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8 K 1968/74 - Verwaltungsgericht (-)
Entscheidungsdatum: 10.02.1977
Aktenzeichen: 8 K 1968/74
Entscheidungsart: Urteil
Sprache: Deutsch
Gericht: Verwaltungsgericht Düsseldorf
Abteilung: -

Leitsatz:

Zum Umfang der Prämienrückerstattungspflicht gemäß § 32 b BSchVG.

Verwaltungsgerichts Düsseldorf

Urteil

vom 10. Februar 1977

Zum Tatbestand:

Der Klägerin, einem Unternehmen mit Hauptsitz in Hamburg und einer Niederlassung in Berlin, wurden im Jahre 1970 Prämien für die Abwrackung von 2 Kähnen gewährt. Im Jahre 1972’ erwarb die Berliner Niederlassung ein neues Motorschiff. Nachdem die beklagte Wasser- und Schifffahrtsdirektion hiervon Kenntnis erhalten hatte, machte sie Rückforderungsrechte gemäß § 32 b BSchVG in Höhe von ca. 73700,- DM geltend.

Nach Zurückweisung des hiergegen eingelegten Widerspruchs verlangt die Klägerin im verwaltungsgerichtlichen Verfahren Aufhebung des Bescheides der Beklagten mit der Begründung, dass es sich bei der Berliner Niederlassung um einen Teilbetrieb im steuerrechtlichen Sinne handele, der seine Geschäfte völlig unabhängig vom Hauptunternehmen abwickele, über eigene Konten, eine eigene Buchhaltung und einen Leiter mit Einzelprokura verfüge sowie selbst bilanziere und den Neubau ebenfalls selbst bezahlt habe. Da es sich bei den abgewrackten Kähnen um Lagerschiffe gehandelt habe, sei ihre Abwrackung auch nicht als Abbau eines Tonnageüberhanges in der gewerblichen Binnenschifffahrt zu bewerten. Der Empfang der Abwrackprämie sei für die Investitionsentscheidung nicht bestimmend gewesen.

Die Beklagte hält entgegen, dass die - sei es auch im Handelsregister eingetragene - Zweigniederlassung keine selbständige juristische Person sei. Die steuerliche Betrachtungsweise sei bei der Anwendung des § 32 b BSchVG nicht möglich. Dieses Gesetz gehöre auch nicht zu den die Berlinförderung regelnden Gesetzen, auf welche sich die Klägerin zur Stützung ihrer Auffassung berufen hatte.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage – rechtskräftig - abgewiesen.

Aus den Entscheidungsgründen:

„...
Zunächst ist es unerheblich, dass die in den Jahren 1969 und 1970 abgewrackten Schleppkähne der Klägerin zuletzt nur noch im Hamburger Lagergeschäft und nicht mehr in der Binnenschifffahrt eingesetzt werden konnten.
...
Zu welchen Zwecken die beiden Kähne in diesem, Bereich eingesetzt worden sind, war für die Prämiengewährung ohne Belang, denn der Bundesminister für Verkehr hat die ihm in § 32 a Abs. 4 Nr. 1 BSchVG eröffnete Möglichkeit zur Erweiterung des Kreises abwrackprämienbegünstigter Binnenschiffe mit § 1 Nr. 2 der Verordnung über die Gewährung von Prämien in der Binnenschifffahrt (PrämienVO) vom 8. Januar 1969 (BGBI. 1 S. 17) genutzt, um die Durchführung der Aktion zu erleichtern.
...
Nach Gewährung der Prämie kommt es aber auch für die Anwendung des § 32 b BSchVG nicht darauf an, ob die abgewrackten Schiffe in der Binnenschifffahrt eingesetzt waren. Diese Bestimmung will nämlich verhindern, dass die Abwrackprämie als „mittelbare Investitionshilfe" wirkt.
...
Für die Erreichung dieses Zweckes ist es bedeutungslos, für welche Art von Schiff die Prämie gewährt worden war, wenn nur das neu erworbene die Voraussetzungen des § 32 b Satz 1 BSchVO erfüllt. Dass eine infolge des Erwerbs entstehende Rückerstattungsverpflichtung diesen erschwert und deshalb geeignet ist, den unternehmerischen Entschluss hierzu zu beeinflussen, wird vom Gesetz - angesichts der Höhe der Erstattungsbeträge mit Grund - unwiderleglich vermutet; darauf, dass die Prämie den Kauf des neuen Binnenschiffes „ausgelöst" hat, kommt es deshalb nicht an.

Ebensowenig ist die Rückforderung dadurch ausgeschlossen, dass das neue Schiff von der Berliner Zweigniederlassung der Klägerin erworben wurde und betrieben wird. Bei dieser Zweigniederlassung handelt es sich nämlich nicht um eine gesonderte natürliche oder juristische Person. Das einleitende „Wer" in § 32 b BSchVG stellt mangels irgendeiner einschränkenden Erläuterung auf die rechtliche Identität des Empfängers der Prämie und des Erwerbers des neuen Schiffes ab. Diese ist auch im Fall einer verselbständigten Zweigniederlassung gegeben, denn der einkommensteuerrechtliche Begriff des „Teilbetriebes" hat ähnlich wie der Unternehmensbegriff bei der Umsatzsteuer - vgl. dazu Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 16. Februar 1968 - VII C 177/65, Buchholz „Subventionsrecht" Nr. 24 - BB 1968 S. 648 (LS) - keine allgemeine Geltung.

Ferner kann es dahinstehen, oh die Klägerin durch rechtliche Verselbständigung ihrer Berliner Zweigniederlassung die Rückerstattung hätte vermeiden können oder ob in diesem Fall nicht ein Umgehungsgeschäft im Sinne von § 42 a BSchVG anzunehmen gewesen wäre, denn sie hat von dieser ihr offenstehenden Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht. Schließlich gilt gemäß § 44 BSchVG dieses auch im Lande Berlin. Damit hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass er ungeachtet der im Rahmen der Berlin-Förderung sonst gewährten Investitionszulagen die Belange auch der Berliner Wirtschaft durch eine bundesweite Verringerung des Schiffsraumes gewahrt sah.