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61 P - 1/77 - Berufungskammer der Zentralkommission (Berufungsinstanz Rheinschiffahrt)
Entscheidungsdatum: 02.03.1977
Aktenzeichen: 61 P - 1/77
Entscheidungsart: Urteil
Sprache: Deutsch
Gericht: Berufungskammer der Zentralkommission Straßburg
Abteilung: Berufungsinstanz Rheinschiffahrt

Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschiffahrt
 
Urteil

vom 2. März 1977

(auf Berufung gegen das Urteil des Rheinschifffahrtsgerichts St. Goar vom 27. Februar 1976 - OW 198/75 BSchRh-)

Die Berufungskammer hat erwogen:

Der Betroffene hat sein Rechtsmittel gegen den Beschluss des Rheinschifffahrtsgerichts St. Goar vom 27.2.1976 als Beschwerde bezeichnet. Da er aber eine Entscheidung darüber durch die Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt verlangt, muss es als Berufung gemäß Art. 37 der Revidierten Rheinschifffahrtsakte in der Fassung vom 20.11.1963 angesehen werden. Nur dieses Rechtsmittel ist nämlich bei der Berufungskammer möglich. Es ist auch trotz der Änderung der deutschen Vorschriften über das Verfahren in Rheinschifffahrtsbußgeldsachen erhalten geblieben, wie Artikel I, Absatz 4 des Zusatzprotokolles vom 25.10.1972 zur Revidierten Rheinschifffahrtsakte zeigte Dieses Zusatzprotokoll ist für die Bundesrepublik Deutschland am 27.2.1975 rechtsverbindlich geworden.

Der ergangene Beschluss ist dem Betroffenen am 21.3.1976 zugestellt worden. Sein Rechtsmittel und dessen Begründung sind am 23.3.1976 beim Rheinschifffahrtsgericht St. Goar eingegangen. Es ist mithin formell einwandfrei.

Der Betroffene bestreitet nicht, am 4.12.1974 zwischen 16.00 und 17.00 Uhr gegen § 10.01 Absatz 1 Ziffer c der Rheinschifffahrtspolizeiverordnung 1970 dadurch verstoßen zu haben, dass er zwischen Km 593 und 598 das von ihm geführte MS "A" mit einer Geschwindigkeit von 25 km zu Tal fuhr, obschon die Hochwassermarke I in Koblenz mit 4,88 m und in Andernach mit 5,72 m überschritten war. Die Marken liegen nach § 10.01 Abs. 3 RSchPV 1970 in Koblenz bei 4,70 und in Andernach bei 5,50 m. Sind sie überschritten, so beträgt nach § 10.01 Abs. 1 Ziffer RSchPVO 1970 die erlaubte Höchstgeschwindigkeit für Talfahrer 20 km pro Stunde. Der Betroffene hält sich für schuldlos, weil ihm die Überschreitung der Hochwassermarke I unbekannt gewesen sei, da sein Radiogerät nicht funktioniert habe. Außerdem hält er es für unmöglich, ihm zuzumuten, die ständig wechselnden Hochwassermarken zur Kenntnis zu nehmen, da sie bei ihrer Durchgabe im Radio schon überholt sein könnten. Schließlich seien ihm Arbeitspausen zuzubilligen, in denen er den Steuerstuhl verlassen könne und Wasserstandsmeldungen nicht zu hören brauche. Alle diese Gesichtspunkte entlasten den Betroffenen nicht. Die Bestimmungen der Rheinschifffahrtspolizeiverordnung muss er befolgen.
 
Um dieser Pflicht zu genügen, muss er sie kennen lernen. Unkenntnis ändert an seiner Pflicht nichts. Das gleiche gilt aber auch von der Unkenntnis derjenigen Tatsachen, an die Regeln der Rheinschifffahrtspolizeiverordnung anknüpfen, wie etwa die Überschreitung bestimmter Hochwassermarken. Sie müssen zur Kenntnis genommen werden, um die aus ihnen folgenden Fahrregeln beachten zu können. An der Verantwortung des Schiffsführers für die Befolgung der Regel der Rheinschifffahrtspolizeiverordnung, wie sie in Art. 1.02 § 5 dieser Verordnung normiert ist, ändert sich nichts, wenn er eine Pause macht und das Ruder abgibt. Im konkreten Falle war der Betroffene verpflichtet, den Rudergänger auf die Überschreitung der Hochwassermarken und die damit verbundene Einschränkung der Höchstgeschwindigkeit hinzuweisen. Auch das hat er nicht getan. Da die kritischen Hochwassermarken schon am 3.12.l975 überschritten waren, und zwar in noch größerem Masse als am 4.12., hatte der Betroffene ausreichend Zeit, die Überschreitung zur Kenntnis zu nehmen. Gegen ihn ist deshalb mit Recht ein Bußgeld festgesetzt worden, dessen Höhe (DM 150,-) der Berufungskammer angemessen zu sein scheint.

Es wird deshalb für Recht erkannt:

Die Berufung des Betroffenen gegen den Beschluss des Rheinschifffahrtsgerichts St. Goar vom 27.2.1976 wird als unbegründet zurückgewiesen. Der Beschluss wird bestätigt.

Die Kosten des Verfahrens, die nach Artikel 39 der Revidierten Rheinschifffahrtsakte vom Rheinschifffahrtsgericht St. Goar festzusetzen sind, fallen dem Betroffenen zur Last.

Der Gerichtskanzler:                                  Der Vorsitzende:
(gez.) Doerflinger                                      (gez.) Quanjard