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94 Z - 21/79 - Berufungskammer der Zentralkommission (-)
Entscheidungsdatum: 19.04.1978
Aktenzeichen: 94 Z - 21/79
Entscheidungsart: Urteil
Sprache: Deutsch
Gericht: Berufungskammer der Zentralkommission Straßburg
Abteilung: -

Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschiffahrt

Urteil

vom 19.04.1978

Tatbestand:

Am 10. April 1973 kam es auf dem Rhein zu einem Zusammenstoß zwischen den beiden Motorschiffen:

- „H“, in den Niederlanden beheimatet, dessen Eigner „B“ ist und das eine Tragfähigkeit von 775 Tonnen besitzt.

- „HA“, in der Schweiz beheimatet, dessen Eignerin die REEDEREI „Z“ ist und das eine Tragfähigkeit von 1.297 Tonnen besitzt.

Die "„H“", die Kies geladen hatte, wurde beschädigt und sank fast unmittelbar darauf quer im Fahrwasser, wodurch der Schiffsverkehr zum Erliegen kam.

Da in diesem Prozess die Verantwortung für den Unfall nicht zur Debatte steht, brauchen die Umstände des Zusammenstoßes nicht untersucht zu werden.

Feststeht, dass nach dem Unfall das Berufungsgericht Colmar, das als Rheinschifffahrtsobergericht erkannte, mit Urteil vom 5. Juni 1974, „V“, der die „HA“ verantwortlich führte, zu einer Geldbuße von 600 Frs verurteilte, wobei dem Angeklagten vorgeworfen wurde, die ihm obliegende Sorgfaltspflicht (Rheinschifffahrtspolizeiverordnung 1.04) verletzt und es als Bergfahrer unterlassen zu haben, dem Talfahrer einen angemessenen Weg freizulassen (Verletzung der § 6.03 und 6.22 derselben Verordnung). Gegen Schiffsführer und Reeder der „H“ wurde keinerlei Klage erhoben. Das gesunkene Fahrzeug befand sich auf französischem Hoheitsgebiet, sodass es Angelegenheit der französischen Verwaltung war, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen. Der Schifffahrtsdienst Strassburg hat unmittelbar nach dem Unfall Vorkehrungen getroffen, um den Schiffsverkehr wiederherzustellen, indem er zwei provisorischen Fahrrinnen ausbaute, die unter gewissen Umständen die Vorbeifahrt von Berg- und Talfahrt erlaubten. Da es sich hierbei jedoch um nur unsichere Maßnahmen handelte, musste das Wrack der „H“ so schnell wie möglich aus dem Flussbett entfernt werden, um der Gefahr weiterer Unfälle vorzubeugen. Der Schifffahrtsdienst Strassburg forderte den Eigentümer der „H“ auf, das Schiffswrack zu heben. Der Eigentümer erklärte, dass er materiell nicht in der Lage sei, die Kosten für die Beseitigung des Schiffswracks ganz oder teilweise zu übernehmen, und dass er seine Rechte als Eigentümer aufgebe.In Anbetracht des Verzugs des Eigentümers der „H“ und der Dringlichkeit der Arbeiten hat der Schifffahrtsdienst alles Erforderliche getan und das Wrack beseitigen lassen. Die Kosten hierfür betrugen mehr als 1.000.000,- F.

Durch erstinstanzliche Klage vom 10.1.1974 ließ der FRANZÖSISCHE STAAT Herrn „B“ vor das Rheinschifffahrtsgericht Strassburg laden, um den Beklagten auf Zahlung der aus einer Aufstellung hervorgehenden Kosten für die zur Wiederherstellung der Schiffbarkeit erforderlichen Arbeiten an den FRANZÖSISCHEN STAAT zu verklagen; er beantragte, dass der Beklagte auch zu den Kosten des Verfahrens verurteilt und das Urteil für vollstreckbar gegen Hinterlegung einer Sicherheitsleistung erklärt werde.

Durch erstinstanzliche Klage vom 9.7.1974, genannt "Vorladung zur Streithilfe", ließ der FRANZÖSISCHE STAAT die REEDEREI „Z“ AG vor eben dieses Gericht laden, um sie gemeinsam mit Herrn “B“ und "in solidum" zur Zahlung des Betrags von 1.000.000,- Francs oder eines Betrags darüber oder darunter, je nachdem wie er nach Abschluss der Arbeiten festgelegt werden könne, an den FRANZÖSISCHEN STAAT und gemeinsam und "in solidum" zu den Kosten verurteilen Sowie das Urteil gegen Sicherheitsleistung für vollstreckbar erklären zu lassen.

Durch erstinstanzliche Klage vom 5.12.1974, genannt "Streitverkündung", ließ Herr “B“ die REEDEREI „Z“ AG und Herrn „V“ darauf verklagen, ihn vor jeglicher Verurteilung in der Hauptklage, von Zinsen und Kosten, zu deren Zahlung an den FRANZÖSISCHEN STAAT er verpflichtet werden könne, zu bewahren und zwar gemeinsam hilfsweise "in solidum" sowie die Kosten des "Streitverkündungsverfahrens" zu tragen. Ferner solle das Gericht bestätigen, dass der FRANZÖSISCHE STAAT auf alle Fälle zur Tragung der Gerichtskosten verpflichtet sei. Das Urteil solle durch Sicherheitsleistung, gegebenenfalls mittels Kaution, für vollstreckbar erklärt werden.

Durch erstinstanzliche Klage vom 24.12.1974 hat die REEDEREI „Z“AG Herrn“B“ und der VERENIGING „NN“ den  Streit verkündet und sie darauf verklagen lassen, die REEDEREI „Z“ AG gemeinsam, hilfsweise "in solidum", vor jeglicher Verurteilung in der Hauptklage, sowie vor Zahlung von Zinsen und Gerichts« kosten,zu der sie gegebenenfalls dem FRANZÖSISCHEN STAAT gegenüber verpflichtet werden könne zu bewahren, und die Kosten des Streitverkündungsverfahrens zu tragen, den FRANZÖSISCHEN STAAT aber auf jeden Fall zur Tragung der Kosten der Streitverkündung zu verurteilen und das Urteil durch Sicherheitsleistung, gegebenenfalls mittels Kaution, für vollstreckbar zu erklären.
 
Durch Antrag vom 9.4.1975 hat Herr “B“ Wiederklage erhoben und den FRANZOSISCHEN STAAT auf Zahlung einer Summe von 5.000,- Francs als Schadensvergütung plus 6 %  Zinsen, gerechnet vom Zeitpunkt der Vorladung an, verklagt und beantragt ihn zur Tragung aller Gerichtskosten zu verurteilen und das Urteil für vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung, gegebenenfalls mittels Kaution, zu erklären. Durch Antrag vom selben Tage hat die REEDEREI „Z“ A.G. die gleiche Widerklage  gegen den FRANZÖSISCHEN STAAT erhoben.

Am 7.5.1975 hat das Rheinschifffahrtsgericht von Strassburg in öffent-licher Verhandlung und nach Anhörung beider Parteien für Recht erkannt:

- „B“ wird verurteilt, dem FRANZÖSISCHEN STAAT die Kosten zu erstatten, die infolge des Verlustes der „H“ durch die zur Wieder-herstellung der Schiffbarkeit erforderlich gewordenen Ausbauarbeiten entstanden sind,

- die Widerklage “B“s wird zurückgewiesen;

- die Entscheidung bezüglich des Betrags und der Streitverkündung an die REEDEREI „Z“ A.G. wird vorbehalten 5

- der Termin für die Fortsetzung der Verhandlung wird auf den 4.6.1975 anberaumt.

Am 13.6.1975 hat Herr „B“ Berufung gegen dieses Urteil vom 7.5.1975 eingelegt und ausdrücklich erklärt, die Zentral-kommission solle darüber entscheiden.

Mit Klageschrift vom 7.10.75 hat die REEDEREI „Z“ A.G., die vom FRANZÖSISCHEN STAAT in erster Instanz herangezogen worden ist, ihre Absicht kundgetan, im Berufungsverfahren als Streithelferin aufzutreten.

Mit Schriftsatz vom 17.11.75 trat die REEDEREI „Z“ A.G. als Streithelferin auf, dadurch, dass sie die Vorladung zur mündlichen Verhandlung in diesem Verfahren vor der Berufungskammer forderte und sowohl zum Verfahren als auch zur Sache Bemerkungen vortrug.

Der Berufungskläger “B“ widersetzte sich dieser Beteiligung am Rechtsstreit, indem er bei der Berufungskammer beantragte, die Anträge der REEDEREI „Z“ A.G. "de piano" für unzulässig zu erklären.


Mit ihrer Verfügung vom 15.1.76 hat die Berufungskammer zur Hauptsache erklärt:

- dass sie die Beteiligung der REEDEREI „Z“A.G. am Berufungsverfahren gemäß Art. 13 der Verfahrensordnung gestatte und deren Eigenschaft im Urteil, das in der Sache zu fällen sei, bestimmen werde,

-dass die REEDEREI „Z“A.G. in der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz angehört werden solle.
 
Mit Urteil vom 22.11.76 hat die Berufungskammer, die in der Berufung des Herrn „B“ entschied erklärt, dass das Rheinschifffahrtsgericht Strassburg nicht zuständig sei für die mit Klageschrift vom 10.1.74 erhobene Klage des FRANZÖSISCHEN STAATES" gegen Herrn „B“ und daher das Urteil des Rheinschifffahrtsgerichts Strassburg vom 7.5.75 aufgehoben.

Die Berufungskammer stellt fest, dass aufgrund von § 1.13 der Rheinschifffahrtspolizeiverordung der Schiffsführer verpflichtet sei, festgefahrene oder gesunkene Fahrzeuge zu beseitigen. Diese objektive Pflicht bestehe ohne Rücksicht darauf, ob ein Verschulden des Schiffsführers vorliege oder nicht. Die auf einer solchen Forderung basierende Klage stehe in keinerlei Verbindung zu Art. 34/ll/c der Mannheimer Akte, so dass die Rheinschifffahrtsgerichte nicht dafür zuständig seien.

Am 19.4.78 hat das Rheinschifffahrtsgericht Strassburg sein Urteil gefällt:

a) über die Klage auf Einbeziehung in ein Verfahren, die mit Schriftsatz vom 15.7.74 vom FRANZÖSISCHEN STAAT gegen die REEDEREI „Z“A.G. mit der Forderung eingelegt worden ist, dass diese gemeinsam und gesamtschuldnerisch mit Herrn „B“ verurteilt werde, an den FRANZÖSISCHEN STAAT den Betrag von 1.000.000 oder eine höhere oder niedrigere Summe, die nach endgültigem Abschluss der Arbeiten festgesetzt werden könne, zu zahlen und

b) über die Widerklage der REEDEREI „Z“A.G., mit der beantragt wird, den FRANZÖSISCHEN STAAT dazu zu verurteilen, an die Streithelferin und Widerklägerin als Schadensersatz den Betrag von 5.000,- Francs nebst 6 % Zinsen vom Tage der Vorladung an zu zahlen und ihn zu den Kosten des Verfahrens zu verurteilen.

Das Gericht, das öffentlich, kontradiktorisch und in erster Instanz entschied erkannte für Recht:

A. Zur Nebenintervention gegen die REEDEREI „Z“A.G.

- Die Klage des FRANZÖSISCHEN STAATES ist unzulässig.

- der FRANZÖSISCHE STAAT wird zu den Kosten des Verfahrens verurteilt.

B. Zur Widerklage:

- Der FRANZÖSISCHE STAAT wird verurteilt, an die REEDEREI „Z“AG, Widerklägerin, den Betrag von 2.000,- Francs nebst gesetzlichen Zinsen vom Tag des Urteils an zu bezahlen.

- der FRANZÖSISCHE STAAT wird zu sämtlichen Kosten der Widerklage verurteilt.
 
Gründe:

A. - Zulässigkeit der Klage des FRANZÖSISCHEN STAATES.

- Die Zulässigkeit einer Klage auf Einbeziehung in ein Verfahren wird auf der Grundlage der Rechtsnormen beurteilt, die im Zeitpunkt, in dem das Gericht mit dieser Klage befasst wird,

- in diesem Fall dem 15.7.1974, - gelten;

- zu dieser Zeit galt für das Zivilverfahren und insbesondere für den Beitritt zu einem laufenden Prozess, noch die lokale Zivilprozessordnung die durch bestimmte, mit dem Gesetz vom 1.6.24 eingeführte Normen des französischen Rechts ergänzt wurde;

- der Gesetzgeber von 1924 hat die Artikel 64 bis 71 der lokalen ZPO für die Hauptintervention und die Nebenintervention beibehalten, hat aber die Streitverkündigung der Artikel 72 bis 77 der lokalen ZPO aufgehoben;

- anstelle der Streitverkündigung hat der Gesetzgeber von 1924 die in den Artikeln 181 bis 185 der französischen ZPO vorgesehene Garantieklage sowie die Drittwiderspruchsklage nach den Art. 474 bis 479 derselben Ordnung eingeführt;

- nach der ZPO gibt es für eine Partei um ihre Interessen zu vertreten außer der Garantieklage keine andere Möglichkeit, einen nicht bereitwilligen Dritten zum Beitritt zu einem Verfahren zu zwingen;

- um diesen Nachteil auszugleichen, haben die Doktrin und die Rechtsprechung der Gerichte des Alten Frankreichs den Parteien die Möglichkeit eingeräumt, so zum gleichen Ergebnis zu kommen, dass sie den Antrag auf ein gemeinsames Urteil stellen. Hiermit soll das Urteil in der laufenden Sache auch für eine Person gelten, die, sofern sie nicht Prozesspartei war, später die beschränkte Rechtskraftwirkung zwischen den Parteien einwenden oder sogar die Initiative ergreifen kann, dieses Urteil durch eine Drittwiderspruchsklage anzugreifen;

- nach der lokalen Rechtsprechung hatte, der Gesetzgeber von 1924 auch die Absicht, in den elsässischen und lothringischen Departements die Rechtsprechung in Kraft zu setzen, die sich im Alten Frankreich bezüglich des Antrags eines Dritten auf gemeinsame Aburteilung durchsetzte;

- die lokale Rechtsprechung ist nicht weitergegangen und hat nicht die Möglichkeit eingeräumt im Verlaufe eines Verfahrens einen Antrag auf Einbeziehung in ein Verfahren zu stellen? hiermit soll nicht nur ein gemeinsames Urteil, sondern, wie das für den Antrag des FRANZÖSISCHEN STAATES der Fall ist, eine gemeinsame und gesamtschuldnerische Verurteilung eines Dritten und des Prozessbeklagten erreicht werden.

B. - Widerklage:


- es erscheint ungerecht, der REEDEREI „Z“ A.G. die für ihre Verteidigung ausgegebenen und in den Gerichtskosten nicht enthaltenen Summen allein aufzuerlegen.

- gemäß Art. 400 der neuen ZPO hält das Gericht es für angebracht, dem FRANZÖSISCHEN STAAT einen Betrag von 2.000 Francs aufzuerlegen

Mit Berufungsschrift vom 23.5.78, deren; Original in der Kanzlei hinterlegt worden ist, hat der FRANZÖSISCHE STAAT Berufung gegen dieses Urteil eingelegt und ausdrücklich erklärt, dass er die Berufungskammer bei der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt in Strassburg anrufe.


DER FRANZÖSISCHE STAAT hat folgende Anträge gestellt:

- Beliebe es der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt:

- das Urteil des Rheinschifffahrtsgerichts vom 19.4.78 aufzuheben.

- die Klage des FRANZÖSISCHEN STAATES gegen die REEDEREI „Z“A.G. für zulässig zu erklären.

- die Beklagte dazu zu verurteilen, dem Kläger einen Betrag von 1.287.335,16 Francs, zuzüglich gesetzlicher Zinsen vom 10.4.73 an, zu zahlen.

- der REEDEREI „Z“A.G. die Kosten beider Instanzen aufzuerlegen.

Gründe:

a) in der Berufungsschrift vom 23.5.78:

- nach Art. 36 der Mannheimer Akte soll das Verfahren bei den Rheinschifffahrtsgerichten ein möglichst einfaches und beschleunigtes sein.

- aufgrund der mit Gesetz von 1924 beschlossenen Aufhebung der Bestimmungen über die Einbeziehung in ein Verfahren ist es dem Gericht nicht untersagt, die Zulässigkeit einer Streitverkündigung festzustellen.

Sobald eine Partei berechtigt ist, in einer Instanz einzugreifen, besitzen die Prozessparteien nach einer ständigen Rechtsprechung ein korrelatives Recht, sie sogar gegen ihren eigenen Willen in diese Instanz einzubeziehen.
 
Die REEDEREI „Z“A.G, hat mit ihrem eigenen Antrag vom 7.10.75 auf Einbeziehung in das Berufungsverfahren von Herrn „B“ gegen das Urteil vom 7.5.75 des Rheinschifffahrtsgerichts STRASSBURG die Existenz eines solchen Rechts anerkannt;

nach ständiger Rechtsprechung ist die Streitverkündigung zulässig, wenn der Gläubiger zunächst gegen nur einen der Mitschuldner klagt und dann die anderen Mitschuldner in das Verfahren einbezieht, damit für den einen das gleiche entschieden wird wie für den anderen;

die Verbindung zwischen den beiden Klagen des FRANZÖSISCHEN STAATES gegen „B“ und die REEDEREI „Z“A.G. kann nicht ernstlich bestritten werden;

somit ist die Klage des FRANZÖSISCHEN STAATES gegen die REEDEREI „Z“A.G. für zulässig zu erklären und über die Sache dem Grunde nach zu entscheiden;

die REEDEREI „Z“ AG haftet für das Verschulden ihres Angestellten "V" der vom Appelationsgerichtshof Colmar wegen Verstoß gegen § 1.04 der Rheinschifffahrtspolizeiverordnung verurteilt worden ist.

Mit seinem im Plädoyer erneut aufgegriffenen Schriftsatz:

- die Verfahrensregeln der neuen ZPO gelten nach einheitlicher und ständiger Rechtsprechung und Doktrin unmittelbar. Die in den Art. 4 und 5 vorgesehenen Ausnahmen gelten nicht für die Art. 331 bis 338, die die Einbeziehung in ein Verfahren betreffen.

- eine Klage auf Einbeziehung in ein Verfahren muss nicht unbedingt auf identischen Tatbeständen und auf ein und demselben Rechtsgrund beruhen, sondern es genügt, wenn eine Verbindung zwischen den Tatbeständen besteht, auf die sich die Hauptklage und die Interventionsklage gründen.

- die Klage ist nicht verjährt, denn hier kommt nicht die straf rechtliche Verjährung, sondern die Verjährung des Rechts der Haftungsklage zur Anwendung, die vor Ablauf des Jahres  nach Auftreten des Schadens zu unterbrechen ist.
 
DIE REEDEREI „Z“A.G. hat folgende Anträge gestellt:

- Beliebe es der Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt:

- auf Berufung des FRANZÖSISCHEN STAATES hin die Berufung des FRANZÖSISCHEN STAATES zurückzuweisen.

- das Urteil a quo zu bestätigen

- hilfsweise:

- die Klage des FRANZÖSISCHEN STAATES für verjährt zu erklären

- hilfsweise:

- die Klage für unbegründet zu erklären

- den Antrag des FRANZÖSISCHEN STAATES auf Schadenersatz in jedem Falle abzulehnen

- den FRANZÖSISCHEN STAAT zu den Kosten des Hauptverfahrens zu verurteilen.

- auf die Anschlussberufung der REEDEREI „Z“ A.G. hin

- den FRANZÖSISCHEN STAAT zu verurteilen, an die REEDEREI

„Z“ A.G. in Anwendung von Art. 700 der neuen ZPO den Betrag von 10.000 Francs oder jeden anderen vom Gerichtshof festgelegten Betrag mit gesetzlichen Zinsen vom Tag der Urteilsverkündung an  zu zahlen.

- den FRANZÖSISCHEN STAAT zu sämtlichen Kosten der Widerklage zu verurteilen, soweit erforderlich, als zusätzlichen Schadensersatz.

Folgende Gründe können angeführt werden:

a) zur Zulässigkeit der Klage:

- die beiden Klagen des FRANZÖSISCHEN STAATES haben eine völlig unterschiedliche Rechtsgrundlage; die Klage gegen Herrn „B“ beruht auf der Verletzung einer objektiven Pflicht des Eigentümers eines gesunkenen Fahrzeugs; die gegen die REEDEREI „Z“ A.G. auf der Verschuldenshaftung und somit dem Verschulden des Schiffsführers.

- das Gericht, das für die Hauptklage gegen „B“ nicht zuständig ist, muss die Interventionsklage, die sich an diese Hauptklage anschloss, für unzulässig erklären.
 
- die vom Vorderrichter festgehaltenen Gründe für die Unzulässigkeit sind durchaus stichhaltig.

- das Verfahren bleibt ein Element zum Schutze der Gerichtsbarkeit Unterworfenen. Art. 36 der Mannheimer Akte ist nicht von diesem Grundsatz abgewichen.

- Zwischen den beiden Klagen besteht keine Verbindung.

b) zur Verjährung:

- nach Art. 10 des Strafgesetzbuches untersteht die Zivilklage, selbst wenn sie unabhängig von der öffentlichen Klage geführt wird, jedes Mal dann der Verjährungsfrist der öffentlichen Klage, wenn die Schadenshandlung einen strafrechtlichen Verstoß darstellt.

c) zur Sache:

- der vom FRANZÖSISCHEN STAAT behauptete Schaden steht in keinem ursächlichen Verhältnis zum Verschulden des Angestellten der REEDEREI „Z“ A.G.

d) zur Anschlussberufung

- die Berufung des FRANZÖSISCHEN STAATES sowie seine Interventionsklage sind vermessen und haben der REEDEREI „Z“ AG Schaden zugefügt. Diese hat das Recht, Wiedergutmachung dieses Schadens nach Art. 700 der neuen ZPO zu fordern.

Entscheidungsgründe:

A. Hauptberufung

1. Die Berufung, die der FRANZÖSISCHE STAAT, Berufungskläger, Streithelfer, am 23.5.78 bei der Zentralkommission, der Rheinschifffahrt eingelegt hat, ist formgerecht und entspricht den Bestimmungen der Mannheimer Akte.

2. Der FRANZÖSISCHE STAAT hat Berufung gegen ein Urteil eingelegt, mit dem über die Zulässigkeit einer Klage auf Einbeziehung in ein Verfahren entschieden wurde und das lediglich gemäß dem französischen Gesetz über das Zivilverfahren, dem lokalen Gesetz, das im Zeitpunkt der Geschehnisse in den zwei elsässischen und dem lothringischen Departement galt, und der nationalen und lokalen Rechtsprechung gefällt wurde. Der Berufungskläger macht darüber hinaus die neue ZPO geltend, die seiner Ansicht nach am 1. Januar 1977, das heißt bevor das angefochtene Urteil gefällt worden ist, in Kraft getreten ist. Der Berufungskläger hat dieses rein technische Problem nicht unterbreitet und sich in der Berufungsinstanz nicht nur auf die Prinzipien des französischen Rechts gestützt, sondern hat es vorgezogen, seine Berufung bei der Berufungskammer der Zentralkommission einzulegen, in der er in erster Linie Art. 36 der Mannheimer Akte geltend macht, der u. a. bestimmt: "Das Verfahren bei den Rheinschifffahrtsgerichten soll ein möglichst einfaches und beschleunigtes sein." Der Berufungskläger scheint damit zum Ausdruck bringen zu wollen, dass seine Klage auf Einbeziehung in ein Verfahren vielleicht nach den Grundsätzen des französischen oder lokalen Rechts betreffend das Zivilverfahren unzulässig ist, weil sie die Verjährungsfristen nicht beachtet, dass sie aber nach Art. 36 der Mannheimer Akte für zulässig erklärt werden müsse, da dieser Artikel dem der Gerichtsbarkeit Unterworfenen in Bezug auf das Verfahren uneingeschränkte Freiheit lasse. Voraussetzung sei lediglich, dass das Verfahren ein möglichst einfaches und beschleunigtes ist. Eine solche Denkweise ist eine falsche Beurteilung der Grundsätze des Verfahrensrechts sowie des Wortlauts und Geistes der Mannheimer Akte. Niemand kann sich selber richten. Der der Gerichtsbarkeit Unterworfene, der sein materielles Recht vor einer Gerichtsinstanz geltend macht, hat die formellen Rechtsnormen der Zivilprozessordnungen zu beachten, die bei dieser Instanz zur Anwendung kommen. Solche Normen sind also unbedingt erforderlich, um den der Gerichtsbarkeit Unterworfenen die Möglichkeit zu geben, ein Verfahren einzuleiten und die Rechte der Verteidigung sicherzustellen. Jede Gerichtsinstanz hat ihre eigenen Verfahrensregeln. Obwohl sie in den einzelnen Unterzeichnerstaaten nicht gleich sind, begründen sie ein formelles Recht, das die der Gerichtsbarkeit Unterworfenen kennen können und das die Einhaltung ihrer Rechte gewährleistet. Die Mannheimer Akte sieht keine besonderen Verfahrensregeln für die Rheinschifffahrtsgerichte vor, deren Existenz sie in Art. 33 bekräftigt. Daraus ist zu schließen, dass bei diesen Gerichten das nach dem nationalen Gesetz vorgesehene Verfahren anzuwenden ist.

Eine derartige Schlussfolgerung entspricht dem Geist der Mannheimer Akte, denn:

- Art. 37 sieht eine zweifache Berufungsmöglichkeit vor: entweder bei der Zentralkommission (Art. 43) oder beim Obergericht des Landes, in dem das Urteil a quo gefällt worden ist (Art. 38).
 
Die Akte enthält für die Berufung kein Einheitsverfahren, sondern lediglich besondere Vorschriften für das Verfahren bei der Zentralkommission und bestimmt sogar, dass die Zentralkommission die Verfahrensordnung der Berufungskammer aufstellt (Art 45 ter). Für die Berufung bei dem nationalen Obergericht finden für das Verfahren laut Akte die geltenden Landesgesetze Anwendung. (Art. 38).

- Ist ein Gesetzeskonflikt zu befürchten, dann sieht die Akte die Anwendung der nationalen Verfahrensregeln vor (Art. 37 und 40)

- In Art. 31 der Verfahrensordnung der Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt heißt es:

"Soweit die Revidierte Rheinschifffahrtsakte und diese Verfahrensordnung keine Bestimmungen enthalten, kann die Berufungskammer ergänzend die Vorschriften der Verfahrensordnung des Gerichts erster Instanz anwenden."

Durch die Billigung von Art. 36 der Mannheimer Akte haben die Unterzeichnerstaaten nicht auf die Anwendung des nationalen formellen Verfahrensrechts durch und bei den Rheinschifffahrtsgerichten verzichten wollen. Sie wollten lediglich verhindern, dass das für Rheinschifffahrtsachen geltende Verfahren bei diesen Gerichten sowohl in erster Instanz wie in der Berufungsinstanz nicht ein möglichst einfaches und beschleunigtes sei. Außerdem enthält dieser Artikel Bestimmungen, die den der Gerichtsbarkeit Unterworfenen das Geltendmachen ihrer Rechte erleichtert und ausdrücklich den Inhalt der Urteile vorschreibt, um so von der Form her eine gewisse Einheitlichkeit der Entscheidungen zu erreichen ohne Rücksicht auf das formale Recht, das dazu angewandt worden ist.

Das auf Art. 36 der Mannheimer Akte gestützte Argument ist also nicht begründet und muss zurückgewiesen werden.

3. Der Berufungskläger bestreitet, dass die Zulässigkeit einer Klage auf Einbeziehung in ein Verfahren nach den Rechtsnormen zu beurteilen ist, die zu dem Zeitpunkt gelten, in dem das Gericht mit dieser Klage befasst wird, d.h. in diesem Fall am Tage des Eingangs der Anträge in der Gerichtskanzlei, nämlich am 15.7.74, wie vom Vorderrichter beschlossen worden ist. Er behauptet, dass die neue ZPO am 1. Januar 1977 in den ostfranzösischen Departements in Kraft getreten ist und dass ihre sofortige Anwendung mit Erlass 75-1123 vom 5.12.75 bestätigt ist, mit dem die neue ZPO in Kraft gesetzt wurde. In diesem Erlass wird ausdrücklich bestimmt, dass die Art. 33 bis 52 und 339 bis 366 der neuen ZPO nur bei Klagen zur Anwendung kommen, die nach Inkrafttreten der neuen ZPO eingeleitet werden, was eine Ausnahme vom Grundsatz der sofortigen Anwendung darstellt und gleichzeitig dessen Bedeutung genau bestimmt. Der Berufungskläger hat daraus umgekehrt gefolgert, dass die Art. 331 bis 338 der heuen ZPO, die die Einbeziehung in ein Verfahren betreffen, von der Ausnahmeregelung der Art. 4 und 5 des Erlasses Nr. 75-1123 vom 5.12.75 nicht betroffen sind.
Mit dieser These will der Berufungskläger zeigen, dass der Vorderrichter seine Klage auf Einbeziehung in ein Verfahren hätte für zulässig erklären müssen, denn

a) als der Vorderrichter das Urteil verkündet hat, d.h. am 19.4.1978 war die neue ZPO bereits in Kraft;
b) der französische Staat hat nach dem 1. Januar 1977, Zeitpunkt der Inkraftsetzung der neuen ZPO, an der Gerichtsschranke die Einbeziehung beantragt, und die Zulässigkeit muss auf der Grundlage der damals geltenden neuen ZPO beurteilt werden.

Grundlegend und wichtig an dieser These ist, dass der Berufungskläger behauptet, dass die mit Klageschrift vom 9.7.1974 eingelegte Klage eine Interventionsklage ist:

- er erklärt es ausdrücklich in dieser Klageschrift;

 er bestätigt es in allen Schriftsätzen, die er in erster Instanz und in der Berufungsinstanz vorgelegt hat;

- er weist in seiner letzten Berufungsschrift auf die Anwendung der Art. 331 bis 338 der neuen ZPO hin, die für die Einbeziehung in ein Verfahren gelten.

4. Der Vorderrichter, der die Anwendung der neuen ZPO ablehnt, stellt fest, dass nach der lokalen Rechtsprechung eine Klage auf Einbeziehung in ein Verfahren zulässig wäre, mit der ein gemeinsames Urteil erreicht und bewirkt werden solle, dass das Urteil in dem anhängigen Verfahren für eine Person gelte, die, sofern sie nicht Prozesspartei ist, später die beschränkte Rechtskraftwirkung geltend machen oder sogar die Initiative ergreifen könnte, dieses Urteil durch Drittwiderspruchslage anzufechten. Der Berufungsbeklagte, der dasselbe Recht geltend macht, führt darüber hinaus an, dass das lokale Verfahren die Klage auf Einbeziehung in einen Rechtstreit nicht vorsieht, dass aber ein Kläger tatsächlich die Möglichkeit hat, im Verlaufe eines Verfahrens in dieses Verfahren eine andere als die zuvor angesprochene Partei einzubeziehen, um gegen sie gleichgerichtete Anträge zu stellen. Voraussetzung dabei ist, dass die Klage denselben Gegenstand und dieselbe Grundlage hat. Obwohl diese Bedingung nach Art, 331 der neuen ZPO nicht ausdrücklich vorgesehen ist, behauptet der Berufungskläger, dass es ausreiche, wenn eine Verbindung zwischen den Tatbeständen bestehe, die der Hauptklage und der Interventionsklage zugrunde liegen. Er weist darauf hin, dass es für das Rheinschifffahrtsgericht von Interesse sei, sich mit zwei Klagen in einem Rechtsstreit zu befassen. Wenn er, so fügt er hinzu, seine Klage gegen die Reederei ZURICH A.G. getrennt eingelegt hätte, dann hätte das Rheinschifffahrtsgericht im Interesse einer guten Rechtspflege die Verbindung beider Rechtssachen feststellen müssen, um mit ein und demselben Urteil zu entscheiden. Der Berufungskläger hat so bestätigt, dass eine Verbindung zwischen den Klagen gegen „B“ und die REEDEREI „Z“A.G. besteht. Dabei besteht ein Zusammenhang, wenn eine Sache von ihrem Gegenstand her ’so eng mit einer einem anderen Gericht vorgelegten Rechtssache in Verbindung steht, dass das Urteil in dieser Rechtssache das Urteil in der erstgenannten Sache beeinflussen könnte. Das ist eine Verbindung, die verschiedene Rechtssachen vereint und dazu führt, dass der Ausgang der einen Sache den Ausgang der anderen Sache beeinflusst, so dass bei einer getrennten Entscheidung in beiden Sachen die Gefahr von Widersprüchen besteht Im Interesse einer guten Rechtspflege dürfte es sich empfehlen ein einziges Urteil in zwei miteinander verbundenen Klagen auszusprechen, das für die Parteien beider Klagen gilt. Aber das tatsächliche Verhalten des Berufungsklägers steht im krassen Gegensatz zu seiner Rechtsthese.

Als die Klagen des FRANZÖSISCHEN STAATES gegen Herr „B“, auf direkte Vorladung hin, und gegen die REEDEREI „Z“ A.G., auf die Interventionsberufung hin, am 9.4.1975 vom Vorderrichter zur Verhandlung vor dem Rheinschifffahrtsgericht Strassburg aufgerufen wurden, hat der Kläger und Berufungskläger seine Gründe und Anträge gegen Herrn „B“ dargelegt und ausgeführt, jedoch die Vertagung der Klage gegen die Streithelferin REEDEREI „Z“ A.G. beantragt.

Zu diesem Zeitpunkt hatte die Berufungsbeklagte und Beklagte in der Interventionsklage in ihren Schriftsätzen vom 2. und 27. Dezember 1974 bereits eindeutig die Unzulässigkeit der Klage gerügt und dafür die gleichen Gründe wie in der Berufungsinstanz genannt.

Für die Zulässigkeit einer Interventionsklage genügt, so behauptet der Berufungskläger, dass zwischen der Hauptklage und der Interventionsklage eine Verbindung besteht, was nach Ansicht des Berufungsklägers voraussetzt, dass das Gericht für beide Klagen nur ein Urteil fällt.

Sein Antrag auf ein Urteil in der Hauptklage gegen „B“, den er in der Verhandlung vom 9.4.1975 beim Rheinschifffahrtsgericht stellte, und auf Vertagung der Interventionsklage führte zu einer Trennung der beiden Klagen und machte eine Entscheidung in beiden Klagen durch ein und dasselbe Urteil unmöglich. Mit dieser Haltung gibt der Berufungskläger zumindest unausgesprochen zu, dass zwischen beiden Klagen keine Verbindung besteht und eine Entscheidung mit nur einem Urteil nicht erforderlich ist. Um sich dieser logischen Konsequenz seiner eigenen Haltung zu entziehen  beruft sich der Berufungskläger in seinem am 1.2.1978 in der Gerichtskanzlei des Rheinschifffahrtsgerichts hinterlegten Schriftsatz vom 30.1.1978 auf die Anwendung von Art. 331 der neuen ZPO.

Gemäß Art. 331 der neuen ZPO kann ein Dritter zwecks Verurteilung von jeder Partei in ein Verfahren einbezogen werden, die berechtigt ist, gegen ihn als Hauptkläger aufzutreten.

Der Berufungskläger scheint zu behaupten, dass seine Klage auf Einbeziehung statthaft sei, weil er berechtigt war, gegen die REEDEREI „Z“ AG mit einer Haupt- und direkten Klage aufzutreten.
 
Das Recht, gegen einen Dritten mit der Hauptklage vorzugehen, ist also in der These des Berufungsklägers  die einzige Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Klage auf Einbeziehung in ein Verfahren.

Dieser These kann nicht gefolgt werden.

Juristisch gesehen gibt es noch eine zweite Voraussetzung, auch wenn sie nicht ausdrücklich in Artikel 331 der neuen ZPO vorgesehen ist. Damit eine Klage auf Einbeziehung zulässig ist, muss eine Bindung, eine Beziehung, etwas Gemeinsames zwischen einer Hauptklage, die statthaft ist und in den Zuständigkeitsbereich des angerufenen Gerichts gehört, und der Klage auf Einbeziehung bestehen.

Gemäß Artikel 333 der neuen ZPO ist der herangezogene Dritte verpflichtet, bei dem mit der ursprünglichen Klage befassten Gericht vorzugehen, ohne dass er die territoriale Zuständigkeit dieses Gerichts zurückzuweisen kann, selbst bei Geltendmachen einer Gerichtsstandsklausel.

Wenn man nicht damit einiggeht, dass die Klage auf Einbeziehung in ein Verfahren nur zulässig ist, wenn eine Verbindung zwischen dieser Klage und der ursprünglichen Klage besteht, dann ergibt sich daraus, dass jede beliebige Partei in einer bei Gericht anhängigen Klage sämtliche dritte Personen heranziehen kann, die ihre Schuldner sind, selbst wenn diese Klagen gegen diese Dritten nicht im Zusammenhang mit der ursprünglichen Klage stehen. Der Kläger in der Interventionsklage konnte so dritte Personen daran hindern, die territoriale Unzuständigkeit als Rechtsmittel anzuführen, das sie sie in direkter Klage besitzen würden. Das kann nicht die Absicht des Verfassers der neuen ZPO gewesen sei, es sei denn, er wollte den der Gerichtsbarkeit Unterworfenen Tor und Tür für zahlreiche Rechtsmissbräuche öffnen, was einer guten ZPO zuwiderlaufen würde. In der neuen ZPO selbst wird nicht erwähnt, dass der Gesetzgeber grundsätzlich auf die Streithilfe entweder durch Interventions- oder durch Garantieklage verzichten wollte, das bedeutet die Notwendigkeit oder die Zweckmäßigkeit, in der ursprünglichen Klage und der Streithilfe mit einem einzigen Urteil zu entscheiden, damit Widersprüche vermeiden werden und das Urteil für sämtliche Parteien der beiden Klage gilt. Aus der juristischen Logik heraus ist nicht vertretbar, dass der Gesetzgeber unausgesprochen auf dieses Prinzip verzichten wollte.

Wie bereits unter 5. angegeben, hat der Berufungskläger am 9.4.75 durch seine Haltung vor dem Vorderrichter unausgesprochen zugegeben, dass es nicht erforderlich ist, über beide Klagen mit einem Urteil zu entscheiden. Unter diesen Umständen sind die Voraussetzungen des Artikels 331 der neuen ZPO nicht erfüllt und das unbegründete Rechtsmittel muss zurückgewiesen werden. Trotz seiner Haltung vor dem Vorderrichter vom 9.4.75 behauptet der Berufungskläger, dass eine Verbindung bestehe zwischen seiner Klage gegen „B“ und der Klage auf Einbeziehung in ein Verfahren, insbesondere zwischen der Kollision, zu der es am 10.4.73 auf dem Rhein gekommen war und den Folgen dieses Unfalls.

Der Berufungskläger, der vom Vorderrichter mit seiner Verfügung vom 7.12.77 aufgefordert worden ist, Erklärungen über die Zulässigkeit seiner Interventionsklage abzugeben, nachdem die Hauptklage für unzulässig erklärt worden sei, erklärt in seinem Schriftsatz vom 30.1.73:

- die Klage gegen die REEDEREI „Z“ A.G. ist eine Streitverkündung (Art. 180 ff, ZPO, Art. 93 des Gesetzes vom 1. Juni 1924)

- sobald es sich um eine Streitverkündung in der Hauptklage und nicht nur in der Garantieberufung handelt, bleibt diese weiterhin vor dem Gericht anhängig, selbst wenn dieses, wie hier, für die Klage gegen einen der Beklagten für unzuständig erklärt. Der Vorderrichter weist diese Argumente zurück, indem er feststellt

- dass die Streitverkündung der Artikel 72 bis 77 der lokalen ZPO durch den Gesetzgeber von 1924 aufgehoben worden ist

- dass der Gesetzgeber von 1924 lediglich die Garantieberufung der Artikel 181 bis 185 der französischen ZPO beibehalten hat.

Daraus ergibt sich, dass der Berufungskläger sich nach Auffassung des Vorderrichters täuscht, wenn er die Artikel 181 bis 185 für eine Streitverkündung geltend macht, für die rechtlich die vom Gesetzgeber von 1924 aufgehobenen Artikel 72 bis 77 der lokalen ZPO Anwendung fanden.

In seiner Berufungsschrift vom 23.5.78 werden die vom Vorderrichte hierzu angeführten Gründe vom Berufungskläger nicht bestritten, und dieser behauptet lediglich, dass es ohne Interesse sei, dass die Artikel 72 bis 77 der lokalen ZPO Über die Streitverkündung in lokalen Recht durch Artikel 93 des Gesetzes zur Einführung des französischen Rechts vom 1. Juni 1924 aufgehoben worden seien, zumal es dem Gericht durch eine solche Aufhebung keineswegs untersagt sei, die Zulässigkeit der Streitverkündung gegen die REEDEREI „Z“ A.G. in Anwendung von Artikel 331 der neuen ZPO festzustellen.

Aber es ist erstaunlich, dass der Berufungskläger keine Erklärungen mehr über die Zulässigkeit seiner Klage auf Einbeziehung in ein Verfahren, abgibt, nachdem seine Hauptklage für unzulässig erklärt wurde.

Die juristische Lösung dieses Problems wird in erster Linie ausschlaggebend für die Zulässigkeit der Klage auf Einbeziehung in ein Verfahren sein, sowohl nach dem alten Recht wie nach der neuen ZPO.
 
Nach Art. 63 der NZPO sind Anschlussklagen:  Widerklage, Erweiterungsklage und Streithilfe. Diese Terminologie insbesondere "Klage auf Einbeziehung" oder "Streithilfe" weist darauf hin, dass das Vorhandensein einer ursprünglichen bei dem befassten Gericht zulässigen Klage die Voraussetzung sine qua non für die Zulässigkeit einer derartigen Klage ist.

Dritte Personen können nicht aufgefordert werden, vor einem Gericht in einer Sache aufzutreten, mit der dieses Gericht nicht ordnungsgemäß befasst ist.

In seinem Schriftsatz vorn 30.11.78 erklärt der Berufungskläger ausdrücklich, dass über die Zulässigkeit der Klage auf Einbeziehung in ein Verfahren in dem Augenblick entschieden werden müsse, wo er seine Anträge im Gerichtsstand vortrage, das heißt, in der Verhandlung vom 1.3.78.

Unbestreitbar ist, dass nach dem Urteil der Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt vom 22.10.76 keine Instanz mehr mit der ursprünglichen Klage des FRANZÖSISCHEN STAATES gegen Herrn „B“ befasst war. Der Vorderrichter konnte daher unmöglich in seinem Urteil vom 19.4.78 die Einbeziehung der REEDEREI „Z“ A.G. in einer Sache anordnen, mit der er nicht befasst war. Selbst wenn man entgegen der  These des Berufungsklägers davon ausgeht , dass über die Zulässigkeit der Klage auf Einbeziehung in ein Verfahren nur aufgrund der Situation im Zeitpunkt der Klageerhebung, das heißt am 15.7.74, entschieden werden sollte, dürfte klar sein, dass das Gericht nicht die Einbeziehung eines Dritten in eine Sache anordnen kann, für das es sich ratione materiae für unzuständig erklären muss.

Unter diesen Umständen dürfte es sich erübrigen, näher zu prüfen, ob für die Entscheidung über die Zulässigkeit der Klage auf Einbeziehung in ein Verfahren das alte Recht von 1924 oder die neue ZPO herangezogen werden muss. Nach beiden Gesetzgebungen ist diese Klage unzulässig, da   eine ursprüngliche, bei einem zuständigen Gericht ordnungsgemäß eingelegte Klage fehlt.

Die Berufung ist daher unbegründet und das Urteil a quo muss, was diese Klage anbetrifft, bestätigt werden.

Anschlussberufung:

Auf die Widerklage der Berufungsbeklagten, Beklagten im der Klage auf Einbeziehung in ein Verfahren, hat der Vorderrichter den Berufungskläger verurteilt, an die Berufungsbeklagte den Betrag Von 2000 Francs, nebst gesetzlichen Zinsen seit dem Tag der Urteilsverkündung zu zahlen.

Auf die Anschlussberufung hin beantragt die Berufungsbeklagte, Klägerin in der Widerklage, den FRANZÖSISCHEN STAAT zu verurteilen, ihr   einen Betrag von mindestens 10.000 Francs zu zahlen.

Der FRANZÖSISCHE STAAT hat in dieser Anschlussberufung nicht ausdrücklich Anträge gestellt, er hat zumindest nichts auf die Gründe erwidert.
 
Dem Vorderrichter ist zu folgen, wenn er die Auffassung vertritt, dass es ungerecht sei, der REEDEREI „Z“A.G. die Kosten aufzuerlegen, die ihn durch ihre Verteidigung entstanden und nicht in den Gerichtskosten enthalten sind, und die schätzungsweise 2000 Francs betragen.

Natürlich hatte der FRANZOSISCHE STAAT das Recht, Berufung gegen das Urteil vom 19.4.78 einzulegen, obgleich seine Gründe ganz eindeutig nicht stichhaltig Wenn die Berufung sich auch auf eine Rechtstheorie begründet, die zumindest zum Teil mit einer defacto Haltung im Widerspruch steht, ist sie als vermessen zu bezeichnen, so dass der Berufungskläger für den Schaden, den die Berufungsbeklagte durch das eingeleitete Verfahren erlitten hat, haftbar zu machen ist.

Die dem Berufungsbeklagten entstandenen Verteidigungskosten, die nicht in den Gerichtskosten enthalten sind, können für das Berufungsverfahren auf 1000 Francs geschätzt werden, so dass der Berufungskläger verurteilt werden muss, an die Berufungsbeklagte nach Artikel 700 der neuen ZPO den Betrag von 1000 Francs mit den bereits beantragten gesetzlichen Zinsen seit dem Tage der Urteilsverkündung zu zahlen.

Die Anschlussberufung ist somit begründet und das erstinstanzliche Urteil muss, was die Widerklage betrifft, aufgehoben werden.

Es wird für Recht erkannt:

- auf die Hauptberufung des FRANZÖSISCHEN STAATES hin:

- die Berufung des Berufungsklägers in der Interventionsklage gegen das Urteil des Rheinschifffahrtsgerichts Strassburg vom 19. April 1978 ist zulässig, doch unbegründet. Sie wird zurückgewiesen.

- das Urteil des Rheinschifffahrtsgerichts Strassburg vom 19. April 1978 wird, was die Klage auf Einbeziehung in ein Verfahren betrifft, bestätigt.

- die Kosten für die Hauptberufung werden der Berufungsklägerin, Klägerin in der Klage auf Einbeziehung in ein Verfahren, auferlegt.

- auf die Anschlussberufung der REEDEREI „Z“ A.G. hin

- die Anschlussberufung der Berufungsbeklagten, Beklagte in der Klage auf Einbeziehung in ein Verfahren, Klägerin in der Widerklage, gegen das Urteil des Rheinschifffahrtsgerichts Strassburg vom 19. April 1978 ist begründet

- das Urteil a quo wird, was die Widerklage betrifft, aufgehoben ;
 
der FRANZÖSISCHE STAAT wird verurteilt, an die REEDEREI „Z“A.G. die Summe von 10.000 Francs, zuzüglich gesetzlicher Zinsen vom Tage der Verkündung dieses Urteils an, zu zahlen.

Die Kosten der Widerklage in beiden Instanzen gehen zu Lasten des FRANZÖSISCHEN STAATES, die Kostenfeststellung erfolgt gemäß Artikel 39 der Revidierten Rheinschifffahrtsakte durch das Rheinschifffahrtsgericht STRASSBURG.