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Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschiffahrt
Urteil
vom 12.07.1978
auf Berufung gegen das Urteil des Rheinschifffahrtsgerichts Strassburg vom 12. Juli 1978 - IE 1508/77 -
Es wird Bezug genommen auf:
- die am 5. Mai 1977 in der Staatsanwaltschaft des Rheinschifffahrtsgerichts bewirkte Vorladung, die dem Betroffenen am 10. Juni 1977 in seinem Wohnsitz zugestellt worden ist.
- das nicht zugestellte Urteil des Rheinschifffahrtsgerichts Strassburg vom 12. Juli 1978, mit dem der Betroffene zu Geldbussen von 300 und 200 Francs wegen Verstoß gegen die Vorschriften über die allgemeine Sorgfaltspflicht eines Schiffsführers zur Vermeidung von Beschädigungen anderer Fahrzeuge (§ 1.04 RhSchPVO) bzw. wegen Nichtbeachtung der Anti-Wellenschlag-Flagge (§ 3.05 RhSchPVO) verurteilt worden ist.
- die Berufungsschrift des Betroffenen vom 12. Juli 1978 sowie die Berufungsbegründung der Verteidigung, die dem Rheinschifffahrtsgericht Strassburg am 8. August 1978 zugegangen sind 5
- die Berufungserwiderung der Staatsanwaltschaft vom 11. August 1978;
- das am 24. Januar 1979 von der Berufungskammer gefällte Zwischenurteil, mit dem die Einrede der Nichtigkeit der dem Betroffenen zugestellten Vorladung zurückgewiesen wurde und das zu dem Urteil führte, gegen das Berufung eingelegt wurde.
- die Gerichtsakten IE 1508/77, die der Berufungskammer vorlagen.
Zur Sache:
Bezüglich der Tatsachen, die der Beschuldigung zugrunde liegen, verweist die Berufungskammer auf das erstinstanzliche Urteil vom 12. Juli 1978 sowie auf das Zwischenurteil der Berufungskammer vom 24. Januar 1979, die beide in dieser Sache ergangen sind.
Die Berufungskammer vertritt wie der erstinstanzliche Richter die Auffassung, den Gerichtsakten sei zu entnehmen, dass das Schleppboot "FL" des Rheinschifffahrtsdienstes, das ein Transportschiff T 13 sowie ein Rettungsboot längsseits gekuppelt mitführte, am 22. September 1976 bei Rhein-km 332,400 Bauarbeiten an den Radartonnen durchführte und an seinem Mast die Anti-Wellenschlagflagge gesetzt hatte. Gegen 11 Uhr 30 erschien, zu Berg fahrend, das vom Beschuldigten geführte Passagierschiff "B", das seine Fahrt trotz der Anti-Wellenschlag-Flagge nicht verlangsamt hat. Infolge der Vorbeifahrt der "B" und des dadurch hervorgerufenen Wellenschlags ist das Rettungsboot beschädigt worden, ein Nylonkabel zerriss und große Mengen Wasser strömten in das Transportschiff ein. Der Beschuldigte hat bei seiner Vernehmung durch die Wasserschutzpolizei ausgesagt, er gebe zu, "für diese Begegnung keine besonderen Vorsichtsmassregeln getroffen zu haben" und "jedenfalls seine Fahrt nicht verlangsamt zu haben".
Dadurch dass er seine Fahrt nicht verlangsamte, dadurch dass er sich ohne besondere Vorsichtsmassnahmen einem Fahrzeug näherte, das eine Anti-Wellenschlag-Flagge zeigte, hat sich der Betroffene eines Verstoßes gegen § 6.20 RhSchPVO schuldig gemacht, der in Nr. 1 Absatz 1 vorschreibt "Fahrzeuge müssen ihre Geschwindigkeit so einrichten, dass Wellenschlag oder Sogwirkungen, die Schäden an stilliegenden oder in Fahrt befindlichen Fahrzeugen oder Schwimmkörpern oder an Anlagen verursachen könne, vermieden werden". Dieser Verstoß wird durch Art. 32 der Revidierten Rheinschifffahrtsakte geahndet.
Da es sich um ein und dieselbe strafbare Handlung handelt, vertritt die Berufungskammer in Gegensatz zum Rheinschifffahrtsgerichte Auffassung, dass allein dieser Anklagepunkt zu berücksichtigen ist und die von diesem. Gericht berücksichtigten §§ 1.04 und 3.05 nicht als Grundlage für die Verurteilung heranzuziehen sind.
Nach Prüfung dieser Sache in allen Einzelheiten glaubt die Berufungskammer, das Verschulden des Beschuldigten durch eine Verurteilung zu einer Geldbusse von 200 Francs angemessen bestrafen zu müssen.
Demgemäß erklärt die Berufungskammer die Berufung des Betroffenen
für teilweise begründet,
- ändert das Urteil des Rheinschifffahrtsgerichts Strassburg vom 12. Juli 1978,
- erklärt, dass der Betroffene sich einer Verletzung von § 6.20 Nr. 1 Absatz 1 RhSchPVO schuldig gemacht hat undverurteilt ihn daher zu einer Geldbusse von 200 Francs,
- auferlegt dem Betroffenen 2/5 der Verfahrenskosten beider Instanzen,
- erklärt, dass die Feststellung dieser Kosten gemäß Art. 39 der Revidierten Rheinschifffahrtsakte vom Rheinschifffahrtsgericht Strassburg erfolgt.