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501 B - 5/15 - Berufungskammer der Zentralkommission (Berufungsinstanz Rheinschiffahrt)
Entscheidungsdatum: 07.12.2015
Aktenzeichen: 501 B - 5/15
Entscheidungsart: Urteil
Sprache: Deutsch
Gericht: Berufungskammer der Zentralkommission Straßburg
Abteilung: Berufungsinstanz Rheinschiffahrt

Leitsatz:

Ist nach der gefahrenen Betriebsform auf dem Rhein die Anwesenheit von zwei Schiffsführern vorgeschrieben, so müssen beide Schiffsführer über das Streckenpatent für den gefahrenen Streckenabschnitt verfügen, anderenfalls ist das Schiff unterbemannt.

Urteil der Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschiffahrt

vom 7. Dezember 2015

Az.: 501 B - 5/15

(Rheinschiffahrtsgericht Duisburg-Ruhrort, Az.: 18 OWi 114 JS 136/13-82/13 BSch)

Aus dem Tatbestand:

Am 21. November 2012, um 09.45 Uhr, fuhr das TMS »Eiltank 121« (Länge: 85,98 m; Breite: 9,48 m) mit dem Betroffenen als verantwortlichem Schiffsführer, bei Rhein-km 853, Emmerich, zu Berg und wurde von der Wasserschutzpolizei einer Kontrolle unterzogen. An Bord befanden sich neben dem Betroffenen als verantwortlichem Schiffsführer zwei weitere Besatzungsmitglieder, die Herren K. und T.. Der Erstgenannte, K., wies sich als Inhaber eines polnischen Oderpatentes »B«, der Zweitgenannte als Matrose aus. Die Wasser- und Schifffahrtsdirektion West erließ am 2. April 2013 einen Bußgeldbescheid. Dem Betroffenen wurde vorgeworfen, die Vorschriften über die Mindestbesatzung nicht eingehalten zu haben: An Stelle der vorgeschriebenen zwei Schiffsführer nebst einem Leichtmatrosen habe die Besatzung aus einem Schiffsführer, einem Steuermann und einem Matrosen bestanden. Dem Betroffenen wurde ein Bußgeld von 250 Euro auferlegt. Gegen den Bußgeldbescheid erhob der Betroffene, vertreten durch Herrn RA J, fristgerecht Einspruch. Dieser Einspruch war erfolgreich: Das Rheinschifffahrtsgericht hat nach durchgeführter Hauptverhandlung vom 20. Januar 2014 den Betroffenen auf Kosten der Staatskasse, die auch seine notwendigen Auslagen trägt, freigesprochen. In der Begründung führte das Rheinschifffahrtsgericht aus, die Reise des TMS Eiltank 121 sei am 20. November 2013 um 23:00 Uhr in Rotterdam begonnen worden und habe am 21. November 2013 – nach der Kontrolle – um 13:00 Uhr in Friedrichsfeld geendet. Von Rotterdam bis zur Spyck’schen Fähre sei das Tankmotorschiff vom Besatzungsmitglied K. geführt worden. Dieser sei im Besitz des polnischen Oderpatents »B«, welches in den Niederlanden als Groot Vaarbewijs gelte und zum Führen des Schiffes berechtige. Ab der Spyck’schen Fähre habe dann der Betroffene die Führung des Schiffs übernommen. Das TMS Eiltank 121 sei in der Betriebsform A 2, Stufe 2, Standard S 1 gefahren. In dieser Betriebsform sei die ordnungsgemäße Besatzung nur gegeben, wenn zwei Schiffsführer und ein Leichtmatrose (welcher durch einen Decksmann ersetzt werden dürfe) an Bord seien. Diese Voraussetzungen seien erfüllt gewesen. An Bord habe sich ein Matrose befunden, der für den Leichtmatrosen habe eingesetzt werden können. Darüber hinaus seien zwei Schiffsführer an Bord gewesen: Der Betroffene, der im Besitz eines Rheinpatents sei, und Herr K., der im Besitz eines polnischen Oderpatents sei. Nach § 6.02 Nr. 1 der Verordnung über das Schiffspersonal auf dem Rhein (RheinSchPersV) bedürfe derjenige, der auf dem Rhein ein Fahrzeug führen wolle, eines Rheinpatentes nach der Verordnung oder eines von der ZKR als gleichwertig anerkannten Schiffsführerzeugnisses für die jeweilige Fahrzeugart und -größe sowie für die zu durchfahrende Strecke. K. habe keinen Streckenkundenachweis gehabt; er habe das Schiff aber auch nicht auf der Strecke von der Spyck’schen Fähre bis zum Kontrollpunkt geführt. Dadurch, dass Herr K. auf dem Gebiet der Bundesrepublik keinen Streckenkundenachweis habe, verliere er nicht seine Schiffsführereigenschaft und könne alle Kontrollaufgaben, die in den Bereich eines Schiffsführers fallen, wahrnehmen. Lediglich das Schiff führen könne er nicht; das sei aber auch nicht der Fall gewesen ...

Aus den Entscheidungsgründen:

Das als Berufung zu behandelnde Rechtsmittel ist zulässig. Die Berufungserklärung ist binnen der 30-tägigen Frist seit der Zustellung des Beschlusses des Rheinschifffahrtsgerichts eingereicht und begründet worden. Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg. Es stellt sich im vorliegenden Fall die Frage, ob das Besatzungsmitglied K. zum Kontrollzeitpunkt als Schiffsführer im Sinne von § 3.15 RheinSchPersV anzusehen war. Die erwähnte Regelung enthält keine Definition des Begriffs »Schiffsführer«. Wie dieser Begriff zu verstehen ist, muss durch Auslegung ermittelt werden. Bei solcher Auslegung ist darauf zu achten, welche Bedeutung einem Begriff üblicherweise innerhalb eines Regelwerks beigemessen wird. In § 1.02 RheinSchPV ist unter dem Titel »Schiffsführer« in Ziffer 1 folgende Regelung zu finden: Jedes Fahrzeug sowie jeder Schwimmkörper muss unter der Führung einer hierfür geeigneten Person stehen. Diese wird als »Schiffsführer« bezeichnet. Seine Eignung gilt als vorhanden, wenn er ein Rheinpatent für die Fahrzeugart und –größe und die zu durchfahrende Strecke, ein anderes nach der Verordnung über das Schiffspersonal auf dem Rhein zugelassenes oder ein nach der Verordnung über das Schiffspersonal auf dem Rhein als gleichwertig anerkanntes Schiffsführerzeugnis für die Fahrzeugart und –größe besitzt. Bei als gleichwertig anerkannten Zeugnissen muss er auf bestimmten Streckenabschnitten zusätzlich das nach der Verordnung über das Schiffspersonal auf dem Rhein geforderte Streckenzeugnis besitzen. Die in der genannten Regelung enthaltene Definition muss für das gesamte Rheinschifffahrtsrecht Geltung haben. Die im Sinne von § 3.15 RheinSchPersV zur Besatzung gehörenden Schiffsführer müssen somit im Sinne von § 1.02 RheinSchPV »geeignet« sein. Eine solche Eignung haben nur Personen, die über ein Schifferpatent für die Fahrzeugart und die zu befahrende Strecke verfügen. Herr K. verfügte zum Kontrollzeitpunkt über ein polnisches Oderpatent »B«. Ein solches Patent wird gemäß geltender Regelung als gleichwertig mit einem Rheinpatent für die jeweilige Fahrzeugsart und –größe anerkannt (vgl. § 6.02 Nr. 1 in Verbindung mit Anlage D5 RheinSchPersV). Das Oderpatent »B« berechtigte Herrn K., für die Fahrt unterhalb der Spyck’schen Fähre (km 857,40) und auf der Strecke zwischen Basel (Mittlere Rheinbrücke – km 166,53) und den Schleusen Iffezheim (km 335,92) ein Schiff zu führen (vgl. § 6.02 Nr. 2 RheinSchPersV). Das Patent gilt jedoch auf der übrigen Rheinstrecke (zwischen den Schleusen Iffezheim und der Spyck’schen Fähre) nur, wenn dessen Inhaber »ein Streckenzeugnis nach dem Muster der Anlage D3« besitzt (§ 6.02 Nr. 2 RheinSchPersV). Das ergibt sich auch aus § 7.05 RheinSchPersV: »Ohne Rücksicht auf die betreffende Patentart sind spezifische Streckenkenntnisse darüber hinaus zwischen den Schleusen Iffezheim (km 335,92) und der Spyck’schen Fähren (km 857,40) erforderlich« ...Der Betroffene meint, aus Art. 5 der RheinSchPersEV entnehmen zu können, dass sich die Notwendigkeit der Streckenkenntnis nur auf diejenige Person beziehe, die das Schiff tatsächlich führe; daraus will er schließen, dass von den zwei, nach § 3.15 RheinSchPersV notwendigen Schiffsführern nur einer diese Kenntnisse besitzen müsse. Dieser Schluss ist nicht überzeugend. Wenn das Rheinschifffahrtsrecht in § 3.15 RheinSchPersV verlangt, dass zwei Schiffsführer an Bord sein müssen, sind damit zwei Personen gemeint, die beide fähig und berechtigt sind, das Schiff zu führen. Wäre die Meinung des Betroffenen richtig, dass jeder Inhaber eines mit einem Rheinpatent als gleichwertig anerkannten Schiffsführerzeugnisses als Schiffsführer im Sinne von § 3.15 RheinSchPersV anzusehen sei, wäre nicht verständlich, weshalb die genannte Bestimmung in gewissen Fällen verlangt, dass zur Mindestbesatzung -neben den Schiffsführern – ein Steuermann gehört, der »das nach dieser Verordnung erforderliche Schifferpatent besitzt« (vgl. die Vorschrift für die Mindestbesatzung für Motorschiffe und Schubboote Stufe 3, Betriebsform B, Ausrüstungsstandard S 1). Ein solches Patent berechtigt zur Schiffsführung auf den Strecken zwischen Basel und Iffezheim und unterhalb der Spyck’schen Fähre (vgl. § 3.02 Nr. 6 lit. b und c in Verbindung mit § 6.02 Nr. 2 und 3 RheinSchPersV). Der Inhaber eines solchen Patents wäre – falls die Meinung des Betroffenen richtig wäre – kein Steuermann, sondern ein Schiffsführer, weil er auf einzelnen Strecken des Rheins ein Schiff führen darf. Dass er in § 3.15 RheinSchPersV als Steuermann bezeichnet wird, zeigt, dass die Auffassung des Betroffenen nicht richtig ist.In der Berufungsantwort wird sodann auf das Lotsenwesen hingewiesen. Der Betroffene meint, die von der Staatsanwaltschaft befürwortete Auslegung von § 3.15 RheinSchPersV führe dazu, dass unter Umständen zwei Lotsen an Bord genommen werden müssten, was nicht schifffahrtsüblich sei. Im vorliegenden Fall ist kein Lotse zum Einsatz gekommen. Es besteht deshalb auch kein Anlass, zur Frage Stellung zu nehmen, ob und in welcher Weise das Problem der Unterbesatzung durch den Einsatz eines oder mehrerer Lotsen behoben werden kann ...Aus den vorstehenden Überlegungen ergibt sich, dass das Rheinschifffahrtsgericht den Betroffenen zu Unrecht freigesprochen hat. Auf der Strecke oberhalb der Spyck’schen Fähre war nur der Betroffene selber als Schiffsführer im Sinne von § 3.15 RheinSchPersV an Bord. Ein zweiter – für diese Strecke geeigneter – Schiffsführer fehlte, weshalb der Betroffene eine Ordnungswidrigkeit begangen hat. Dass er dem in § 3.15 RheinSchPersV verwendeten Begriff des Schiffsführers irrtümlich einen falschen Inhalt zuerkannt hat, vermag ihn nicht zu entlasten, weshalb ihm ein fahrlässiger Verstoß gegen die Vorschriften über die Mindestbesatzung vorzuwerfen ist ...

Mitgeteilt durch Rechtsanwalt

Markus Jaegers, Duisburg

Anmerkung der Redaktion:

Die vorstehend wiedergegebene Entscheidung hat eine ganz erhebliche wirtschaftliche Tragweite. Im entschiedenen Fall war für das auf dem deutschen Niederrhein fahrende Schiff nach den Bemannungsvorschriften die Anwesenheit von zwei Schiffsführern an Bord vorgeschrieben. An Bord waren auch zwei Schiffsführer, von denen allerdings nur einer das Streckenpatent für den Oberrhein hatte. Damit stellte sich die Frage, ob der Begriff Schiffsführer nach den Bemannungsvorschriften so auszulegen ist, dass auch der zweite an Bord anwesende Schiffsführer, der nicht verantwortlicher Schiffsführer ist, über das Streckenpatent verfügen müsse. Im Unterschied zum Rheinschiffahrtsgericht Duisburg-Ruhrort hat die Berufungskammer der Zentralkommission die Auffassung vertreten, dass dies der Fall sei. Schrieben die Besatzungsvorschriften die Anwesenheit von Schiffsführern vor, dann müssten diese Schiffsführer ohne Ausnahme über das für den entsprechenden Streckenabschnitt erforderliche Streckenpatent verfügen. Deshalb hat die Berufungskammer ein Bußgeld gegen den verantwortlichen Schiffsführer verhängt, der das Schiff geführt hat, weil der zweite an Bord anwesende Schiffsführer kein Streckenpatent hatte. Leider hat sich die Berufungskammer nicht zu der durch die Verteidigung zu recht aufgeworfene Frage geäußert, ob die von der Berufungskammer vertretene Auffassung zur Bemannungsvorschrift nicht auch die Konsequenz haben müsse, dass man auf dem Rhein ab einer bestimmten Einsatzform zwei statt einen Lotsen an Bord nehmen müsse. Die Berufungskammer hat sich bedauerlicherweise auf dieses Argument nicht eingelassen mit der Begründung, dass im vorliegenden Fall keine Lotsen an Bord gewesen seien. Die Begründung des Urteiles durch die Berufungskammer ist in der praktischen Umsetzung ganz erheblichen Bedenken ausgesetzt: In der Tat ist Konsequenz der vorliegenden Entscheidung, dass es bei entsprechender Bemannungsvorschrift auf dem Rhein nicht ausreicht, einen einzigen Lotsen an Bord zu nehmen, wenn die Schiffsführer der Stammbesatzung kein Streckenpatent haben. Nach der Lesart der Berufungskammer wäre es tatsächlich erforderlich zwei Lotsen einzusetzen, von denen selbstverständlich nur einer beraten kann. Kollektive Schiffsführung oder kollektive Beratung bei der Schiffsführung ist im Schiffahrtsrecht nicht vorgesehen und nautisch auch nicht zu vertreten. Die Entscheidung muss immer in einer Hand liegen. Nach Auffassung des Unterzeichners lässt die ratio legis auch eine andere Auslegung der Vorschrift zu. Das Streckenpatent ist vorgeschrieben, weil bestimmte Reviere ganz bestimmte Eigenheiten haben, die Revierkenntnis voraussetzen. Diese Revierkenntnis muss selbstverständlich nur bei demjenigen Schiffsführer anwesend sein, der das Schiff führt und der die nautischen Entscheidungen trifft. Deshalb kann vernünftigerweise auch nur für den verantwortlichen Schiffsführer ein Streckenpatent gefordert werden. Solange der verantwortliche Schiffsführer die Entscheidungen selbst fällt, und dies ist auf jedem Schiff der Welt der Fall, reicht es auch, wenn nur er über die für diese Entscheidungen erforderlichen Streckenkenntnisse verfügt. Die Notwendigkeit ab einer bestimmten Einsatzform und Größe des Schiffes einen zweiten Schiffsführer an Bord zu haben, beruht darauf, dass ein zweites Besatzungsmitglied an Bord sein muss, das ausgebildet und in der Lage ist, überhaupt ein Schiff verantwortlich zu führen. Er ist ein Ersatzmann. Sollte der verantwortliche Schiffsführer (mit Streckenpatent) ausfallen, so ist jeder ausgebildete Schiffsführer in der Lage, das Schiff auch auf dem Niederrhein zu stabilisieren und die Fahrt sachgerecht einzustellen. Dafür ist Streckenkenntnis nicht erforderlich. Nautisch ist daher die Auslegung der Berufungskammer nicht zwingend, wirtschaftlich führt sie zu einer ganz erheblichen Mehrbelastung der Binnenschiffahrt, für die es keinen zwingenden sachlichen Grund gibt. Es wäre daher sehr zu begrüßen, wenn durch eine Änderung der RheinSchPV klargestellt würde, dass nur der verantwortliche Schiffsführer über ein Streckenpatent verfügen muss, oder die Rheinschiffahrtsgerichte oder die Berufungskammer zukünftig zu einer solchen Auslegung der Vorschrift kämen.

Rechtsanwalt Dr. Martin Fischer,

Frankfurt am Main

Urteil der Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschiffahrt

 vom 7. Dezember 2015

Az.: 501 B-5/15

(Rheinschiffahrtsgericht Duisburg-Ruhrort, Az.: 18 OWi 114 JS 136/13-82/13 BSch)

Tatbestand:

Am 21. November 2012, um 09.45 Uhr, fuhr das TMS »Eiltank 121« (Länge: 85,98 m; Breite: 9,48 m) mit dem Betroffenen als verantwortlichem Schiffsführer, bei Rhein-km 853, Emmerich, zu Berg und wurde von der Wasserschutzpolizei einer Kontrolle unterzogen. An Bord befanden sich neben dem Betroffenen als verantwortlichem Schiffsführer zwei weitere Besatzungsmitglieder, die Herren K. und T.. Der Erstgenannte, K., wies sich als Inhaber eines polnischen Oderpatentes »B«, der Zweitgenannte als Matrose aus.Die Wasser- und Schifffahrtsdirektion West erließ am 2. April 2013 einen Bußgeldbescheid. Dem Betroffenen wurde vorgeworfen, die Vorschriften über die Mindestbesatzung nicht eingehalten zu haben: An Stelle der vorgeschriebenen zwei Schiffsführer nebst einem Leichtmatrosen habe die Besatzung aus einem Schiffsführer, einem Steuermann und einem Matrosen bestanden. Dem Betroffenen wurde ein Bußgeld von 250 Euro auferlegt. Gegen den Bußgeldbescheid erhob der Betroffene, vertreten durch Herrn RA J., fristgerecht Einspruch. Dieser Einspruch war erfolgreich: Das Rheinschifffahrtsgericht hat nach durchgeführter Hauptverhandlung vom 20. Januar 2014 den Betroffenen auf Kosten der Staatskasse, die auch seine notwendigen Auslagen trägt, freigesprochen. In der Begründung führte das Rheinschifffahrtsgericht aus, die Reise des TMS Eiltank 121 sei am 20. November 2013 um 23:00 Uhr in Rotterdam begonnen worden und habe am 21. November 2013 – nach der Kontrolle – um 13:00 Uhr in Friedrichsfeld geendet. Von Rotterdam bis zur Spyck’schen Fähre sei das Tankmotorschiff vom Besatzungsmitglied K. geführt worden. Dieser sei im Besitz des polnischen Oderpatents »B«, welches in den Niederlanden als Groot Vaarbewijs gelte und zum Führen des Schiffes berechtige. Ab der Spyck’schen Fähre habe dann der Betroffene die Führung des Schiffs übernommen. Das TMS Eiltank 121 sei in der Betriebsform A 2, Stufe 2, Standard S 1 gefahren. In dieser Betriebsform sei die ordnungsgemäße Besatzung nur gegeben, wenn zwei Schiffsführer und ein Leichtmatrose (welcher durch einen Decksmann ersetzt werden dürfe) an Bord seien. Diese Voraussetzungen seien erfüllt gewesen. An Bord habe sich ein Matrose befunden, der für den Leichtmatrosen habe eingesetzt werden können. Darüber hinaus seien zwei Schiffsführer an Bord gewesen: Der Betroffene, der im Besitz eines Rheinpatents sei, und Herr K., der im Besitz eines polnischen Oderpatents sei. Nach § 6.02 Nr. 1 der Verordnung über das Schiffspersonal auf dem Rhein (RheinSchPersV) bedürfe derjenige, der auf dem Rhein ein Fahrzeug führen wolle, eines Rheinpatentes nach der Verordnung oder eines von der ZKR als gleichwertig anerkannten Schiffsführerzeugnisses für die jeweilige Fahrzeugart und -größe sowie für die zu durchfahrende Strecke. K. habe keinen Streckenkundenachweis gehabt; er habe das Schiff aber auch nicht auf der Strecke von der Spyck’schen Fähre bis zum Kontrollpunkt geführt. Dadurch, dass Herr K. auf dem Gebiet der Bundesrepublik keinen Streckenkundenachweis habe, verliere er nicht seine Schiffsführereigenschaft und könne alle Kontrollaufgaben, die in den Bereich eines Schiffsführers fallen, wahrnehmen. Lediglich das Schiff führen könne er nicht; das sei aber auch nicht der Fall gewesen. Gegen dieses Urteil des Rheinschifffahrtsgerichts hat die Staatsanwaltschaft Duisburg, der das Urteil am 6. März 2014 zugestellt worden ist, am 26. März 2014 Berufung eingelegt und diese Berufung mit Schriftsatz vom 10. April 2014, der beim Rheinschifffahrtsgericht am 14. April 2014 einging, begründet. Zur Begründung ihrer Berufung hat die Staatsanwaltschaft Duisburg ausgeführt, das Besatzungsmitglied K. sei zwar im Besitz des polnischen Oderpatentes »B« gewesen, habe jedoch keinen Streckenkundenachweis für die Strecke von der Spyck’schen Fähre bis nach Friedrichsfeld besessen. Somit sei das Schiff auf der genannten Strecke nicht mit der vorgeschriebenen Mindestbesatzung gefahren: Es habe der zweite Schiffsführer gefehlt. Ohne Streckenzeugnis sei die Befähigung mit einem Oderpatent nur die eines Steuermannes mit Patent. Auf die Frage, ob das Besatzungsmitglied K. das Schiff tatsächlich auf der Strecke zwischen der Spyck’schen Fähre und Friedrichsfeld geführt habe, komme es nicht an, da »allein die abstrakte Gefahr des Ausfalls des Angeklagten als Schiffsführer einhergehend mit der mangelnden Fähigkeit des K., in diesem Fall das Schiff auf der Strecke von der Spyck’schen Fähre bis nach Friedrichsfeld zu führen, ausreichend« sei. Die Staatsanwaltschaft beantragt, den Angeklagten wegen einer Ordnungswidrigkeit in Rheinschifffahrtssachen zu einer angemessenen Geldbuße zu verurteilen. Der Vertreter des Betroffenen beantragt in seiner Berufungserwiderung vom 13. Mai 2014, die Berufung der Staatsanwaltschaft zurückzuweisen. In seiner Begründung verweist der Vertreter des Betroffenen zunächst auf den Umstand, dass das Schiff oberhalb der Spyck’schen Fähre unstreitig vom Betroffenen geführt worden sei, der ein Patent für diese Strecke besitze und ausgeruht gewesen sei. Zu Unrecht vertrete die Staatsanwaltschaft die Meinung, dass der an Bord anwesende zweite Schiffsführer ebenfalls einen Streckennachweis für diese Strecke besitzen müsse. Das Rheinschifffahrtsgericht habe zutreffend erkannt, dass ein Schiffsführer, der grundsätzlich über die Befähigung zum Schiffsführer in der Rheinschifffahrt verfüge, seine Schiffsführereigenschaften wegen eines fehlendenden Streckenkundenachweises nicht verliere. Nach Art. 5 Abs. 5 der Verordnung zur Einführung der Verordnung über das Schiffspersonal auf dem Rhein (RheinSchPersEV) müsse der Schiffsführer, der das Fahrzeug auf dem Rhein führe, ein Rheinpatent oder ein gleichwertiges Schiffsführerzeugnis, das auch für die zu durchfahrende Strecke gelte, besitzen. Diese Regelung beziehe sich nur auf den Schiffsführer, der das Schiff auf der jeweiligen Strecke tatsächlich führe. Vorliegend sei dies der Betroffene gewesen, der für die in Rede stehende Kontrollstrecke über ein ausreichendes Schiffsführerzeugnis verfügten. Die Besatzungsvorschriften seien im Lichte der genannten Regelung zu sehen: Es müsse gesichert sein, dass derjenige, der das Schiff führe, auch für die jeweilige Strecke qualifiziert und persönlich nicht überbelastet sei. Dies sei im vorliegenden Fall durch den Betroffenen gewährleistet gewesen. Die Staatsanwaltschaft sei der Meinung, dass ein Schiffsführer seine Schiffsführereigenschaft im Sinne der RheinSchPersV in dem Moment verliere, in dem ein Fahrgebiet erreicht werde, für das er keinen Streckenkundenachweis habe. Diese Meinung führe dazu, dass für ein Schiff, das mit zwei Schiffsführern besetzt sein müsse, die beide nicht über das Patent z. B. für die Oberrheinstrecke verfügten, nicht nur ein Lotse, sondern zwei Lotsen an Bord genommen werden müssten, da diese beiden Schiffsführer mit Erreichen des Oberrheins nicht mehr als Schiffsführer, sondern lediglich noch als einfache Steuerleute ohne Patent zu betrachten wären. Da der Lotse im »klassischen« Fall nicht selber zum Schiffsführer werde, sondern als Berater des Schiffsführers zu betrachten sei, gäbe es – nach Auffassung der Staatsanwaltschaft – auf einem solchen Schiff gar keinen Schiffsführer im Sinne der RheinSchPersV mehr, wenn das Schiff in Gewässer einfahre, für die die Stammschiffsführer keine Streckenkunde mehr besäßen. Das gesamte Lotsenwesen wäre somit völlig in Frage gestellt. Konsequent gedacht, stellte sich das Lotsenwesen sogar als überflüssig dar, müsste das Schiff doch stets über Schiffsführer verfügen, die einen Streckenkundenachweis besäßen. Demgegenüber sei es schifffahrtsüblich und aus Sicherheitsanforderungen auch völlig ausreichend, wenn ein einziger Lotse aufgenommen werde, der über die entsprechenden Befähigungen verfüge. Der Betroffene verweist schließlich auch auf das Urteil der Berufungskammer vom 3. Dezember 1997 (Aktenzeichen 369 B). In diesem Falle habe die Pflichtbesatzung aus zwei Schiffsführern, einem Steuermann und zwei Matrosen bestanden, während effektiv an Bord nur zwei Schiffsführer und zwei Matrosen gewesen seien. Die Berufungskammer habe beanstandet, dass der Steuermann gefehlt habe; sie habe jedoch aus dem Umstand, dass der eine der beiden Schiffsführer keinen Streckenkundenachweis für die Strecke von Iffezheim nach Mannheim habe vorweisen können, nicht den Schluss gezogen, dass auch ein Schiffsführer gefehlt habe. Nach Ansicht des Betroffenen hat das Rheinschifffahrtsgericht im vorliegenden Fall völlig zu Recht erkannt, dass zwar der das Schiff verantwortlich führende Schiffsführer über die Streckenkunde für die befahrene Strecke verfügen müsse, der weitere Schiffsführer aber seine Schiffsführereigenschaft nicht dadurch verliere, dass er ab Erreichen eines bestimmten Streckenabschnitts nicht mehr über den Streckenkundenachweis verfüge. Ein Schiffsführer habe neben dem reinen nautischen Einsatz in der Ruderführung noch eine Vielzahl weiterer Aufgaben, deren er ohne weiteres auch ohne spezifische Streckenkunde befähigt bleibe. Das gelte nicht zuletzt auch für einen Noteinsatz in der Ruderführung.

Entscheidungsgründe:

Das als Berufung zu behandelnde Rechtsmittel ist zulässig. Die Berufungserklärung ist binnen der 30-tägigen Frist seit der Zustellung des Beschlusses des Rheinschifffahrtsgerichts eingereicht und begründet worden. Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg. Es stellt sich im vorliegenden Fall die Frage, ob das Besatzungsmitglied K. zum Kontrollzeitpunkt als Schiffsführer im Sinne von § 3.15 RheinSchPersV anzusehen war. Die erwähnte Regelung enthält keine Definition des Begriffs »Schiffsführer«. Wie dieser Begriff zu verstehen ist, muss durch Auslegung ermittelt werden. Bei solcher Auslegung ist darauf zu achten, welche Bedeutung einem Begriff üblicherweise innerhalb eines Regelwerks beigemessen wird. In § 1.02 RheinSchPV ist unter dem Titel »Schiffsführer« in Ziffer 1 folgende Regelung zu finden: Jedes Fahrzeug sowie jeder Schwimmkörper muss unter der Führung einer hierfür geeigneten Person stehen. Diese wird als »Schiffsführer« bezeichnet. Seine Eignung gilt als vorhanden, wenn er ein Rheinpatent für die Fahrzeugart und -größe und die zu durchfahrende Strecke, ein anderes nach der Verordnung über das Schiffspersonal auf dem Rhein zugelassenes oder ein nach der Verordnung über das Schiffspersonal auf dem Rhein als gleichwertig anerkanntes Schiffsführerzeugnis für die Fahrzeugart und –größe besitzt. Bei als gleichwertig anerkannten Zeugnissen muss er auf bestimmten Streckenabschnitten zusätzlich das nach der Verordnung über das Schiffspersonal auf dem Rhein geforderte Streckenzeugnis besitzen. Die in der genannten Regelung enthaltene Definition muss für das gesamte Rheinschifffahrtsrecht Geltung haben. Die im Sinne von § 3.15 RheinSchPersV zur Besatzung gehörenden Schiffsführer müssen somit im Sinne von § 1.02 RheinSchPV »geeignet« sein. Eine solche Eignung haben nur Personen, die über ein Schifferpatent für die Fahrzeugart und die zu befahrende Strecke verfügen. Herr K. verfügte zum Kontrollzeitpunkt über ein polnisches Oderpatent »B«. Ein solches Patent wird gemäß geltender Regelung als gleichwertig mit einem Rheinpatent für die jeweilige Fahrzeugsart und –größe anerkannt (vgl. § 6.02 Nr. 1 in Verbindung mit Anlage D5 RheinSchPersV). Das Oderpatent »B« berechtigte Herrn K., für die Fahrt unterhalb der Spyck’schen Fähre (km 857,40) und auf der Strecke zwischen Basel (Mittlere Rheinbrücke – km 166,53) und den Schleusen Iffezheim (km 335,92) ein Schiff zu führen (vgl. § 6.02 Nr. 2 RheinSchPersV). Das Patent gilt jedoch auf der übrigen Rheinstrecke (zwischen den Schleusen Iffezheim und der Spyck’schen Fähre) nur, wenn dessen Inhaber »ein Streckenzeugnis nach dem Muster der Anlage D3« besitzt (§ 6.02 Nr. 2 RheinSchPersV). Das ergibt sich auch aus § 7.05 RheinSchPersV: »Ohne Rücksicht auf die betreffende Patentart sind spezifische Streckenkenntnisse darüber hinaus zwischen den Schleusen Iffezheim (km 335,92) und der Spyck’schen Fähren (km 857,40) erforderlich«. Aus den genannten Regelungen wird klar, dass es – entgegen der Auffassung des Rheinschifffahrtsgerichts – durchaus vorkommen kann, dass ein Besatzungsmitglied auf einer Rheinstrecke als Schiffsführer anerkannt wird, auf einer anderen Strecke sich jedoch nicht auf diese Bezeichnung berufen darf. Dementsprechend hat Herr K. auf der Fahrt von Rotterdam nach Friedrichsfeld das Schiff als Schiffsführer bis zu der Spyck’schen Fähre führen dürfen, nach Erreichen dieser Stelle jedoch seine Eignung als Schiffsführer verloren, weil er kein Streckenzeugnis besitzt. Mit dem Verlust der Schiffsführer-Eigenschaft von Herrn K. entstand auf dem TMS »Eiltank 21« die Situation einer Unterbesatzung, für die der Betroffene die Verantwortung zu übernehmen hat. Der Betroffene meint, aus Art. 5 der RheinSchPersEV entnehmen zu können, dass sich die Notwendigkeit der Streckenkenntnis nur auf diejenige Person beziehe, die das Schiff tatsächlich führe; daraus will er schließen, dass von den zwei, nach § 3.15 RheinSchPersV notwendigen Schiffsführern nur einer diese Kenntnisse besitzen müsse. Dieser Schluss ist nicht überzeugend. Wenn das Rheinschifffahrtsrecht in § 3.15 RheinSchPersV verlangt, dass zwei Schiffsführer an Bord sein müssen, sind damit zwei Personen gemeint, die beide fähig und berechtigt sind, das Schiff zu führen. Wäre die Meinung des Betroffenen richtig, dass jeder Inhaber eines mit einem Rheinpatent als gleichwertig anerkannten Schiffsführerzeugnisses als Schiffsführer im Sinne von § 3.15 RheinSchPersV anzusehen sei, wäre nicht verständlich, weshalb die genannte Bestimmung in gewissen Fällen verlangt, dass zur Mindestbesatzung – neben den Schiffsführern – ein Steuermann gehört, der »das nach dieser Verordnung erforderliche Schifferpatent besitzt« (vgl. die Vorschrift für die Mindestbesatzung für Motorschiffe und Schubboote Stufe 3, Betriebsform B, Ausrüstungsstandard S 1). Ein solches Patent berechtigt zur Schiffsführung auf den Strecken zwischen Basel und Iffezheim und unterhalb der Spyck’schen Fähre (vgl. § 3.02 Nr. 6 lit. b und c in Verbindung mit § 6.02 Nr. 2 und 3 RheinSchPersV). Der Inhaber eines solchen Patents wäre – falls die Meinung des Betroffenen richtig wäre – kein Steuermann, sondern ein Schiffsführer, weil er auf einzelnen Strecken des Rheins ein Schiff führen darf. Dass er in § 3.15 RheinSchPersV als Steuermann bezeichnet wird, zeigt, dass die Auffassung des Betroffenen nicht richtig ist. In der Berufungsantwort wird sodann auf das Lotsenwesen hingewiesen. Der Betroffene meint, die von der Staatsanwaltschaft befürwortete Auslegung von § 3.15 RheinSchPersV führe dazu, dass unter Umständen zwei Lotsen an Bord genommen werden müssten, was nicht schifffahrtsüblich sei. Im vorliegenden Fall ist kein Lotse zum Einsatz gekommen. Es besteht deshalb auch kein Anlass, zur Frage Stellung zu nehmen, ob und in welcher Weise das Problem der Unterbesatzung durch den Einsatz eines oder mehrerer Lotsen behoben werden kann. In der Berufungsantwort wird ferner auf ein Urteil der Berufungskammer vom 3. Dezember 1997 hingewiesen (Aktenzeichen 369 B). In jenem Fall ging es um ein Tankmotorschiff, das von Amsterdam nach Straßburg gefahren war und bei der Rückfahrt in der Ortslage Karlsruhe kontrolliert wurde. Die vorgeschriebene Mindestbesatzung hätte aus zwei Schiffsführern, einem Steuermann und zwei Matrosen bestehen sollen. Tatsächlich fehlten auf der Bergfahrt der Steuermann und auf der Talfahrt ein Schiffsführer. Darüber hinaus bezog sich das Rheinpatent, das der sich als verantwortlich bezeichnende Schiffsführer vorlegte, nicht auf die Strecke zwischen Straßburg und Mannheim. Der genannte Schiffsführer war vom Rheinschifffahrtsgericht zu zwei Bußen von je 800 DM verurteilt worden. Die eine Buße bezog sich darauf, dass der Verurteilte auf dem Rhein ein Fahrzeug führte, ohne das vorgeschriebene Patent zu besitzen; die zweite Buße bezog sich darauf, dass der Verurteilte nicht dafür gesorgt hatte, dass die für die jeweilige Betriebsform und Einsatzzeit vorgeschriebene Besatzung während der Fahrt ständig an Bord war. Der Betroffene weist darauf hin, dass die Berufungskammer im genannten Urteil bei der Prüfung der Mindestbesatzung in der Bergfahrt nur das Fehlen des Steuermannes kritisiert habe. Sie habe nicht beanstandet, dass wegen des Fehlens eines Streckenzeugnisses nicht die erforderlichen zwei Schiffsführer an Bord gewesen seien. Wenn der Betroffene meint, aus dieser Urteilsbegründung ableiten zu können, dass die Berufungskammer seiner Interpretation der Mindestbesatzungsvorschriften gefolgt sei, irrt er. Da im genannten Fall dem verantwortlichen Schiffsführer zwei Ordnungsbußen auferlegt worden waren, war darauf zu achten, dass sich diese beiden Sanktionen nicht auf denselben Vorwurf bezogen: Die eine Buße wurde wegen des fehlenden Streckenzeugnisses auferlegt; die andere Buße konnte sich nicht auf denselben Vorwurf abstützen, so dass es richtig war, sie nicht damit zu begründen, dass der Verurteilte wegen des Fehlens des Streckenzeugnisses gar nicht als Schiffsführer im Sinne der anzuwendenden Vorschriften anzusehen war. Der Betroffene weist schließlich darauf hin, dass ein Schiffsführer neben dem reinen nautischen Einsatz in der Ruderführung noch eine Vielzahl weiterer Aufgaben habe, deren er ohne weiteres auch ohne spezifische Streckenkunde befähigt bleibe. Das gelte nicht zuletzt auch für einen Noteinsatz in der Ruderführung. Dieser Argumentation ist entgegenzuhalten, dass es nicht darum geht, wer das Ruder führt, sondern darum, wer die Verantwortung für die Ruderführung übernehmen kann. Wenn das Rheinschifffahrtsrecht davon ausgeht, dass in bestimmten Konstellationen auf einem Schiff zwei Personen diese Verantwortung während der ganzen Fahrt übernehmen können müssen, ist dies ein gesetzgeberischer Entscheid, der Sinn macht und an den sich die Gerichte zu halten haben. Aus den vorstehenden Überlegungen ergibt sich, dass das Rheinschifffahrtsgericht den Betroffenen zu Unrecht freigesprochen hat. Auf der Strecke oberhalb der Spyck’schen Fähre war nur der Betroffene selber als Schiffsführer im Sinne von § 3.15 RheinSchPersV an Bord. Ein zweiter – für diese Strecke geeigneter – Schiffsführer fehlte, weshalb der Betroffene eine Ordnungswidrigkeit begangen hat. Dass er dem in § 3.15 RheinSchPersV verwendeten Begriff des Schiffsführers irrtümlich einen falschen Inhalt zuerkannt hat, vermag ihn nicht zu entlasten, weshalb ihm ein fahrlässiger Verstoß gegen die Vorschriften über die Mindestbesatzung vorzuwerfen ist. Das Urteil der Vorinstanz ist daher aufzuheben, und der Betroffene muss zur Zahlung einer Geldbuße verurteilt werden. Im Bußgeldbescheid der Wasser- und Schifffahrtsdirektion West vom 2. April 2013 ist vermerkt, dass die dem Betroffenen zur Last gelegte Ordnungswidrigkeit gemäß Bußgeldkatalog zu einer Geldbuße von 250,00 Euro führt. Dieser Betrag erscheint als angemessen; irgendwelche besonderen Gründe, die zu einer Abweichung vom üblichen Betrag führen müssten, sind nicht zu erkennen. Aus den dargelegten Gründen wird daher für Recht erkannt: Das Urteil des Amtsgerichts – Rheinschifffahrtsgerichts – Duisburg-Ruhrort vom 20. Januar 2014 – 18 OWi-114 Js 136/13-82/13 BSch – wird aufgehoben. Gegen den Betroffenen wird wegen fahrlässigen Verstoßes gegen die Bemannungsvorschrift des § 3.15 Nr. 1 RheinSchPersV, in Anwendung von Artikel 6 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit Artikel 5 Abs.1 Nr. 1 Rheinschiffspersonaleinführungsverordnung, eine Geldbuße in Höhe von 250,00 Euro festgesetzt. Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei. Die notwendigen Auslagen fallen dem Betroffenen zur Last.

Ebenfalls abrufbar unter ZfB 2016 - Nr.1 (Sammlung Seite 2403 ff.); ZfB 2016, 2403 ff.