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II ZR 111/65 - Bundesgerichtshof (Berufungsinstanz Rheinschiffahrt)
Entscheidungsdatum: 22.05.1967
Aktenzeichen: II ZR 111/65
Entscheidungsart: Urteil
Sprache: Deutsch
Gericht: Bundesgerichtshof Karlsruhe
Abteilung: Berufungsinstanz Rheinschiffahrt

Leitsätze:

1) Der Vermieter eines Schiffes, mit dem der Mieter Transportaufträge durchführt, kann sich nicht auf den vom Mieter mit dem Verlader abgeschlossenen Frachtvertrag und einen darin enthaltenen Haftungsausschluß berufen.

2) Er ist nur dann von der Haftung freigezeichnet, wenn er in seine eigenen etwaigen Transportbedingungen den Haftungsausschluß für eigenes Verschulden ausdrücklich aufgenommen hat oder Transportbedingungen mit diesem Inhalt nachweislich noch Handelsbrauch auf den streitigen Transport anzuwenden sind.

Urteil des Bundesgerichtshofes

vom 22. Mai 1967

II ZR 111/65

(Rheinschiffahrtsgericht Duisburg-Ruhrort; Rheinschiffahrtsobergericht Köln)

Zum Tatbestand:

Aufgrund eines zwischen der holländischen Beklagten zu 1 und der Klägerin geschossenen Frachtvertrages wurden mit dem MS D, das der in Belgien wohnende Beklagte zu 3 der Beklagten zu 1 vermietet hatte und das vom Beklagten zu 2 geführt wurde, Briketts von Holland nach Stuttgart befördert. Das Schiff rakte wegen zu tiefer Abladung bei Rhkm 826, lief voll Wasser und wurde auf Grund gesetzt. Die Parteien streiten über die Kosten, die durch die Weiterbeförderung der Ladung mit anderen Schiffen entstanden sind.
Die Klägerin verlangt Feststellung, daß sie durch die Beklagten von allen Ansprüchen Dritter freizustellen ist. Die Beklagten bestreiten jedes Verschulden und machen Freizeichnung nach Maßgabe der Transportbedingungen (KB) geltend.
Die Klage gegen die Beklagten zu 1 und 2 ist aus diesem Grunde rechtskräftig abgewiesen worden. Der Klage gegen den Beklagten zu 3 (im folgenden Beklagter genannt) hat das Rheinschiffahrtsgericht stattgegeben. Das Rheinschiffahrtsobergericht hat sie jedoch abgewiesen. Auf die Revision des Klägers ist das Berufungsurteil aufgehoben und zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen worden. Darauf ist die Berufung des Beklagten gegen das Rheinschiffahrtsgerichtsurteil zurückgewiesen worden. Die Revision des Beklagten blieb erfolglos.

Aus den Entscheidungsgründen:

„Das erste Berufungsurteil hat der erkennende Senat mit der Begründung aufgehoben, daß der Beklagte sich nicht auf einen in den Verlade- und Transportbedingungen
(Konnossementsbedingungen - KB -) der Beklagten zu 1 enthaltenen Haftungsausschluß berufen kann, sondern nur dann von der Haftung freigezeichnet ist, wenn
er in seine eigenen etwaigen Transportbedingungen den Haftungsausschluß für eigenes Verschulden aufgenommen hat. In der erneuten Berufungsverhandlung hat der
Beklagte behauptet und unter Beweis gestellt, die niederländischen Verlade- und Transportbedingungen, wie sie die Beklagte zu 1 ihren Transportbedingungen zugrunde lege, seien für sämtliche Transporte handelsüblich, die in den Niederlanden ausgeführt bzw. begonnen würden.
Die Revision rügt, daß das Berufungsgericht diesen Beweis nicht erhoben habe. Die Rüge ist nicht begründet.
Die unter Beweis gestellte Behauptung allein genügt nicht, um die Ansicht des Beklagten, er sei im Streitfall von seiner Haftung freigezeichnet, zu rechtfertigen. Zwar ist der Revision zuzugeben, daß eigene Transportbedingungen des Beklagten im Sinne des ersten Revisionsurteils auch solche wären, die für ihn kraft Handelsbrauches gelten würden. Der Beklagte, der zu der Klägerin in keinen Vertragsbeziehungen stand, hat aber nicht behauptet, geschweige denn unter Beweis gestellt, daß für den hier vorliegenden Fall der Vermietung des Schiffes durch einen Schiffseigner, der nicht in den Niederlanden wohnt, die Freizeichnungsklausel der KB für außerhalb der Niederlanden begangene unerlaubte Handlungen nach Handelsbrauch bei Transporten, die der Mieter von den Niederlanden aus durchführt, auch für diesen Vermieter gelten. Wenn der Beklagte auf Bedingungen Bezug nimmt, die kraft eines angeblichen niederländischen Handelsbrauchs für ihn gelten sollten, so bedurfte es hierzu eines eingehenden Sachvortrages; das Berufungsgericht war nicht gehalten, auf die Notwendigkeit eines solchen ausdrücklich hinzuweisen, noch weniger darauf, daß er behaupten und unter Beweis stellen müsse, daß ein solcher Handelsbrauch auch für seinen Wohnsitz in Antwerpen gelte, wie die Revision vorträgt.
Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht ausgeführt, der Beklagte habe den Entlastungsbeweis nach § 831 Abs. 1 S. 2 BGB nicht geführt. Die Revision geht von einer unrichtigen Darstellung des Sachverhalts aus, wenn sie behauptet, der siebzigjährige Kapitän des Schiffes „Defender" habe sich „ständig auf Reisen" befunden. Nach der Feststellung des Berufungsgerichts hat der Beklagte nicht einmal bewiesen, daß der Kapitän in seiner 3- bis 4jährigen Ruhestandszeit als Ablöser gefahren ist.