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II ZR 21/58 - Bundesgerichtshof (Berufungsinstanz Schiffahrt)
Entscheidungsdatum: 21.04.1960
Aktenzeichen: II ZR 21/58
Entscheidungsart: Urteil
Sprache: Deutsch
Gericht: Bundesgerichtshof Karlsruhe
Abteilung: Berufungsinstanz Schiffahrt

Leitsatz:

Obliegt dem Absender die Verladung, so gehen Schäden an dem Gut, die durch unsachgemäße Verstauung und Befestigung auf einem LKW entstehen, zu seinen Lasten.

 

Urteil des Bundesgerichtshofs

vom 21. April 1960

II ZR 21/58

Zum Tatbestand:

Die Klägerin beauftragte die Beklagte mit dem Transport eines gemieteten Turmdrehkranes von Stuttgart zu einer Baustelle in Mannheim. Die Verladung erfolgte durch An­gestellte eines Bauunternehmers in Stuttgart auf dem Last­zug der Beklagten ohne jede Befestigung. Die Fahrt ver­lief ohne Zwischenfall. Der gegen Abend in Mannheim angekommene Lastzug sollte andern Tags entladen wer­den. Am Abend unternahm der Fahrer A. der Beklagten jedoch durch Mannheim mit der beladenen Zugmaschine eine Fahrt, bei der das auf dem LKW befindliche Kran­führerhaus über die rechte Bordwand kippte und be­schädigt wurde.

Gegenüber dem Verlangen der Klägerin auf Ersatz des durch die Reparatur und den Ausfall entstandenen Scha­dens verweist die Beklagte u. a. auf die dem Vertrags­abschluß zugrundegelegte Kraftverkehrsordnung, wonach die Klägerin selbst für die ordnungsmäßige Verladung des Kranes verantwortlich gewesen sei (§ 17 KVO).

Das Landgericht hat den Klageanspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt, das Oberlandesgericht jedoch nur zu 3/4 - unter Berücksichtigung anderer rechtlicher Gesichtspunkte. Die Revision der Beklagten hatte inso­weit teilweisen Erfolg, als der Anspruch dem Grunde nach zwar zu 3/4, aber entgegen der Auffassung des OLG nur im Rahmen der §§ 29, 32, 35 und 36 KVO als gerecht­fertigt anerkannt wurde.

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Schwierigkeit der Auslegung des § 17 Abs. 1 KVO ergibt sich daraus, daß Satz 1 dem Absender die Pflicht zu einer bestimmten Tätigkeit auferlegt, Satz 3 aber für ein bestimmtes Ergebnis dieser Tätigkeit einen anderen, nämlich den Unternehmer, verantwortlich macht. Daraus kann aber nicht gefolgert werden, daß der Absender von jeder Verantwortlichkeit für Art und Ergebnis der Verladetätigkeit befreit ist und nur über­haupt zu verladen hat. Es ist vielmehr davon aus­zugehen, daß er ordnungsmäßig zu verladen hat. Dazu gehört insbesondere auch, daß durch die Art der Verladung Schäden, die dem Gut während der Be­förderung drohen, nach Möglichkeit vermieden werden. Mit Recht weist Guelde, KVO § 17 Anm. 3, in diesem Zusammenhang auf § 26 Abs. 3 Buchst. f KVO hin. Danach ruht die Lieferfrist auf die Dauer eines Auf­enthalts, der ohne Verschulden des Unternehmers da­durch entsteht, daß die vom Absender verladene Sendung um- oder zurechtgeladen werden muß. Män­gel der Verladung, die ein solches Umladen erforderlich machen, gehen hiernach hinsichtlich der Berechnung der Lieferfrist grundsätzlich dann zu Lasten des Absenders, wenn er verladen hat. Darin kommt zum Ausdruck, daß es im allgemeinen Sache des Verladenden ist, durch ge­eignetes Verstauen und notfalls Befestigen des Guts auf dem Fahrzeug von vornherein zu verhüten, daß umgeladen werden muß. Im Anwendungsbereich der Kraftverkehrsordnung gilt hiernach insofern das gleiche wie nach § 83 Abs. 1 Buchst. c EVO für Eisenbahn­transporte (vgl. dazu Finger, EVO 2. Aufl. § 83 Anm. 14 und 15; Goltermann, EVO 2. Aufl. § 83 Anm. 6): Wer als Absender zu verladen hat, muß zur Vermeidung von Rechtsnachteilen dieser Verpflichtung so nachkom­men, daß das Gut während der Beförderung nicht in­folge mangelhafter Verladung beschädigt wird.

Die in § 17 Abs. 1 Satz 3 KVO statuierte Verantwort­lichkeit des Unternehmers für die betriebssichere Ver­ladung steht dem nicht entgegen. Es erscheint in diesem Zusammenhang von Bedeutung, daß die Reichsstraßen­verkehrsordnung vom 28. Mai 1934 (RGBI 1 457), die zur Zeit des Erlasses der Kraftverkehrsordnung galt, den Begriff Betriebssicherheit ebenfalls in einer die Ladung des Fahrzeugs betreffenden Vorschrift verwandte. Nach § 30 RStrVO, der entsprechend dem jetzt geltenden § 19 tVO Vorschriften über die Beladung von Fahrzeugen enthielt und von einem beladenen Fahrzeug möglicher­weise ausgehende Verkehrsgefahren auszuschließen sucht, durfte „die Betriebssicherheit des Fahrzeugs durch die Ladung nicht leiden". Die Ladung war danach so zu verstauen, daß sie das ordnungsmäßige Arbeiten der Vorrichtungen des Fahrzeugs nicht beeinträchtigte und den Fahrer bei der Handhabung dieser Vorrichtun­gen nicht behinderte (Müller, Straßenverkehrsrecht 21. Aufl. § 19 StVO Anm. 8). Dies legt den Schluß nahe, daß auch in der Kraftverkehrsordnung der Begriff „be­triebssicher" eine ähnlich enge Bedeutung wie in § 30 RStrVO hat. Jedenfalls aber ist die Auffassung, die Verantwortlichkeit des Unternehmers für die „betriebs­sichere Verladung" im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 3 KVO ergebe keine Verantwortlichkeit auch für eine solche Art der - dem Absender obliegenden - Ver­ladung, die Beschädigung des Guts während der Be­förderung nach Möglichkeit ausschlösse, durchaus auch mit dem Wortlaut dieser Vorschrift vereinbar.

Die Erwägung, der Unternehmer könne im allgemeinen die mit einer Beförderung verbundenen Gefahren bes­ser als der Absender übersehen und die Ordnungs­mäßigkeit der Verladung am besten beurteilen, greift nicht durch. Es kann nicht allgemein gesagt werden, daß die bei dem Unternehmer vorauszusetzenden Kenntnisse und Erfahrungen für die richtige Art der Verladung grundsätzlich von größerer Bedeutung seien als die Kenntnis der Eigenart des beförderten Guts, mit der der Absender in der Regel näher vertraut sein wird als der Unternehmer.