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Leitsatz:
Läßt der Reeder bei Gelegenheit der Ausführung von sogenannten Reederarbeiten Kollisionsschäden reparieren und wird dadurch die Werftzeit des Schiffes nicht verlängert, so kann er einen Verlust, der dadurch entstanden ist, daß er das Schiff während des Werftaufenthalts nicht nutzen konnte, von dem Schädiger nicht ersetzt verlangen.
Urteil des Bundesgerichtshofes
vom 14. Juli 1976
II RZ 145/74
(Landgericht Hamburg; Oberlandesgericht Hamburg)
Zum Tatbestand:
Das bei der Klägerin versicherte MS S und das von der Beklagten bereederte MS H fuhren in einem Konvoi hinter einem Eisbrecher an erster bzw. an zweiter Stelle. Als MS S wegen einer Eisbarriere dem Eisbrecher nicht mehr folgen konnte, stieß MS H mit dem Vordersteven gegen das Heck von MS S. Beide Fahrzeuge wurden beschädigt.
Die Klägerin verlangt von der Beklagten Ersatz der erstatteten Schäden an MS S in Höhe von ca. 40 500,- DM wegen Unaufmerksamkeit und nicht rechtzeitigen Stoppens trotz gegebener Warnung.
Die Beklagte meint, daß die Kollision nur auf fehlerhaftem Verhalten von MS S beruhe, die zu spät und nicht genügend gewarnt habe. Sie rechnet mit Gegenforderungen für eigene Schiffsschäden infolge der Kollision in Höhe von ca. 34 700,- DM auf.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat sie in Höhe von etwa 3300,- DM für begründet erachtet. Sowohl die Revision der Klägerin als auch die Anschlußrevision der Beklagten wurden zurückgewiesen.
Aus den Entscheidungsgründen:
„...
Nach Ansicht des Berufungsgerichts hat die Beklagte 2/3 aller Kollosionsschäden zu tragen, wogegen die Reeder des MS S 1/3 derselben zu übernehmen hätten. Das folge daraus, daß das Verschulden der Führung des MS H doppelt so schwer wiege wie das der Führung des MS S.
...
Soweit sich die Anschlußrevision gegen diese Ausführungen wendet, berücksichtigt sie nicht genügend, daß die Abwägung der Schwere des auf beiden Seiten obwaltenden Verschuldens (vgl. § 736 Abs. 1 HGB) Sache des Tatrichters ist. Daß das Berufungsgericht hierbei einen Rechtsfehler begangen hat, vermag sie nicht aufzuzeigen.
Über die Höhe des Kollosionsschadens der Reeder des MS S besteht zwischen den Parteien nur insoweit Streit, als es um einen entgangenen Gewinn von 18 250 DM infolge Ausfalls der Chartermiete während der Wiederherstellung des Schiffes auf einer Werft in P. geht. Dort hat sich MS S vom 26. Mai bis zum 16. Juni 1970 befunden. Allerdings fordert die Klägerin entgangenen Gewinn nur für einen Zeitraum von zehn Tagen, weil während des Werftaufenthaltes auch andere Reparaturen (sog. Reederarbeiten) an MS S ausgeführt worden sind, wobei sich - nach der kontradiktorischen Schadentaxe vom 29. Juli 1970 - die Zeitspanne, um die Havarieschäden zu beseitigen, zu derjenigen, um die Reederarbeiten zu erledigen, wie 11 : 12 verhalte, wenn jede der Arbeiten für sich vorgenommen worden wäre.
Demgegenüber ist das Berufungsgericht der Ansicht, daß den Reedern des MS S durch die Beseitigung der Havarieschaden kein Gewinn entgangen sei. Nach der genannten Taxe stehe fest, daß die gesamten Arbeiten an dem Schiff zwölf Arbeitstage erfordert hätten. Ferner ergebe sich aus der Taxe, daß dieser Zeitraum schon allein für die Durchführung der Reederarbeiten benötigt worden wäre. Infolgedessen sei die Kollision für den Ausfall der Chartermiete (von täglich 1825 DM) des MS S während des Werftaufenthaltes nicht ursächlich gewesen.
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Die Revision greift diese Ausführungen im Ergebnis ohne Erfolg an:
a) In dem Besichtigungsbericht der beiderseitigen Sachverständigen vom 12. Februar 1970 über die Kollisionsschäden des MS S heißt es: „Nach Ansicht der Unterzeichneten ist die Seefähigkeit des Schiffes durch die Schäden nicht beeinträchtigt. Es ist vorgesehen, die Reparaturen gelegentlich der Werftzeit voraussichtlich im März oder April 1970 zu erledigen." Da die Worte „Reparaturen gelegentlich der Werftzeit" nicht nur für die Schadensminderungspflicht (§ 254 Abs. 2 BGB) der Reeder des MS S bedeutsam sein, sondern auch beinhalten können, daß ihnen gegen die Beklagte kein Anspruch auf Ersatz von Nutzungsfall zustehen soll (vgl. OLG Hamburg, VersR 1970, 418!419 und Wassermeyer, Der Kollisionsprozeß in der Binnenschiffahrt 4. Aufl. S. 366), stellt sich zunächst die Frage, ob letzteres der Fall und schon deshalb der streitige Anspruch der Klägerin auf anteiligen Ersatz der ausgefallenen Chartermiete unbegründet ist. Das ist zu verneinen. Zunächst steht einer solchen Bedeutung der Worte „Reparaturen gelegentlich der Werftzeit" entgegen, daß der einleitende Teil des Besichtigungsberichts vom 12. Februar 1970 die Klausel enthält: „Schuldfrage, Rechtslage und policemäßige Haftung der Versicherer werden durch diesen Besichtigungsbericht nicht berührt". Außerdem haben die beiderseitigen Sachverständigen die Formel „Reparaturen gelegentlich der Werftzeit" offenbar selbst nicht dahin aufgefaßt, daß damit jeder Anspruch der Reeder des MS S auf Ersatz von Nutzungsfall ausgeschlossen werden sollte. Das zeigt die ebenfalls von ihnen für das MS S aufgemachte Schadentaxe vom 29. Juli 1970, an deren Schluß sie eine „Aufteilung der Gesamtzeiten" vorgenommen haben, als ob die Reederarbeiten und die Reparatur der Kollisionsschäden „jedes für sich" durchgeführt worden wären. Das hatte aber nur einen Sinn, wenn der von ihnen verfaßte Besichtigungsbericht nicht von vorneherein jedweden Anspruch der Reeder des MS S gegen die Beklagte auf teilweisen Ersatz der ausgefallenen Chartermiete ausschloß. Allerdings kann aus der „Aufteilung der Gesamtzeiten" in der Schadentaxe auch nicht, wie die Revision meint, entnommen werden, daß die Sachverständigen damit den Reedern den streitigen Ersatzanspruch hätten zubilligen wollen. Dagegen spricht nicht nur, daß es in den einleitenden Sätzen der Taxe ebenfalls heißt, „Schuldfrage, Rechtslage und policenmäßige Haftung der Versicherer werden durch diese Schadentaxe nicht berührt", sondern daß die Sachverständigen, wie sich aus dem angefochtenen Urteil ergibt, weder den Auftrag noch die Volmacht hatten, selbst einen derartigen Anspruch verbindlich festzulegen.
b) Entgegen der Ansicht der Revision gibt auch das Urteil des Senats vom 7. Juni 1960 - II ZR 57/59 (VersR 1960, 902/903)1) nichts für den streitigen Ersatzanspruch her. Die Entscheidung geht - was hier nicht weiter interessiert - davon aus, daß der Schädiger dem Reeder den Gewinn zu ersetzen hat, der diesem durch eine Verlängerung der Werftliegezeit seines Schiffes infolge der Reparatur der Kollisionsschäden entgangen ist.
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Darum geht es hier jedoch nicht. Vielmehr liegt die Sache, wie 'bereits der Besichtigungsbericht vom 12. Februar 1970 verdeutlicht, so, daß die Reeder des MS S bei Gelegenheit der Ausführung von Reederarbeiten die Kollisionsschäden haben beseitigen lassen.
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c) Läßt - wie hier - der Reeder an seinem Schiff bei Gelegenheit der Ausführung von Reederarbeiten die Schäden aus einer Kollision reparieren und wird dadurch dessen Werftzeit nicht verlängert, so kann er einen Verlust, der ihm dadurch entstanden ist, daß er das Schiff während des Werftaufenthaltes nicht nutzen konnte, von dem schuldigen Kollisionsgegner nicht ersetzt verlangen, und zwar auch nicht teilweise - etwa im Verhältnis des (bei isolierter Betrachtung) zur Schadensbeseitigung einerseits und für die Reederarbeiten andererseits benötigten Zeitaufwands. Insoweit fehlt es an einem von dem Schädiger auszugleichenden Vermögensschaden des Reeders. Da er das Schiff schon wegen der den Werftaufenthalt bedingenden Reederarbeiten nicht. gewinnbringend einsetzen kann, wird seine Vermögenslage durch den Zeitaufwand für die Beseitigung der Kollisionsschäden nicht zusätzlich verschlechtert. Nur dann läge ein von dem Schädiger rechtlich zu verantwortender (vgl. Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts 1. Band: Allgemeiner Teil 11. Aufl. S. 345) Vermögensschaden des Reeders vor. Somit hat das Berufungsgericht in diesem Punkte im Ergebnis zu Recht den Ersatzanspruch der Klägerin voll abgewiesen.
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Von der Schadenersatzforderung, welche die Beklagte hilfsweise zur Aufrechnung gestellt hat, ist zwischen den Parteien ebenfalls nur der Nutzungsausfall während der Reparatur der an MS H verursachten Kollisionsschäden streitig. Diesen Ausfall hat die Beklagte auf 11 792 DM (acht Tage zu 1 474 DM) beziffert. Ihn hält das Berufungsgericht für gegeben, weil nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme feststehe, daß sich der Werftaufenthalt dieses Schiffes, das zwecks Erneuerung der Klasse Ende Mai 1970 die Werft habe aufsuchen müssen, durch die Beseitigung der Kollisionsschäden am Bug des Fahrzeugs um acht Tage verlängert habe. Daß diese Feststellung des Berufungsgerichts auf Verfahrensfehlern beruhen soll, ist nicht ersichtlich.
...“