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8 K 2327/74 - Verwaltungsgericht (-)
Entscheidungsdatum: 20.12.1976
Aktenzeichen: 8 K 2327/74
Entscheidungsart: Urteil
Sprache: Deutsch
Gericht: Verwaltungsgericht Düsseldorf
Abteilung: -

Leitsatz:

Zur Rechtsnatur des Werkverkehrs im Sinne des § 5 BSchVerkG. Dem Sinn und Zweck des Gesetzes - u. a. Vermeidung volkswirtschaftlicher Schäden durch einen Überhang an Schiffsraum - dient besonders die Ausnahmebestimmung des § 5 Abs. 2 BSchVerkG, durch die sichergestellt wird, dass jede den Markt in diesem Bereich berührende wirtschaftliche Betätigung von den Vorschriften des Gesetzes erfasst wird. Auch Werkverkehr im Sinne des § 5 Abs. 1 BSchVerkG ist ein besonders eng gefasster Ausnahmetatbestand.

Verwaltungsgerichts Düsseldorf

Urteil

vom 20. Dezember 1976

(rechtskräftig)

Zum Tatbestand:

Die Klägerin, eine Schiffsgemeinschaft des bürgerlichen Rechts, deren Gesellschafter gleichzeitig Gesellschafter der gleichnamigen OHG X sind, führte mit ihrem einzigen Schiff, einem Schleppkahn, ausschließlich für die OHG Kiestransporte, vorwiegend auf dem Rhein, durch. Die Disposition über den Einsatz des Schiffes lag bei der OHG.

Die beklagte Wasser- und Schifffahrtsdirektion zog die Klägerin zu Beiträgen zum Abwrackfonds heran und wies den Widerspruch gegen entsprechende Bescheide mit der Begründung zurück, dass die Klägerin und die OHG zwei rechtlich selbständige Firmen seien und es sich bei den Transporten daher um beitragspflichtige Verkehrsleistungen gemäß § 21 Abs. 1 BSchVerkG, nicht aber um Werkverkehr handele.

Die Klägerin vertritt in der verwaltungsgerichtlichen Klage auf Aufhebung der Bescheide der Beklagten den Standpunkt, dass sie Werkschifffahrt im Sinne des § 5 Abs. 1 BSchVerkG betreibe, da ihre Gesellschafter und die der OHG personengleich und an die Konkurrenzklausel des § 112 Abs. 1 HGB gebunden seien. Sie habe auch keine eigene Verwaltung, nehme nach außen nicht am Wirtschaftsverkehr teil und sei wirtschaftlich nicht selbständig.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage kostenpflichtig abgewiesen.

Aus den Entscheidungsgründen:

„Die Klage ist nicht begründet, denn die Klägerin hat beitragspflichtige Verkehrsleistungen im Sinne des § 21 Abs. 1 BSchVG erbracht. Mit ihrem Binnenschiff hat sie Transporte für die OHG durchgeführt. Diesen Transportleistungen lagen Vereinbarungen zugrunde, aufgrund deren auch die Abrechnungen zwischen den beteiligten Firmen erfolgt sind. Die Rechtsnatur der den Transporten zugrundeliegenden Vereinbarungen bedarf keiner näheren Prüfung, weil die Leistungen tatsächlich erbracht worden sind. Damit war jedenfalls die Beitragsverpflichtung entstanden, die der Gesetzgeber bereits an den Abschluss von Verträgen über Verkehrsleistungen knüpft.

Es ist zwar richtig, dass reiner Werkverkehr eine Beitragspflicht nicht auslöst, wie der Umkehrschluss aus § 5 Abs. 2 BSchVG ergibt. Bei den Materialtransporten der Klägerin für die OHG handelt es sich indes nicht um Werkverkehr. Nach § 5 Abs. 1 BSchVG ist Werkverkehr „die Beförderung von eigenen Gütern für eigene Zwecke des Unternehmens mit eigenen Schiffen".

Die von der Klägerin durchgeführte Güterbeförderung erfolgte, soweit sie Grundlage der Heranziehungsbescheide ist, nicht für eigene Zwecke ihres Unternehmens. Richtig ist zwar, dass sie mit der OHG personell verbunden ist und mit dieser eine „Firmengruppe" bildet. Daraus folgt jedoch nicht, dass diese Gruppe ein Unternehmen im Rechtssinne darstellt, also eine von einer natürlichen oder juristischen Person zusammengefasste, rechtlich selbständige Wirtschaftseinheit bildet. Eine andere Auslegung des in § 5 BSchVG verwendeten Begriffes Unternehmen, wie die Klägerin dies unter rein wirtschaftlicher Betrachtungsweise tut, verbietet sich bei verständiger Würdigung des mit dem BSchVG, das eine eigene Definition dieses Begriffes nicht enthält, verfolgten Zwecks:

Die Zielrichtung des Gesetzes ergibt sich schon aus der Wortfassung der Vorschrift des § 32 a BSchVG, wonach „infolge eines Überhangs an Schiffsraum" volkswirtschaftliche Schäden in der Binnenschifffahrt behoben werden sollen. Zur Gesundung der deutschen Binnenschifffahrt erschienen dem Gesetzgeber strukturelle und organisatorische Rationalisierungsmaßnahmen erforderlich. Daher sollen im Interesse der Gesamtwirtschaft der Bundesrepublik die Schifffahrttreibenden zur Selbsthilfe veranlasst, insbesondere Überkapazitäten durch Abwracken abgebaut werden.

Sinn und Zweck des Gesetzes dient besonders die Vorschrift des § 5 Abs. 2 BSchVG, wonach in Fällen, in denen neben dem Werkverkehr auch Schifffahrt zu gewerblichen Zwecken durchgeführt wird, der gesamte Schifffahrtsbetrieb als gewerbliche Schifffahrt anzusehen ist. Damit ist sichergestellt, dass jede den Markt in diesem Bereich berührende wirtschaftliche Betätigung von den Bestimmungen des Gesetzes erfasst wird. Die Vorschrift macht zudem deutlich, dass Werkverkehr ein besonders eng gefasster Ausnahmetatbestand ist, denn auch die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 BSchVG voll erfüllende Frachttransporte sind dann kein Werkverkehr im Rechtssinne mehr, wenn andere Transporte für Unternehmensfremde durchgeführt werden.

Dem Ziel dieser Ausnahmebestimmung entsprechend ist der Begriff „Werkverkehr" auch insoweit eng auszulegen, als er nur solche Transporte erfasst, die innerhalb einer rechtlich fassbaren Einheit abgewickelt werden. Demgegenüber ist im Fall der Klägerin festzustellen, dass ihr Gesellschaftsvermögen nicht in die OHG eingebracht worden ist. Getrennte Gesellschaften werden aber gerade mit dem Ziel gegründet, wirtschaftliche Einheiten zur Erreichung verschiedener Gesellschaftszwecke zu bilden. Laufen die Gesellschaftszwecke auch gelegentlich parallel, so kann doch nicht von der Existenz nur eines Unternehmens ausgegangen werden.

Auch der steuerrechtliche Unternehmensbegriff ist im Rahmen des BSchVG nicht anwendbar, denn er ist im Umsatzsteuergesetz nur für dieses festgelegt und hat darüber hinaus keine allgemeine Geltung.

BVerwG, Urteil vom 16. Februar 1968 - VII C 177/65, a.a.O.