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6 U 170/76 - Oberlandesgericht (-)
Entscheidungsdatum: 23.06.1977
Aktenzeichen: 6 U 170/76
Entscheidungsart: Urteil
Sprache: Deutsch
Norm: § 4 BinSchG, § 8 BinSchG, § 58 BinSchG, § 513
Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Abteilung: -

Leitsätze:

1) Die Fahrtüchtigkeit eines Binnenschiffs muß bei Antritt der Frachtreise bestehen. Das ist nicht schon der Zeitpunkt, in dem das Schiff nach Erledigung der voraufgegangenen Reise ablegt, um zu dem Ort zu fahren, wo es die Ladung übernehmen soll.
2) Ein Schiff kann auch schon während der Beladung fahruntüchtig werden.

Urteil

des Oberlandesgerichts Hamburg

vom 23.06. 1977

Zum Tatbestand:

Am 29. Januar 1975 gegen 23.20 Uhr sank im Baakenhafen in H. die mit 362 Fässern Importhonig beladene Schute Nr 20 389 der Beklagten. Die Schute wurde geborgen und danach von der Beklagten auf neue Reisen ausgesandt.

Die Klägerin verlangt als führender Transportversicherer der Partie aus übergegangenem Recht von der Beklagten Schadensersatz wegen der Beschädigung des Honigs infolge der Verunreinigung mit Elbwasser. Sie hat zunächst vor dem Landgericht einen Teil des sich insgesamt auf 153.721,37
DM belaufenden Schadens geltend gemacht, nämlich von der Wertminderung des geborgenen Honigs 50.000,-- DM entsprechend dem Wert der Schute und 25.726,65 DM entsprechend dem anlässlich der Bergung für die Ladung geleisteten Havarie-Grosse-Beitrages.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil die Schute nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht anfänglich fahruntüchtig gewesen sei. Der maßgebende Zeitpunkt hierfür sei der Beginn der Reise zu dem von dem Versicherungsnehmer der Klägerin bestimmten Liegeplatz längsseits des MS. bei Schuppen 28 im Baakenhafen gewesen. Im Übrigen sei die Haftung der Beklagten nach § 19 der hier anzuwendenden Allgemeinen Bedingungen der Hafenschiffahrt betreibenden Firmen des Hafens H. (ABH) ausgeschlossen worden.

Gegen das am 29. September und am 4. Oktober 1976 zugestellte Urteil, auf das zur weiteren Darstellung des Tatbestands Bezug genommen wird, wendet sich die Klägerin mit der Berufung. Diese und die Berufungsbegründung sind am 1. und 22. November 1976 eingegangen.

Die Klägerin greift die Beweiswürdigung des Landgerichts an. Entgegen dessen Ansicht habe die Beweisaufnahme ergeben, dass das für das Sinken der Schute ursächliche Leck nicht neu entstanden wäre. Die Aussage des Ewerführers S. enthalte keinen ernsthaften Hinweis darauf, dass die Schute erst während des Beladens längsseits des MS ... beschädigt worden sei. Darüberhinaus sei die Rechtsauffassung des Landgerichts irrig, wonach für die Frage der anfänglichen Fahrtüchtigkeit der Zeitpunkt des Ablegens der Schute vom bisherigen Liegeplatz maßgebend sei. Vielmehr müsse das Schiff bei Beginn der den Gegenstand des Frachtvertrages bildenden Reise und naturgemäß schon während des Beladens fahrtüchtig sein.

Nunmehr habe sich der Zeuge S. ihren, der Klägerin, Prozessbevollmächtigten offenbart und eine eidesstattliche Versicherung abgegeben, aus der sich ergebe, dass er und die Zeugen B. und P. vor dem Landgericht die Wahrheit zurückgehalten und auf Veranlassung der Beklagten falsch ausgesagt hätten, sie hätten vor und während der Beladung keine Schäden an der Schute entdeckt. Tatsächlich hätten sie sie gar nicht untersucht. Das Leck wäre schon Wochen vor dem Unfall entstanden, als der Mitgesellschafter P. der Beklagten mit der Barkasse ... die Schute angefahren hätte.

Infolge des persönlichen Verschuldens der Beklagten hafte diese für ihren, der Klägerin, vollen Schaden. Sie erweitere daher die Klage entsprechend.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 153.721,37 DM nebst 4% Zinsen seit dem 1. Februar 1975 zu zahlen und wegen dieser Ansprüche die Zwangsvollstreckung in die Schute Nr 20 389 zu dulden.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise, ihr nach § 713 Abs 2 ZPO Vollstreckungsschutz zu gewähren.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Während nach ihrer Ansicht die Zeugen vor dem Landgericht die Wahrheit gesagt haben, behauptet sie, der Zeuge S. und ihm folgend der Zeuge F. hätten es unternommen, sie mit der Drohung zu erpressen, der Klägerin und dem Gericht Unwahrheiten über den hier fraglichen Unfallhergang und die vorausgegangenen Ereignisse zu berichten. Beide hätten vergebens versucht, auch den Zeugen P. zu einer Änderung seiner Aussage zu veranlassen. Hierzu beruft sich die Beklagte auf mehrere Zeugen.

Wegen des weiteren Vortrags der Parteien wird auf deren Schriftsätze verwiesen.

Der Senat hatte auf Antrag der Klägerin durch Beschluss vom 2. März 1977 wegen des den Gegenstand des Berufungsverfahrens bildenden Anspruchs und einer Kostenpauschale von 12.000,-- DM den dinglichen Arrest in das Vermögen der Beklagten angeordnet und in Vollziehung des Arrestes neben der
streitbefangenen Schute die Motorbarkasse und sieben weitere Schuten der Beklagten gepfändet. Auf deren Widerspruch hat es den Arrest am 7. April 1977 durch Urteil aufgehoben, auf das ebenfalls verwiesen wird. 16 Zum Arrestverfahren und in der Hauptsache hat der Senat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugen S., F., P., B., K. und C.  Anträge zur Beeidigung der Zeugen sind in der mündlichen Verhandlung nicht gestellt worden. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die
Vernehmungsniederschriften vom 31. März und vom 26. Mai 1977 Bezug genommen.

Aus den Entscheidungsgründen:

Die zulässige Berufung hat im Umfang der im ersten Rechtszuge gestellten Anträge Erfolg, während sie als unbegründet zurückzuweisen ist, soweit die Klägerin im Berufungsverfahren die Klage erweitert hat und vollen Schadensersatz verlangt.

Die Klage ist hinsichtlich des Zahlungsanspruchs in Höhe von 75.726,65 DM nebst 4% Zinsen darauf seit dem 1.2.1975 und hinsichtlich des entsprechenden Duldungsanspruchs begründet (I.), während sie in Höhe weiterer 77.994,72 DM nebst Zinsen und wegen des weiteren Duldungsanspruchs unbegründet ist (II.).

I.

Die Beklagte ist gemäß §§ 3, 4, 7, 8, 58, 114 BSchG verpflichtet, für den beschädigten Honig Schadensersatz in Höhe von 50.000,-- DM zu leisten (1). Nach § 79 Abs 2 BSchG muss sie den Havarie-Grosse-Beitrag von 25.726,65 DM erstatten (2). Sie hat gem. §§ 284, 286 Abs 1, 288 BGB die Forderung mit 4% ab 1.2.1975 zu verzinsen. Ihre Verpflichtung, wegen dieses Anspruchs die Zwangsvollstreckung in die Schute Nr 20 389 zu dulden, folgt aus den §§ 102 Nr 5, 103, 105 BSchG. Die Ansprüche sind gem. §§ 67 VVG, 45 ADS oder 398 BGB unstreitig auf die Klägerin übergegangen.

1) Die Schadensersatzverpflichtung der Beklagten zur Höhe von 75.726,65 DM ist die Folge des Umstandes, dass die Schute vor Antritt der Reise nicht in fahrtüchtigem Zustande gewesen war (§§ 4, 58 BSchG), der Schaden infolge der Fahruntüchtigkeit des Schiffes entstand und die Beklagte nicht bewiesen hat, dass der Schaden nicht durch die Sorgfalt eines ordentlichen Frachtführers abgewendet, insbesondere die mangelnde Fahrtüchtigkeit nicht erkannt und behoben werden konnte (§ 58 BSchG).

a) Aufgrund des unstreitigen Sachverhalts kann nicht zweifelhaft sein, dass die Kastenschute in der Stirnwand des Teils, der zuerst mit Honigfässern beladen wurde, einen etwa 25 cm langen Spalt hatte, der infolge der zunächst einseitigen Beladung unter die Wasserlinie geriet, so dass Wasser in die Schute eindringen konnte und sie zum Sinken brachte. Ein weiteres äußeres Ereignis hat dabei nicht mitgewirkt. Insbesondere kommt eine falsche Beladung allein als Ursache des Sinkens nicht in Betracht, würde andererseits zur Annahme anfänglicher Fahruntüchtigkeit aber ausreichen (vgl HansOLG Hamburg, VersR 74, 645; BGH VersR 75, 1117).

Unter Fahrtüchtigkeit ist ein Zustand zu verstehen, der dem Schiff nach dessen Bauart und Beschaffenheit und dessen Einrichtungen die Ausübung der Schifffahrt ohne Gefahr ermöglicht (vgl Vortisch-Zschucke, Binnenschifffahrtsrecht und Flößereirecht, 3. Aufl, Anm 2. a) zu § 8 BSchG; Prüßmann, Seehandelsrecht, Anm B zu § 513, B zu § 559).

Nach § 8 BSchG wie nach §§ 513, 559 HGB muss die Fahrtüchtigkeit bzw. Seetüchtigkeit bei Beginn der Reise bestehen. Entgegen der von Vortisch- Zschucke (Anm 2a zu § 8 BSchG) vertretenen Ansicht, der sich die Beklagte angeschlossen hat, ist das vorliegend nicht der Zeitpunkt gewesen, als die Schute nach Erledigung der voraufgegangenen Reise den Liegeplatz am Schuppen 58 verließ, um zum MS verschleppt zu werden, das am Schuppen 28 lag. Beide beziehen sich zur Stützung ihrer Ansicht zu Unrecht auf die in NJW 52, 64 abgedruckte Entscheidung des BGH, die sich (aaO S 66) mit der anders gearteten Frage befasst, wann eine neue Reise im Sinne des § 114 BSchG beginnt. Vorliegend wäre der maßgebliche Reiseantritt vielmehr der Augenblick des Ablegens der Schute von MS ... nach Übernahme der Honigfässer gewesen. Zu diesem Zeitpunkt musste die Schute fahrtüchtig sein. Dass sie es auch schon während der Beladung gewesen sein musste, liegt auf der Hand; der Senat hat das bereits an anderer Stelle (vgl VersR 74, 645) ausgeführt, so dass darauf verwiesen werden kann.

Der Hinweis auf die Allgemeinen Bedingungen der Hafenfrachtschifffahrt betreibenden Firmen des Hafens H. und die darin enthaltenen Haftungsausschlüsse und Haftungsbeschränkungen geht fehl, weil nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des erkennenden Senats die Haftung für anfängliche Seeuntüchtigkeit (Fahruntüchtigkeit) nicht ausgeschlossen oder beschränkt werden kann (vgl BGHZ 46, 356; VersR 75, 1117; HansOLG Hamburg, VersR 72, 365; 73, 1060; 74, 645).

b) Der Beklagten ist der von ihr nach § 58 BSchG zu führende Entlastungsbeweis nicht gelungen.

Der Senat muss nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon ausgehen, dass der verhängnisvolle Spalt nicht erst auf der Fahrt der Schute vom Schuppen 58 nach Schuppen 28 - das behauptet selbst die Beklagte nicht - oder während des Liegens neben dem Seeschiff ... , sondern bereits früher entstanden war.

Es ist kein Umstand erkennbar geworden, der eine so schwerwiegende Beschädigung der Schute im Baakenhafen wahrscheinlich macht oder auch nur möglich erscheinen lässt, selbst wenn die in zweiter Instanz geänderte Aussage des Zeugen S. und die Aussage des Zeugen F. gänzlich unberücksichtigt bleiben.

Mit dem sachverständigen Zeugen H. hält der Senat es für ausgeschlossen, dass der Spalt allein durch Anschlagen der Schute an das Seeschiff entstanden sein könnte. Das Vorhandensein irgendeines vorragenden Gegenstandes an der Bordwand, etwa eines Festmacherauges, das der sachverständige Zeuge F. als mögliche Ursache des Schadens genannt hat, ist nicht bewiesen worden. F. selbst hat angegeben, dass es derartige Festmacheraugen heute kaum noch gebe. H. hat schlechthin verneint, dass das Ms ... solche Festmacheraugen hatte.

In diesem Zusammenhang ist zusätzlich zu bemerken, dass es sich bei dem Baakenhafen um ein ruhiges Hafenbecken handelt, so dass eine Ursache für ein hartes Anschlagen der Schute an die Bordwand des Schiffes schwerlich gegeben gewesen sein könnte. Sollte es in einem derart ruhigen Hafenbecken dennoch zu einer für diesen Ort ganz ungewöhnlichen Schiffsbewegung gekommen sein, hätte das der Schutenbesatzung nicht entgangen sein können.

Nach der Überzeugung des Senats scheidet aber auch die andere, von der Beklagten genannte Möglichkeit einer Beschädigung der Schute längsseits des MS aus, nämlich eine Kollision mit einer Barkasse oder einem ähnlichen Hafenfahrzeug. Von einem derartigen Ereignis oder allgemein einem heftigen Anstoß hat der Zeuge S. nach seiner erstinstanzlichen, von der Beklagten insgesamt für glaubhaft gehaltenen Aussage nichts bemerkt. Dass solches, zumal in einem ruhigen Hafenbecken, von der Schutenbesatzung unbemerkt geblieben wäre, kann sich der Senat trotz der gegenteiligen Äußerung des sachverständigen Zeugen F. nicht vorstellen. Allerdings hatte der Zeuge S. sich vorübergehend für kurze Zeit von der Schute entfernt.

Vor allem spricht gegen die von der Beklagten geäußerte Vermutung der Ort der Beule und des Spaltes, der sich nämlich an der dem Seeschiff zugewandten Ecke der Stirnseite der Schute befand (vgl die Skizze in Anlage A). Dass sich etwa der Führer einer Barkasse, die Leute zur bringen sollte, so ausgesprochen unseemännisch der Schute näherte und nicht längsseits anlegte, damit die Passagiere bequem aussteigen und über die Schute hinwegsteigen konnten, um die vom Seeschiff zur Schute herabhängende Strickleiter o.ä. zu erreichen, ist kaum anzunehmen. Abgesehen davon war das im nordelbischen Baakenhafen liegende Seeschiff bequem von der Landseite her zu erreichen gewesen.

Angesichts dessen, dass hiernach nicht zu erkennen ist, wie der Schute nach dem Verlassen ihres vorherigen Liegeplatzes am Schuppen 58 der streitige Schaden zugefügt worden sein könnte, reichen die Aussagen der Zeugen P. und B. allein nicht aus, den Senat davon zu überzeugen, dass das Binnenschiff erst nach diesem Ereignis fahruntüchtig wurde. B. Aussage gibt schon deshalb weder für sich noch zusammen mit der des Zeugen P. einen sicheren Nachweis, weil B. als Barkassenschiffer keinen bestimmten Anlass hatte, die Schute auf Beschädigungen zu untersuchen. Es ist nach den Umständen nicht zwingend, dass er den nicht sehr auffälligen Spalt hätte wahrnehmen müssen, als er die Schute an seiner Barkasse festmachte, um sie dann nach dem Baakenhafen zu schleppen. An der Aussage des Zeugen P. fällt auf, dass er keinen bestimmten Anlass zur Untersuchung der Schute 20 389 nennen konnte. Dieses Fahrzeug sollte jedenfalls nicht dem TÜV vorgeführt werden. Insgesamt ist der Senat nicht ohne jeden Zweifel geblieben, dass der damals krank geschriebene Ewerführervice P. allein aufgrund seines Pflichtgefühls die fragliche Schute vor deren Einsatz so gründlich untersuchte, dass ihm der hier in Frage stehende Spalt hätte auffallen müssen.

Schließlich zwingt auch nicht die Auffassung der sachverständigen Zeugen H. und F., dass der Spalt neu gewesen sei, zu der Annahme, er könne nur am Seeschiff ... entstanden sein. F. hat eingeräumt, sich nicht genau festlegen zu können. Der Spalt könne auch 1 - 2 Tage alt gewesen sein. Ähnlich hat sich der Zeuge H. geäußert.

Steht mithin nicht fest, wann und unter welchen Umständen der schadensursächliche Spalt entstanden war, kann auch nicht der Nachweis als geführt angesehen werden, dass die auf dem Spalt beruhende Fahruntüchtigkeit des Binnenschiffes trotz der Sorgfalt eines ordentlichen Frachtführers nicht zu entdecken war. Diese Ungewissheit geht im Rahmen ihrer beschränkten Haftung zu Lasten der Beklagten.

c) Gemäß §§ 4, 114 BSchG haftet die Beklagte nicht nur mit dem Schiff und der Fracht, die hier allerdings außer Betracht bleibt, sondern auch beschränktpersönlich, weil sie in Kenntnis der streitigen Schadensersatzforderung die Schute zu einer neuen Reise ausgesandt und weiter eingesetzt hat. Der Umfang wird nach dem Gesetz bestimmt durch "die Höhe desjenigen Betrages ... , welcher für die Gläubiger sich ergeben würde, falls der Wert, den das Schiff bei Antritt der Reise hatte, unter die Schiffsgläubiger nach der gesetzlichen Rangfolge verteilt worden wäre". Danach ist nicht der Wert des Schiffes unmittelbar nach dem Unfall oder dem Entstehen des Schiffsgläubigerrechts maßgebend, sondern es ist der Wert zugrunde zu legen, den es bei Beginn der neuen Reise hatte. Aufwendungen zur Hebung und Wiederherstellung sind daher nicht abzuziehen (vgl RGZ 151, 271, 275ff; Vortisch-Zschucke, Anm 4.d) zu § 114; Prüßmann, Anm C 1 zu § 774; aA Hamburg, OLG 6, 362; OLG Kiel, HansRGZ 36, 167 Nr 51).

Der Wert der Schute 20 389 betrug zum hiernach maßgeblichen Zeitpunkt unstreitig 50.000,-- DM.

2) Die Beklagte schuldet nicht nur 50.000,-- DM nach dem zuvor Gesagten, sondern sie hat der Klägerin weitere 25.726,65 DM zu erstatten, die sie von ihr oder ihren Rechtsvorgängern als Havarie-grosse-Beitrag der Ladung gemäß §§ 78, 79 Abs 1 BSchG unstreitig erhalten hat. Denn ihr fällt, wie ausgeführt, ein Verschulden an der Herbeiführung der Gefahr für Schiff und Ladung zur Last, so dass sie nach § 79 Abs 2 BSchG keine Vergütung zu fordern hatte. Gemäß §§ 812, 818 Abs 2 BGB ist sie zum Ersatz desjenigen verpflichtet, was sie somit ohne rechtlichen Grund erlangt hat.

Weitere 77.994,72 DM, d.h. voller Schadensersatz, hätten der Klägerin gem §§ 823 Abs 1 BGB, 4 Abs 2 BschG nur zugesprochen werden können, wenn ihr der Beweis ihrer Behauptung gelungen wäre, die Gesellschafter der Beklagten hätten in persönlicher Kenntnis der Fahruntüchtigkeit der Schute deren weiteren Einsatz veranlasst. Denn § 8 Abs 4 BSchG findet gemäß § 131 Abs 1 BSchG auf Hafenschuten keine Anwendung.

Den Beweis hat die Klägerin jedoch nicht zu führen vermocht. Dafür haben ihr nur die Zeugen S. und F. zur Verfügung gestanden, und deren Aussagen reichen nicht aus.

Gegen den Zeugen S. mag schon sprechen, dass er nach eigener Darstellung in diesem Verfahren zumindest vor einem Gericht vorsätzlich falsch ausgesagt hat.

Der Zeuge F. erscheint ebenfalls als unzuverlässig. Während er in der zum Arrestverfahren eingereichten eidesstattlichen Versicherung erklärt hat, er habe am 29. Januar 1975 die Schute zusammen mit den Zeugen B. und S. zum MS gebracht und sie hätten - schon aus Zeitmangel - weder vor Beginn der Schleppung noch am Seeschiff die Schute auf Undichtigkeiten untersucht, hat sich anlässlich der weiteren Vernehmung des Zeugen herausgestellt, dass er erst zu Beginn der zweiten Schicht auf die Schute gekommen war, als deren Beladung längst in Gang gewesen war. Als unrichtig hat sich weiter erwiesen, dass F. einen von der Leitung der Beklagten oder deren Prokuristen K. angefertigten Bericht unterschreiben sollte. Richtig ist, dass der Zeuge C. den Bericht in Anwesenheit des Zeugen F. aufgrund der Angaben des Zeugen S. anfertigte. Beide waren lediglich auf Veranlassung K. zum Zeugen C., dem Versicherungsmakler der Beklagten, gegangen. Dessen in Anwesenheit von S. und F. gemachten Angaben erscheinen dem Senat schlüssig und damit glaubhaft.

Auf der anderen Seite sind die Zeugen B. und P. entschieden bei ihrer schon dem Landgericht gegebenen Darstellung geblieben und hat auch der Zeuge K. das Vorbringen der Beklagten bestätigt. Weder ihren Aussagen noch sonstigen Umständen sind überzeugende Hinweise zu entnehmen, die ihre Darstellung zur Gewissheit des Senats als unwahr erscheinen lassen. Zweifel hat der Senat zwar; sie sind oben erörtert worden. Keineswegs erscheint es aber gerechtfertigt, den Darstellungen der Zeugen S. und F. den Vorzug vor den Aussagen der übrigen Zeugen zu geben. Es ist nicht sicher auszuschließen, dass F. und insbesondere S. aus den ihnen von der Beklagten vorgeworfenen.