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II ZR 109/75 - Bundesgerichtshof (Berufungsinstanz Schiffahrt)
Entscheidungsdatum: 07.11.1977
Aktenzeichen: II ZR 109/75
Entscheidungsart: Urteil
Sprache: Deutsch
Gericht: Bundesgerichtshof Karlsruhe
Abteilung: Berufungsinstanz Schiffahrt

Leitsatz:

Zu den Voraussetzungen eines konnossementsmäßigen Verfrachters.

Urteil des Bundesgerichtshofes

vom 7. November 1977

 II ZR 109/75

(Landgericht Hamburg; Oberlandesgericht Hamburg)


Zum Tatbestand:

Die in Hamburg ansässige Beklagte hatte sich in einem Rahmenvertrag mit der Befrachterin und Abladerin, der Fa. E. in Kairo, zum Transport aller Citrusfrüchte von der Vereinigten Arabischen Republik nach Europa in der Saison 1969/70 verpflichtet. Bei einer darauf beruhenden Reise im Dezember 1969 hatte der Kapitän des MS T die mit dem Firmenaufdruck der Beklagten versehenen Orderkonnossemente „for and an behalf of time charterers" und mit dem Hinweis „Terms and Conditions as per C/P dated Rotterdam the 15th November 1969" gezeichnet. Die C/P („Voyage Charter Party") hatte die Beklagte als Charterer für die Reise Alexandria-Hamburg mit der Fa. D.S. NV. in Rotterdam, der damaligen Zeitcharterin des genannten Schiffes, geschlossen. Infolge mangelhafter Stauung erwies sich die Ladung beim Löschen am 16./17. Dezember 1969 als erheblich beschädigt. Den Schaden von ca. 102 000,- DM ersetzten die Transportversicherer der Empfängerin in Höhe von fast 94 000,- DM. Am 22. Mai 1970 trat die Empfängerin ihre gesamten Reklamationsrechte an einen der Mitversicherer, die D.V.G., ab, die in der Police an erster Stelle mit einem Risikoanteil von 10 % stand und ihrerseits in der gleichen Urkunde vom 22. Mai 1970 ihre Rechte auf die Klägerin, ein Havariebüro, übertrug.
Die Klägerin nimmt die Beklagte in Höhe des gesamten Schadens von ca. 102000,- DM mit der Behauptung in Anspruch, daß die Beklagte konnossementsmäßige Verfrachterin der beschädigten Güter gewesen und daher für deren mangelhafte Stauung verantwortlich sei.
Die Beklagte bestreitet unter Hinweis auf § 612 HGB eine fristgemäße rechtswirksame Abtretung der in Höhe der geleisteten Deckung auf die Mitversicherer übergegangenen Ansprüche der Ladungsempfängerin an die Klägerin. Keinesfalls sei die Beklagte konnossementsmäßiger Verfrachter der beschädigten Güter gewesen.
Das Landgericht hat der Klage zu einem Zehntel, das Oberlandesgericht in vollem Umfang stattgegeben. Auf die Revision der Beklagten ist die Klage insgesamt abgewiesen worden.

Aus den Entscheidungsgründen:

„...
Mit Grund rügt die Revision hingegen, dass das Berufungsgericht die Beklagte als konnossementsmäßigen Verfrachter betrachtet und deshalb ihre Schadensersatzpflicht gegenüber der Ladungsempfängerin bejaht hat. Rechtlich fehlerfrei hat das Berufungsgericht allerdings ausgeführt, daß die Beklagte aufgrund der von ihr in dem Rahmenvertrag vom 5. November 1969 übernommenen Beförderungspflicht der wirkliche Verfrachter der mit MS T verschifften Apfelsinen war. Auch hat das Berufungsgericht nicht verkannt, daß dieser Umstand allein nicht genügt, eine Haftung der Beklagten gegenüber der Ladungsempfängerin zu begründen, da für das Rechtsverhältnis zwischen dem Verfrachter und dem Empfänger der Güter das Konnossement maßgebend ist (§ 656 Abs. 1 HGB). Jedoch meint es, daß die Beklagte als Ausstellerin der der Klage zugrundeliegenden Konnossemente anzusehen sei, weil die Abladerin nach dem Inhalt des Rahmenvertrages vom 5. November 1969 und wegen des Firmenaufdrucks der Beklagten auf den Konnossementen diese nur für solche der Beklagten habe halten können, außerdem der Kapitän des MS T auch ohne besondere Ermächtigung der Beklagten nach § 642 Abs. 4 HGB befugt gewesen sei, Konnossemente für diese zu zeichnen. Das alles mag zutreffen, gibt aber für die Frage, ob die Beklagte die hier in Frage stehenden Konnossemente ausgestellt hat und damit aus ihnen verpflichtet worden ist, nichts her. Insoweit kommt es nicht auf bestimmte Vorstellungen der Abladerin - um einen etwaigen Schadensersatzanspruch aus dem Frachtvertrag oder den Konnossementen geht es hier ohnehin nicht - oder auf die gesetzliche Ermächtigung des Kapitäns zur Ausstellung von Verfrachterkonnossementen an. Vielmehr ist entscheidend, für wen der Kapitän des MS T die Konnossemente tatsächlich gezeichnet hat, da es sich bei ihnen nur dann um solche der Beklagten handeln kann, wenn er sie für diese unterschrieben hat. Das ist jedoch, wie der Unterschriftszusatz ausdrücklich besagt, nicht geschehen. Vielmehr hat danach der Kapitän des MS T die Konnossemente „for and an behalf of time charterers", somit für die Zeitcharterin des Schiffes, die DS. N. V., gezeichnet, was übrigens Ziffer 46 der „Additional Clauses der C/P vom 15. November 1969 entsprach. Daß er aber irrtümlich die Beklagte für die Zeitcharterin des MS T gehalten, sie mithin in dem Unterschriftsvermerk nur falsch bezeichnet hat, hat selbst die Klägerin nicht behaupten können. Soweit das Berufungsgericht schließlich ausgeführt hat, zumindest müsse sich die Beklagte nach Treu und Glauben als Konnossementsverfrachterin behandeln lassen, weil sie sich vor Erhebung der Klage geweigert habe, der Klägerin Einsicht in die C/P vom 15. November 1969 zu geben, und es damit dieser unmöglich gemacht habe, die Zeitcharterin innerhalb der einjährigen Ausschlußfrist des Art. 3 § 6 Abs. 3 der Haager Regeln ebenfalls gerichtlich zu belangen, kann ihm schon deshalb nicht gefolgt werden, weil die Klägerin in diesem Zusammenhang noch nicht einmal hat dartun können, daß es ihr bis zum Ablauf der genannten Ausschlußfrist unmöglich war, zumindest von der Ladungsempfängerin, deren Rechte sie geltend macht, oder über diese den Namen der Zeitcharterin zu erfahren.
...“