Rechtsprechungsdatenbank

8 U 169/10 - Oberlandesgericht (-)
Entscheidungsdatum: 29.10.2010
Aktenzeichen: 8 U 169/10
Entscheidungsart: Urteil
Sprache: Deutsch
Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Abteilung: -

Leitsatz:

Ein bei einem Schiffskauf vertraglich vereinbarter Gewährleistungsausschluss erfasst grundsätzlich alle Mängel, kann aber wegen Arglist unwirksam sein. Er kann auch neben einer vertraglich vereinbarten Beschaffenheitsgarantie bestehen, was zur Folge hat, dass sich der Gewährleistungsausschluss nicht auf die in der Beschaffenheitsgarantie vereinbarten Merkmale bezieht. In einem Schiffsattest gemachte Angaben haben in sofern nur für die technische Zulassung Relevanz, jedoch nicht für tatsächliche Einsatzmöglichkeiten.

 

Urteil des Oberlandesgerichtes Koblenz

vom 29. Oktober 2010

- 8 U 169/10 -

(Landgericht Trier, Aktenzeichen 10 HK.O 63/08)

Tatbestand

Die Parteien sind Partikuliere in der europäischen Binnenschifffahrt. Gemäß Kaufvertrag vom 26.10.2006 erwarb der Kläger von dem Beklagten ein 1980 gebautes und 2001 umgebautes, rund 135 m langes Motorschiff, das über einen Einschraubenantrieb verfügt, zum Preis von … €. Der Kauf erfolgte »wie es reilt und seilt« unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung. Vor Abschluss des Kaufvertrags waren mehrere Besichtigungen und eine Untersuchung des Schiffs in der Werft erfolgt; am 24.08.2006 und am 29.09.2006 waren jeweils Vorverträge unter Vorbehalt abgeschlossen worden.

Am 21.11.1997 hatte die Untersuchungskommission der Bundesrepublik Deutschland in Duisburg für dieses Schiff ein »Schiffsattest« erteilt, ausweislich dessen es für die Fahrt auf dem Rhein zwischen Krimpen/Gorinchem und Basel für tauglich befunden wurde; die Gültigkeit des Attests ist bis 14.08.2014 verlängert worden.

Im Zeitpunkt des Verkaufs verfügte das Schiff über eine Sondererlaubnis der deutschen Behörden gemäß der Rheinschiffahrtspolizeiverordnung vom 11.07.2001, wonach es den Oberrhein auf dem Stromabschnitt zwischen Mannheim und der deutsch – französischen Grenze bei Lauterburg befahren durfte; über eine Sondererlaubnis der französischen oder schweizerischen Behörden, den Oberrhein von der deutsch-französischen Grenze bis Basel zu befahren, verfügte es nicht. Nachdem der Kläger mit dem Schiff die gesamte Oberrheinstrecke bis Basel 66 mal befahren hatte, teilte ihm die Wasser- und Schifffahrtsdirektion Südwest am 25.02.2008 mit, er werde künftig nicht mehr an der Schleuse Iffezheim geschleust, da er nicht über die aufgrund der Beschaffenheit seines Schiffes erforderliche Sondererlaubnis der zuständigen Behörde zum Befahren des Oberrheins oberhalb der deutsch-französischen Grenze verfüge. Der dagegen gerichtete Antrag des Klägers, seine Berechtigung zum Befahren des Streckenabschnitts zwischen der deutsch-französichen Grenze bis Basel festzustellen, blieb bei den Verwaltungsgerichten in zwei Instanzen ohne Erfolg.
Der Kläger ist der Auffassung, der Beklagte hafte ihm für den Schaden, der ihm dadurch entstanden sei und entstehe, dass er das Schiff seit 25.02.2008 nicht mehr auf der Rheinstrecke oberhalb der deutsch-französischen Grenze befahren könne.
Er hat vorgetragen, der Beklagte habe ihm vor Abschluss des Kaufvertrags mehrfach und ausdrücklich zugesichert, dass für sein Schiff eine Erlaubnis für die Fahrt bis Basel vorliege. Dem Beklagten sei klar gewesen, dass seine umfassenden Garantien für ihn – den Kläger – von vertragsgegenständlicher Bedeutung gewesen seien.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass der Beklagte ihm zum Ersatz des Schadens verpflichtet sei, der ihm dadurch entstanden sei und noch entstehe, dass das am 26.10.2006 von dem Beklagten an ihn verkaufte MS »A« (ex »B«) seit dem 25.02.2008 nicht mehr in dem im Schiffsattest Nr. ... der Bundesrepublik Deutschland vom 21.11.1997, zuletzt am 17.8.2005 verlängert bis 14.08.2014, angegebenen Zustand, insbesondere dem dort vorgeschriebenen Einschraubenbetrieb (Ziff.29), auf der Rheinstrecke zwischen Schleuse Iffezheim (Rhein-km 334,0) und Basel (Rhein-km 166,53) zur Schifffahrt verwendet werden kann,

2. den Beklagten weiter zu verurteilen, an ihn vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von netto Euro 2.687,60 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Hilfsweise zum Antrag zu Ziffer 1 hat der Kläger beantragt,
festzustellen, dass der Beklagte ihm zum Ersatz des Schadens verpflichtet sei, der ihm dadurch entstanden sei und noch bis 14.8.2014 entstehe, dass das am 26.10.2006 von dem Beklagten an ihn verkaufte MS »A« (ex »B«) seit dem 25.02.2008 nicht mehr in dem im Schiffsattest Nr. ... der Bundesrepublik Deutschland vom 21.11.1997, angegebenen Zustand, insbesondere dem dort vorgeschriebenen Einschraubenbetrieb (Ziff.29), auf der Rheinstrecke zwischen Schleuse Iffezheim (Rhein-km 334,0) und Basel (Rhein-km 166,53) zur Schifffahrt verwendet werden kann.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Er hat bestritten, Garantien oder Zusicherungen bezüglich der schifffahrtspolizeilichen Erlaubnisse zum Fahrtbetrieb bis Basel abgegeben zu haben. Er selbst als Moselschiffer habe – was der Kläger wusste – nie den Oberrhein bis Basel befahren.
Das Landgericht hat den Kläger angehört und Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen C, D, E, F und G. ...

Mit Urteil vom 18.01.2010 … hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Aufgrund der Beweisaufnahme vermochte es nicht die Überzeugung zu gewinnen, dass der Beklagte das Vorliegen schifffahrtspolizeilicher Genehmigung bestätigt habe. Jedenfalls aber liege in dem Umstand, dass der Kläger es unterlassen habe, nachzufragen, wann und von wem Fahrerlaubnisse erteilt worden seien, ein der erfolgreichen Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen entgegenstehendes Eigenverschulden.

Dagegen wendet sich der Kläger mit der Berufung, mit der er seine erstinstanzlichen Klageziele weiterverfolgt. Er rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts. …

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Das Landgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat die Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch nicht nachgewiesen.

1.) Gemäß §§ 437 Nr.3 1.Alt., 440, 280, 281 BGB steht dem Käufer einer mangelhaften Sache unter bestimmten Voraussetzungen das Recht zu, sofort Schadensersatz statt der Leistung zu verlangen.
Ob die Voraussetzungen dieser anspruchsbegründenden Norm vorliegen, kann dahinstehen. Auch wenn in dem Umstand, dass das Schiff auf der Oberrheinstrecke mangels schifffahrtspolizeilicher Genehmigung nur eingeschränkt einsetzbar ist, ein Mangel liegt, kann sich der Beklagte mit Erfolg auf den vereinbarten Gewährleistungsausschluss berufen.
Die Parteien haben im Kaufvertrag vom 26.10.2006 einen Haftungsausschluss wirksam vereinbart.
Gemäß § 444 BGB kann sich der Verkäufer auf eine Vereinbarung, durch welche die Rechte des Käufers wegen eines Mangels ausgeschlossen oder beschränkt werden, nur dann nicht berufen, soweit er den Mangel arglistig verschwiegen oder eine Garantie für die Beschaffenheit der Sache übernommen hat.

a) Das Verschweigen des Mangels kann durch aktives Tun oder Unterlassen eines Hinweises auf den Mangel geschehen; es muss jedoch arglistig geschehen.
Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung handelt arglistig, wer unrichtige Erklärungen in Kenntnis ihrer Unrichtigkeit abgibt; bedingter Vorsatz reicht hierfür aus (BGH Urteil vom 07.06.2006 – VIII ZR 209/05, NJW 06, 2839 m.w.N.). Der Vorsatz des Verkäufers muss sich auf drei Umstände beziehen: auf das Vorhandensein des Mangels, auf die Unkenntnis des Käufers vom Mangel und darauf, dass der Käufer bei Kenntnis des Mangels anders disponiert hätte (Bamberger/Roth/Faust, BGB, 2. Auf., § 438 Rn. 40 m.w.N.).
Dafür, dass der Beklagte gewusst oder damit gerechnet hat, dass das Schiff auf dem Oberrhein aus Rechtsgründen nur eingeschränkt einsetzbar war, liegen keine Anhaltspunkte vor.
Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung liegt Arglist aber auch dann vor, wenn der Verkäufer zu Fragen, deren Beantwortung erkennbar maßgebliche Bedeutung für den Kaufentschluss seines Kontrahenten hat, ohne tatsächliche Grundlagen ins Blaue hinein unrichtige Angaben macht (BGH, a.a.O., m.w.N.). Dafür ist allerdings zumindest erforderlich, dass der Verkäufer mit dem Vorhandensein eines Mangels oder der Unrichtigkeit seiner Angaben rechnet und er weiß, dass er insofern nicht über die notwendigen Informationen verfügt (Bamberger/Roth/Faust , a.a.O., m.w.N.).
Aufgrund der Beweisaufnahme steht auch zur Überzeugung des Senats fest, dass der Beklagte, angesprochen auf die mit der Länge des Schiffs und dem Umstand, dass es nur über einen Einschraubenantrieb verfügt, verbundene Problematik der Befahrbarkeit des Oberrheins, diesbezügliche bestätigende Angaben gemacht hat. Der Beklagte trägt vor, er habe mit seinen Angaben lediglich die technische Zulassung des Schiffs für die Befahrbarkeit der gesamten Oberrheinstrecke auf der Grundlage des Schiffsattestes bestätigt.
Unstreitig liegt ein solches Schiffsattest vor. Folglich kann dem Beklagten nicht vorgeworfen werden, bewusst »ins Blaue hinein« falsche Angaben zur Einsatzmöglichkeit des Schiffs auf dem Oberrhein gemacht zu haben. Unstreitig ist er selbst mit dem Schiff nie bis Basel gefahren. Unstreitig ist weiter, dass er dem Kläger eine Mappe mit den »Schiffspapieren« übergeben hat (…). Aus dieser Mappe ergab sich das Fehlen der Erlaubnis der zuständigen Behörde für die Fahrt oberhalb der deutsch – französischen Grenze. Somit kann auch nicht davon ausgegangen werden, der Verkäufer habe die fehlende Erlaubnis »auf gut Glück« verschwiegen (vgl. dazu Bamberger/ Roth/Faust, a.a.O., § 438 Rn. 40).

b) In Übereinstimmung mit dem Landgericht ist auch der Senat der Auffassung, dass der Beklagte keine Garantie für die Fahrtberechtigung des Schiffes auf der gesamten Oberrheinstrecke übernommen hat.
Die Garantie ist eine vertragliche Vereinbarung, durch die der Garant die Gewähr für das Vorliegen einer Beschaffenheit übernimmt (Jauernig, BGB, 13. Auflage, § 443 Rn. 2). Sie beinhaltet die Erklärung, für das Vorhandensein bestimmter Beschaffenheitsmerkmale unbedingt einstehen zu wollen (Erman – B. Grunewald, BGB, 11. Auflage, § 442 Rn. 2). Die Übernahme einer Garantie setzt daher – wie die Zusicherung i.S.d. § 463 BGB a.F. – voraus, dass der Verkäufer in vertragsmäßig bindender Weise die Gewähr für das Vorhandensein der vereinbarten Beschaffenheit der Kaufsache übernimmt und damit seine Bereitschaft zu erkennen gibt, für alle Folgen des Fehlens dieser Beschaffenheit einzustehen. Diese Einstandspflicht erstreckt sich bei der Garantieübernahme, ebenso wie ehemals bei der Eigenschaftszusicherung, auf die Verpflichtung zum Schadensersatz, wobei Schadensersatz selbst dann zu leisten ist, wenn den Verkäufer hinsichtlich des Fehlens der garantierten Beschaffenheit kein Verschulden trifft (§ 276 Abs. 1 S. 1 BGB ; vgl. BGH Urt. v. 29.11.2006 – VIII ZR 92/06, NJW 07, 1346 = BGHZ 170,86).
Aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme vermag der Senat – ebenso wie das Landgericht – nicht die Überzeugung zu gewinnen, dass der Beklagte eine Garantie für das Vorliegen einer behördlichen Erlaubnis zum Befahren der gesamten Oberrheinstrecke übernommen hat.
Ausdrücklich hat er eine solch weitgehende, rechtlich als Garantieübernahme zu wertende Erklärung in Bezug auf die Befahrbarkeit des Oberrheins mit dem Kaufobjekt nicht abgegeben. Es kann aber auch nicht von einer stillschweigenden Übernahme einer solchen Einstandspflicht ausgegangen werden. Zwar ist eine solche grundsätzlich möglich; nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist jedoch mit Rücksicht auf die weitreichenden Folgen bei der Annahme einer stillschweigenden Garantieerklärung Zurückhaltung geboten (BGH, a.a.O.). Entscheidend ist, wie der Vertragspartner die Erklärungen und das Verhalten des Verkäufers aus seiner Sicht nach Würdigung aller Begleitumstände verstehen musste.
Die Beweisaufnahme hat keinerlei Anhaltspunkte ergeben, aufgrund derer der Kläger hätte davon ausgehen dürfen, der Beklagte wolle ihm gegenüber auf jeden Fall dafür einstehen, dass er mit dem Schiff ohne Einschränkung bis Basel fahren könne und dass er – der Beklagte -, wenn dies nicht zutreffe, gegebenenfalls auch ohne Verschulden auf Schadensersatz haften wolle. Aus den mündlichen Angaben des Beklagten während der Vertragsverhandlungen konnte der Kläger auf eine so weit gehende Einstandspflicht des Beklagten nicht schließen.
Der Senat vermag aber auch aus den Begleitumständen und den vorvertraglichen Verhandlungen keine Indizien zu erkennen, die bei dem Kläger die berechtigte Erwartung hätten wecken können, der Beklagte wolle ihm gegenüber für die uneingeschränkte Einsatzmöglichkeit des Schiffes auf dem Oberrhein unter allen Umständen einstehen.
Die gesetzlichen Voraussetzungen gemäß § 444 BGB, unter denen es dem Beklagten als Verkäufer verwehrt wäre, sich auf den Haftungsausschluss berufen, liegen somit nicht vor.

2.) Nach höchtsrichterlicher Rechtsprechung greift ein Haftungsausschluss aber auch dann nicht ein, wenn die Parteien des Vertrags eine bestimmte Beschaffenheit vereinbart haben (§ 434 Abs. 1 S. 1 BGB) und diese vereinbarte Beschaffenheit fehlt (BGH a.a.O.; OLG Brandenburg Urt. v. 28.01.2010 – 5 U 48/09, NJW-RR 10, 1169; Palandt/ Weidenkaff, BGB, 69. Aufl. § 434 Rn. 4 m.w.N. ).
Die Frage, ob ein vereinbarter Haftungsausschluss in uneingeschränktem Sinn aufzufassen ist, ist nämlich nicht nur nach dem Wortlaut der Ausschlussbestimmung, sondern nach dem gesamten Vertragstext zu beurteilen. Wenn Parteien in einem Kaufvertrag nicht nur die Gewährleistung für das Kaufobjekt ausschließen, sondern zugleich eine Soll-Beschaffenheit vereinbart haben, stehen beide Regelungen, zumindest aus der Sicht des Käufers, gleichrangig nebeneinander und können deshalb nicht in dem Sinn verstanden werden, dass der umfassende Gewährleistungsausschluss die Unverbindlichkeit der Beschaffenheitsvereinbarung zur Folge haben soll. Eine nach beiden Seiten interessengerechte Auslegung der Kombination von Beschaffenheitsvereinbarung und Gewährleistungsausschluss kann deshalb nur dahin vorgenommen werden, dass der Haftungsausschluss nicht für das Fehlen der vereinbarten Beschaffenheit, sondern nur für solche Mängel gelten soll, die darin bestehen, dass die Sache sich nicht für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet ( § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB) bzw. sich nicht für die gewöhnliche Verwendung eignet und keine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann (§ 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB).
Aufgrund des Ergebnisses der erstinstanzlichen Beweisaufnahme vermag der Senat nicht die sichere Überzeugung gemäß § 286 ZPO zu gewinnen, dass die Parteien die uneingeschränkte Einsatzmöglichkeit des Schiffes mit dem Einschraubenantrieb auf der gesamten Oberrheinstrecke vertraglich vereinbart haben.
Vereinbart ist eine Beschaffenheit, wenn der Vertrag die Verpflichtung enthält, die Sache in dieser Beschaffenheit zu übertragen. Diese muss also integraler Vertragsbestandteil sein. Erklärungen und Handlungen sind im Hinblick auf die Frage, ob eine Vereinbarung getroffen wurde, nach dem Empfängerhorizont zu beurteilen (§§ 133, 157, 242 BGB ; vgl. dazu Pammler in jurisPK-BGB, 5. Aufl. 2010, § 434 Rn. 34; Palandt/ Weidenkaff, a.a.O., § 434 Rn. 15).
Nicht erforderlich ist ein besonderer Einstandswille des Verkäufers (Münchener Kommentar BGB – H.P. Westermann, 5. Aufl., § 434 Rn. 12; Staudinger, BGB Neubearbeitung 2004, § 434 Rn. 55 m.w.N.).
Erforderlich sind aber beiderseitige Willenserklärungen der Parteien.

Die Vertragsurkunde selbst enthält bezüglich des streitigen Punkts keine Aussage.
Aufgrund des Sachvortrags der Parteien und der Beweisaufnahme lässt sich auch nicht feststellen, dass diesbezüglich eine ausdrückliche mündliche Absprache erfolgt sei.

Es ist jedoch auch möglich, eine Beschaffenheitsvereinbarung konkludent zu treffen. Dabei kann die für eine Beschaffenheitsvereinbarung erforderliche Willensübereinstimmung konkludent in der Weise erzielt werden, dass der Käufer dem Verkäufer bestimmte Anforderungen an den Kaufgegenstand zur Kenntnis bringt und dieser zustimmt (BGH Urt. v. 20.05.2009 – VIII ZR 191/07, NJW 09, 2807). Die Vereinbarung einer Beschaffenheit kann aber nur dann angenommen werden, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, denn sonst würde § 434 Abs.1 S. 2 Nr. 2 BGB jeder Bedeutung beraubt, und die dort niedergelegten Kriterien könnten umgangen werden (Bamberger/Roth/Faust, a.a.O., § 434 Rn. 40 m.w.N.). Eine einseitig gebliebene Vorstel-lung des Käufers genügt selbst dann noch nicht, wenn sie dem Verkäufer bekannt ist (BGH, a.a.O.; Pammler a.a.O.; Rn. 34; MK, a.a.O. Rn. 12). Keine Vereinbarung über eine bestimmte Beschaffenheit liegt dann vor, wenn sich der Verkäufer bezüglich einer Beschaffenheit des Kaufgegenstandes ausdrücklich auf eine bestimmte Quelle bezieht und damit zum Ausdruck gibt, woher er die Angabe entnommen hat (Pammler, a.a.O., Rn. 38 m.w.N.).

Unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und der allgemeinen Auffassung der Literatur vermag der Senat keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür zu erkennen, dass das Vorliegen einer Erlaubnis zum Befahren der gesamten Oberrheinstrecke Vertragsbestandteil geworden ist.

Aus der Anhörung des Klägers ergibt sich, dass ihm die mit dem Umstand des Einschraubenantriebs und der Oberrheinstrecke verbundene Problematik umfassend bekannt war. Er wusste auch, dass für Schiffe mit Einschraubenantrieb Bestandsschutz bestehe, wenn sie vor dem 30.09.2001 gebaut worden sind und von der zuständigen Behörde eine Erlaubnis zum Befahren des Oberrheins bekommen haben. Er hat weiter vorgetragen, dem Beklagten gegenüber von Anfang an offengelegt zu haben, dass der Oberrheinverkehr für ihn eine wichtige Relation sei und es sich deshalb insoweit um einen wesentlichen wertbestimmenden Faktor handele.

Aufgrund der Beweisaufnahme vermag der Senat jedoch nicht die sichere Überzeugung zu gewinnen, dass seitens des Klägers die für ihn wesentliche wertbestimmende Bedeutung der Nutzung der gesamten Oberrheinstrecke bei den Vertragsverhandlungen hinreichend zum Ausdruck gebracht worden ist und dass der Beklagte eine Erklärung abgegeben hat, die aus der Sicht des Klägers als Bestätigung dieses für ihn wichtigen Umstands hätte angesehen werden können.

Unstreitig hat es mehrere Besichtigungen gegeben und – abschließend – eine Besichtigung des Schiffs auf einer Werft in Holland. Unstreitig sind zwei Vorverträge abgeschlossen worden, vor deren Abschluss die – dem Kläger bekannte – Frage der Erlaubnis zum Befahren des gesamten Oberrheins trotz Einschraubenantriebs nicht erörtert worden ist und die beide einen umfassenden Gewährleistungsausschluss enthielten.
Die Vorverträge enthielten jeweils lediglich andere Vorbehalte, unter anderem bezüglich der Finanzierungsmöglichkeit und des Ergebnisses einer Besichtigung des Schiffes auf Helling. Die Einsatzmöglichkeit des Schiffes wurde hingegen nicht thematisiert.
In der Beweisaufnahme haben die Zeugen bestätigt, dass über die sich aus dem Einschraubenantrieb ergebende Problematik gesprochen worden ist…

Der Senat folgt den Angaben der Zeugen in Übereinstimmung mit dem Landgericht. Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten würden ( § 529 Abs. 1 ZPO ), liegen nicht vor; der Senat sieht daher keinen Anlass, die Beweisaufnahme zu wiederholen.

Aufgrund der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats fest, dass über die sich aus der Länge des Schiffs mit dem Einschraubenantrieb auf dem Oberrhein ergebende Problematik gesprochen worden ist. Der Senat vermag jedoch nicht mit der notwendigen Überzeugung festzustellen, dass der Beklagte das Vorliegen einer tatsächlich und rechtlich umfassenden Erlaubnis, mit dem Kaufobjekt den gesamten Oberrhein bis Basel zu befahren, bestätigt hat. Mehrere Zeugen haben vielmehr bekundet, der Beklagte habe bei seiner Erklärung auf das Schiffsattest Bezug genommen. Das Schiffsattest bestätigt aber die technische Zulassung des Schiffes für die Fahrt bis Basel.
Nach alledem geht der Senat von folgendem Sachverhalt aus: In den Vertragsverhandlungen vor Abschluss der beiden Vorverträge war die Frage der Möglichkeit zum Befahren der Oberrheinstrecke überhaupt nicht thematisiert worden. Zum ersten Mal ist darüber gesprochen worden in Gegenwart des Zeugen E, dort aber unter Bezugnahme auf das Schiffsattest. Im Übrigen ist die Problematik erst erörtert worden, als das Schiff in Holland auf der Werft lag, quasi am Ende der Vertragsverhandlungen – der Zeuge D ging davon aus, dass der Kauf zum Zeitpunkt des Gespräches »für ihn schon so gut wie sicher war« -. Angesprochen wurde die Problematik von dem Zeugen C »bei Durchsicht des Schiffsattests«.

Der Umstand, dass der Kläger nach Kaufvertragsabschluss 66mal bis Basel gefahren ist, zeigt, dass die Einsatzmöglichkeit des Kaufobjekts auf dem Rhein auch oberhalb der deutsch – französischen Grenze für ihn von Bedeutung war. Aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme vermag der Senat jedoch nicht die sichere Überzeugung zu gewinnen, dass die Möglichkeit, mit dem Schiff die gesamte Oberrheinstrecke befahren zu können und es auch zu dürfen, zwischen den Parteien vertraglich vereinbart worden ist und integraler Vertragsbestandteil geworden ist.

Der Nachteil aus dieser Nichterweislichkeit trifft den Kläger als die beweispflichtige Partei. Die Berufung des Klägers ist somit mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

Ebenfalls abrufbar unter ZfB 2011 - Nr.2(Sammlung Seite 2018 ff.); ZfB 2011, 2018 ff.