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Leitsatz:
Der Fixkostenspediteur, der gemäß §§ 459, 606 Satz 2 HGB wie ein Verfrachter haftet, kann die Haftungsbeschränkungen der Reederei, die von ihm mit dem Seetransport beauftragt wurde, auch dann seinem Auftraggeber nicht entgegen halten, wenn dieser die Reederei vorgegeben hat.
Urteil des Hanseatisches Oberlandesgericht
Hamburg 6. Zivilsenat
vom 11.01.2007
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerinnen wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Kammer 13 für Handelssachen, vom 16.02.2006 (Az. 413 O 6 / 05) teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin zu 1) € 23.814,76, an die Klägerin zu 2) € 4.536,15, an die Klägerin zu 3) € 4.536,15 und an die Klägerin zu 4) € 12.474,39, jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.02.2005, zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten der Beklagten tragen die Beklagte 54 %, die Klägerin zu 1) 24 %, die Klägerin zu 2) 5 %, die Klägerin zu 3) 5 % und die Klägerin zu 4) 12 %.
Von ihren außergerichtlichen Kosten tragen die Klägerinnen zu 1), 2), 3) und 4) jeweils 46 % selbst und die Beklagte 54 %. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jede Partei darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die gegnerische Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
I.
Die Klägerinnen behaupten, mit Quoten von 52,5%, jeweils 10% und 27,5% Transportversicherer der Firma M. Industrieanlagen GmbH zu sein (im folgenden: Versicherungsnehmerin). Sie nehmen die Beklagte, ein Speditionsunternehmen, aus übergegangenem Recht auf Schadensersatz wegen eines Transportschadens in Anspruch.
Die Versicherungsnehmerin war am Bau einer Aluminiumfabrik im Iran beteiligt. Im Hinblick auf den Seetransport der Bauteile zum iranischen Hafen Bandar Abbas schloss sie mit der Beklagten am 25.07.2002 eine als Rahmen- Transportbestellung bezeichnete Vereinbarung (Anl. K 13). Auf den Seiten 3 und 4 der Vereinbarung heißt es unter der Überschrift „Reedereiwahl“:
Von den Häfen “Hamburg“ und “Antwerpen“ werden Sie mit den iranischen Staatsreedereien I. und B. verschiffen, von den Häfen “Le Havre“ und “Marseille“ mit Reedereien Ihrer Wahl.
Im Rahmen dieses Vertrages beauftragte die Beklagte die iranische Staatsreederei I. mit dem Transport von vier Containern und zwei flat racks von Hamburg nach Bandar Abbas am persischen Golf. Auf dem flat rack TEXU 898 032 – 2 war eine Kranbrücke Süd und auf dem flat rack TEXU 430 766 – 9 eine Kranbrücke Nord verladen. Die Reederei übernahm die Sendung mit einem von ihrer Deutschland-Agentur in Hamburg ausgestelltem Bill of Lading vom 23.06.2003 (Anl. B 2) auf das Seeschiff „I. S.“. Am 15.07.2003 wurde die Partie im Hafen von Bandar Abbas entladen.
Die Klägerinnen haben behauptet, bei der Entladung des flat rack mit der Kranbrücke Süd sei das Lastanschlagseil gerissen. Die Kranbrücke Süd sei auf zwei weitere noch auf dem Schiff liegende Container / flat racks gefallen. Dadurch seien beide Kranbrücken beschädigt worden. Der Gesamtschaden belaufe sich auf € 186.659,75. Nach ihrer Auffassung hafte die Beklagte für den Schaden als Fixkostenspediteur gem. §§ 459, 606 S. 2 HGB wie ein Verfrachter. Die Klägerinnen haben die Beklagte auf die Höchsthaftung gem. § 660 HGB in Anspruch genommen, die sie mit insgesamt € 83.586,40 bezifferten (2 x € 1,23444 x 2 x 16.928 kg).
Die Klägerinnen haben beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin zu 1) € 43.882,86, an die Beklagte zu 2) € 8.358,64, an die Klägerin zu 3) € 8.358,64 und an die Klägerin zu 4) § 22.986,26 jeweils nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 09.09.2004 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, sie hafte nicht gem. § 459 HGB wie ein Verfrachter, weil sie mit der Versicherungsnehmerin keine Fixkostenabrede getroffen habe. Selbst wenn sie aber wie ein Verfrachter haften sollte, sei ihre Haftung gem. Ziffer 9 der I.-Konnossementsbedingungen (Anl. B 1) auf 100 GBP (Britische Pfund) pro Packstück begrenzt. Diese Bedingungen müssten sich die Klägerinnen gem. § 242 BGB entgegenhalten lassen, weil die Versicherungsnehmerin ihr die Beauftragung der iranischen Staatsreederei I. vorgegeben habe. Die Beklagte hat ferner den Schadenshergang bestritten, insbesondere eine Beschädigung der Kranbrücke Nord, und den geltend gemachten Schaden der Höhe nach in Abrede gestellt.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes in der ersten Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Mit Urteil vom 16.02.2006 hat das Landgericht die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Voraussetzungen für eine Haftung der Beklagten als Fixkostenspediteurin gem. § 459 HGB seien nicht nachgewiesen. Wegen der Begründung des Landgerichts im Einzelnen wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils Bezug genommen.
Das Urteil ist den Klägerinnen am 17.02.2006 zugestellt worden. Sie haben gegen das Urteil am 17.03.2006 Berufung eingelegt und diese am 13.04.2006 begründet.
Mit der Berufung wenden sich die Klägerinnen dagegen, dass das Landgericht die Voraussetzungen des § 459 HGB verneint hat und vertiefen ihr Vorbringen aus der ersten Instanz.
Die Klägerinnen beantragen, das am 16. Februar 2006 verkündete Urteil des Landgerichts Hamburg mit dem Aktenzeichen 413 O 6/05 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin zu 1) € 43.882,86, an die Klägerin zu 2) € 8.358,64, an die Klägerin zu 3) € 8.358,64 und an die Klägerin zu 4) € 22.986,26 jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 9. September 2004 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil und vertieft ebenfalls ihr Vorbringen aus der ersten Instanz.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
II.
Die zulässige Berufung der Klägerinnen hat in der Sache zum Teil Erfolg. Sie können von der Beklagten gem. §§ 459, 606 S.2, 660 Abs. 1 HGB i.V.m. § 398 BGB Schadensersatz in Höhe von insgesamt € 45.361,45 beanspruchen. Hinsichtlich der weitergehenden Zahlungsansprüche hat das Landgericht die Klage zu Recht abgewiesen.
1. Die Klägerinnen haben ihre Aktivlegitimation durch die Abtretungserklärung ihrer Versicherungsnehmerin Firma M. Industrieanlagen GmbH vom 30.06.2004 (Anl. K 7) und den Nachtrag Nr. 54 zur Transport-Generalpolice Nr. 1610 (Anl. K 12), der auch ihre quotenmäßige Beteiligung aufzeigt, nachgewiesen.
2. Die Beklagte haftet gem. §§ 459, 606 S. 2 HGB als Fixkostenspediteur wie ein Verfrachter. Eine Fixkostenabrede i.S.v. § 459 HGB liegt vor, wenn Versender und Spediteur als Vergütung einen bestimmten Betrag vereinbaren, der die Kosten für die Beförderung einschließt. Entscheidend ist, ob sich aus der Art der Vergütungsabrede ergibt, dass der Spediteur die Beförderung im Wesentlichen auf eigene Rechnung und nicht auf Rechnung des Versenders durchführen soll (vgl. BGH TranspR 1999,164, 167; Koller, Transportrecht, 5. Aufl., § 459 HGB Rn. 20; speziell zum Seefrachtrecht: BGH NJW 1982, 1943 f; Rabe, Seehandelsrecht, 4. Aufl., § 642 Rn. 14).
Diese Voraussetzungen liegen vor. Die Versicherungsnehmerin beauftragte die Beklagte mit der Versendung auf der Grundlage der Rahmen-Transport- Bestellung vom 25.07.2002 (Anl. K 13). Diese Rahmenvereinbarung weist für die Seefracht von den genannten europäischen Häfen zum Bestimmungshafen Bandar Abbas, Iran, ausdrücklich bezifferte Festpreise aus, differenziert nach der Bauart der Container. Diese Festpreise hat die Beklagte auch in ihrer Rechnung vom 22.07.2003 (Anl. K 8) übernommen, nämlich für die drei 40 Open Top Container jeweils € 1.860,00 und für einen 40 ` Box Container € 1.065,00. Für die zwei flat racks, auf denen die streitgegenständlichen Kranbrücken verladen waren, berechnete die Beklagte einen Festpreis von jeweils € 2.200,00. Zwar erscheinen in der Rahmen-Transportbestellung (Anl. K 13) flat racks nicht, gleichwohl beruhen auch die hierfür in Rechnung gestellten zweimal € 2.200,00 auf einer Fixkostenabrede. Eine Rechnung über einen Pauschbetrag und das Fehlen einer Provision ist nämlich ein starkes, in der Regel beweiskräftiges Indiz für eine von Anfang an getroffene Fixkostenvereinbarung (BGH TranspR 1994, 279, 280; Koller, a.a.O. Rn. 22). Die Indizwirkung wird noch verstärkt, wenn auf diese Weise im Rahmen einer ständigen Geschäftsbeziehung abgerechnet wird (vgl. Koller,a.a.O.). So war es auch im vorliegenden Fall. Es bestand eine Rahmenvereinbarung und die Klägerinnen haben unwidersprochen vorgetragen, die Beklagte habe zuvor schon mehr als 30 Transporte abgewickelt. Außerdem hat der Zeuge H., der seinerzeit bei der Versicherungsnehmerin für die Logistik des Projekts verantwortlich war, bei seiner Vernehmung am 08.12.2005 vor dem Landgericht (Bl. 88 f d.A.) auf Vorhalt der Rechnung (Anl. K 8) ausgesagt, es sei nie anders Rechnung gelegt worden als zuvor abgesprochen, so dass er davon ausgehe, die mit € 2.200,00 angegebene Seefracht sei als fester Betrag vereinbart worden. Der Umstand, dass die Rechnung außer den Seefrachten noch andere Beträge für Nebenleistungen wie für das Verholen, Containerstauen, Zollabfertigung sowie einen Treibstoffzuschlag (BAF) und einen Betrag für Kriegsrisiken enthält, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Eine Fixkostenvereinbarung kann auch für Nebentätigkeiten des Spediteurs Aufwendungsersatz und Vergütungen vorsehen, sofern dadurch das Handeln des Spediteurs auf eigene Rechnung nicht im Kern in Frage gestellt wird (vgl. Koller, a.a.O. § 459 HGB Rn. 20), was hier schon angesichts der geringen
Beträge für die Nebenleistungen nicht der Fall ist.
3. Die Beklagte haftet als Verfrachter gem. § 606 S. 2 HGB auf Schadensersatz, weil die zwei Kranbrücken Nord und Süd in der Zeit von der Annahme bis zur Ablieferung beschädigt wurden. Unstreitig waren die Kranbrücken unbeschädigt, als die von der Beklagten beauftragte Reederei I. sie zur Seebeförderung
übernahm.
Der Senat ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme auch davon überzeugt, dass bei der Entladung aus dem Seeschiff am 15.07.2003 nicht nur die Kranbrücke Süd beschädigt wurde, sondern auch die Kranbrücke Nord. Der von den Klägerinnen behauptete Schadenshergang wird bestätigt durch den Schadensbericht der Firma T. M. E. M. Services Company (PLC), Iran, vom 15.07.2003 (Anl. K 3 und K 9). Danach rissen während der Entladung am 15.07.2003 um 02.40 Uhr, als der Spreader das flat rack TEXU 898032-2, auf dem die Kranbrücke Nr. 5 (Süd) verladen war, anhob, die Lastanschlagseile, worauf sich das Packstück löste. Den bereits am Tag des Schadensfalls erstellten Bericht der Firma T. vom 15.07.2003 muss sich die Beklagte entgegenhalten lassen. Die Klägerinnen haben mit dem als Anlage K 15 überreichten Unternehmensprofil den Nachweis erbracht, dass die Firma T. als Container Terminal Operator für die Reederei I. tätig ist und somit die Entladung aus dem Seeschiff als Erfüllungsgehilfin der von der Beklagten beauftragten Reederei übernommen hatte. Die Beklagte kann sich deshalb nicht darauf beschränken, den von einem ihrer eigenen Erfüllungsgehilfen geschilderten Schadenshergang zu bestreiten. Sie müsste zumindest substantiiert darlegen, dass die Kranbrücke Süd aus dem Seeschiff, anders als im Schadensbericht des Container Terminal Operators T. geschildert, ordnungsgemäß entladen und unbeschädigt auf dem Kai abgesetzt wurde. Soweit die Beklagte eine unzureichende Verzurrung als Ursache des Sturzes vom flat rack vermutet, kann sie sich auf einen Haftungsausschluss gem. § 608 Abs. 1 Nr. 5 HGB nicht berufen, weil sie zunächst die mangelhafte Verzurrung beweisen müsste, um die Kausalitätsvermutung gem. § 608 Abs. 2 HGB in Anspruch nehmen zu können (vgl. Rabe, a.a.O., § 608 Rn. 7 und 20). Für den Senat steht daher bereits aufgrund des Schadensberichts der Firma T. vom 15.07.2003 (Anl. K 3 und K 9) fest, dass beim Anheben des Spreaders die Lastanschlagseile am flat rack TEXU 898032-2 rissen, so dass die darauf befindliche Kranbrücke Süd vom flat rack herunterstürzte und zu Schaden kam.
Der Senat ist ferner davon überzeugt, dass auch die Kranbrücke Nord während dieses Zwischenfalls bei der Entladung beschädigt wurde. Zwar heißt es in dem Bericht der Firma T. vom 15.07.2003 (Anl. K 3 und K 9), die Kranbrücke Nr. 5 (Süd) sei auf zwei 40 ` Container geprallt, während das flat rack TEXU 430 766-
9, auf das die Kranbrücke Nord verladen war, nicht erwähnt wird. Der Zeuge B., der damalige Bauleiter der Versicherungsnehmerin im Iran, hat indes bei seiner Vernehmung vor dem Landgericht am 08.12.2005 (Bl. 89 ff d.A.) bekundet, er habe sich persönlich zum Hafen Bandar Abbas begeben, vor Ort die in der Anlage K 10 vorgelegten Fotos gemacht und später den Schadensbericht vom 12.08.2003 (Anl. K 4) gefertigt. Der Zeuge hat ausdrücklich bestätigt, dass beide auf verschiedenen flat racks transportierten Traversen beschädigt gewesen seien, wobei an der einen Traverse nur Zubehörteile beschädigt worden seien, während die andere Traverse Schaden in sich genommen habe. In dem Bericht vom 12.08.2003 (Anl. K 4) sind die Beschädigungen an der Kranbrücke Nord einerseits und die schwereren Schäden an der Kranbrücke Süd andererseits beschrieben. In seiner Vernehmung hat der Zeuge B. bestätigt, dass er diese von ihm im Schadensbericht vom 12.08.2003 (Anl K 4) wiedergegebenen Schäden bereits im Hafen vorgefunden habe. Er hat ferner ausgeführt, die flat racks seien nach seiner Befundaufnahme im Hafen Bandar Abbas zur Baustelle transportiert worden. Hierbei habe es keine Vorfälle gegeben, die zu Schäden an den Traversen geführt hätten. Er selbst sei hinter den beiden Lkw hergefahren. Auf der Baustelle seien sodann die mit der Anlage K 11 vorgelegten Fotos gefertigt worden. Der Senat verkennt nicht, dass der Zeuge B. ein früherer Mitarbeiter der Versicherungsnehmerin ist und er bei der Entladung aus dem Seeschiff nicht anwesend war, sondern ausweislich der von der Versicherungsnehmerin erstellten Zeitaufstellung (Anl. K 19) wohl erst am 27.07.2003 im Hafen Bandar Abbas eintraf. Angesichts seiner in sich schlüssigen Angaben in der Zeugenvernehmung vom 08.12.2005 und im Schadensbericht vom 12.08.2003 (Anl. K 4) sowie anhand der von den beschädigten Kranbrücken gefertigten Lichtbilder (Anl. K 10 und K 11) hat sich der Senat aber die Überzeugung gebildet, dass der Zeuge auch die Kranbrücke Nord in beschädigten Zustand vorfand, als er beide Kranbrücken im Hafen von Bandar Abbas in Augenschein nahm. Dann spricht aber alles dafür, dass auchdie Kranbrücke Nord während der missglückten Entladung der Kranbrücke Süd in Mitleidenschaft gezogen wurde, zumal die Beklagte ihrerseits zu den Umständen der Entladung der Kranbrücke Nord und deren weiterer Behandlung durch den Container Terminal Operator T. nicht vorträgt.
Nach diesem Ergebnis der Beweisaufnahme kann schließlich auch dahinstehen, ob der Schaden gem. § 611 Abs. 1 HGB rechtzeitig angezeigt wurde, denn § 611 Abs. 3 HGB sieht im Falle einer unterlassenen Anzeige keinen Anspruchsverlust vor, sondern nur eine andere Verteilung der Beweislast.
4. Die Klägerinnen verlangen Schadensersatz im Rahmen der Höchsthaftung des § 660 Abs. 1 HGB mit 2 Rechnungseinheiten für das Kilogramm des Rohgewichts der beschädigten Güter. Eine weitere Beschränkung ihrer Haftung auf 100 Britische Pfund pro Packstück gem. Ziffer 9 der Konnossementsbedingungen der iranischen Staatsreederei I. (Anl. B 1) kann die Beklagte nicht geltend machen. Das folgt allerdings nicht schon aus § 662 HGB, wonach die Verpflichtungen des Verfrachters aus § 660 HGB durch Rechtsgeschäft im voraus nicht ausgeschlossen oder beschränkt werden können. Gegenüber einem Fixkostenspediteur als Verfrachter gilt § 662 HGB nämlich nur, wenn er selbst ein Konnossement oder zumindest eine ähnliche Urkunde ausgestellt hat (vgl. Rabe, a.a.O., § 642 Rn. 14 ff). Daran fehlt es hier, es liegt nur das Bill of Lading der Reederei I. vom 23.06.2003 vor (Anl. B 2).
Die Beklagte kann sich aber deshalb nicht auf die Konnossementsbedingungen der Reederei I. berufen, weil sie nicht in den Vertrag einbezogen wurden, den sie mit der Versicherungsnehmerin der Klägerinnen geschlossen hat. Die Bedingungen gelten vielmehr nur im Rahmen des Seefrachtvertrages, den die Beklagte mit der Reederei I. geschlossen hat. Im Verhältnis zur Versenderin, der Versicherungsnehmerin, war die Reederei lediglich Unterfrachtführer, zu der keine direkten vertraglichen Beziehungen bestanden. Nimmt der Absender den Hauptfrachtführer aus Vertrag in Anspruch, muss er sich nur die Einwendungen aus dem mit dem Hauptfrachtführer geschlossenen Vertrag entgegen halten lassen, nicht auch solche aus dem Vertragsverhältnis des Hauptfrachtführers mit dem Unterfrachtführer. Ein derartiger „Durchgriff“ von Haftungsbeschränkungen aus dem Vertrag zwischen Haupt- und Unterfrachtführer gegenüber dem Absender ist auch nicht nach Treu und Glauben geboten, weil die Versicherungsnehmerin die Beauftragung der iranischen Staatsreederei I. vorgegeben hat. Die Regressmöglichkeiten der Beklagten gegen die Reederei mögen angesichts der weitergehenden Haftungsbeschränkungen im Bill of Lading (Anl. B 1) ungünstig sein. Das war der Beklagten aber schon bei dem vorangegangenen Vertragsschluss mit der Versicherungsnehmerin bekannt. Sie hätte in den Verhandlungen auf einer entsprechenden Anpassung der Haftungsbestimmungen bestehen oder von dem Geschäft Abstand nehmen müssen, wenn ihr das Risiko zu hoch erschien. In diesem Zusammenhang ist zudem von Bedeutung, dass es sich nicht um einen Einzeltransport handelte, sondern um eine Beförderung im Rahmen einer langfristigen Zusammenarbeit. Vor dem streitgegenständlichen Transport hatte die Beklagte auch schon mehr als 30 Transporte abgewickelt. Außerdem hätte es ihr nach den Bestimmungen zur Reedereiwahl im Rahmen-Transportvertrag(Anl. K 13) offen gestanden, statt der iranischen Staatsreederei I. die iranische Staatsreederei B. zu beauftragen, zu deren Konnossementsbedingungen nichts vorgetragen wird.
Die Beklagte kann sich für ihre Auffassung nicht mit Erfolg auf Entscheidungen Bundesgerichtshofes (NJW 1995,2991) und des Kammergerichts (TranspR 1998,418) beziehen. Dort hatte jeweils der Wareneigentümer aus Delikt gegen den Unterfrachtführer geklagt. Die Urteile befassen sich mit der Frage, ob sich ein Unterfrachtführer gegenüber dem nicht mit ihm vertraglich verbundenen, aus § 823 ff BGB klagenden Wareneigentümer auf die Haftungsbeschränkungen der ADSp a.F. berufen kann. Um diese Problematik geht es vorliegend nicht, weil sich die Klage nicht gegen den Unterfrachtführer, die Reederei I., richtet, sondern gegen den von der Versicherungsnehmerin beauftragten Hauptfrachtführer. Es handelt sich also um eine ganz andere Fallgestaltung.
Ebenso wenig ist das Urteil des Senats vom 04.07.1991 (TranspR 1992,19) einschlägig. Dort hatte der Auftraggeber dem Unternehmer die Benutzung eines Trailers einer Drittfirma zugewiesen, dessen Schadhaftigkeit einen Unfall verursachte. Der Senat hat die Drittfirma nicht als Erfüllungsgehilfen angesehen. Auch dieser Sachverhalt ist mit der hier zu beurteilenden Fallgestaltung nicht vergleichbar. Das Urteil enthält keine Hinweise für die Ansicht der Beklagten, der Hauptfrachtführer müsse seinem Auftraggeber Haftungsbeschränkungen eines Unterfrachtführers entgegenhalten können, wenn dieser vom Auftraggeber vorgegeben wurde.
5. Im Hinblick auf die geltend gemachte Schadenshöhe ist die Klage hingegen nur zum Teil begründet. Für die Beschädigung der Kranbrücke Süd können die Klägerinnen gem. § 660 HGB nur € 32.411,45 beanspruchen und für die Beschädigung der Kranbrücke Nord nur € 12.950,00, insgesamt also einen Betrag von € 45.361,45.
a) Kranbrücke Süd
Die Klägerinnen haben mit dem Schadensbericht der Versicherungsnehmerin vom 12.08.2003 (Anl. K 4), dem Zertifikat des Havariekommissariats Joras Euro Survey vom 05.07.2004 (Anl. K 5), den Lichtbildern (Anl. K 10 und K 11) und der Aussage des Zeugen B. vom 08.12.2005 den Nachweis erbracht, dass an der Kranbrücke Süd die Leiter, der Laufsteg und der Sicherheitskorb zerstört waren, der Portalriegel schwer beschädigt wurde und im erheblichen Umfang Neulieferungen von Teilen durch den Hersteller NKM N. erforderlich waren. Das Havariekommissariat Joras Euro Survey hat auf Seite 11 seines Berichts (Anl. K
5) einen Betrag von € 186.659,75 als angemessenen Instandsetzungsaufwand für beide Kranbrücken erachtet, wobei der Großteil der Kosten auf die Kranbrücke Süd entfällt. Der Senat hat daher keinen Zweifel, dass an der Kranbrücke Süd ein Schaden entstanden ist, der mindestens dem sich nach der gewichtsmäßigen Höchsthaftung des § 660 HGB ergebenden Betrag von € 32.411,45 entspricht.
Die Klägerinnen begrenzen ihren Anspruch gem. § 660 Abs. 1 HGB auf die Haftungsbeschränkung von 2 Rechnungseinheiten für das Kilogramm des Rohgewichts des beschädigten Gutes. Dabei setzen sie das Bruttogewicht von 16.928 kg (Kranbrücke und flat rack) an und errechnen bei dem Wert eines Sonderziehungsrechts an dem gem. § 661 HGB maßgeblichen Tag der Ankunft, dem 15.07.2003, in Höhe von € 1,23444 einen Betrag von € 41.791,84 (2 x € 1,23444 x 16.928 kg). Es kann indes nur das Nettogewicht von 13.128 kg für die Kranbrücke berücksichtigt werden, das ausweislich der Bescheinigung der Kapt. A.W. Behrendt GmbH vom 06.06.2003 (Anl. B 3) 13.128 kg betrug. Die flat racks hatte nämlich die Reederei gestellt. In der Rahmen-Transportbestellung (Anl. K 13) werden die Container ausdrücklich als Reedereicontainer bezeichnet. Außerdem hat der Zeuge H. bei seiner Vernehmung am 08.12.2003 (Bl. 88 d.A.) vor dem Landgericht betont, flat racks seien seinerzeit rar gewesen und man sei froh gewesen, wenn man eines habe bekommen können. Stellt aber der Verfrachter dem Befrachter einen Container zum Beladen zur Verfügung, kann bei der Schadensberechnung im Rahmen von § 660 HGB das Gewicht des Containers nicht berücksichtigt werden, weil der Ersatzberechtigte insoweit keinen Schaden erleidet (vgl. Rabe, a.a.O. § 660 Rn. 15). Damit ergibt sich ein Höchsthaftungsbetrag von € 32.411,45 (2 x € 1,23444 x 13.128 kg).
b) Kranbrücke Nord
38 Nachdem die Klägerinnen zunächst für die Kranbrücke Nord ebenfalls einen Betrag von € 41.791,84 als Gewichtshaftung geltend gemacht hatten, beziffern sie den entstandenen Schaden zuletzt konkret mit € 18.427,07 (Bl. 207 ff d.A.). Berechtigt ist indessen nur ein Betrag in Höhe von € 12.950,00.
Die Klägerinnen können für die Beschädigungen der Steigleiter und des Laufstegs die geltend gemachten € 10.250,00 beanspruchen. Sie haben mit dem Schadensbericht vom 12.08.2003 (Anl. K 4), dem Zertifikat des Havariekommissariats Joras Euro Survey vom 05.07.2004 (Anl. K 5), dem Schadensbericht des Mitarbeiters Wahl der Herstellerin Firma NKM N. S. C. GmbH & Co. KG (Anl. K 17), den Lichtbildern (Anl. K 10, K 11 und K 16) und der Aussage des Zeugen B. vom 08.12.2005 zur Überzeugung des Senats bewiesen, dass an der Kranbrücke Nord die Steigleiter mit dem Sicherheitskorb so stark deformiert war, dass eine Neufertigung notwendig war. Außerdem war der Laufsteg im Bereich einer Aufprallspur nach unten abgeknickt, so dass der westliche Laufstegteil neu hergestellt werden musste. Ausweislich der Kostenaufstellung des Herstellers Firma NKM N. vom 04.11.2003 (Anl. K 18) betrugen die Kosten für zwei Steigleitern und 1 1/3 Laufsteg € 34.673,00. Der Gutachter des Havariekommissariats Jonas Euro Survey hat diesen Aufwand auf Seite 9 seines Zertifikats (Anl. K 5) als angemessen erachtet. Allerdings verteilen sich diese Kosten auf beide Kranbrücken, da auch für die Kranbrücke Süd eine Steigleiter und ein Laufsteg neu gefertigt werden mussten. Die Kosten für eine Steigleiter und einen Laufsteg sind auch nicht gesondert ausgewiesen. Wenn die Klägerinnen den auf die Kranbrücke Nord entfallenden Anteil für eine Steigleiter und 1/3 Laufsteg in der Weise berechnen, dass sie für die Steigleiter € 4.500,00 ansetzen und für 1/3 Laufsteg € 5.750,00, insgesamt € 10.250,00, mithin rund 30 % der Gesamtkosten, besteht aber im Rahmen des gem. § 287 ZPO eingeräumten Schätzungsermessens keine Veranlassung, diese Abrechnung anzuzweifeln.
Ebenso berechtigt ist der geltend gemachte Betrag von € 2.700,00 für 30 Arbeitsstunden zu je € 90,00. Diesen Zeitaufwand für die Schadensfeststellung und Reparatur haben die Klägerinnen anhand der Zeitaufstellung für den Techniker U. des Herstellers Firma NKM N. für die Tage 11.08., 12.08.,15.08.,01.09. und 02.09.2003 (Anl. K19) hinreichend konkretisiert. Die dagegen von der Beklagten erhobenen Einwendungen überzeugen nicht. Zwar war bei der Kranbrücke Nord der Portalriegel selbst nicht beschädigt, es leuchtet aber ohne weiteres ein, dass der Portalriegel aus Sicherheitsgründen zumindest auf eventuelle Durchbiegungen vermessen werden musste. Diese Vermessung wird auch schon in dem vom Zeugen B. gefertigten Schadensbericht vom 12.08.2003 (Anl. K 4) erwähnt.
Einen weiteren Betrag in Höhe von € 5.477,07 für Baustellenpersonal, Gutachten sowie Fracht- und Reisekosten können die Klägerinnen hingegen nicht verlangen. Sie haben nicht hinreichend nachvollziehbar dargelegt, dass von diesen für beide Kranbrücken angefallenen Gesamtkosten auf die Kranbrücke Nord ein Anteil in Höhe von € 5.477,07 entfällt. Für die Kranbrücke Nord können die Klägerinnen mithin nur einen Schaden von € 12.950,00 geltend machen (€ 10.250,00 und € 2.700,00).
6. Die geltend gemachten Verzugszinsen können die Klägerinnen gemäß §§ 286 Abs. 1, S. 2, 288 Abs. 1 BGB erst seit der Zustellung der Klage am 01.02.2005 beanspruchen. Die Klägerinnen haben die Beklagte zwar unter dem 09.08.2004 unstreitig aufgefordert, einen Betrag von € 186.659,75 zu zahlen. Der Gläubiger kann aber aus einer Mahnung keine Rechte herleiten, wenn er wie hier eine weit übersetzte Forderung geltend macht und der Schuldner die wirklich geschuldete Leistung nicht zuverlässig feststellen kann (vgl. Palandt-Heinrichs, BGB, 65. Aufl., § 286 Rn. 20).
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1,101 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Das gilt auch im Hinblick auf die Konnossementsbedingungen der Reederei. Ob die Beklagte diese Bedingungen ihres Unterfrachtführers geltend machen kann, beurteilt sich nach den allgemeinen Grundsätzen des Vertragsrechts.