Rechtsprechungsdatenbank

A/19/7250 - Ondernemingsrechtbank (-)
Entscheidungsdatum: 24.02.2021
Aktenzeichen: A/19/7250
Entscheidungsart: Urteil
Sprache: Deutsch
Gericht: Ondernemingsrechtbank Antwerpen
Abteilung: -

Leitsätze:

1) Leer heißt nicht gereinigt. Es ist Sache der Ladungsinteressenten zu entscheiden, ob eine Ladung mit der Vorladung kompatibel ist und ob eine Reinigung der Tanks durchgeführt werden muss.

2) Beauftragen die Ladungsinteressenten einen Surveyor mit der Besichtigung der Tanks, dann spricht dies zusätzlich dafür, dass die Entscheidung über den Reinheitsgrad beim Ladungsinteressenten liegt.

3) Kann dem ausführenden Frachtführer kein Fehlverhalten vorgeworfen werden, dann geht eine Überliegezeit zulasten des Absenders.

Urteil der Ondernemingsrechtbank Antwerpen

vom 24. Februar 2021

Rolnummer (Aktenzeichen) A/19/7250 en A/19/7693

nicht rechtskräftig

Vorbemerkung der Redaktion:

Die Handelskammer des Gerichtes in Antwerpen hatte am 14. Februar 2021 über einen Fall von Ladungsverunreinigung und daraus resultierendem Liegegeld zu entscheiden. Ich fasse den Sachverhalt wie folgt zusammen:

Der Ausführende Frachtführer H hat mit TMS »Gervais« im Auftrag des Zwischenfrachtführers A (Absender B) 1.000 metrische Tonnen grünen Diesel von Rotterdam in den Niederlanden nach Birsfelden in der Schweiz transportiert. Der Absender hatte im Frachtvertrag keine Anweisungen für eine Reinigung oder den gewünschten Reinheitsgrad gegeben. Beim Löschen in Birsfelden wurde eine Flammpunktveränderung festgestellt, die von Ladungsrückständen der Vorladung, wahrscheinlich Benzin, verursacht worden war.

Der Ladungsversicherer C und der Absender fordern als Kläger vom Zwischenfrachtführer und vom Ausführenden Frachtführer 320.000 CHF als Ersatz für den eingetretenen Ladungsschaden. Der Zwischenfrachtführer fordert vom Absender wegen Überschreitung der Löschzeit von 194 Stunden einen Betrag von 35.640,00 €.

Die Kammer für Handelssachen des Gerichts in Antwerpen hat die Schadensersatzforderung des Ladungsversicherers und Absenders zurückgewiesen und dem Zwischenfrachtführer Liegegeld i.H.v. 35.640,00 € zugesprochen.

Der Sachverhalt ist in der Entscheidung – anderes in Deutschland üblich – nur sehr kurz und summarisch wiedergegeben, es lässt sich aber erkennen, dass SGS als Surveyor im Auftrag des Absenders das Schiff besichtigt und freigegeben hat. Aus dem Urteil zitiere ich, wie unten wiedergegeben in deutscher Sprache (Kanzleiübersetzung):

»… Das Gericht stimmt A zu, dass die Verzögerung nicht auf einen Fehler von A oder H zurückzuführen ist. Deshalb ist die Rechnung für Liegeld fällig.

Der Frachtvertrag sieht die ergänzende Wirkung der TTB-Regeln (Tankschiffstransportbedingungen 2010) vor, ohne ausdrückliche Anweisungen bezüglich des Reinigens oder des gewünschten Reinheitsgrads der Ladungstanks. Das CMNI lässt Raum für die Anwendung dieser in der Binnenschifffahrt seit langer Zeit verwendeten Bedingungen.

In Übereinstimmung mit Artikel 2 dieser Bedingungen hat der Frachtführer das Schilf zur Beladung mit leer gestrippten Tanks vorzulegen. Leer heißt nicht gereinigt. Es werden bei Ankunft des Schiffes im Ladehafen in den Räumen und Leitungen auch noch begrenzte Rückstände der vorherigen Ladung vorhanden sein. Das ist auch der Grund, warum beim Zustandekommen von Befrachtungen die vorherigen drei Ladungen angegeben werden müssen, die das Schiff transportiert hat. Es ist dann Sache der Ladungsinteressenten zu entscheiden, ob die Ladung kompatibel ist mit der Vorladung und ob gegebenenfalls eine Reinigung stattfinden muss.

Das Schiff war vertragsgemäß vorgelegt worden und es war Sache der Ladungsinteressenten zu prüfen, ob es nötig war, Reinigungsinstruktionen zu geben im Hinblick auf die Kompatibilität der Ladung mit den zuvor transportierten Ladungen.

Die Entscheidung und Beurteilung, ob das Schiff den nötigen Grad von Sauberkeit hat, liegt bei dem Verlader/Ladungsinteressenten.

Dass die Entscheidung über die Reinheit der Tanks auch tatsächlich bei B lag, ergibt sich aus der Tatsache, dass diese via SGS vor dem Laden eine Inspektion vorgenommen hat. Es ist SGS, die anschließend entschieden hat, dass die Räume ausreichend sauber waren, um die fragliche Ladung zu laden, ohne dass sie zu einer visuellen Überprüfung übergegangen ist aufgrund des noch im Raum vorhandenen Gases aus der Vorladung.

Unter den gegebenen Umständen kann den Klägern nicht ernsthaft vorgehalten werden, dass der schadensursächliche Fehler und die daraus resultierende Verzögerung für Rechnung von A und H geht.

Daher ist die Rechnung von A fällig … Das Gericht … erklärt den Antrag der … B und C für zulässig aber unbegründet.«

Die vorliegende Entscheidung weist starke Parallelen zum Urteil der Rechtbank Rotterdam vom 8. April 2020, ZfB 2020, Sammlung Seite 2671 ff. auf und wird voraussichtlich in einem der nächsten Hefte von Schip en Schade veröffentlicht werden in niederländischer Sprache. Zum Themenkomplex siehe auch: Tankschiffstransporte, Ladungsschäden und CDNI, Fischer, ZfB, Sammlung Seite 2676 f.

Rechtsanwalt Dr. Martin Fischer
Frankfurt am Main

Ebenfalls abrufbar unter ZfB 2021 - Nr. 6 (Sammlung Seite 2707); ZfB 2021, 2707