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Leitsatz:
Der Fiskus als gesetzlicher Erbe hat keinen Anspruch auf den Zuschuss zur Abwrackprämie.
Verwaltungsgerichts Düsseldorf
Urteil
vom 10. Februar 1977
Zum Tatbestand:
Das von einem im Oktober 1969 verstorbenen Partikulier hinterlassene Motorschiff ließ die Nachlasspflegerin abwracken, nachdem sie die Antriebsanlage vorher verkauft hatte.
Die beklagte Wasser- und Schifffahrtsdirektion setzte die beantragte Abwrackprämie fest, lehnte aber die Gewährung des staatlichen Zuschusses ab im Hinblick darauf, dass alle Erben des Partikuliers die Erbschaft wegen Überschuldung der Hinterlassenschaft ausgeschlagen hatten und demgemäß der Fiskus - nämlich das klagende Land - als einziger nach amtlicher Feststellung verbleibender Erbe im Sinne der Zuschussrichtlinien vom 3. März 1969 (BAnz. Nr. 48 11. 3. 1969) nicht arm sei.
Nach Zurückweisung des hiergegen eingelegten Widerspruchs verlangt das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren klagende Land Zahlung des Zuschusses von ca. 16000,DM u. a. mit der Begründung, dass im Zeitpunkt der Antragtellung (vor der Erbausschlagung) eine wirtschaftliche Notlage im Sinne der Zuschussrichtlinien gegeben gewesen sei. Ferner sei in einem etwa gleichliegenden Fall der Zuschuss gewährt worden, so dass aus Gründen der Gleichbehandlung die Anerkennung des Anspruchs gerechtfertigt sei. Es komme auch nicht darauf an, ob der Fiskus im Sinne der Richtlinien „arm" sei.
Die Beklagte hält ihren Standpunkt aufrecht. Die Zahlung des Zuschusses würde in einen überschuldeten Nachlass erfolgen und ausschließlich der Gläubigerbefriedigung dienen, was nicht Sinn der Bezuschussung habe sein sollen.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage - rechtskräftig abgewiesen.
Aus den Entscheidungsgründen:
„...
Der Regierungspräsident ist als die zur Verwertung des dem Fiskus angefallenen Nachlasses zuständige Behörde -vgl. Erman/ Bartholomeyczik, Handkommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 5. Aufl. (1972), § 1964 Rdnr. 4 -
...
Das klagende Land hat keinen Anspruch auf den Zuschuss zur Abwrackprämie.
Ein solcher Anspruch könnte sich nur aus Art.3 GG unter Berücksichtigung der bisherigen Handhabung der Zuschussrichtlinien ergeben, wenn zur Herstellung der Gleichheit nach Auszahlung der Zuschüsse an die anderen von diesen Richtlinien erfassten Empfänger einer Abwrackprämie eine andere Regelung nicht möglich wäre, als auch dem Fiskus eine entsprechende Leistung zu gewähren - vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Februar 1969 - Vil C 15/67, BVerwGE 31 S. 279 (285) -.
Dies ist jedoch nicht der Fall, denn die Zuschussrichtlinien sind nach ihrem Wortlaut vorliegend nicht anwendbar und die sich daher ergebende unterschiedliche Behandlung des klagenden Lan¬des gegenüber anderen Schiffseignern ist auch sachgerecht.
Der Fiskus ist weder als Privatschiffer noch als mittelständisches Binnenschifffahrtsunternehrnen im Sinne von Art. 1 Abs. 3a) bzw. b) der Zuschuss-Richtlinien anzusehen, denn er vermag als Bundesland und damit als - wenn auch nicht souveräner - Staat. die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Vorschriften nicht zu erfüllen. Diese erfassen zwei von der Beklagten als förderungsbedürftig angesehene Gruppen von Zuschussberechtigten, denen gemeinsam ist, dass sie als private Wirtschaftssubjekte an einer staatlichen wirtschaftslenkenden Maßnahme teilhaben. Den Kreis der Zuschussberechtigten um den Fiskus als Zwangserben zu erweitern, würde dem von der Beklagten verfolgten Zweck der Bezuschussung mittelständischer Schifffahrttreibender nicht gerecht werden.
Die Zuschuss-Richtlinien lassen eine doppelte Zielrichtung erkennen: Soweit Privatschiffer (§§ 12 ff BSchVG) wie der verstorbene Partikulier von ihnen erfasst werden, soll der Zuschuss dem Effekt der Abwrackprämie verstärken und das Ausscheiden aus dem Beruf durch eine Hilfe zur Schuldentilgung sowie zur Alterssicherung des ausscheidenden Privatschiffers aus sozialen Gründen erleichtern.
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Soweit nach den Zuschuss-Richtlinien andere mittelständische Binnenschifffahrtsunternehmen begünstigt werden, handelt es sich um solche, die infolge ihrer schlechten Ertrags- und Vermögenslage und einer hierdurch etwa durch hohe Beleihung ihrer Schiffseinheiten eingeschränkten wirtschaftlichen Dispositionsmöglichkeit eines zusätzlichen Anreizes und einer Hilfe zum Abwracken bedürfen, weil sie anderenfalls ihr wirtschaftliches Überleben durch einen ruinösen Wettbewerb zu sichern versucht sein könnten.
Beide Zwecke sind jedoch dann nicht mehr erreichbar, wenn ein dem Fiskus angefallener Nachlass nurmehr verwertet wird. Dass der Zuschuss nicht allein der Gläubigerbefriedigung zu dienen bestimmt ist, wird durch Art. II Abs. 2 b) der Zuschuss-Richtlinien deutlich gemacht. Diese Bestimmung erhellt, dass in Fällen, in denen die wirtschaftliche Lage des abwrackenden Binnenschifffahrtstreibenden durch den Zuschuss nicht mehr verbessert werden kann, der Sinn seiner Gewährung entfällt. Demnach ist im Ausschluss des zum Zwangserben gewordenen Fiskus aus dem Kreis der Zuschussberechtigten ein Verstoß gegen Art. 3 GG nicht zu erblicken. Dem klagenden Land steht der Zuschuss nicht zu.
An diesem Ergebnis ändert es nichts, dass zur Zeit der Abwrackung des Schiffes eine Nachlasspflegerin eingesetzt war, die auch den Antrag auf Prämie und Zuschuss gestellt hatte, und der Fiskus als Erbe noch nicht feststand. Insoweit kommt es vorliegend nämlich nicht auf die Sachlage im Zeitpunkt von Abwrackung oder Antragstellung, sondern auf die am Schluss der mündlichen Verhandlung an, denn das klagende Land begehrt die Verpflichtung der Beklagten zum Erlass eines es begünstigenden Verwaltungsakts. Im Übrigen ist der Fiskus infolge der Rückwirkung der Erbbausschlagungen durch die Verwandten des Partikuliers bereits seit dessen Versterben Erbe, wenn auch die Feststellung nach § 1964 BGB erst später erfolgen konnte.
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Eine Änderung der Sachlage seit Antragstellung bzw. Abwrackung ist somit nicht erfolgt.
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Sollte die Beklagte in anderen Verfahren den Zuschuss ausschließlich zur Gläubigerbefriedigung gewährt haben, so hätte sie in diesen Fällen die bewilligten Haushaltmittel zweckentfremdet. Nach dem Grundsatz „Keine Gleichheit im Unrecht" könnte das klagende Land den geltend gemachten Anspruch aus einer solchen Praxis der Beklagten nicht herleiten.