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Leitsätze:
1) Zur Eignung normaler Polypgreifer für den Umschlag vertraglich angedienter Güter mit bestimmten Abmessungen.
2) Prozeßrechtliche Obliegenheiten des Berufungsgerichts bei Feststellungsklagen.
Urteil des Bundesgerichtshofes
vom 13. Dezember 1976
II ZR 215/74
(Oberlandesgericht Düsseldorf)
Zum Tatbestand:
Die Klägerin hatte in einem Transportvertrag mit der Beklagten den Transport von Kokillengußbruch von der Ruhr nach England - bis Rotterdam mit Binnenschiffen, von dort mit Kümos - übernommen, wobei es im Frachtvertrag hieß, daß „die Ware mit einem Polypgreifer entlöscht werden kann."
Die Klägerin und die - als Unterfrachtführerin eingesetzte - Streithelferin behaupten kostenerhöhende Schwierigkeiten, weil das Gut entgegen den Angaben der Beklagten nicht „sm-fähig zerkleinert" (Höchstmaße 150 x 50 x 50 cm) und nicht mit herkömmlichen Polypgreifern auf Kümos umzuschlagen gewesen sei. Die Ware habe auf der ersten Reise mit „überschweren" Polypgreifern, auf der zweiten mit einem Magnetgreifer umgeschlagen und auf der dritten vorübergehend an Land gelagert werden müssen. Nach dem Klageantrag soll die Beklagte Mehrkosten in Höhe von ca. 33500,- hfl. zahlen und verpflichtet sein, weiteren Schaden zu ersetzen, der dadurch entstanden sein soll, daß die gesamte Vertragsmenge nicht greiferfähig sei.
Die Beklagte bestreitet, daß die Ladungen nicht mit Polypgreifern umgeschlagen werden könnten. Vielmehr habe die Beklagte ungeeignete Schiffe vorgelegt und sich in Rotterdam für den Umschlag nicht zweckmäßig eingedeckt.
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Auf die Revision der Klägerin wurde die Sache an das Berufungsgericht zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
Aus den Entscheidungsgründen:
„...Nach Ansicht des Berufungsgerichts ist die Klage schon deshalb unbegründet, weil das von der Klägerin behauptete vertragswidrige Verhalten der Beklagten die angeblichen Mehrkosten und Schäden nicht verursacht habe. Denn diese wären auch dann entstanden, wenn die Abmessungen der einzelnen Stücke des Kokillengußbruchs innerhalb der vertragsgemäßen Grenzen (150 x 50 x 50 cm) gelegen hätten. Hier stehe aufgrund des Berichts des Sachverständigen K. fest, daß sich unter dem Kokillengußbruch kein Stück befunden habe, das eine Ausdehnung von 150 cm in einer Dimension überschritten habe. Das massigste Stück sei nicht mehr als 132 x 80 x 30 cm groß gewesen, was einem Rauminhalt von 316 800 cm3 ergebe. Um dieses Stück überzuschlagen, sei aber kein größerer Polypgreifer als für ein solches von 150 x 50 x 50 cm (Rauminhalt 375 000 cm3) erforderlich gewesen, da Gewicht und größte Ausdehnung in einer Dimension bei dem ersten Stück kleiner als bei dem zweiten seien. Danach hätte bei einer vertragsgemäßen Beschaffenheit des Kokillengußbruchs kein kleinerer Polypgreifer eingesetzt werden können, als er mit Rücksicht auf dessen tatsächliche Maße notwendig gewesen sei....Sofern daher die Beklagte vertragswidrig dimensionierten Kokillengußbruch angedient habe, könne dieser Verstoß jedenfalls für die angeblichen Vermögensnachteile der Klägerin nicht ursächlich gewesen sein....Nach den Ausführungen des angefochtenen Urteils ist zugunsten der Klägerin folgender Sachverhalt zu unterstellen: „sm-fähig zerkleinerter Kokillengußbruch darf keine größeren Abmessungen als 150 x 50 x 50 cm haben, um nach Handelsbrauch polypgreiferfähig zu sein; die einzelnen Stücke der angedienten Ladung überschritten diese Maße großenteils in einer Dimension; sie konnten wegen ihrer Größe nur mit den von der Firma A. bei der ersten Teilpartie eingesetzten Polypgreifern übergeschlagen werden; diese Greifer sind als überschwer anzusehen und für das Löschen von Binnenschiffen zu groß, so daß es hierbei zwangsläufig zu Schäden an den Schiffen kommt; auch sind sie im Hafen von Rotterdam unüblich und nicht ohne weiteres gemeint, wenn von Polypgreifern schlechthin die Rede ist.Danach ist zunächst davon auszugehen, daß Kokillengußbruch mit Abmessungen bis zu 150 x 50 x 50 cm mit den üblichen Polypgreifern aus Binnenschiffen, und zwar ohne diese zu beschädigen, gelöscht werden kann. Das hat nun allerdings das Berufungsgericht mit den oben unter Ziff. 1 wiedergegebenen Ausführungen verneint. Dafür mögen die von dem Berufungsgericht vorgenommenen Berechnungen und Überlegungen sprechen. Gegen diese bestehen aber einmal deshalb rechtliche Bedenken (§ 286 ZPO), weil sie nur von dem Gutachten des Sachverständigen K. vom 13. Juli 1972 ausgehen, das lediglich die zweite Teilpartie betrifft und bei dem es sich um ein im Auftrag der Beklagten erstelltes Parteigutachten handelt. Außerdem befinden sie sich mit dem Umstand in einem unlösbaren Widerspruch, daß die tatsächlichen Gegebenheiten anders zu sein scheinen. Andernfalls wäre es unverständlich, daß sich der - vom Berufungsgericht unterstellte - Handelsbrauch gebildet haben soll. Mit Rücksicht darauf hätte sich das Berufungsgericht sachverständig (§ 144 ZPO) zu der Frage beraten lassen müssen, bis zu welchen Abmessungen Kokillengußbruch mit den üblichen Polypgreifern von Schiff zu Schiff übergeschlagen werden kann....Zum Feststellungsanspruch hat das Berufungsgericht ergänzend ausgeführt, daß er auch deshalb abzuweisen sei, weil die Klägerin ein Feststellungsinteresse nicht genügend dargelegt habe....Dem ist entgegenzuhalten, daß das Landgericht, das die Feststellungsklage als unbegründet und nicht als unzulässig abgewiesen hat, offenbar das Feststellungsinteresse der Klägerin für gegeben erachtet hat. Mit Rücksicht darauf wäre es aber Pflicht des Berufungsgerichts gewesen, darauf hinzuweisen, daß es die Darlegungen der Klägerin zum Feststellungsinteresse nicht für ausreichend halte (§ 139 Abs. 1 und 2 ZPO). Wäre das geschehen, so hätte die Klägerin, wie sie im Revisionsrechtszug aufgezeigt hat, ihren Vortrag zum Feststellungsantrag ergänzen oder insoweit zur Zahlungsklage übergehen können....“