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54 P - 9/76 - Berufungskammer der Zentralkommission (Berufungsinstanz Rheinschiffahrt)
Entscheidungsdatum: 02.06.1976
Aktenzeichen: 54 P - 9/76
Entscheidungsart: Urteil
Sprache: Deutsch
Gericht: Berufungskammer der Zentralkommission Straßburg
Abteilung: Berufungsinstanz Rheinschiffahrt

 Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschiffahrt

Urteil

vom 2. Juni 1976

(auf Berufung gegen das Urteil des Rheinschifffahrtsgerichtes Mannheim vom 23. Januar 1975 - Cs 1018/74 RhSch)

Die Berufungskammer hat erwogen:

I.

Die Berufung des betroffenen Schiffsführers gegen das Urteil des Rheinschifffahrtsgerichts Mannheim vom 23. Januar 1975 ist form- und fristgerecht eingelegte Die Rechtsmittelschrift, die auch die Begründung des Rechtsmittels enthält, ist bei dem erstinstanzlichen Gericht ausweislich der Akten bereits vor der am 18. Juli 1975 erfolgten Zustellung des schriftlichen Urteils eingegangen und somit rechtzeitig. Die Bezeichnung des Rechtsmittels als "Rechtsbeschwerde" ist unschädlich, obwohl in dem Instanzenweg zur Zentralkommission für die Rheinschifffahrt gemäß Artikel 37 der Revidierten Rheinschifffahrtsakte lediglich "Berufung" möglich ist, während die Rechtsbeschwerde nur bei Anrufung des nationalen Obergerichts in der Bundesrepublik Deutschland in Frage kommt. Es ist jedoch zweifelsfrei zu erkennen, dass der Betroffene das zulässige Rechtsmittel zur Anrufung der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt einlegen wollte.

II.

Zur Begründung des eingelegten Rechtsmittels wird von dem Verteidiger des Betroffenen vorgebracht, dass am 23. Januar 1975 eine Rechtsgrundlage für die erfolgte Verurteilung des Betroffenen wegen einer Ordnungswidrigkeit nicht gegeben gewesen sei, da das Zusatzprotokoll vom 25. Oktober 1972 zur Revidierten Rheinschifffahrtsakte, durch das in der Bundesrepublik Deutschland eine Umstellung der Zuwiderhandlungen gegen die Rheinschifffahrtspolizeiverordnung von Übertretungen in Ordnungswidrigkeiten erst zulässig geworden sei, in diesem Zeitpunkt noch nicht in Kraft getreten war. Dieser Umstand ist aber ohne Bedeutung für das schwebende Strafverfahren. Die Norm, für deren Übertretung der Betroffene bestraft worden ist, ist Bestandteil der Rheinschifffahrtspolizeiverordnung. Die Regeln des zur Bestrafung führenden Verfahrens enthält die Revidierte Rheinschifffahrtsakte und das Zusatzprotokoll vom 18.9.l895 für die Verfahren, welche mit richterlichen oder polizeilichen Strafbefehlen beginnen. Das Zusatzprotokoll vom 25. 10.1972 gibt den Vertragsstaaten lediglich das Recht, diese Verfahrensregeln in gewissem Umfange zu ändern, wobei sicherzustellen ist, dass die Rheinschifffahrtsgerichte und die Berufungskammer der Zentralkommission angerufen werden können. Solange das Zusatzprotokoll vom 25.10.1972 nicht in Kraft ist, bleibt es bei den Verfahrensregeln der Revidierten Rheinschifffahrtsakte, während die materiellen Strafnormen auch nach seinem Inkrafttreten unberührt bleiben. Der Angeklagte ist mithin gemäß einer in jedem Falle gültigen Strafnorm in einem korrekten Verfahren auch dann bestraft worden, wenn das Zusatzprotokoll vom 25.10.1972 nicht in Kraft ist. Seine Ansicht, von diesem Inkrafttreten hänge die Möglichkeit seiner Bestrafung ab, ist falsch.

III.

Auch die von Amtswegen vorzunehmende weitere Überprüfung des Urteils ergab keine Beanstandungen. Mit dem Gericht erster Instanz sieht es die Berufungskammer aufgrund der Einlassung des Betroffenen und des als Zeugen gehörten Polizeiobermeisters J. als feststehend an, dass am 10. Juli 1973 das von dem Betroffenen geführte MS "M" in Mannheim im Rheinauhafenbecken so an dem Steiger der Rudergesellschaft Rheinau e.V. anlag, dass das Vorschiff etwa 7 m des insgesamt 10 m langen Steigers in Anspruch nahm und sich der Betroffene weigerte, entsprechend der Weisung der Wasserschutzpolizei sein Schiff zurückzuverholen. Diese Anordnung der Wasserschutzpolizei war berechtigt, da der Betroffene durch die Liegeweise seines Schiffes die ungestörte Benutzung des Anlegesteigers der Rudergesellschaft unzulässigerweise beeinträchtigte. Die Nichtbefolgung der ordnungsgemäß gegebenen Anordnung der Wasserschutzpolizei stellt eine Zuwiderhandlung gegen § 1.19 Rheinschifffahrtspolizeiverordnung dar, die das erkennende Rheinschifffahrtsgericht zu Recht mit einer Geldbusse belegt hat. Auch die Höhe dieser Geldbusse von DM 40,- erscheint der Berufungskammer angemessen.

Aus diesen Erwägungen wird deshalb für Recht erkannt:

1. Die Berufung des Betroffenen wird als unbegründet zurückgewiesen und das Urteil des Rheinschifffahrtsgerichts Mannheim vom 23. Januar 1975 bestätigt.

2. Die Kosten des Verfahrens, die gemäß Artikel 39 der Revidierten Rheinschifffahrtsakte vom Rheinschifffahrtsgericht Mannheim festzusetzen sind, fallen dem Betroffenen zur Last.

Der Gerichtskanzler:                                                            Der Vorsitzende: (gez.) Doerflinger                                                                           (gez.) S. Royer