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Urteil des Oberlandesgerichts Nürnberg
vom 28.03.2013
Endurteil
Die Berufung der Beklagten zu 1) und 2) gegen das Zwischenurteil des Amtsgerichts - Schifffahrtsgericht - Würzburg vom 24.08.2012 (Az.: 16 C 2308/11 BSch) wird zurückgewiesen.
Die Beklagten zu 1) und 2) haben die Kosten der Berufung zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 250.000,00 € festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin versichert das MS „V“ gegen die Gefahren von Schifffahrtsunfällen. Die Beklagte zu 1), die ihren Wohnsitz in C. in Deutschland hat, verwendete am 18.10.2010 das TMS „Mi“, an das der See-Kasko „Mo“ (Neubau) längsseits angekoppelt war, zur Schifffahrt. Der Beklagte zu 2), der seinen Wohnsitz in Rumänien hat, war im maßgeblichen Zeitpunkt dessen verantwortlicher Schiffsführer.
Am 18.10.2010 gegen 6.15 Uhr kam es zwischen dem MS „V“ und dem Koppelverband TMS „Mi“/See-Kasko „Mo“ auf der Donau bei Kilometer 1.857,5 auf dem Staatsgebiet der Slowakei nahe Bratislava zu einer frontalen Kollision, bei der das MS „V“ gegen den See-Kasko stieß. An dem MS „V“ und seiner Ladung kam es zu einem erheblichen Schaden. Weder der Kaskoschaden noch der Nutzungsausfallschaden können abschließend beziffert werden.
Unter dem 22.08.2011, eingegangen am 23.08.2011, erhob die Klägerin Feststellungsklage zum Amtsgericht - Schifffahrtsgericht - Würzburg. Mit der Klage begehrt sie die Feststellung, dass die Beklagten zu 1) und 2) gesamtverbindlich verpflichtet sind, ihr den Schaden zu ersetzen, der der Klägerin aufgrund eigenen, übergegangenen oder abgetretenen Rechts ihrer Versicherungsnehmerin, der V. C.S.L., …, NL …, aus der Kollision zwischen dem Koppelverband „Mi“/„Mo“ und MS „V“ am 18.10.2010 bereits entstanden ist und künftig noch entstehen wird. Ferner beantragte sie, die Beklagten zu 1 und 2) zu verurteilen, die der Klägerin vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 4.623,23 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu erstatten.
Die Beklagten zu 1) und 2) rügten mit Schriftsatz vom 15.09.2011 die Unzuständigkeit des Amtsgerichts - Schifffahrtsgerichts - Würzburg in internationaler, sachlicher und örtlicher Hinsicht.
Da sich der Unfall auf dem slowakischen Teil der Donau zugetragen habe, fehle es bereits an der grundlegenden Voraussetzung des § 2 BinSchVerfG, der zusätzlich zum Katalog des § 2 Abs.1 a bis f einen Zusammenhang mit der Benutzung von Binnengewässern zur Schifffahrt erfordere. Dazu gehörten nur die Binnengewässer in Deutschland. Eine örtliche Ausdehnung über die Landesgrenzen hinaus komme nicht in Betracht. Bei § 2 BinSchVerfG handele es sich um eine ausschließlich nationale Vorschrift, die nicht den Zweck verfolge, die deutsche Zuständigkeit auf ausländische Wasserstraßen auszudehnen. Es komme hinzu, dass sich die Kollision mit dem Kasko „Mo“ ereignet habe, bei dem es sich um ein Seeschiff handele. Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 BinSchVerfG scheide die sachliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichtes deshalb aus. Aus § 3 Abs. 4 BinSchVerfG ergebe sich keine Zuständigkeit für Schiffsunfälle, die sich auf Binnengewässern im Ausland ereignet hätten. Eine andere Auslegung widerspreche nicht nur der Gesetzessystematik des BinSchVerfG als rein nationalem Recht, sondern laufe auch den einschlägigen und zwingenden Vorschriften der EuGVVO zuwider. Es mache keinen Sinn, ein deutsches Schifffahrtsgericht für den slowakischen Teil der Donau für zuständig zu erklären, da angesichts der zwingenden Anwendung des slowakischen materiellen Rechts gerade nicht die besondere Kompetenz eines deutschen Schifffahrtsgerichts gefordert sei.
Mit Zwischenurteil vom 24.08.2012, Az.: 16 C 2308/11 BSch, hat sich das Amtsgericht - Schifffahrtsgericht - Würzburg für zuständig erklärt. Zur Begründung hat es ausgeführt, die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte folge aus Art. 2 Abs. 1, Art. 6 Nr. 1 EuGVVO. Danach könnten Personen, die ihren Wohnsitz in einem Mitgliedsstaat haben, ohne Rücksicht auf ihre Staatsangehörigkeit vor den Gerichten dieses Mitgliedsstaates verklagt werden. Die Beklagte zu 1) habe ihren Wohnsitz in C./Deutschland. Die deutsche internationale Zuständigkeit für den Beklagten zu 2), der seinen Wohnsitz in Rumänien habe, folge aus Art. 6 Nr. 1 EuGVVO. Zwischen den Klagen bestehe ein so enger Zusammenhang, dass zur Vermeidung widersprüchlicher Entscheidungen die gemeinsame Verhandlung und Entscheidung geboten sei. Die sachliche und örtliche Zuständigkeit beruhe auf §§ 1, 2, 3 Abs. 4 und 5 BinSchVerfG. Dabei sei unbeachtlich, dass sich die Havarie in der Slowakei ereignet habe. Denn es sei nicht erforderlich, dass sich der Vorfall in Deutschland zugetragen habe. Zwar lasse § 3 Abs. 1 BinSchVerfG die Präferenz für die Zuständigkeit des Gerichts am Ereignisort erkennen, sodass eine IZVR-Verweisung an das slowakische Gericht naheliege. Wegen entgegenstehender obergerichtlicher Rechtsprechung (z.B. OLG München ZfB 2006, 84) werde aber davon abgesehen, im vorliegenden Rechtsstreit rechtsfortbildend eine Weiterverweisung an ein Gericht der Slowakei durch deutsche Rechtsvorschriften anzunehmen.
Der sachlichen Zuständigkeit stehe nicht entgegen, dass das MS „V“ gegen den noch auszubauenden See-Kasko „Mo“ gestoßen sei. Dieser habe über keinen eigenen Antrieb, keine Steuerung und keine Besatzung verfügt. Die untergeordnete Art und Weise seiner Beteiligung an der Havarie führe zu keinen Ausschluss der Zuständigkeit des Schifffahrtsgerichts nach § 2 Abs. 1 Satz 2 BinSchVerfG.
Die Zuständigkeit des Amtsgerichts - Schifffahrtsgericht - Würzburg beruhe auf der ergänzenden Auslegung des § 3 Abs. 4 BinSchVerfG in Verbindung mit der Verordnung der gerichtlichen Zuständigkeit im Bereich des Staatsministeriums der Justiz vom 02.02.1988. Das Amtsgericht Würzburg sei das für den Wohnsitz der Beklagten zu 1) zuständige Schifffahrtsgericht. Bei Anwendung der §§ 12, 13 ZPO, wie sie das OLG München (a.a.O.) vorgenommen habe, wäre das Amtsgericht Miltenberg als Wohnsitzgericht der Beklagten zu 1) zuständig. Dieses Amtsgericht sei jedoch kein Schifffahrtsgericht. Der zuständige Schifffahrtsrichter würde den Parteien sinnwidrig vorenthalten.
Gegen dieses Zwischenurteil, das an die Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 1) und 2) am 31.08.2012 zugestellt worden ist, haben diese mit Anwaltsschriftsatz vom 01.10.2012, der am Montag, den 01.10.2012 beim Oberlandesgericht Nürnberg eingegangen ist, Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 13.11.2012, der innerhalb der bis 30.11.2012 verlängerten Berufungsbegründungsfrist eingegangen ist, begründet.
Sie sind der Auffassung, dass sich die internationale Zuständigkeit des Amtsgerichts - Schifffahrtsgericht - Würzburg nicht aus Art. 2 Abs. 1 EuGVVO i.V.m. § 3 Abs. 4 BinSchVerfG ergebe. Darin liege eine zweckwidrige Herbeiführung einer deutschen internationalen Zuständigkeit. Im Ergebnis führe nur die Annahme einer Weiterverweisung durch deutsches Recht an das Gericht am Ereignisort (Slowakei) und die Abweisung der Klage zum angegangenen Amtsgericht - Schifffahrtsgericht - Würzburg zu einem tragbaren Ergebnis.
Das Zwischenurteil lasse außer Acht, dass sich aus dem BinSchVerfG keine Umsetzung der internationalen deutschen Zuständigkeit ergebe. Die Regelungskompetenz des deutschen Gesetzgebers beschränke sich auf das Inland. Für eine Auslegung dahin, dass § 2 BinSchVerfG über den Gesetzeswortlaut und die Regelungskompetenz hinaus eine sachliche Zuständigkeit eines Schifffahrtsgerichts für die Schiffskollision in der Slowakei begründe, bestünden keine Anhaltspunkte. Nach den Motiven des Gesetzgebers sei es bei den Vorschriften des BinSchVerfG ausschließlich darum gegangen, die Binnenschifffahrtssachen in Deutschland bestimmten, durch ihre Lage und ihren Verkehr geeigneten Gerichten zu übertragen.
Die Auffassung des Amtsgerichts - Schifffahrtsgericht - Würzburg, der "See-Kasko Mo“ sei nur in untergeordneter, für den Ausschluss der Zuständigkeit nach § 2 Abs. 1 Satz 2 BinSchVerfG nicht ausreichender Weise an der Kollision beteiligt gewesen sei, sei unzutreffend. Dagegen spreche, dass der Kollisionsanstoß des MS „V“ nicht am TMS „Mi“, sondern an der „Mo“ erfolgt sei. Darauf, dass diese ohne eigenen Antrieb und Steuerung gewesen sei, komme es nicht an. Die „Mo“ verfüge über ein vorläufiges Seeschiffsattest und sei im Seeschiffsregister eingetragen.
Die Beklagten zu 1) und 2) beantragen,
unter Aufhebung des Urteils des Amtsgerichts - Schifffahrtsgericht - Würzburg vom 24.08.2012, Az.: 16 C 2308/11 BSch, die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.
Der Berufungsbegründung sei schon kein eindeutiger Angriff gegen die vom Amtsgericht - Schifffahrtsgericht - Würzburg bejahte internationale Zuständigkeit zu entnehmen. Auch die Angriffe gegen die sachliche und örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts - Schifffahrtsgericht - Würzburg könnten nicht überzeugen.
Die internationale Zuständigkeit des deutschen Wohnsitzgerichts ergebe sich für die Beklagte zu 1) aus Art. 2 Abs. 1 EuGVVO, für den Beklagten zu 2) aus Art. 6 Nr. 1 EuGVVO.
Die europäischen Vorschriften hätten Vorrang im Verhältnis zu nationalen Vorschriften über die internationale Zuständigkeit. Etwas anderes ergebe sich nicht aus einer „IZVR-Weiterverweisung“. Abgesehen davon, dass der Begriff „Weiterverweisung“ aus dem internationalen Privatrecht, nicht aber aus dem internationalen Zivil-Verfahrensrecht bekannt sei, läge in einer Weiterverweisung durch deutsches Verfahrensrecht ein Verstoß gegen den Vorrang des europäischen Rechts nach der EuGVVO.
Die Geltungsgrenzen des BinSchVerfG für das deutsche Staatsgebiet hätten nicht zur Folge, dass ein deutsches Schifffahrtsgericht nicht für eine Schiffskollision auf einem ausländischen Binnengewässer zuständig sei. Aus § 3 Abs. 4 BinSchverfG ergebe sich, dass Binnenschifffahrtssachen nach § 2 Abs. 1 Satz 1 BinSchVerfG auch zivilrechtliche Streitsachen im Zusammenhang mit der Benutzung ausländischer Binnengewässer sein könnten.
Ein Kasko sei noch kein Schiff im Rechtssinne. Die Beklagten hätten selbst eingeräumt, dass noch kein Seeschiffsattest vorliege. Die rein zufällige Anwesenheit durch seine Verbringung genüge nicht für eine Beteiligung des Seeschiffes an dem Unfall im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 BinSchVerfG. Der Begriff "Beteiligung" setze eine aktive Beteiligung voraus. Im Übrigen würde die Annahme der Beteiligung des Kaskos als Seeschiff an der Kollision nicht zur Klageabweisung führen. In diesem Fall bestünde die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts, in dessen Bezirk die Beklagten zu 1) ihren Wohnsitz habe. Eben dies würde der vom Gesetzgeber mit dem BinSchVerfG verfolgten Absicht widersprechen, dass über Vorfälle der vorliegenden Art ein Schifffahrtsgericht zu entscheiden habe.
Da eine internationale Zuständigkeit eines deutschen Gerichts bestehe, müsse auch eine sachliche und örtliche Zuständigkeit im Inland gegeben sein. Das Amtsgericht - Schifffahrtsgerichts - Würzburg habe nach allem zu Recht seine Zuständigkeit im Wege der Auslegung des § 3 Abs. 4 BinSchVerfG bejaht.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Zwischenurteil des Amtsgerichts - Schifffahrtsgericht - Würzburg vom 24.08.2012, die Schriftsätze beider Parteien und auf die vorgelegten Schriftstücke Bezug genommen.
Beide Parteien haben sich mit einer Entscheidung über die Berufung im schriftlichen Verfahren nach § 128 Abs. 2 ZPO einverstanden erklärt.
II. Die Berufung der Beklagten zu 1) und 2) gegen das seine Zuständigkeit feststellende Zwischenurteil des Amtsgerichts - Schifffahrtsgericht - Würzburg ist nach §§ 511 ff., 517 ff., 280 Abs. 2 ZPO zulässig, aber nicht begründet.
Nach § 280 Abs. 2 ZPO ist das Zwischenurteil selbstständig mit dem Rechtsmittel der Berufung anfechtbar. Zwar kann die Berufung gegen das Zwischenurteil nach § 513 Abs. 2 ZPO grundsätzlich nicht darauf gestützt werden, dass das Erstgericht seine sachliche, örtliche oder funktionelle Zuständigkeit zu Unrecht bejaht habe (Zöller-Greger-ZPO, 27. Auflage, § 280 Rn 8).
Nach herrschender Rechtsprechung (BGH NJW 2004, 1456) erstreckt sich der Ausschluss der Überprüfbarkeit im Rechtsmittelverfahren (für die Revision nach § 545 Abs. 2 ZPO) aber nicht auf die internationale Zuständigkeit, auch wenn das Ersturteil diese für begründet hält. Denn der internationalen Zuständigkeit ist ein ungleich höheres Gewicht beizulegen als der Abgrenzung von Zuständigkeiten zwischen deutschen Gerichten. Sie betrifft die Abgrenzung zu den Souveränitätsrechten anderer Staaten und entscheidet auch über das auf den Rechtsstreit anzuwendende Verfahrensrecht (lex fori).
Mit der Berufung rügen die Beklagten zu 1) und 2) unter anderem, dass das Amtsgericht - Schifffahrtsgericht - Würzburg die deutsche internationale Zuständigkeit zu Unrecht bejaht habe. Sie machen geltend, dass durch das Zwischenurteil vom 24.08.2012 eine zweckwidrige Herbeiführung der deutschen internationalen Zuständigkeit über Art. 2 Abs. 1 EuGVVO i.V.m. § 3 Abs. 4 BinSchVerfG erfolgt sei. Nur die Annahme einer Weiterverweisung an das slowakische Gericht durch das deutsche Verfahrensrecht würde zu einem tragbaren Ergebnis führen, auch weil das materielle Recht der Slowakei für die Unfallfolgen gelte. Die Berufung der Beklagten zu 1) und 2) ist damit zulässig.
Die Berufung ist aber nicht begründet. Das Amtsgericht - Schifffahrtsgericht - Würzburg hat sich in dem angefochtenen Zwischenurteil zu Recht für international, sachlich und örtlich zuständig erklärt.
Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte für Schadensersatzansprüche aus der Havarie zwischen dem "MS V“ und dem "TMS Mi“, an das der „See-Kasko Mo“ längsseits gekoppelt war, bei Donau-Kilometer 1.875,5 nahe Bratislava, ergibt sich aus Art. 2 Abs. 1 EuGVVO. Danach können Personen, die ihren Wohnsitz in einem Mitgliedstaat haben, ohne Rücksicht auf ihre Staatsangehörigkeit vor den Gerichten dieses Mitgliedstaates verklagt werden. Die Beklagte zu 1) hat ihren Wohnsitz in C./Deutschland.
Nach Art. 6 Nr. 1 EuGVVO genügt, dass einer der Beklagten, hier die Beklagte zu 1), einen inländischen Wohnsitz hat. Zwischen der Haftung der Beklagten zu 1) als Schiffsausrüster und dem Beklagten zu 2) als Schiffsführer, die als Gesamtschuldner verklagt werden, besteht eine so enge Beziehung, dass zur Vermeidung widersprüchlicher Entscheidungen eine gemeinsame Verhandlung und Entscheidung über die Klagen geboten ist.
Die Regelung der internationalen Zuständigkeit in Art. 5 Nr. 3 EuGVVO begründet für die Klägerin die weitere Option, die Klage vor dem Gericht am Ereignisort zu erheben. Die durch Art. 2 Abs. 1 EuGVVO begründete Allzuständigkeit der Gerichte am Wohnsitz eines der Beklagten bleibt davon unberührt (Zöller-Geimer-ZPO, 29. Auflage, Art. 5 EuGVVO, Rn. 1).
Anders als § 3 Abs. 1 Satz 2, 1. Alt. BinSchVerfG für die örtliche Zuständigkeit begründet Art. 5 Nr. 3 EuGVVO keine ausschließliche internationale Zuständigkeit des Gerichts am Schadensort. Da die Zuständigkeitsregelung der EuGVVO dem nationalen Verfahrensrecht vorgeht, lässt sich die ausschließliche internationale Zuständigkeit der Gerichte am Ereignisort nicht mit einer entsprechenden Anwendung des § 3 Abs. 1 Satz 2, 1. Alt. BinSchVerfG begründen.
Die Vorschrift ist auch in der Zusammenschau mit anderen Vorschriften des BinSchVerfG nicht als "Weiterverweisung nach IZVR-Regeln“ dahin auszulegen, dass nur eine internationale Zuständigkeit für das Gericht am Schadensort bestehe.
Art. 2 Abs. 1 EuGVVO, der die internationale Zuständigkeit mit Vorrang zum deutschen Verfahrensrecht regelt, normiert die internationale Zuständigkeit der Gerichte des Wohnsitzstaats als Wahlgerichtsstand. Welches Gericht innerhalb des Staates sachlich, örtlich und funktionell zuständig ist, bestimmt sich nach dem Recht dieses Staates (Zöller-Geimer-ZPO, 29. Auflage, EUGVVO, Art 2 Rn 29). Der Umstand, dass das BinSchVerfG keine ausdrücklichen Regeln über die sachliche und örtliche Zuständigkeit für Unfälle im Binnenschifffahrtsverkehr enthält, die sich auf ausländischen Binnengewässern ereignen, lässt nicht den Schluss zu, dass sich diese erübrigen, weil letztlich nur eine internationale Zuständigkeit der Gerichte am Ereignisort gegeben sei, auf die das inländische Verfahrensrecht konkludent verweise.
Der Senat teilt nicht die Auffassung der Berufung, dass keine internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte für Ansprüche gegeben sei, die mit der Nutzung ausländischer Binnengewässer durch die Schifffahrt zusammenhängen. Die Vorschriften des BinSchVerfG sind vielmehr so auszulegen, dass sie mit dem europäischen Recht in Einklang stehen. § 3 Abs. 4 BinSchVerfG verweist auf die Anwendung der Vorschriften der Zivilprozessordnung, falls die Vorschriften des BinSchVerfG keinen Gerichtsstand begründen. Die Klägerin zieht daraus zu Recht den Schluss, dass die Zuständigkeit der deutschen Gerichte nicht notwendig voraussetzt, dass der Unfall auf einem deutschen Binnengewässer stattfand, denn dafür wäre ein gesetzlicher Gerichtsstand durch das BinSchVerfG begründet.
Ob die Vorschriften der §§ 1, 2, 3 und 5 BinSchVerfG durch das Amtsgericht - Schifffahrtsgericht - Würzburg in Bejahung seiner sachlichen und örtlichen Zuständigkeit richtig angewendet wurden, ist wegen § 513 Abs. 2 ZPO im Rahmen der Berufung nicht weiter nachprüfbar. Der Senat hält aber auch die Ausführungen des Amtsgerichts - Schifffahrtsgericht - Würzburg dazu im Ergebnis für fehlerfrei.
Der Senat schließt sich der Auffassung des Amtsgerichts - Schifffahrtsgericht - Würzburg an, dass diese Vorschrift nicht auf die Zuständigkeit des allgemeinen Amtsgerichts am Wohnsitz der Beklagten zu 1) nach §§ 12,13 ZPO verweist, sondern in entsprechender Anwendung der Verordnung der gerichtlichen Zuständigkeiten im Bereich des Staatsministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vom 11. Juni 2012 (§ 48 GJVJu) auf die sachliche und örtliche Zuständigkeit des Schifffahrtsgerichts im Bereich des Wohnsitzes der Beklagten zu 1) (v. Waldstein/Holland, Binnenschifffahrtsrecht, 5. Auflage, § 3 Rn 13 mit Rechtsprechungsnachweisen; Fischer, Anmerkung zu OLG München in ZfB 2006, 84).
Soweit das Oberlandgericht München im Beschluss vom 18.07.2006 (31 AR 065/06) über § 3 Abs. 4 BinSchVerfG zur Zuständigkeit des allgemeinen Amtsgerichts am Wohnsitz des Schuldners gelangt ist, würde nach Auffassung des Senats der Zweck der Konzentration der Binnenschifffahrtssachen bei bestimmten Amtsgerichten verfehlt, die wegen ihrer Spezialisierung ein höheres Maß an Erfahrung und Fachwissen auf diesem Rechtsgebiet verfügen und daher eine zielgerichtetere Förderung und raschere Erledigung dieser Rechtssachen gewährleisten. Der Grund für diese Konzentration erübrigt sich nicht damit, dass die Kollision der Schiffe auf einem Donauabschnitt stattfand, der in der Slowakei liegt. Auch dort bestehen keine anderen nautischen, technischen und hydrologischen Regeln, mag auch das materielle Recht der Slowakei auf die Haftungsfrage anzuwenden sein.
Der Senat teilt auch die Auffassung des Amtsgerichts - Schifffahrtsgericht - Würzburg, dass kein Seeschiff im Sinn des § 2 Abs. 1 Satz 2 BinSchVerfG an dem Vorfall beteiligt war. Dann läge eine allgemeine Zivilsache vor, für die wegen der Höhe des Streitwerts das Landgericht Aschaffenburg international und sachlich zuständig wäre, Art. 2 Abs. 1 EuGGVO, §§ 23 Nr. 1, 71 GVG.
Im Unterschied zu dem vom Bundesgerichtshof (BGHZ 25, 244 ff.) entschiedenen Fall, in dem ein Fischdampfer im Schleppverband aus eigener Kraft hinter einem Bugschlepper auf einem Binnengewässer herfuhr und diesen an einer Brücke rammte, wurde der seitlich ankoppelte See-Kasko vom TMS "Mi" unstreitig ohne eigenen Antrieb und ohne eigene Besatzung mitgezogen. Auch der Senat hält diese untergeordnete Beteiligung für nicht geeignet, die sachliche Zuständigkeit des Schifffahrtsgerichts nach § 2 Abs. 1 Satz 2 BinSchVerfG auszuschließen. Bei dem See-Kasko handelt sich zwar um einen schwimmfähigen Hohlkörper, der aber mangels Fertigstellung noch nicht für die (See-)Schifffahrt als regelmäßen und dauerhaften Verwendungszweck bestimmt war. Auch dies steht der Beteiligung eines Seeschiffes am Unfall nach § 2 Abs. 1 Satz 2 BinSchVerfG entgegen.
Die Berufung der Beklagten zu 1) und 2) ist nach allem unbegründet.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97, 100 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10 ZPO.
IV. Die Zulassung der Revision beruht auf § 543 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO. Die Entscheidung betrifft grundsätzliche Fragen der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte bei der Binnenschifffahrt, über die in der Rechtsprechung bisher nicht einheitlich entschieden wurde.