehen müssen. Auch diese Rüge ist nicht begründet. Unabhängig von den Stahllieferungen der Firma Ki., die bis spätestens Dezember 1957 erwartet wurden, haben die Beklagten nach der Auftragsbestätigung sich verpflichtet, 10 000,- DM am 1. Oktober 1957 und 15 000,- DM am 15. November 1957 zu zahlen. Aus diesen Zahlungen kann also nichts auf eine Kenntnis von dem Einbau anderweit beschafften Stahls oder gar auf eine Zustimmung dazu geschlossen werden.
b) Abzug anderweit vergebener Leistungen im Betrag von 11 669,31 DM
Das Berufungsgericht billigt die Ansicht des Landgerichts, die Rechnungsbeträge der spezifiziert aufgeführten Positionen 1 bis 10, 12 bis 22 der Klagebeantwortung seinen mangels substantiierten Bestreitens des Klägers den Beklagten zuzuerkennen.
Die Revision ist der Auffassung, es sei Sache der Beklagten gewesen, darzulegen und zu beweisen, daß trotz des Charakters eines reinen Lohnauftrages nach einer bestimmten Position des Bauauftrages oder der Baubeschreibung die 21 Leistungen von dem Auftrag gegen feste Summe erfaßt waren. Die Revision stellt nicht in Zweifel, daß die streitigen Leistungen für das Schiff erbracht worden sind. Sie meint nur, dies wäre Sache der Beklagten und nicht des Klägers gewesen, so daß ihm auch die Rechnungsbeträge für diese Leistungen nicht angelastet werden könnten.
Zu welchen Leistungen der Kläger verpflichtet war, ist durch Auslegung der Auftragsbestätigung zu ermitteln. Die summarische Auslegung des Berufungsgerichts, der Kläger habe alle Leistungen übernehmen müssen und die von den Beklagten in Rechnung gestellten Einzelposten hätten mit dem Bau des Schiffes zu tun, rechtfertigt nicht ohne weiteres die Annahme, daß der Kläger alle Leistungen der 21 Positionen zu erbringen hatte.
Die Revision hat auch recht, daß insoweit die Beklagten darlegungs- und gegebenenfalls beweispflichtig sind, da es sich dabei um die Grundlage ihrer gegen den Kläger erhobenen Ansprüche handelt. Eines substantiierten Bestreitens durch den Kläger bedarf es nur hinsichtlich solcher Rechnungsposten, bei denen feststeht, daß die Leistungen zum „Bau eines Motorschiffes vom Typ Gustav-Königs" „nach den Baubeschreibungen des Herrn K. und dessen Plänen", die dem Kläger ausgehändigt wurden, gehören, und weiterhin feststeht, daß die Leistungen nicht unter die Einzelnummern der Aufstellung der Auftragsbestätigung fallen. Nur unter diesen Voraussetzungen wäre der Abzug der anderweit vergebenen Aufträge von der Lohnsumme gerechtfertigt vorbehaltlich des substantiierten Bestreitens der Höhe dieser Rechnungsposten durch den Kläger. Um dem Berufungsgericht eine umfassende Nachprüfung der sämtlichen Posten, die den Gesamtbetrag von 11 669,31 DM ausmachen, unter den aufgezeigten rechtlichen Gesichtspunkten zu ermöglichen, erschien es angezeigt, das angefochtene Urteil hinsichtlich dieses Gesamtbetrages aufzuheben und die Sache insoweit zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen."