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486 Z - 11/13 - Berufungskammer der Zentralkommission (Berufungsinstanz Rheinschiffahrt)
Entscheidungsdatum: 12.12.2013
Aktenzeichen: 486 Z - 11/13
Entscheidungsart: Urteil
Sprache: Deutsch
Gericht: Berufungskammer der Zentralkommission Straßburg
Abteilung: Berufungsinstanz Rheinschiffahrt

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Verantwortlichkeit für eine Schiffskollision, die sich am 26. Oktober 2010 gegen 9.30 Uhr auf dem Rhein in Höhe der Loreley bei Stromkilometer 555,0 zwischen dem zu Berg fahrenden MS „H“ und dem zu Tal kommenden TMS „C“ ereignet hat.

Die Klägerin zu 1 ist Eignerin des TMS „C“ (109 m lang, 11 m breit, Tragkraft 2.683 t, Maschinenleistung 1.800 PS). Die Klägerin zu 2 macht als Kasko-Versicherer des TMS „C“ – auch im Auftrag weiterer Versicherer – Ansprüche aus der Unfallregulierung geltend. Die Klägerin zu 3 hat aufgrund einer Loss-of-Hire-Versicherung der Klägerin zu 1 eine Versicherungsleistung in Höhe von 26.000 € erbracht.

Die Beklagte zu 1 ist Eignerin des MS „H“ (135 m lang, 14,2 m breit, Tragkraft 5.097 t, Maschinenleistung zweimal 1.500 PS), das am Unfalltag von dem Beklagten zu 2 verantwortlich geführt wurde. Am 26. Oktober 2010 befand sich TMS „C“ unter verantwortlicher Führung des Schiffsführers J leer mit Ballast auf der Reise von Ludwigshafen nach Rotterdam. Gegen 9.20 Uhr näherte es sich rechtsrheinisch zu Tal fahrend dem Bereich der Loreley. Entgegen kamen linksrheinisch in der Bergfahrt das MS „I“ und etwa 400 m hinter diesem das MS „H“ Zur Unfallzeit herrschte teilweise dichter Nebel. Alle Fahrzeuge fuhren mit Radar. Für den RheIbschnitt zwischen Lorch (Rheinkilometer 540,2) und St. Goar (Rheinkilometer 556) war für den Unfallzeitpunkt in § 9.07 Nr. 2 Buchst. a (jetzt § 9.07 Nr. 3 Buchst. a) RheinSchPV angeordnet, dass die Bergfahrt das linke, die Talfahrt das rechte Ufer anzuhalten hat.

TMS „C“ geriet nach dem Passieren der Loreley in der – talwärts gesehen – Rechtskrümmung des Rheins über die Fahrrinnenmitte hIus in die linksrheinische Fahrrinnenhälfte und passierte in knappem Abstand das linksrheinisch zu Berg kommende MS „I“. Anschließend geriet TMS „C“ in eine zunehmende Steuerbordschräglage und kollidierte schließlich mit seiner Backbordseite mit dem Backbordvorschiff des MS „H“. Dadurch entstand an TMS „C“ erheblicher Sachschaden in Höhe von 180.000 €.

Die Klägerinnen haben im Wesentlichen vorgetragen:

TMS „C“ habe sich wegen eines langsam vorausfahrenden Koppelverbands, der nicht habe überholt werden können, nur mit mäßiger Geschwindigkeit der Loreley nähern können und sei deshalb schwer zu manövrieren gewesen. Schiffsführer J habe angenommen, es liege ein Ruderausfall vor, und deshalb auf Notsteuerung umgeschaltet; während dieses Umschaltvorgangs sei TMS „C“ infolge der Strömung nach Backbord verfallen. Schiffsführer J sei es in dieser Situation nicht mehr gelungen, TMS „C“ vor dem entgegenkommenden Bergfahrer MS „H“ wieder vollständig in das Steuerbordfahrwasser zurückzubringen. Unfallursächlich sei in dieser Situation gewesen, dass MS „H“ nicht vollständig rechts orientiert entlang der grünen Tonnen zu Berg gefahren sei. Hätte der Bergfahrer sich weiter rechts gehalten, hätte die Kollision noch vermieden werden können. Der Schiffsführung des MS „H“ sei vorzuwerfen, unter Missachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt dem TMS „C“ nicht nach Steuerbord zum geografisch linken Ufer ausgewichen zu sein, denn sie habe aufgrund der von ihr beobachteten Fahrweise und der sehr engen Begegnung des TMS „C“ mit dem vorausfahrenden Bergfahrer MS „I“ gewusst, dass es dem Talfahrer TMS „C“ nicht gelingen würde, rechtzeitig vor der Begegnung mit MS „H“ wieder vollständig die geografisch rechte Fahrrinnenhälfte zu erreichen. Ein solches Ausweichmanöver hätte angesichts der ungewöhnlich starken Motorisierung des MS „H“ innerhalb kürzester Zeit und somit noch rechtzeitig durchgeführt werden können. Außerdem habe der Beklagte zu 2 als Schiffsführer des MS „H“ angesichts der drohenden Kollisionsgefahr nicht einmal eine Funkmeldung auf Kanal 10 abgesetzt und auch keine Schallsignale gegeben.

Die Klägerinnen haben beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen,

an die Klägerin zu 1 63.678,75 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 16. April 2011,

an die Klägerin zu 2 115.629,25 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 115.182,75 € seit 16. April 2011 und aus weiteren 446,50 € seit 28. April 2011,

an die Klägerin zu 3 26.000 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 16. April 2011 und

auf eine Geschäftsgebühr von 3.114,40 € anteilig an die Klägerin zu 1 966,01 €, an die Klägerin zu 2 1.754,03 € und an die Klägerin zu 3 394,28 € zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie haben im Wesentlichen vorgetragen:

Unfallursächlich sei allein der Umstand gewesen, dass Schiffsführer J das TMS „C“ zu breit und zu langsam durch das Gebirge gesteuert und dabei das im Bereich der Unfallstelle bestehende Rechtsfahrgebot missachtet habe. Offenbar mangels ausreichender Fahrpraxis habe er irrtümlich einen Ruderausfall angenommen und es zudem versäumt, das Bugstrahlruder einzuschalten.

Das Rheinschifffahrtsgericht hat mit Urteil vom 12. Juli 2012 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

Der Klägerinnen stehe weder aus eigenem noch aus übergegangenem Recht ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagten nach § 92b BinSchG, § 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB i. V. m. § 9.07 Nr. 2 Buchst. a, § 1.06 RheinSchPV zu.

Ein Verstoß des Bergfahrers MS „H“ gegen das Rechtsfahrgebot aus § 9.07 Nr. 2 Buchst. a RheinSchPV sei nicht festzustellen. Keiner der im Verklarungsverfahren vernommenen Zeugen habe die Behauptung bestätigt, MS „H“ sei bei der Annäherung an die Unfallstelle nicht entlang dem grünen Tonnenstrich geführt worden. Auch aus den Radaraufzeichnungen der Revierzentrale Oberwesel ergebe sich nichts anderes. Zu erkennen sei zunächst, dass MS „H“ ab dem Bankeneck den grünen Tonnenstrich angehalten habe und über fast 300 m vollständig rechtsorientiert gefahren sei. Zu Beginn der nächsten Linkskrümmung weiche der Bug des MS „H“ zwar etwas mehr zur Fahrrinnenmitte hin aus; dies sei aber dadurch zu erklären, dass MS „H“ in dieser Position von der Querströmung vom linken Rheinufer erfasst und mit dem Bug in Richtung Flussmitte gedrückt worden sei. Aus der Radaraufzeichnung um 9.32.33 Uhr sei zu erkennen, dass MS „H“ bereits 14 Sekunden später begonnen habe, seinen Kurs zum linken Ufer hin zu korrigieren und dem Talfahrer auszuweichen. Eine verspätete Reaktion der Bergfahrt auf die erkannte Gefahr sei daher nicht festzustellen. Auch Schallzeichen oder eine Funkansprache hätten an der gefährlichen Situation nichts mehr ändern können, so dass der Schiffsführung des MS „H“ auch unter dem Aspekt von § 1.06 RheinSchPV kein Vorwurf zu machen sei. Schließlich ergebe sich aus den Radaraufzeichnungen auch nicht, dass die Schiffskollision bei weiter rechts orientierter Fahrweise des MS „H“ vermieden worden wäre. Denn TMS „C“ habe unmittelbar vor der Kollision die gesamte linke Fahrrinnenhälfte in Anspruch genommen und hätte bei dieser Fahrweise MS „H“ auch dann berührt, wenn dieses exakt entlang des grünen Tonnenstrichs hätte fahren können; besonders deutlich ergebe sich dies aus den Radarbildern für die Zeitspanne von 9.33.27 Uhr bis 9.33.54 Uhr.

Für die streitgegenständliche Schiffskollision sei vielmehr der Schiffsführer des TMS „C“ allein verantwortlich. Er sei nicht eng genug um die Loreley herumgefahren und habe insofern gegen das Rechtsfahrgebot nach § 9.07 Nr. 2 Buchst. a RheinSchPV verstoßen. Im Verklarungsverfahren habe er eingeräumt, langsam um die Loreley herum gefahren zu sein. Dies werde durch die Radaraufzeichnungen der nautischen Informationszentrale Oberwesel und die Aussagen der Zeugen T und V im Verklarungsverfahren bestätigt. In der Schifffahrt sei jedoch bekannt, dass Kurven mit angemessener Geschwindigkeit durchfahren werden müssten, um bei der Strömungsgeschwindigkeit des Flusses die Steuerungsfähigkeit beizubehalten. Diesen Grundsatz habe Schiffsführer J missachtet. Seine Behauptung, er habe seine Geschwindigkeit reduziert, um nicht auf den langsam vorausfahrende Koppelverband aufzufahren, sei eine Schutzbehauptung. Nach den Radaraufzeichnungen der nautischen Informationszentrale Oberwesel habe es sich bei dem vorausfahrenden Koppelverband um das MS „I“ gehandelt, dessen Geschwindigkeit 14 bis 15,9 km/h über Grund betragen habe. Dies sei gerichtsbekannt eine Geschwindigkeit, mit der sich Kurven im Mittelrheingebirge bei mittlerer Wasserhöhe gefahrlos durchfahren ließen. Selbst wenn der vorausfahrende Koppelverband Ursache der Geschwindigkeitsreduzierung des TMS „C“ gewesen wäre, hätte Schiffsführer J diesen entweder über Funk zu einer schnelleren Fahrweise auffordern oder TMS „C“ an einer ungefährlichen Stelle verlangsamen können, um dann im Kurvenbereich der Loreley wieder beschleunigen zu können. Den Umstand, dass TMS „C“ ab der Loreleykurve begonnen habe, infolge zu geringer Geschwindigkeit abzudriften, habe jedenfalls Schiffsführer J allein zu vertreten. Dabei könne dahinstehen, ob er irrtümlich einen Ruderausfall angenommen habe oder mit der Schiffstechnik nicht ausreichend vertraut gewesen sei.

Hinzu komme, dass Schiffsführer J nach seinen eigenen Angaben im Verklarungsverfahren das Bugstrahlruder nicht eingeschaltet gehabt habe. Dass diese zusätzliche Steuerungshilfe bei dem leeren Schiff hätte eingesetzt werden müssen, habe der Zeuge T im Verklarungsverfahren nach der Lebenserfahrung nachvollziehbar angegeben.

Gegen dieses Urteil haben die Klägerinnen mit dem Antrag auf Entscheidung durch die Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt form- und fristgerecht Berufung eingelegt und das Rechtsmittel form- und fristgerecht begründet.

Sie wenden sich unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens gegen die Tatsachenfeststellungen und die Beweiswürdigung des Rheinschifffahrtsgerichts sowie gegen dessen Auffassung, das alleinige Verschulden an der Schiffskollision treffe den Schiffsführer des TMS „C“. Sie tragen im Wesentlichen vor:

Zu Unrecht habe das Rheinschifffahrtsgericht die Angabe des Schiffsführers J, er habe wegen eines langsam vorausfahrenden Koppelverbands beim Umfahren der Loreley langsam fahren müssen und sei deswegen zu weit in die Fahrrinnenmitte geraten, als Schutzbehauptung gewertet. Soweit es dazu auf die aufgezeichnete Geschwindigkeit des MS „I“ abgestellt habe, habe es übersehen, dass der Koppelverband zu dieser Zeit die schwierigen Kurven bereits durchfahren gehabt habe und sich wieder auf freier Strecke befunden habe. Abwegig sei die Empfehlung des Rheinschifffahrtsgericht, Schiffsführer J hätte entweder den vorausfahrenden Koppelverband über Funk zu einer schnelleren Fahrweise auffordern oder an einer ungefährlichen Stelle – eine solche gebe es im Gebirge nicht – verlangsamen können.

Eine schuldhafte Mitverursachung der Kollision sei der Schiffsführung des MS „H“ schon deswegen anzulasten, weil sie keine einzige der gemäß §§ 1.04, 1.05 und 6.32 Nr. 2 Buchst. a RheinSchPV vorgeschriebenen Kollisionsverhütungsmaßnahmen ergriffen habe. Zudem habe der Beklagte zu 2 als Schiffsführer von MS „H“ das auch für ihn geltende Rechtsfahrgebot gemäß § 9.07 Nr. 2 Buchst. a RheinSchPV nicht beachtet. Anstatt den linksrheinischen Tonnenstrich anzuhalten, habe er den Kurs nach Backbord geändert und sei dadurch auf einen direkten Kollisionskurs zu dem talwärts entgegen kommenden TMS „C“ geraten. Eine Querströmung, die das Rheinschifffahrtsgericht dafür als ursächlich angesehen habe, gebe es an dieser Stelle tatsächlich nicht.

Zu Unrecht und in Widerspruch zu den vorgelegten Radarbildern habe das Rheinschifffahrtsgericht angenommen, der Beklagte zu 2 habe vor der Kollision eine Ausweichbewegung gefahren. Es treffe deshalb auch nicht zu, dass er deswegen alle Hände voll zu tun gehabt habe, so dass ihm eine Funkansprache oder die Abgabe von Schallzeichen unzumutbar gewesen wären. Dass diese Maßnahmen entgegen der Annahme des Rheinschifffahrtsgericht zur Vermeidung der Kollision geeignet gewesen wären, ergebe sich aus der vom Rheinschifffahrtsgericht übergangenen Aussage des Schiffsführers J im Verklarungsverfahren, dass er etwas mehr Gas gegeben hätte, um weiter nach Steuerbord rüberzukommen und dem Bergfahrer den Weg freizumachen, wenn dieser sich gemeldet hätte.

Die Klägerinnen beantragen,

das Urteil des Amtsgerichts – Rheinschifffahrtsgerichts – St. Goar vom 12. Juli 2012 zu ändern und nach ihren erstinstanzlichen Klageanträgen zu erkennen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung der Klägerinnen zurückzuweisen.

Sie verteidigen das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens und treten insbesondere der Darstellung der Klägerinnen entgegen, der Schiffsführer des MS „H“ sei vom grünen Tonnenstrich abgewichen und habe es versäumt, der drohenden Kollision durch ein rechtzeitiges Ausweichmanöver nach Steuerbord zu begegnen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, bleibt in der Sache jedoch ohne Erfolg. Einer Korrektur von Amts wegen bedarf lediglich die Kostenentscheidung der ersten Instanz. Die streitgegenständliche Schiffskollision ist, wie das Rheinschifffahrtsgericht richtig gesehen hat, allein auf das fehlerhafte Fahrverhalten des Schiffsführers des TMS „C“ zurückzuführen.

Schiffsführer J ist nach eigenen Angaben langsam, so langsam wie noch niemals zuvor, um die Loreley gefahren; für den Kollisionszeitpunkt hat er seine Geschwindigkeit mit 7 km/h angegeben. Dies ist, wie das Rheinschifffahrtsgericht in Übereinstimmung mit den Ausführungen der sachkundigen Zeugen T und V richtig gesehen hat und auch die Klägerinnen nicht in Abrede stellen, eine Geschwindigkeit, die zu gering ist, um in Anbetracht der in Höhe der Loreley herrschenden Strömung die Steuerungsfähigkeit eines zu Tal fahrenden Schiffs in ausreichendem Maße zu erhalten. Dadurch ist TMS „C“ beim Durchfahren der – talwärts gesehen – Rechtskrümmung des Rheins in Höhe der Loreley zunächst in die Fahrrinnenmitte und sodann vollständig in die linksrheinische Fahrrinnenhälfte geraten. Das ergibt sich aus den Radaraufzeichnungen der Revierzentrale Oberwesel (Bl. 55 bis 95 der Ermittlungsakten 2040 Js 76202/10 StA Koblenz) sowie aus der Aussage des im Verklarungsverfahren vernommenen Zeugen T und wird auch von den Klägerinnen nicht in Abrede gestellt. Diese Fahrweise des Schiffsführers des TMS „C“ stellt objektiv einen schwerwiegenden und gefahrträchtigen Verstoß gegen das für diesen Stromabschnitt angeordnete Rechtsfahrgebot (§ 9.07 Nr. 2 Buchst. a RheinSchPV) dar.

Ob die objektiv fehlerhafte Fahrweise des Schiffsführers des TMS „C“ als unverschuldet anzusehen ist, weil er irrtümlich einen Ruderausfall vermutete oder weil er wegen eines langsam vorausfahrenden voll beladenen Schubverbands nicht schneller fahren konnte, ist für die Frage einer Ersatzpflicht der Beklagten ohne Bedeutung. Eine auch nur anteilige Haftung der Beklagten setzt ein Verschulden der Schiffsführung des MS „H“ voraus (§ 92b BinSchG, § 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB i. V. m. § 9.07 Nr. 2 Buchst. a, § 1.06 RheinSchPV). Ein solches Verschulden hat das Rheinschifffahrtsgericht zu Recht verneint. Hiergegen wendet sich die Berufung vergeblich.

Ein Verstoß gegen das Rechtsfahrgebot nach § 9.07 Nr. 2 Buchst. a RheinSchPV ist dem Beklagten zu 2 nicht anzulasten. Ausweislich der Radaraufzeichnungen der Revierzentrale Oberwesel für die Zeit ab 9.30.59 Uhr hielt MS „H“ in der Bergfahrt durchgängig das linksrheinische, in Fahrtrichtung rechte Ufer an. Ob MS „H“ bei der Annäherung an die Unfallstelle noch etwas dichter am grünen Tonnenstrich hätte geführt werden können, kann auf sich beruhen. Für die Begegnung mit Talfahrern, die wie vorgeschrieben die rechtsrheinische Hälfte der 100 m breiten Fahrrinne einhielten, war die Fahrweise des MS „H“ auch dann völlig korrekt, wenn es innerhalb der linksrheinischen, 50 m breiten Fahrrinnenhälfte einen seitlichen Abstand von 15 bis 20 m zu den grünen Tonnen einhielt. Es bedarf deshalb auch keiner AuseIndersetzung mit der von den Beklagten beanstandeten Annahme des Rheinschifffahrtsgerichts, eine aus den Radaraufzeichnungen ab 9.32.19 Uhr erkennbare Abweichung des Bugs des MS „H“ zur Fahrrinnenmitte hin sei dadurch zu erklären, dass MS „H“ in dieser Position von einer Querströmung vom linken Rheinufer erfasst und mit dem Bug in Richtung Flussmitte gedrückt worden sei. Denn auch in der möglicherweise hierdurch veränderten Lage befand sich MS „H“ ausweislich der Radaraufzeichnungen weiterhin vollständig und mit ausreichendem Abstand zur Mitte der Fahrrinne in deren linksrheinischer Hälfte.

Ein Verschulden ist dem Beklagten zu 2 als Schiffsführer des MS „H“ entgegen der Auffassung der Klägerinnen auch nicht deswegen anzulasten, weil er es unterlassen habe, notwendige Maßnahmen zur Verhinderung der drohenden Kollision mit TMS „C“ zu ergreifen.

Auch unter diesem Blickwinkel kann dahinstehen, ob MS „H“ noch weiter als aus den Radaraufzeichnungen erkennbar zum grünen Tonnenstrich hätte ausweichen können, wie dies die Berufung im Einzelnen darzulegen sucht. Denn angesichts der Fahrweise des TMS „C“ wäre die Kollision auch dann unabwendbar gewesen, wenn MS „H“ bis zum Fahrrinnenrand nach Steuerbord ausgewichen wäre. Wie aus den Radaraufzeichnungen jedenfalls für die letzte Phase der Annäherung beider Fahrzeuge ab dem Zeitpunkt 9.32.50 Uhr deutlich zu erkennen ist, war TMS „C“ vollständig in die linksrheinische Fahrrinnenhälfte und dabei in eine zunehmende Steuerbordschräglage geraten, die sich bei der weiteren Annäherung der Fahrzeuge so weit verstärkte, dass schließlich die linksrheinische Fahrrinnenhälfte bis zum grünen Tonnenstrich versperrt war.

Das stellen auch die Klägerinnen nicht in Abrede. Sie wenden jedoch ein, diese Entwicklung wäre vermieden worden, wenn die Schiffsführung des MS „H“ angesichts der erkannten Kollisionsgefahr die gebotenen „Kollisionsverhütungsmaßnahmen“ ergriffen, nämlich TMS „C“ auf Sprechfunk-Kanal 10 auf den eingeschlagenen falschen Kurs aufmerksam gemacht und Schallsignale abgegeben hätte. Denn wenn dies geschehen wäre, so die Klägerinnen, hätte Schiffsführer J, wie von ihm im Verklarungsverfahren angegeben, etwas mehr Gas gegeben, um weiter nach Steuerbord rüberzukommen und dem Bergfahrer den Weg freizumachen. Das schuldhafte Unterlassen der gebotenen Warnsignale sei der Schiffsführung des MS „H“ als Verschulden anzulasten.

Dem ist nicht zu folgen. Entgegen der Darstellung der Klägerinnen kann nicht angenommen werden, dass eine Funkdurchsage auf UKW-Kanal 10 oder Schallsignale der Schiffsführung des MS „H“ geeignet gewesen wären, die Kollision zu vermeiden. Denn Schiffsführer J wusste jedenfalls bereits seit der BeIhe-Kollision mit MS „I“ aufgrund des Hinweises des Zeugen T auf UKW-Kanal 10, dass sich TMS „C“ viel zu weit linksrheinisch und im Fahrwasser der Bergfahrt befand. Bereits dieser Hinweis hätte ihn daher veranlassen müssen, umgehend durch eine Erhöhung der Geschwindigkeit eine ausreichende Steuerungsfähigkeit des TMS „C“ wiederherzustellen und schnellstmöglich die linksrheinische Fahrrinnenhälfte zu verlassen. Warum diese sich aufdrängenden Maßnahmen nicht ergriffen wurden, sondern TMS „C“ statt dessen weiter linksrheinisch zu Tal geführt wurde und dabei in zunehmende Steuerbordschräglage geriet, haben die Klägerinnen nicht zu erklären vermocht. Auch den Angaben des Schiffsführers J im Verklarungsverfahren ist nicht zu entnehmen, warum er nicht bereits nach der Begegnung mit MS „I“ das getan hat, was er auf die vermissten Warnsignale des MS „H“ hin angeblich getan hätte. Der äußere Geschehensablauf lässt darauf schließen, dass dem Schiffsführer des TMS „C“ nicht bewusst war, dass die zu geringe Geschwindigkeit des TMS „C“ für den weitgehenden Verlust der Steuerungsfähigkeit und infolge dessen für den Verfall nach linksrheinisch ursächlich war; dafür spricht nicht zuletzt auch die irrige Annahme eines Ruderausfalls. Unter diesen Umständen ist nicht zu erkennen, was eine Funkdurchsage auf UKW-Kanal 10 oder Schallsignale der Schiffsführung des MS „H“ zur Vermeidung der Kollision hätten beitragen können.

Aus den dargelegten Gründen wird daher für Recht erkannt:

Die Berufung der Klägerinnen gegen das Urteil des Amtsgerichts – Rheinschifffahrtsgerichts – St. Goar vom 12. Juli 2012 – 4 C 15/11 BSchRh – wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin zu 1 30 %, die Klägerin zu 2 60 % und die Klägerin zu 3 10 % zu tragen.

Die Gerichtskanzlerin:                                                                              Die Vorsitzende: