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Leitsätze:
a) § 506 HGB steht der Veräußerung des der Partenreederei gehörenden Schiffs nicht entgegen. Ein freihändigerVerkauf ist zulässig, wenn alle Mitreeder hiermit einverstanden sind.
b) Beim Mitreederwechsel haftet der neue Partenreeder gegenüber den Gläubigern der Reederei nicht kraft Gesetzes (§§ 504, 507 Abs. 2 HGB) für die vor seinem Eintritt begründeten Schulden, es bedarf hierzu vielmehr einer besonderen rechtsgeschäftlichen Erklärung.
c) Aus dem Verhältnis der Partenreeder untereinander kann sich die Pflicht eines Mitreeders ergeben, an der Tilgung von Verbindlichkeiten mitzuwirken, die ein Reeder für dle Partenreederei eingegangen ist.
d) Bei der Liquidation einer Partenreederei sind die allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Regeln heranzuziehen, soweit Besonderheiten der §§ 489 ff HGB dem nicht entgegenstehen.
Urteil des Bundesgerichtshofs
vom 25.3. 1991
II ZR 13/90
(Oberlandesgericht Stuttgart)
Zum Tatbestand:
Der Kläger und die Herren „L" und „D" schlossen sich im Jahre 1982 zur Bau- und Partenreederei „Neubau 800" zusammen. Der Vertrag hatte — bei gleicher Beteiligung der Mitreeder — den Bau und anschließenden Betrieb eines Frachtcontainerschiffs zum Gegenstand. Der Bau des Schiffes wurde zum Preis von 46,5 Mio. DM in Auftrag gegeben. Zur Finanzierung der Schiffbaukosten nahm die „Neubau 768" bei der „HSS" ein Darlehen in Höhe von 27,9 Mio. DM auf. Die „Neubau 768" und die drei Mitreeder gaben zur Sicherung dieses Kredits ein abstraktes Schuldversprechen in Höhe von 43 Mio. DM zuzüglich Zinsen ab, bewilligten die Eintragung einer erstrangigen Schiffbauhypothek in entsprechender Höhe und unterwarfen sich der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen hinsichtlich eines Teilbetrages von 430000,— DM. Die Eintragungen des Klägers und seiner Mitreeder zu je 1/3 Schiffsparten und der bewilligten Hypothek im Schiffbauregister des Amtsgerichts Lübeck wurden Anfang August 1982 vorgenommen. Die Werft, deren Forderungen in voller Höhe unter Verwendung des bis Ende Dezember 1982 ausgezahlten Darlehens der „HSS" beglichen wurden, lieferte das Schiff am 14. April 1983 ab.
Unmittelbar vor Übergabe des Schiffs, am 11./13. April 1983, schlossen die Beklagte, die Reederei „B" sowie der Kläger und die Herren „L" und „D" ebenfalls einen Partenreedereivertrag. Er betraf den Bau desselben — als Werftbau MS „N" bezeichneten — Frachtmotorschiffs, das anschließend als Seeschiff betrieben werden sollte. Von den 146 Schiffsparten entfielen 73 auf die Beklagte, 58 auf die Reederei „B" und je 5 auf den Kläger und die Herren „L" und „D".
Die mit 48,6 Mio. DM veranschlagten Anschaffungskosten sollten in Höhe von 28,1 Mio. DM durch ein Schiffshypothekendarlehen, in Höhe von 5,9 Mio. DM durch einen staatlichen Schiffbauzuschuß und in Höhe der restlichen 14,3 Mio. DM als Partenkapital aufgebracht werden. Die Beklagte zahlte den auf sie entfallenden Teil des Partenkapitals umgehend ein. In § 3 Abs. 1 dieses Vertrages heißt es:
„Die Mitreeder haben im Innenverhältnis im Verhältnis ihrer Partenbeteiligung für die Verzinsung und Tilgung von Fremdmitteln sowie für etwa erforderlich werdende Betriebsmittel aufzukommen, falls diese nicht aus den eingefahrenen Frachten gedeckt werden können. Die insoweit erforderlichen Einschußbeträge haben sie der Partenreederei auf schriftliche Anforderung unverzüglich zur Verfügung zu stellen."
Das Schiff, das an eine ausländische Reederei verchartert worden war, trat seine erste Fahrt am 18. April 1983 an.
Am 14. April 1983 erklärten die Mitreeder der Partenreederei „Neubau 800" und die Reederei „B" gegenüber dem Seeschiffsregister, daß das Eigentum an dem von der Werft abgelieferten Schiff auf die Partenreederei MS „N" „aufgrund Vertrages übertragen" worden sei, und beantragten zugleich die Eintragung dieser Reederei in das Seeschiffsregister des Amtsgerichts Brake; die Beklagte genehmigte diesen Antrag. Dementsprechend wurden die Beklagte und die Reederei „B" zu je 'A Schiffsparten der Partenreederei MS „N" in das Seeschiffsregister eingetragen; zugleich wurde die Schiffshypothek in Höhe von 43 Mio. DM zuzüglich Zinsen vom Schiffbauregister des Amtsgerichts Lübeck hierher übertragen. Aufgrund des nachfolgenden Antrages vom 29. April 1983 wurden die ursprünglich vorgesehenen Beteiligungsverhältnisse verlautbart und die Beklagte mit 73, die Reederei „B" mit 58 sowie der Kläger und die Herren "D" und „L" mit jeweils fünf Parten im Seeschiffsregister eingetragen.
Anders als im Partenreedereivertrag vorgesehen, wurde ein Schiffbaudarlehen von der Partenreederei MS „N" nicht aufgenommen. Die Beklagte war mit den von der Partenreederei „Neubau 800" ausgehandelten Konditionen nicht einverstanden. Sie hat es deswegen ausdrücklich abgelehnt, die bereits früher von der „Neubau 800" abgeschlossenen Darlehensverträge mit zu unterzeichnen. Das gilt insbesondere für einen sog. „Keilkredit", mit dessen Hilfe die Tilgung des Hauptdarlehens gestreckt werden sollte. Die Leistungen aus diesem Keilkredit sind gleichwohl von der Partenreederei MS „N" in Anspruch genommen worden. Ebenso hat sie die Tilgungs- und Zinsleistungen für die von der „HSS" der früheren Partenreederei „Neubau 800" gewährten Darlehen bis Ende 1986 bzw. Anfang 1987 getragen. Wegen des in der Folgezeit eingetretenen Zahlungsverzuges kündigte die „HSS" am 5. November 1987 das Darlehen und ließ das Schiff am 23. Dezember 1987 zwangsversteigern. Da der Versteigerungserlös die Forderungen der „HSS" nicht abgedeckt hat, nimmt diese die Parteien wegen der Restschulden in Anspruch. Sie hat in Höhe von 22 842 500,— DM etwaige Ausgleichsansprüche des Klägers gegen die Beklagte pfänden und sich zur Einziehung überweisen lassen. Außerdem hat sie die Beklagte auf Zahlung von 6 045 394,43 DM verklagt.
Der Kläger begehrt im vorliegenden Rechtsstreit von der Beklagten, ihn von Verbindlichkeiten gegenüber der HSS - zunächst beschränkt auf einen erstrangigen Teilbetrag von 430000,— DM freizustellen. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt er sein Freistellungsbegehren weiter.
Die Revision des Klägers hat zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht geführt.
Aus den Entscheidungsgründen:
„1. Gegen die Klagebefugnis des Klägers bestehen keine durchgreifenden Bedenken. Es ist im Anschluß an die Entscheidung des Reichsgerichts vom 26. September 1913 (RGZ 83, 116, 118 f) allgemeine Meinung, daß die für den Gläubiger gepfändete und ihm überwiesene Forderung in dem Vermögen des Pfändungsschuldners verbleibt und die Überweisung lediglich bewirkt, daß der Pfändungsschuldner die Forderung nicht mehr für sich einziehen kann. Dementsprechend wird ihm die Befugnis zugesprochen, Feststellungsklage über das Bestehen der Forderung zu erheben oder auf Zahlung an den Pfändungsgläubiger zu klagen (vgl. Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 20. Aufl., § 835 Rdn. 32f; Zöller-Stöber, ZPO, 16. Aufl., § 836 Rdn. 5). Dem trägt der vorliegende Klageantrag Rechnung. Der Klä ger verlangt nicht Leistung an sich, sondern will mit dem Freistellungsbegehren lediglich erreichen, daß die Beklagte die Ansprüche einer Pfändungsgläubigerin, der „HSS", erfüllt. Dies ist weniger als die zulässige Klage auf Leistung an die „HSS", weil es der Beklagten überlassen bleibt, in welcher Weise sie die Befreiung des Klägers bewirkt . . . .
2. Entgegen der Meinung der Revision kann der Kläger den geltend gemachten Befreiungsanspruch nicht auf die Gesamtschuldregeln stützen.
a) Das folgt allerdings nicht daraus, daß ein auf § 426 Abs. 1 BGB gestützter Befreiungsanspruch nicht anzuerkennen wäre. Das Gegenteil entspricht — wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat — der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 35, 317, 325; 47, 157, 166; Urt. v. 5. März 1981 — III ZR 115/89, NJW 1981, 1666, 1667 f; Urt. v. 7. November 1985 — III ZR 142/82, NJW 1986, 978, 979; Urt. v. 30. September 1987 — IV b ZR 94/86, NJW 1988, 133 f) . . . .
b) Der auf § 426 Abs. 1 BGB gestützte Befreiungsanspruch scheitert jedoch daran, daß zwischen dem Kläger und der Beklagten weder kraft Gesetzes noch kraft Vereinbarung ein Gesamtschuldverhältnis besteht.
aa) Anders als der Kläger meint, haftet die Beklagte der HSS nicht kraft Gesetzes für die Erfüllung der Kreditverbindlichkeit. Dabei kommt es nicht darauf an, wie die Beteiligung der Beklagten an der Partenreederei MS „N" zustande gekommen ist.
(1) Handelt es sich um eine Neugründung, wie die Beklagte unter Hinweis auf die Eintragung im Seeschiffsregister des Amtsgerichts Brake meint, dann kommen die handelsrechtlichen Bestimmungen über die Haftung bei einer Partenübertragung (§§ 504, 507 HGB) von vornherein nicht zur Anwendung. Jegliche persönliche Haftung für die durch die Schiffshypothek gesicherten Darlehensforderungen der HSS scheidet aus. Es besteht lediglich eine dingliche Haftung, die dazu führt, daß die Partenreederei MS „N" und ihre Reeder die Zwangsvollstreckung in das Schiff zu dulden haben, welches sie belastet mit der Schiffshypothek von der Partenreederei „Neubau 800" aufgrund Vertrages übertragen erhalten haben.
Eine solche Eigentumsübertragung an dem Schiff würde entgegen der Auffassung des Klägers nicht § 506 HGB widersprechen. Daß die Veräußertung des der Partenreederei gehörenden Schiffs überhaupt zulässig ist, folgt außer aus § 506 Abs. 1 S. 2 HGB daraus, daß der Verkauf des Schiffes das vom Gesetz vorgesehene Auflösungsverfahren der Partenreederei darstellt (vgl. Schaps/Abraham, Seerecht, 4. Aufl., § 506 Rdn. 4). Der Wirksamkeit des Verkaufs stünde auch nicht entgegen, daß dieser nicht — wie in § 506 Abs. 2 S. 1 HGB vorgesehen — öffentlich, sondern freihändig vonstatten gegangen ist. Denn von einem öffentlichen Verkauf kann abgesehen werden, wenn — wie im vorliegenden Fall — sämtliche Mitreeder hiermit einverstanden sind (Schaps/ Abraham aaO, § 506 Rdn. 4; Prüßmann/Rabe, Seehandelsrecht, 2. Aufl., § 506 Anm. C 3; Ruhwedel, Die Partenreederei, 1973, Seite 442).
(2) Wenn es dagegen nicht zu einem Verkauf des Schiffs gekommen ist, sondern — wie der Kläger meint — der Beklagten und der Mitreederin „B" Parten der Partenreederei „Neubau 800" übertragen worden sind, gilt für die Haftung der Beklagten gegenüber der „HSS" im Ergebnis nichts anderes.
In diesem Fall wären zwar die Vorschriften der §§ 504, 507 HGB über die Haftung heim Mitreederwechsel grundsätzlich anwendbar; sie könnten aber nicht zu einer Haftung der Beklagten im Verhältnis zu der kreditgebenden Bank führen.
§504 HGB ist schon deswegen nicht einschlägig, weil diese Vorschrift nicht die Stellung der Reeder nach außen, sondern nur das interne Verhältnis der Partenreeder betrifft (Prüßmann/Rabe aaO, §504 Anm. A 1; Schaps/Abraham aaO, §504 Rdn. 5; Schlüter, Hansa 1935, 1238ff). Aus §504 Abs. 3 HGB ergibt sich nichts anderes. Wie die Entstehungsgeschichte der Vorschrift zeigt (vgl. Protocolle eines Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuchs, 186. Sitzung, Seite 1556 f), sollte mit ihr nicht eine Haftung des eintretenden Mitreeders gegenüber den Gläubigern der Partenreederei herbeigeführt werden. Vielmehr ging es allein darum, daß der neue Partenreeder die früher getroffenen Beschlüsse nicht sollte anfechten dürfen und daß er die daraus nach seinem Beitritt entstehenden Beitragspflichten zu erfüllen hatte, ohne auf seinen Rechtsvorgänger verweisen zu können (so allg. Meinung, Schaps/Abraham aaO, § 504 Rdn. 5; Schlüter, Hansa aaO).
Eine zur Gesamtschuld führende Haftung der Beklagten gegenüber der „HSS" ergibt sich auch nicht aus § 507 Abs. 2 HGB. Denn nach dieser Bestimmung ist die Haftung des neuen Partenreeders nur hinsichtlich derjenigen Verbindlichkeiten gegeben, die nach der Veräußerung „begründet" werden. Dagegen haftet der Neueintretende für die Altschulden der Reederei kraft Gesetzes nicht (Schlegelberger/Liesecke, Seehandelsrecht, 3. Aufl., § 504 Rdn. 2; Schaps/Abraham aaO, § 507 Rdn. 6; Wüstendörfer, Neuzeitliches Seehandelsrecht, 2. Aufl., Seite 160 f; Schlüter, Hansa aaO; Ruhwedel aaO, Seite 347, 351), Die Darlehensschulden gegenüber der „HSS" sind aber solche vor dem — unterstellten — Partenwechsel begründeten Altverbindlichkeiten.
bb) Ein Gesamtschuldverhältnis der Parteien, aus dem der Kläger einen auf § 426 BGB gestützten Befreiungsanspruch herleiten könnte, ist auch nicht rechtsgeschäftlich begründet worden. Die Beklagte ist der von der Partenreederei „Neubau 800" gegenüber der „HSS" eingegangenen Kreditverbindlichkeit nicht beigetreten.
(1) Daß es zu einem ausdrücklich erklärten Schuldbeitritt nicht gekommen ist, hat das Berufungsgericht als unstreitig festgestellt. Hiergegen wendet sich die Revision zu Unrecht. Der Senat ist nach §561 i.V.m. §314 ZPO an die entsprechenden — vom Kläger nicht durch Antrag auf Berichtigung des Tatbestandes gemäß § 320 ZPO beanstandeten — Feststellungen gebunden. Der Revisionsführer will dem vom Berufungsgericht richtig gewerteten prozessualen Vorbringen seiner Partei nachträglich einen anderen Sinn beilegen; damit begibt er sich auf das ihm verschlossene Gebiet tatrichterlicher Würdigung.
(2) Das Berufungsgericht hat in Würdigung der §§ 2 und 3 des Partenreedereivertrages, des von der Beklagten genehmigten Eintragungsantrages sowie der Inanspruchnahme einer steuerlichen Verlustzuweisung schon für das Jahr 1982 auch einen stillschweigend erklärten Schuldbeitritt der Beklagten verneint. Dies hält revisionsrechtlicher Überprüfung ebenfalls stand. Die Auslegung der hier vorliegenden individuellen rechtsgeschäftlichen Vereinbarung ist Aufgabe des Tatrichters und in der Revisionsinstanz nur daraufhin überprüfbar, ob anerkannte Auslegungsgrundsätze, gesetzliche Auslegungsregeln, Denk- und Erfahrungsgesetze verletzt sind oder ob beachtlicher Auslegungsstoff übersehen worden ist. Solche Auslegungsfehler sind nicht ersichtlich und werden von der Revision auch nicht dargetan, . . .
Zum anderen ist die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung des Partenreedereivertrages vom 11./13. April 1983 zumindest möglich und rechtlich vertretbar. Der Wortlaut des *3 Abs. 1 des Partenreedereivertrages zwingt weder für sich allein noch in Verbindung mit dem in § 2 Abs. 2 des Vertrages erwähnten Schiffshypothekendarlehen in Höhe von 28,1 Mio. DM zu der Auslegung, die Partenreeder hätten damit auch die persönliche Haftung für diese Verbindlichkeit im Außenverhältnis übernommen.
Eine gesamtschuldnerische Haftung ergibt sich auch nicht aus allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Erwägungen. Für das Gesellschaftsrecht des BGB, das nach der heute herrschenden Meinung in der Literatur ergänzend auch auf das Recht der Partenreederei anzuwenden ist, soweit dieses keine entgegenstehenden Bestimmungen enthält (vgl. vor allem Ruhwedel aaO, S. 166 ff, 170 m.w.N.; Schaps/Abraham aaO, § 489 Rdn. 10; Prüßmann/Rabe, § 489 Anm. B 1 a; Münchner Kommentar/Karsten Schmidt, 2. Aufl., *1008 BGB Rdn. 37; ferner schon ROHG 16,380,382, RGZ 71,26, 27), wird zwar vereinzelt für den Fall des Gesellschaftserwechsels die Auffassung vertreten, der neue Gesellschafter hafte stets für die Altverbindlichkeiten der Gesellschaft, weil er die Gesellschaftsangelegenheiten im ganzen und damit auch die Schulden der Gesellschaft zur Eigensache mache (Flume, Personengesellschaft, 1977, § 16 IV 7; anderer Ansicht die ständige Rechtsprechung des Senats z. B. BGHZ 74, 240 f; Urt. v. 20. Oktober 1980 — II ZR 257/79, NJW 1981, 1095 f; Urt. v. 12. März 1990 — II ZR 312/88, WM 1990, 1113 f; zustimmend Münchner Kommentar/Ulmer, 2. Aufl., *714 Rdn. 24 m.w.N. in Fußnote 51 und Rdn. 56). Das kann jedoch auf die Partenreederei schon deswegen nicht übertragen werden, weil der Gesetzgeber in § 507 Abs. 2 HGB eine gegenteilige Entscheidung getroffen hat. Davon abgesehen ist für eine solche Annahme, selbst wenn man sie im übrigen für richtig halten wollte, jedenfalls dann kein Raum, wenn der neue Partenreeder — wie im vorliegenden Fall — die Übernahme der Haftung für die Altverbindlichkeiten ausdrücklich ablehnt.
3. Erweisen sich danach die einen auf § 426 BGB gestützten Befreiungsanspruch verneinenden Erwägungen des Berufungsgerichts als im Ergebnis zutreffend, so kann der Revision der Erfolg dennoch nicht versagt werden, weil das Berufungsgericht den Streitstoff nicht ausgeschöpft hat. Der von dem Kläger geltend gemachte Anspruch kann sich nämlich auch aus dem internen Verhältnis der Partenreeder ergeben.
Dies gilt unabhängig davon, auf welche Weise die Beklagte Mitreederin der Partenreederei MS „N" geworden ist, ob also das Schiff übertragen worden oder eine neue Partenreederei gegründet worden ist; die bis zur Aufnahme des Schiffahrtsbetriebes lediglich als Baureederei nach § 509 HGB bestand (vgl. dazu Ruhwedel aaO S. 446 ff). Denn in jedem Fall ist Grundlage der Reederei MS „N" der Reedereivertrag vom 11./ 13. April 1983, sei es, daß er eine Änderung des ursprünglichen Vertrages der Partenreederei „Neubau 800" darstellt, oder daß er neu abgeschlossen worden ist.
Abweichend vom Gesellschaftsrecht des BGB, dem während der Dauer der Gesellschaft eine Erhöhung der im Gesellschaftsvertrag übernommenen Verpflichtungen fremd ist (§707 BGB), besteht bei der Partenreederei nach § 500 Abs. 1 HGB eine Nachschußpflicht des Mitreeders. Ihr kann er sich — soweit es sich nicht nur um eine Baureederei handelt (§509 HGB) — allein durch die Aufgabe der Schiffspart (* 501 HGB) entziehen. Erfüllt er seine Beitragspflicht nicht, so kann der Mitreeder, der den Beitrag des anderen vorgeschossen hat, unmittelbar nach § 500 Abs. 2 HGB Erstattung dieses Vorschusses von dem säumigen Partenreeder fordern (Prüßmann/Rabe aaO, §500 Anm. B 2 a; Schaps/Abraham aaO, § 500 Rdn. 3; Ruhwedel aaO, S. 292 f unter Hinweis auf Protocolle aaO, S. 1510). Fehlt es an den formalen Voraussetzungen der Nachschußpflicht, etwa weil ein Beschluß über die Einforderung nicht getroffen worden (vgl. Schaps/Abraham aaO, § 500 Rdn. 1) oder der beitragspflichtige Mitreeder nicht in Verzug ist (vgl. Prüßmann/Rabe aaO, § 500 Anm. C; Ruhwedel aaO S. 291 f; a.A. ohne Begründung Schaps/Abraham aaO § 500 Rdn. 2), dann kann der vorschießende Mitreeder zwar nicht nach § 500 Abs. 2 HGB vorgehen, er hat aber einen Erstattungsanspruch nach den §§ 677 ff BGB (vgl. Ruhwedel aaO, Seite 296; Prüßmann/Rabe aaO, §500 Anm. C), der als Befreiungsanspruch nach §257 BGB geltend gemacht werden kann. Die für die Baureederei maßgebliche Bestimmung des § 509 Abs. 1 HGB verweist wegen der von den Mitreedern aufzubringenden Kosten ausdrücklich auf § 500 HGB (vgl. dazu Ruhwedel aaO S. 452; ferner Protocolle aaO S. 1638 ff, 1645).
Unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt hat das Berufungsgericht den Sachverhalt nicht geprüft und in seine Erwägungen auch *2 Abs. 2 und 3 und § 3 des Partenreedereivertrages vom 11./13. April 1983 insoweit nicht einbezogen. *3 aaO enthält in Ergänzung des dispositiven Gesetzesrechts der §§ 509, 501) HGB Richtlinien für die den einzelnen Partenreeder treffende Nachschußpflicht. Zu den „Ausgaben der Reederei" im Sinne von § 500 Abs. 1 HGB, welche pro rata eingefordert werden können, falls die Erlöse aus den Frachtraten nicht ausreichen, gehören unter anderem die für die Zinsen und Tilgungen von Fremdmitteln erforderlichen Beträge (vgl. zur Nachschußpflicht für diese Ausgaben Ruhwedel aaO, 5.284 f; weitergehend Hasche, Hansa 1952, 1344). Wie ebenfalls aus dem Partenreedereivertrag (§ 2 Abs. 2) hervorgeht, war die MS „N" auf die Aufnahme von Kreditmitteln in Höhe von 28,1 Mio. DM angewiesen. Diese Mittel sind ihr von den Reedern der früheren Partenreederei „Neubau 800", nämlich dem Kläger und den Herren „L" und „D" zur Verfügung gestellt worden. Diese haben die von der „Neubau 800" aufgenommenen und von ihnen unter anderen durch abstrakte Schuldversprechen gesicherten Kredite der Partenreederei MS „N" zur Verfügung gestellt. Damit haben sie die MS „N" der Notwendigkeit enthoben, selbst das im Partenreedereivertrag vorgesehene Darlehen aufzunehmen, welches diese sodann unter Einbeziehung der in *3 aaO näher geregelten Nachschußpflicht gegebenenfalls auch mit Beiträgen der Beklagten zu verzinsen und zu tilgen gehabt hätte. Daß der Kläger und die beiden anderen Mitreeder der „Neubau 800" der MS „N" diese Darlehen wie eigenes Geld zur Verfügung stellten, war eine Vorschußleistung (* 500 Abs. 2 HGB) dieser Partenreeder an die Mitreeder. Letztere haben demgemäß nach dem Verhältnis ihrer Anteile an der Rückzahlung des Darlehens mitzuwirken. Ferner haben sie — da von einer unentgeltlichen Überlassung der Mittel schon deswegen nicht ausgegangen werden kann, weil in § 3 aaO selbst von Zinszahlungen die Rede ist und die MS „N" zunächst Zins- und Tilgungsleistungen erbracht hatte — die Beträge auch zu verzinsen. Die Zinshöhe kann jedoch mangels entsprechender Vereinbarungen der Reeder der „MS Nautic" nicht an den zwischen der „Neubau 800" und der „HSS" getroffenen Vereinbarungen orientiert werden. Vielmehr sind in Anlehnung an § 2 Abs. 3 des Partenreedereivertrages lediglich Zinsen in einer Höhe zu zahlen, wie sie von der Partenreederei sonst hätten gezahlt werden müssen.
Das Berufungsgericht wird deshalb nach entsprechender Ergänzung des Parteivortrags gegebenenfalls zu prüfen haben, ob hier der Kläger ausnahmsweise die Beklagte in Anspruch nehmen kann, weil schon vor Erstellung der Auseinandersetzungsrechnung feststeht, daß ihm ein bestimmter Betrag zusteht. Daß der Kläger nicht Zahlung, sondern Befreiung von der gegenüber der „HSS" eingegangenen Verbindlichkeit fordert, ändert hieran nichts, weil der Befreiungsanspruch letztlich auf eine Zahlung der Beklagten an die „HSS" hinausläuft."
Insofern bedarf der Sachverhalt ebenso weiterer tatrichtlicher Feststellungen wie zu der Frage, ob die formalen Voraussetzungen der Nachschußpflicht nach §500 Abs. 2 HGB i.V.m. *3 des Partenreedereivertrages erfüllt sind oder ob lediglich ein auf § 257 BGB gestützter Befreiungsanspruch in Betracht kommt, weil der Kläger Aufwendungsersatz nach § 677 ff BGB verlangen kann.
4. Sollte das Berufungsgericht aufgrund der neuen Verhandlung, die zugleich den Parteien Gelegenheit gibt, sich zu dem neuen rechtlichen Gesichtspunkt zu äußern, einen Befreiungsanspruch des Klägers bejahen, so hat es weiterhin folgendes zu beachten: Nachdem die Partenreederei MS „N" das Schiff in der Zwangsversteigerung verloren hat, ist sie kraft Gesetzes aufgelöst und besteht nur noch als Liquidationsreederei fort (Schlegelberger/Liesecke aa0, § 506 Rdn. 1 und 3; Prüßmann/Rabe aaO, § 505 Anm. A 1; Ruhwedel aaO, S. 433 f m.w.N.). Da im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt ist, wie die Liquidation der aufgelösten Reederei zu vollziehen ist, sind ergänzend die allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Regeln heranzuziehen, soweit das Partenreedereirecht dem nicht entgegensteht (vgl. Ruhwedel aaO, S. 166 ff, 170; Münchner Kommentar/ Karsten Schmidt aaO, § 1008 Rdn. 37 jeweils m.w.N.). Für das Gesellschaftsrecht hat der Senat in ständiger Rechtsprechung ausgesprochen, daß nach Auflösung der Gesellschaft auf dem Gesellsaaftsverhältnis beruhende Ansprüche grundsätzlich nicht isoliert geltend gemacht, sondern nur noch als unselbständige Rechnungsposten im Rahmen der abschließenden Auseinandersetzung berücksichtigt werden können; eine Ausnahme hat er allein dann anerkannt, wenn schon vor Beendigung der Auseinandersetzung feststeht, daß der eine Gesellschafter mit Sicherheit einen bestimmten Betrag verlangen kann (BGHZ 37, 299, 304 f, 103, 72, 77; Urt. v. 4. März 1968 — II ZR 41/66, WM 1968, 698 f; Urt. v. 24. Mai 1971 — II ZR 184/68, WM 1971, 931 f; Urt. v. 9. März 1981 — II ZR 70/80, WM 1981, 487 f; Urt. v. 4. Juli 1988 — II ZR 312/87, BGHR, § 730 Abs. 1 „Auseinandersetzungsrechnung 1" = NJW RR 1988, 1249). Diesen Regeln unterliegt auch die Partenreederei. Die Rechtsprechung des Senats findet ihre Grundlage in allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Erwägungen und knüpft an die Aufgabe der Auseinandersetzung unter den Gesellschaftern an (BGHZ 37, 299, 305); es sollen keine einzelnen Ansprüche geltend gemacht werden, wenn offen ist, ob der Gesellschafter am Ende der Auseinandersetzung überhaupt noch einen Ausgleichsanspruch gegen seinen Mitgesell- schafter hat. Die Besonderheiten der Partenreederei gebieten keine andere Beurteilung. Vor allem die Bestimmung über die Nachschußpflicht (§ 500 HGB) nötigt hierzu nicht. Solange die Partenreederci werbend tätig ist und Seeschiffahrt betreibt, dient die Möglichkeit, die nachzuschießenden Beträge selbständig geltend machen zu können, dazu, die Fortführung des Reedereibetriebs sicherzustellen. Wenn dieser Zweck entfällt, weil — wie im vorliegenden Fall — kein Schiff mehr vorhanden ist, dann besteht kein rechtfertigender Grund mehr, die Nachschußpflicht anders als bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts noch als selbständig geltend zu machende Verbindlichkeit anzuerkennen.
Ebenfalls abrufbar unter ZfB 1991 - Nr.12 (Sammlung Seite 1323 ff.); ZfB 1991, 1323 ff.