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7 W 4/71 - Oberlandesgericht (Schiffahrtsobergericht)
Entscheidungsdatum: 18.02.1971
Aktenzeichen: 7 W 4/71
Entscheidungsart: Urteil
Sprache: Deutsch
Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Abteilung: Schiffahrtsobergericht

Leitsatz:

Werden Schadensersatzansprüche wegen einer Körperverletzung aufgrund Verletzung der Verkehrssicherungspflicht geltend gemacht, so kommt die kurze Verjährungsfrist des § 117 BSchG nicht zur Anwendung.

Beschluß des Oberlandesgerichts - Schiffahrtsobergericht in Hamm

vom 18. Februar 1971

7 W 4/71 

(Schiffahrtsgericht Dortmund)

Zum Tatbestand:

Die Klägerin macht gegen den Beklagten zu 1 als Schiffseigner und gegen den Beklagten zu 2 als Schiffsführer des MS D Schadensersatzansprüche wegen fahrlässiger Körperverletzung, und zwar Schmerzensgeld und Freistellung von Krankenbehandlungskosten geltend. Die Beklagten hätten mit ihrem Schiff, das im Schiffspacken unmittelbar an der Böschung lag, für den erlaubten Verkehr von und zu den aufliegenden Schiffen eine besondere Gefahrenlage geschaffen und damit ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt.
Das Schiffahrtsgericht hat das Armenrecht zum Teil wegen Verjährung abgelehnt. Der Beschwerde wurde vom Schifffahrtsobergericht insoweit stattgegeben.

Aus den Gründen:

Der angefochtene Beschluß kann sich für seine Auffassung, hier greife die einjährige Verjährungsfrist des § 117 BSchG ein, allerdings auf den Kommentar von Vortisch-Zschucke, Anm. 3 d dortselbst, berufen. In der zitierten Kommentarstelle wird zu Recht darauf hingewiesen, daß die Rechtsprechung die in Ziffer 7 des § 117 BSchG im Klammerzusatz aufgezählten "Forderungen aus dem Verschulden einer Person der Schiffsbesatzung (§ 3, § 4 Nr. 3, §§ 7, 92)" nur als beispielhaft aufgeführte Fälle werte (so auch BGHZ 19, 82) und daß auch ähnliche Forderungen der kurzen Verjährungsfrist von einem Jahr zu unterstellen seien. Anerkannt ist das z. B.
a) für die Haftung des Schiffseigners, soweit sie nach § 114 BSchG (Antritt einer neuen Reise trotz Kenntnis der Forderung) zu einer persönlichen geworden ist (vgl. RGZ 127, 74);
b) für die Haftung des Schiffseigners und Schiffers nach § 4 Abs. 2 BSchG (RGZ 127, 76);
c) für einen Schadensersatzanspruch nach § 904 Satz 2 BGB (vgl. BGHZ 19, 82).

Die im Kommentar von Vortisch-Zschucke daraus hergeleitete Auffassung, der kurzen Verjährung unterlägen alle Forderungen aus einem Verschulden der Schiffsbesatzung, gleichgültig, ob sie aus Vertrag, auf die §§ 3, 4 oder auf sonstige Haftungsvorschriften (z. B. §§ 823 ff. BGB) gestützt würden', geht jedoch zu weit. Im vorliegenden Falle, wo eine Person, die nicht zur Schiffsbesatzung irgendeines Schiffes gehörte, Schadensersatzansprüche und Schmerzensgeld wegen einer Körperverletzung geltend macht (in den oben zitierten Entscheidungen handelte es sich immer um Sachschaden) kann § 117 Ziffer 7 BSchG nicht analog angewendet werden. Hinsichtlich des Beklagten zu 2) kommt lediglich der § 823 BGB als Haftungsgrundlage in Betracht. Der Beklagte zu 1) haftet ebenfalls nicht aus § 7 BSchG (weil die Klägerin nicht zu dem in Abs. 2 geschützten Personen kreis gehört), mit hinreichender Wahrscheinlichkeit aber ebenfalls aus § 823 (Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht). Für die Haftung aus Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht Und die hierdurch hervorgerufenen Personenschäden kommt aber wie bereits das Kammergericht in JW 1938, S. 2358, ausgeführt hat - nur die dreijährige Verjährungsfrist des § 852 BGB in Betracht. Es kann schlechterdings nicht angenommen werden, da das ältere Binnenschiffahrtsgesetz insoweit eine Spezialregel zu der Vorschrift des § 852 BGB darstellt."