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Leitsätze:
1) Die grüne Zollflagge darf nur am Flaggenstock am Heck geführt werden. Jede Abweichung hiervon verstößt gegen § 25 RheinSchPolVO 1954 (jetzt: § 3.05 Nr. 1 RheinSchPolVO 1970).
2) Zur allgemeinen Sorgfaltspflicht eines Schiffers gehört es, dafür zu sorgen, daß die Zeichen und Lichter seines Fahrzeuges gut sichtbar sind und die Gefahr von Verwechslungen, soweit wie möglich, ausgeschlossen ist.
3) Zum Verhältnis der Schwere des auf beiden Seiten obwaltenden Verschuldens, wenn der Bergfahrer eine mit der blauen Seitenflagge verwechselbare Flagge führt, der Talfahrer deshalb irrtümlich meint, der Bergfahrer wolle ihn an der Steuerbordseite vorbeifahren lassen und in dieser gefährlichen Lage vermeidbare Fehler begeht. Die blaue Seitenflagge hat für die Sicherheit des Rheinschiffsverkehrs eine besonders große Bedeutung.
Urteil des Bundesgerichtshofes
vom 25. Januar 1973
II ZR 3/71
(Rheinschiffahrtsgericht Duisburg-Ruhrort; Rheinschiffahrtsobergericht Köln)
Zum Tatbestand:
Zwischen dem der Klägerin gehörenden und zu Tal fahrenden, beladenen TMS R und dem der Beklagten zu 1 gehörenden, vom Beklagten zu 2 geführten und zu Berg fahrenden, beladenen MS H kam es in der starken Linksbiegung des Rheinstroms bei Monheim zu einer Kollision, durch welche beide Schiffe beschädigt wurden. Der Zusammenstoß beruhte darauf, daß der Talfahrer die auf MS H gehißte grüne Zollflagge, die an einem 8 m hinter der Stange für die blaue Seitenflagge an der Steuerbordaußenwand der Ruff aufgestellten Antennenmast in Höhe der Stange befestigt war, für die blaue Seitenflagge gehalten hatte, deshalb die eigene blaue Flagge zeigte und den Kurs nach Backbord richtete, um „weisungsgemäß" an der Steuerbordseite des Bergfahrers vorbeizufahren. MS H fuhr aber selbst nach Steuerbord, um gemäß der eigenen, echten Kursweisung - Nichtzeigen der blauen Seitenflagge - den Talfahrer an seiner Backbordseite passieren zu lassen. Infolgedessen stieß TMS R in der Nähe des linken Ufers bei km 715 mit dem Steven gegen die Backbordhinterseite des MS H.
Die Klägerin verlangt Ersatz ihres Schadens von ca. 41700,DM, weil die Führung von MS H durch ein vorschriftswidriges Anbringen der grünen Zollflagge den Eindruck der Hissung der blauen Seitenflagge und damit der Weisung für eine Steuerbordbegegnung erweckt habe. Auch sei auf das von TMS R mehrfach gegebene Schallzeichen „2 x kurz" auf MS H nicht reagiert worden.
Die Beklagten bestreiten das Vorbringen der Klägerin. Bei pflichtgemäßer Beobachtung des Bergfahrers durch den Talfahrer hätte es nicht zu der Verwechslung der Flaggen kommen dürfen. Auch habe TMS R das wiederholt vom MS H gegebene Schallzeichen „1 x kurz" unbeachtet gelassen.
Aus den Entscheidungsgründen:
„Nach § 82 Abs. 1 Satz 2 der Allgemeinen Zollordnung (AZO) vom 29. November 1961 - BGBI. 1, 1937 müssen Schiffe, die Zollversandgut an Bord haben, für das ein Versandschein ausgestellt ist, bei Tag als Zollzeichen eine grüne Flagge führen, deren Länge 1,5 m und deren Breite am oberen Ende (am Flaggenstock) 0,75 m, am unteren Ende 0,30 m beträgt; die Flagge ist am Flaggenstock am Heck, gegebenenfalls unter der Nationalflagge, zu hissen. Diese Vorschrift hat nicht nur zollrechliche, sondern auch verkehrsrechtliche Bedeutung. Denn sie läßt, wie das Berufungsgericht zutreffend dargelegt hat, eine Ausnahme von dem in § 25 RheinSchPolVO 1954 (jetzt: § 3.05 Nr. 1 RheinSchPolVO 1970) enthaltenen Verbot zu, andere als die in dieser Polizeiverordnung vorgesehenen Zeichen und Lichter zu gebrauchen oder diese unter anderen als denjenigen Umständen zu benutzen, für die sie vorgeschrieben oder zugelassen sind (ebenso Kählitz, Das Verkehrsrecht auf Binnenwasserstraßen Band II Anmerkung 2 zu § 25 RheinSchPolVO; vgl. auch § 7 Abs. 1 Satz 4 SeeSchStrO 1971). Diese Ausnahmevorschrift kann jedoch nicht, wie die Revision meint, über ihren Wortlaut hinaus dahin ausgedehnt werden, daß die grüne Zollflagge auch an anderer Stelle als am Flaggenstock am Heck geführt werden darf. Dem steht vor allem der Gesichtspunkt entgegen, daß der vorschriftsmäßige Gebrauch der für den Schiffsverkehr vorgesehenen Zeichen und Lichter für dessen Sicherheit unentbehrlich ist und deshalb jede andere als die vorgeschriebene Anbringung oder Abgabe eines Zeichens oder Lichtes, schon um dadurch mögliche Verwechslungen oder Unsicherheiten zu vermeiden, nicht gestattet sein kann. Soweit die Revision für das Setzen der grünen Zollflagge etwas anderes aus den Vorschriften des Flaggenrechtsgesetzes vom 8. Februar 1951 - BGBI. 1, 79 herleitet, kann ihr nicht gefolgt werden. Dieses Gesetz regelt allein die Führung der Nationalflagge auf deutschen See- und Binnenschiffen, besagt mithin überhaupt nichts darüber, wo die grüne Zollflagge zu hissen ist
Die Führung des MS H hat durch das vorschriftswidrige Setzen der grünen Zollflagge nicht nur gegen § 25 RheinSchPolVO 1954 verstoßen, sondern auch, was das Berufungsgericht nicht erörtert hat, die jedem Schiffer obliegende allgemeine Sorgfaltspflicht verletzt (§ 4 RheinSchPolVO 1954). Denn zu dieser Pflicht gehört es, im Interesse eines sicheren Schiffsverkehrs dafür zu sorgen, daß die Zeichen und Lichter eines Fahrzeugs gut sichtbar sind und die Gefahr von Verwechslungen, soweit wie möglich, ausgeschlossen ist (vgl. nunmehr auch § 3.05 Nr. 4 RheinSchPolVO 1970). Dieser Pflicht ist die Führung des MS H nicht nachgekommen. Das ergibt sich aus der Feststellung des Berufungsgerichts, daß es aufgrund der Art und Weise, wie die grüne Zollflagge auf MS H befestigt war (in Höhe der Stange für die blaue Seitenflagge an dem 8 m hinter dieser Stange an der Steuerbordaußenwand der Ruff montierten Antennenmast), zu Verwechslungen zwischen dieser und der blauen Seitenflagge habe kommen können. Hierzu hat das Berufungsgericht näher ausgeführt, die grüne Zollflagge habe beim Auswehen nach Steuerbord weitgehend den Raum ausgefüllt, der sonst von der (gesetzten) blauen Seitenflagge eingenommen werde, und sich dabei - wie diese - deutlich von den Aufbauten des Schiffes abgehoben; auch unterscheiden sich die beiden Flaggen trotz ihrer unterschiedlichen Größen und Farben nicht so stark voneinander, um auf größere Entfernungen die Gefahr einer Verwechslung (bei einem irreführenden Zeigen der grünen Zollflagge) auszuschließen. Diese Feststellungen muß auch die Revision hinnehmen. Sie sucht deshalb in diesem Punkte die Führung der MS H mit dem Gedanken zu entlasten, der Verkehr müsse immer mit der Möglichkeit rechnen, daß ein bestimmtes Flaggensignal nicht die erwartete und übliche, sondern eine andere Bedeutung habe. Das ist in dieser Allgemeinheit schon deshalb nicht richtig, weil der Verkehr, wie die Vorschrift des § 25 RheinSchPolVO 1954 zeigt, grundsätzlich darauf vertrauen kann, daß ein an der vorgeschriebenen Stelle und in der vorgesehenen Weise gegebenes Zeichen allein die ihm durch die Schiffahrtpolizeiverordnung zugeordnete Bedeutung hat.
Nach § 38 Nr. 4 RheinSchPolVO 1954 muß der Bergfahrer, der den Talfahrer an seiner Backbordseite vorbeifahren lassen will, zusätzlich einen kurzen Ton geben, wenn zu befürchten ist, daß der Talfahrer die ihm nach § 38 Nr. 2 RheinSchPolVO 1954 (durch Nichtzeigen der blauen Seitenflagge) erteilte Weisung für eine Backbordbegegnung nicht verstanden hat, oder die Gefahr eines Zusammenstoßes besteht. Hierzu haben die Beklagten vorgetragen, MS H habe das Schallzeichen „1 x kurz" gegeben, als der Talfahrer auf eine Entfernung von etwa 800 m die blaue Seitenflagge gezeigt habe, und dieses Zeichen bis zum Zusammenstoß dreimal wiederholt. Das Berufungsgericht hält dieses Vorbringen für nicht bewiesen, aber auch nicht für widerlegt. Es verneint deshalb - zu Lasten der für die Nichtabgabe von Schallzeichen durch den Bergfahrer beweispflichtigen Klägerin - einen schuldhaften Verstoß der Führung des MS H gegen § 38 Nr. 4 RheinSchPolVO 1954.
Gewiß muß die Führung eines Bergfahrers, dem - wie hier - ein Talfahrer in einem von anderen Fahrzeugen freien Revier auf 800 m die blaue Seitenflagge zeigt, ohne daß eine der Ausnahmen des § 40 RheinSchPolVO 1954 (jetzt: § 6.05 RheinSchPolVO 1970) vorliegt, auch damit rechnen, daß dieses Verhalten des Talfahrers auf einem Mißverständnis über die Kursweisung des Bergfahrers beruht. Um einem solchen Mißverständnis zu begegnen, muß sie, wenn sie den Talfahrer an der Backbordseite vorbeifahren lassen will, zunächst das nach § 38 Nr. 4 RheinSchPolVO 1954 vorgeschriebene Schallzeichen „1 x kurz" geben. Mit Rücksicht auf die Möglichkeit eines derartigen Mißverständnisses ist sie außerdem gehalten, durch einen sorgfältigen Blick auf den Flaggenstock zu prüfen, ob die eigene blaue Seitenflagge vollständig eingezogen ist und, sofern das nicht der Fall sein sollte, es unverzüglich zu tun, um jedes Mißverständnis zu vermeiden. Hingegen würde es die Anforderungen an die Pflichten der Führung eines Bergfahrers überspannen, wenn sie in einer Lage, die ihre besondere Aufmerksamkeit nach vorne wegen des sich dort nautisch falsch verhaltenden Talfahrers erfordert, weiter bedenken soll, dieser könne auch eine der achtern gehißten Flaggen ihres Fahrzeugs mit der (nicht gesetzten) blauen Seitenflagge verwechseln und sie müsse daher auch diese Flaggen, die sich nicht wie die blaue Seitenflagge neben, sondern hinter ihrem Steuerhaus befinden, besonders überprüfen.
Die Führung des MS H hat auch nicht dadurch schuldhaft gehandelt, daß sie ihr Fahrzeug wegen des Backbordkurses des Talfahrers nicht nachhaltig abgestoppt, sondern „nur etwas langsamer gemacht" hat. Die gegenteilige Ansicht der Anschlußrevision berücksichtigt insoweit nicht hinreichend die Feststellung des Berufungsgerichts, daß es der Führung des MS H hierdurch möglich war, ihr Fahrzeug zum linken Ufer hin wegzubringen und es dem Talfahrer zu ermöglichen, doch noch an der Backbordseite ihres Fahrzeugs vorbeizufahren. Zumindest war es nicht schuldhaft, wenn sie sich bei der Wahl zwischen einem Anhaltemanöver und einer Steuerbordkursänderung, mit der sie dem Talfahrer für die ihm gewiesene Backbordbegegnung möglichst viel Platz machen konnte, für die Kursänderung entschied.
Da der Talfahrer die grüne Zollflagge des MS H mit dessen blauer Seitenflagge verwechselt hat und dadurch sein gesamtes weiteres Verhalten veranlaßt worden ist, zieht die Revision zu Unrecht in Zweifel, daß die Vorwürfe, die der Führung des Bergfahrers zu machen sind und die letztlich alle mit dem vorschriftswidrigen Setzen der grünen Zollflagge zusammenhängen, für die Kollision kausal waren. Auch läßt sich eine adäquate Verknüpfung zwischen den Fehlern der Führung des Bergfahrers und dem Schiffszusammenstoß nicht deshalb verneinen, weil der Talfahrer die blaue Seitenflagge und den Kurs zum linken Ufer hin auch dann noch beibehalten hat, als er die von ihm für die blaue Seitenflagge des Bergfahrers gehaltene grüne Zollflagge nach einer Annäherung der beiden Fahrzeuge auf 350-400 m nicht mehr sah.
Da der Schiffer dieses Fahrzeugs (TMS R) sich bis unmittelbar vor der Kollision in seiner Wohnung aufgehalten hat wurde es bis dahin von dem Steuermann D. gefahren. Ihm wirft das Berufungsgericht in erster Linie vor, daß er das Schiff nicht nachhaltig abgestoppt habe, obwohl dies wegen der für ihn infolge des Steuerbordkurses von MS H unklaren Lage geboten gewesen sei und ein derartiges Manöver den Zusammenstoß vermieden hätte.
Zwar ist es richtig, daß ein Talfahrer - von den Sonderfällen des § 40 RheinSchPolVO 1954 abgesehen - grundsätzlich die Weisung des Bergfahrers, an welcher Seite er vorbeifahren soll, befolgen muß. Das kann ihn jedoch nicht von der weiteren Pflicht entbinden, bei einer unklaren Lage nachhaltig abzustoppen oder in solchen Fällen, in denen der Kurs eines Bergfahrers dem Zeichen zuwiderläuft, das der Talfahrer wahrgenommen hat, erneut dessen Zeichengebung mit Hilfe des Fernglases sorgfältig zu beobachten. Daß D. das hier unterlassen hat, wird ihm daher zu Recht vom Berufungsgericht vorgeworfen. Die Revision meint, DD habe außerdem dadurch nautisch falsch gehandelt, daß er sich nicht selbst sofort mit dem Fernglas vergewissert habe, ob seine auf etwa 800 m gemachte Beobachtung, der Bergfahrer zeige die blaue Seitenflagge, richtig sei, anstatt diese Prüfung dem - ebenfalls im Ruderstuhl anwesenden - Matrosen M. zu überlassen Hierzu hätte für ihn aber nur dann ein Anlaß bestanden, wenn sich D. insoweit nicht auf M. hätte verlassen dürfen. Dafür gibt es keinen Anhalt.
Der Revision kann ferner nicht gefolgt werden, wenn sie meint, D. sei weiter vorzuwerfen, daß er die mit einem Blinklicht gekoppelten Schallzeichen des Bergfahrers nicht wahrgenommen habe. Insoweit übersieht die Revision, daß es nach den Ausführungen des Berufungsgerichts zwar nicht widerlegbar, aber auch nicht feststellbar ist, daß MS H Schallzeichen gegeben hat. Das gilt nach dem angefochtenen Urteil übrigens auch für die Behauptung der Klägerin, TMS R habe vor der Kollision mehrfach Schallzeichen gegeben.
Nach § 92 BinnSchG (in der bis zum 5. September 1972 geltenden Fassung; vgl. Art. 2 Nr. 3 und Art. 5 Abs. 1 des Gesetzes zu dem übereinkommen vom 15. März 1960 zur Vereinheitlichung einzelner Regeln über den Zusammenstoß von Binnenschiffen sowie zur Änderung des Binnenschiffahrtsgesetzes und des Flößereigesetzes vom 30. August 1972 - BGBI. II, 1005), in Verbindung mit § 736 Abs. 1 HGB und § 254 BGB richtet sich die Schadensverteilung bei beiderseits verschuleten Schiffszusammenstößen „nach dem Verhältnis der Schwere des auf jeder Seite obwaltenden Verschuldens".
Davon ist auch das Berufungsgericht ausgegangen. Es meint, beide Seiten hätten grobfahrlässig gehandelt. Jedoch falle das Verschulden der Führung des MS H schwerer als das-, jenige des Steuermanns D. von TMS R ins Gewicht.
Das Berufungsgericht wertet das Verhalten des Steuermanns D. deshalb als grob fahrlässig, weil „er bei gehöriger Aufmerksamkeit die Kollision unegachtet der Irreführung durch die fehlerhafte Anbringung der Zollflagge auf MS H hätte abwenden können". Damit hat es den Begriff der groben Fahrlässigkeit verkannt. Eine solche liegt nämlich erst dann vor, wenn die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich großem Maße verletzt worden und das unbeachtet geblieben ist, was im gegebenen Falle jedem hätte einleuchten müssen (BGHZ 10, 14, 16). Dafür bietet aber das vom Berufungsgericht festgestellte Verhalten des Steuermanns D., der durch einen unverschuldeten Irrtum mit TMS R in eine gefährliche, dann allerdings noch zu meisternde Lage geraten ist, keinen Anhalt. Infolgedessen kann auch die Schadensverteilung, wie sie das Berufungsgericht vorgenommen hat, nicht aufrecht erhalten werden. Hierüber kann der Senat selbst neu entscheiden, weil weitere tatsächliche Feststellungen insoweit nicht in Betracht kommen (BGHZ 54, 6, 9). Die Abwägung führt zu dem Ergebnis, daß die Beklagten 3/4 und die Klägerin lediglich 1/4 des ihr entstandenen Kollisionsschadens zu tragen haben. Hierfür sind folgende Gesichtspunkte ausschlaggebend:
Die Rheinschiffahrtpolizeiverordnung schreibt keine festen Begegnungskurse vor. Vielmehr legt sie den Bergfahrern die Pflicht auf, den Begegnungskurs - bei Tag - durch das Zeigen oder Nichtzeigen der blauen Seitenflagge festzulegen (§ 38 RheinSchPolVO 1954; § 6.04 RheinSchPolVO 1970). Die blaue Seitenflagge hat deshalb für die Sicherheit des Schiffsverkehrs auf dem Rhein eine sehr große Bedeutung, zumal Unklarheiten über den Begegnungskurs bei den vielfach schwierigen Fahrwasserverhältnissen und der oft starken Belegung des Reviers durch andere Fahrzeuge sehr leicht zu Kollisionen führen können. Es muß daher von der Führung eines Bergfahrers verlangt werden, daß sie in allen Fragen, die die Festlegung des Begegnungskurses mit der Talfahrt betreffen, mit ganz besonderer Sorgfalt handelt. Das gilt weiter auch deshalb, weil die blaue Seitenflagge ohnehin nicht stets gut erkennbar ist, beispielsweise, wenn die Sichtverhältnisse durch Sonnenblendung eingeschränkt sind, die Zeichengebung in einer Stromkrümmung erfolgt, die Flagge vor einem dunkel wirkenden Hintergrund gezeigt wird oder sie infolge Windes zum Bug oder zum Heck hin ausweht. Es ist daher als ein besonders schwerer Verstoß gegen die Verkehrssicherheit zu betrachten, wenn ein Schiff im Bereich der blauen Seitenflagge eine mit dieser verwechselbare Flagge führt. Das schlägt sich im Rahmen der nach § 92 BinnSchG, § 736 Albs. 1 HGB und § 254 BGB vorzunehmenden Schuldabwägung mit entsprechend großem Gewicht zu Lasten der Führung dieses Schiffes nieder, zumal wenn der Talfahrer, wie hier, allein durch die vorschriftswidrig angebrachte Flagge in die gefährliche Lage gebracht worden ist, in der er dann vermeidbare, jedoch wesentlich leichter zu bewertende Fehler gemacht hat.