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80 P - 10/78 - Berufungskammer der Zentralkommission (Berufungsinstanz Rheinschiffahrt)
Entscheidungsdatum: 31.05.1978
Aktenzeichen: 80 P - 10/78
Entscheidungsart: Urteil
Sprache: Deutsch
Gericht: Berufungskammer der Zentralkommission Straßburg
Abteilung: Berufungsinstanz Rheinschiffahrt

Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschiffahrt
 
Urteil

vom 31. Mai 1978

(auf Berufung gegen das Urteil des Rheinschifffahrtsgerichts Mainz vom 31. August 1977 - 13 Js 16685/76-19 OW-)

Die Berufungskammer hat erwogen:

I.

Die Berufung des Betroffenen gegen das ihm am 4.10.1977 zugestellte Urteil des Rheinschifffahrtsgerichts Mainz ist fristgerecht am 7.10.1977 eingelegt und durch den am 18.10.1977 beim Gericht erster Instanz eingegangenen Schriftsatz auch fristgemäß begründet worden. Die Berufung ist somit zulässig.

II.

Wie sich aus der von der Berufungskammer bei der zuständigen Schiffsuntersuchungskommission beim Wasser- und Schifffahrtsamt Duisburg-Rhein erhobenen Fotokopie des Schiffsattestes des dem Betroffenen gehörenden Fahrzeuges "LT" (Nr. 1.197 ausgestellt am 8.9.1967 und gültig bis 7.9.1979) ergibt, handelt es sich bei dem genannten Fahrzeug um eine Kombination von Schleppkahn und Schubleichter. Die Art des Fahrzeuges wird im Attest als "Schleppkahn und Schub leichter" angegeben und die Mindestbemannung "als Schleppkahn für die Strecke oberhalb der Duisburg-Hochfelder-Brücke" auf zwei Matrosen festgesetzt. Das Attest enthält "-weiter folgende "Besondere Bedingungen":

"Das Fahrzeug benötigt weder einen Schiffsführer noch eine Besatzung, wenn es in einem Schubverband eingestellt ist, oder wenn es von einem Schubboot längsseits gekuppelt mitgeführt wird, sofern das Schiffsattest des Schubbootes eine solche Zusammenstellung zulässt. In allen anderen Fällen muss das Fahrzeug einen Schiffsführer und die oben angegebene Mindestbemannung haben."


Das Motorschiff "HP" Heimatort Duisburg-Ruhrort, das am 30.9.1976 bei der Kontrolle durch die Wasserschutzpolizei bei Rhein-km 522 das Fahrzeug des Betroffenen auf Talfahrt längsseits gekuppelt hatte, ist ausweislich des gleichfalls von der Berufungskammer erhobenen Schiffsattest-Auszuges "zum Schleppen von   längsseits gekuppelten Anhängen geeignet...". Nach einer schriftlichen Auskunft der zuständigen Schiffsuntersuchungskommission beim Wasser und Schifffahrtsamt Duisburg-Rhein, die diese auf eine Anfrage der Berufungskammer am 25.4.1978 erteilt hat, umfasst diese für das Motorschiff "HP" erteilte Genehmigung auch das Verschleppen längsseits gekuppelter Schubleichter, da diese von dem Sammelbegriff "Anhang" neben Schleppkähnen und Gütermotorschiffen erfasst seien. Nach Auffassung der Schiffsuntersuchungskommission sei eine Besatzung auf dem längsseits gekuppelten Kombinations-Fahrzeug "LT" somit nicht erforderlich gewesen, da das Fahrzeug zulässigerweise als Schubleichter eingesetzt gewesen sei. Die Rechtsfrage nach der Qualifikation des Fahrzeuges des Betroffenen kann - ungeachtet der oben angeführten Auskunft der Schiffsuntersuchungskommission - in dem vorliegenden Falle auf sich beruhen bleiben, da der Betroffene nach seinem unwiderlegten Vorbringen das Fahrzeug schon seit mehreren Jahren als Schubleichter eingesetzt hat und somit davon ausgegangen werden kann, dass er auch den Schleppauftrag an die Firma H. AG für einen Schubleichter erteilt hat. In einem solchen Fall ist es dann aber allein Sache des Empfängers des Schleppauftrages für die Gestellung eines zum Längsseits-Verschleppen eines Leichters geeignetes und zugelassenes Fahrzeug zu sorgen. Der Schiffseigner des zu verschleppenden Fahrzeuges darf sich darauf verlassen, dass entsprechend seinem Auftrag verfahren wird und muss nicht selbst kontrollieren, ob das von dem Schleppauftragempfänger eingeteilte Fahrzeug auch tatsächlich zum Schleppen eines längsseits gekuppelten Leichters zugelassen ist. Zu einer solchen Kontrolle wäre der Fahrzeugeigner auch kaum in der Lage, da er sich regelmäßig nicht an Bord des Leichters aufhält. Da somit aus der Sicht des Betroffenen, ohne dass diesem ein Schuldvorwurf gemacht werden kann, davon auszugehen war, dass das ihm gehörende Fahrzeug "LT" als Schubleichter verwendet wurde, entfällt wegen § 10.02  RhSchUO die in erster Instanz ausgesprochene Verurteilung wegen Zuwiderhandlung gegen §§ 1.08 RhSchPVO, 7.02, 7.04 und 7.05 RhSchUO. Insoweit war der Betroffene freizusprechen.

III.

Bezüglich der dem Betroffenen weiterhin zur Last "gelegten Zuwiderhandlungen gegen §§ 1.10 Ziff. 1 a) und g) und 2.04 Abs. 2 RhSchPVO ist die Berufungskammer zwar zu dem Ergebnis gekommen, dass der Betroffene gegen die genannten gesetzlichen Bestimmungen verstoßen hat, jedoch hält sie in Übereinstimmung mit der Staatsanwaltschaft wegen des geringen Verschuldens des Betroffenen eine Ahndung nicht für geboten. Auf Anregung der Staatsanwaltschaft war insoweit gemäß § 4-7 Abs. 2 des deutschen Gesetzes, über Ordnungswidrigkeiten das Verfahren einzustellen.

IV.

Mit Kostenfolge aus § 46 des deutschen Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten in Verbindung mit §§ 465 und 467 der deutschen Strafprozessordnung wird deshalb für Recht erkannt:

1.) Das Urteil des Rheinschifffahrtsgerichts Mainz  vom 31.08.1977 wird auf die Berufung des Betroffenen hin aufgehoben und dieser freigesprochen, soweit ihm eine Zuwiderhandlung gegen § 1.08 der Rheinschifffahrtspolizeiverordnung und gegen §§ 7.02, 7.04 und 7.05 der Rheinschiffs-Untersuchungsordnung zur Last gelegt wurde. Bezüglich der übrigen Zuwiderhandlungen wird das Verfahren eingestellt, da das Verschulden des Betroffenen gering erscheint und die Berufungskammer insoweit eine Ahndung nicht für geboten hält.

2.) Der Betroffene bleibt ohne Kosten. Seine notwendigen Auslagen sind ihm zu ersetzen. Die Kostenfestsetzung wird vom Rheinschifffahrtsgericht erster Instanz vorgenommen.
 
Der Gerichtskanzler:                                                   Der Vorsitzende:

(gez.) Doerflinger                                                       (gez.) L. Specht