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46 Z - 19/76 - Berufungskammer der Zentralkommission (Berufungsinstanz Rheinschiffahrt)
Entscheidungsdatum: 22.10.1976
Aktenzeichen: 46 Z - 19/76
Entscheidungsart: Urteil
Sprache: Deutsch
Gericht: Berufungskammer der Zentralkommission Straßburg
Abteilung: Berufungsinstanz Rheinschiffahrt

Leitsatz:

Rheinschiffahrtsgerichte sind unzuständig, wenn es sich um staatliche Ansprüche auf Erfüllung objektiver Verpflichtungen handelt, wie z. B. die Erstattung von Unkosten für die Hebung oder Beseitigung von Wracks im Fahrwasser des Rheins, für Ankersuche oder dergleichen.

Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschiffahrt

Urteil

vom 22. Oktober 1976

(Auf Berufung gegen das Urteil des Rheinschifffahrtsgerichts Strassburg vom 7. Mai 1975 -3C 76/74)

Zum Tatbestand:

Am 10. April 1973 kam es auf dem Rhein zu einem Zusammenstoß zwischen den beiden Motorschiffen:

- H, in den Niederlanden beheimatet, deren Eigner „DB“ ist und die eine Tragfähigkeit von 775 Tonnen besitzt.

- HA, in der Schweiz beheimatet, deren Eignerin die „RZ“ ist und die eine Tragfähigkeit von 1.297 Tonnen besitzt.

Die "H", die Kies geladen hatte, wurde beschädigt und sank fast unmittelbar darauf quer im Fahrwasser, wodurch der Schiffsverkehr zum Erliegen kam.

Da in diesem Prozess die Verantwortung für den Unfall nicht zur Frage steht, brauchen die Umstände des Zusammenstoßes nicht untersucht zu werden.

Feststeht, dass das Berufungsgericht Colmar, das als Rheinschifffahrtsobergericht erkennt, mit Urteil vom 5. Juni 1974 VvS, der die HA verantwortlich führte zu einer Geldbuße von 600 Frs verurteilte, wobei dem Angeklagten. vorgeworfen wurde, die ihm obliegende Sorgfaltspflicht (RheinschifffahrtspolizeiVerordnung 1.04) verletzt und es als Bergfahrer unterlassen zu haben, dem Talfahrer einen angemessenen Weg freizulassen (Verletzung der § 6.03 und 6.22 derselben Verordnung). Gegen Schiffsführer und Reeder der "H" wurde keinerlei Klage erhoben.

Ganz unbestreitbar befand sich das gesunkene Fahrzeug auf französischem Hoheitsgebiet, so dass es Angelegenheit der französischen Verwaltung war, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen.

Der Schifffahrtsdienst Straßburg hat unmittelbar nach dem Unfall Vorkehrungen getroffen, um den Schiffsverkehr wieder herzustellen, indem er zwei provisorischen Fahrrinnen ausbaute, die unter gewissen Umständen die Vorbeifahrt von Berg- und Talfahrt erlaubten.

Da es sich hierbei jedoch um nur unsichere Maßnahmen handelte, musste das Wrack der "H" so schnell wie möglich aus dem Flussbett entfernt werden, um der Gefahr weiterer Unfälle vorzubeugen.
 
Der Schifffahrtsdienst Straßburg forderte den Eigentümer der "H" auf, das Schiffswrack zu hebend Der Eigentümer erklärte, dass er materiell nicht in der Lage sei, die Kosten für die Beseitigung des Schiffswracks ganz oder teilweise zu übernehmen, und dass er seine Rechte als Eigentümer aufgebe.
In Anbetracht des Verzugs des Eigentümers der "H" und der Dringlichkeit der Arbeiten hat der Schifffahrtsdienst alles Erforderliche getan und das Wrack beseitigen lassen. Die Kosten hierfür betrugen mehr als 1.000.000,- F.

Durch erstinstanzliche Klage vom 10.1.74 "H" der FRANZÖSISCHE STAAT Herrn „DB“ vor das Rheinschifffahrtsgericht Straßburg laden, um den Beklagten auf Zahlung der aus einer Aufstellung hervorgehenden Kosten für die zur Wiederherstellung der Schiffbarkeit erforderlichen Arbeiten an den FRANZOSISCHEN STAAT zu verklagen und beantragte, dass er zu den Kosten des Verfahrens verurteilt und das Urteil für vollstreckbar gegen’ Hinterlegung einer Sicherheitsleistung erklärt wird.

Durch erstinstanzliche Klage vom 9.7.1974, genannt "Vorladung zur Streithilfe", ließ der FRANZÖSISCHE STAAT die „RZ“ AG vor eben dieses Gericht laden, um sie gemeinsam und "in solidum" mit Herrn „DB“zur Zahlung des Betrags  von l.000.0O0,- F oder eines Betrags darüber oder darunter, je nachdem wie er nach Abschluss der Arbeiten festgelegt werden konnte, an den FRANZOSISCHEN STAAT und gemeinsam und "in solidum" zu den Kosten verurteilen sowie das Urteil gegen Sicherheitsleistung für vollstreckbar erklären zu lassen.

Durch erstinstanzliche Klage vom 5.12.74, genannt "Streitverkündung", ließ Herr „DB“die „RZ“ AG darauf verklagen, ihn vor jeglicher Verurteilung in der Hauptklage, vor Zinsen und Kosten, zu deren Zahlung an den FRANZÖSISCHEN STAAT er verpflichtet werden konnte, zu bewahren und zwar gemeinsam hilfsweise "in solidum" sowie zu den Kosten des "Streitverkündungsverfahrens" bestätigen, dass der "französische Staat" auf alle Fälle zur Tragung der Gerichtskosten verurteilt und das Urteil durch Sicherheitsleistung, gegebenenfalls mittels Kaution, für vollstreckbar erklärt wird.

Durch erstinstanzliche Klage vom 24.12.1974 hat die „RZ“ AG Herrn „DB“und die VvS den Streit verkündet und sie darauf verklagen lassen, die „RZ“ AG gemeinsam, hilfsweise "in solidum" vor jeglicher Verurteilung in der Hauptklage, sowie vor Zahlung von Zinsen und Gerichtskosten, zu der sie gegebenfalls dem" französischen Staat" gegenüber verpflichtet werden könnte  zu bewahren, und die Kosten des Streitverkündungsverfahrens zu tragen, den "französischen Staat" aber auf jeden Fall zur Tragung der Kosten der Streitverkündung verurteilen und das Urteil durch Sicherheitsleistung, gegebenenfalls mittels Kaution, für vollstreckbar erklären zu lassen.

Durch Antrag vom 9.4.1975 hat Herr „DB“ Widerklage erhoben und den "französischen Staat" auf Zahlung einer Summe von 5.000,- F als Schadensvergütung plus 6 % Zinsen gerechnet, vom Zeitpunkt der Vorladung an, verklagt und beantragt ihn zur Tragung aller Gerichtskosten zu verurteilen und das Urteil für vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung, gegebenenfalls mittels Kaution, zu erklären.

Durch Antrag vom selben Tage hat die „RZ“ AG die gleiche Widerklage gegen den "französischen Staat" erhoben.

Am 7.5.1975 hat das Rheinschifffahrtsgericht in öffentlicher Verhandlung und nach Anhörung beider Parteien für Recht erkannt:

- „DB“ wird verurteilt, dem "französischen Staat" die Kosten zu erstatten, die infolge des Verlustes der "H" durch die zur Wiederherstellung der Schiffbarkeit erforderlich gewordenen Ausbauarbeiten entstanden sind,

- die Widerklage "DB" wird zurückgewiesen;

- die Entscheidung bezüglich des Betrags und der Streitverkündung an die „RZ“ A.G. wird vorbehalten;

- der Termin für die Fortsetzung der Verhandlung wird auf den 4.6.1975 anberaumt.

Hauptgründe des Urteils:

- Artikel 1 des Genfer Abkommens vom 15.3.1960 über die Zusammenstöße findet auf diesen Rechtsstreit, der die Beschädigung der Schifffahrtsstraße betrifft, keine Anwendung,

- durch Hebung der "H" hat der "französische Staat" durch seinen Schifffahrtsdienst die Aufgaben durchgeführt, die „DB“ zukamen,

- der "französische Staat" ist hierbei nach § 1.18 der Rheinschifffahrtspolizeiverordnung vorgegangen, der in Absatz 3 die Anwendung der nationalen Vorschriften vorsieht, die in diesem Fall die Vorschriften von Artikel 58 der französischen Binnenschifffahrtpolizeiverordnung vom 6.2.1932 sind,

- infolgedessen schuldet „DB“ dem "französischen Staat" die entstandenen Kosten,

- der Rechtsstreit liegt außerhalb des Anwendungsbereichs von Artikel 4 des Gesetzes vom 15.5.1895, der das Rechtsmittel für die Schadensfolgen bestimmter Fehler der Besatzung oder des Eigentümers auf den Wert des Schiffs und der Fracht beschränkt. Diese Klage ist jedoch nicht auf ein nautisches Verschulden des Eigentümers oder seiner Besatzung, sondern auf eine objektive Verpflichtung gestützt, die dem Schiffseigner von den Polizeiverordnungen auferlegt wird, ohne Rücksicht darauf, ob irgendein Fehler vorliegt oder nicht,

- die Widerklage ist nicht begründet und muss abgewiesen werden,


- die „RZ“ AG hat sich der Vertagung der Verhandlung über die sie betreffenden Punkte nicht widersetzt.

Am 13.6.1975 legte Herr „DB“ Berufung gegen dieses Urteil vom 7.5.1975 das am 14.5.1975 zugestellt wurde, ein und bestand ausdrücklich darauf, dies vor der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt in Straßburg zu tun.

Bei der Verhandlung vom 4.6.1975 erschienen die Parteien vor dem erstinstanzlichen Richter, wie im Urteil vom 7.5.1975 entschieden worden war. Die Parteien haben ihre Anträge ordnungsgemäß eingereicht.

Am 24.7.1975 beschließt das Gericht, die Verhandlung aus den nachstehenden Gründen auf den 3.12.1975 zu verschieben:

1. Der FRANZÖSISCHE STAAT fordert die gemeinsame Verurteilung von "DB" und der „RZ“  AG.

2. Die beklagten Parteien haben sich gegenseitig den Streit verkündet.

3. Gegen das Urteil vom 7.5.1975 ist Berufung eingelegt worden.

4. Zwischen den beklagten Parteien besteht eine Abmachung, wonach das Schifffahrtsgericht Kehl zuständig ist, eine etwaige Haftungsteilung vorzunehmen. Im Interesse einer guten Rechtspflege ist somit der Ausgang des Berufungsverfahrens und des gegenwärtig vor dem Kehler Gericht anhängigen Verfahrens abzuwarten.

Vor der Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt führten die Parteien folgendes aus:

A. der Beklagte und Berufungskläger:

Beliebe es dem Gericht:

- das Urteil, gegen welches Berufung eingelegt wird, aufzuheben,

- die Klage des "französischen Staates" zurückzuweisen,

- hilfsweise: festzustellen und zu entscheiden, dass das Urteil nur an Schiff und Fracht der "H" vollstreckbar ist,

- den "französischen Staat" zu den Kosten des Verfahrens zu verurteilen,

- auf die Widerklage hin:

- den "französischen Staat" zur Zahlung einer Summe von 5.OOO,- F plus 6 %  Zinsen von Tag der Vorladung an, an Herrn „DB“ zu verurteilen,

- den "französischen Staat" zu den Kosten des Verfahrens zu verurteilen.

Gründe:

1. Nach dem Genfer Abkommen, das in Frankreich auf Grund des Dekrets n° 68-254 vom 13.3.1958 anwendbar ist, besteht die Pflicht zur Wiedergutmachung des Schadens nur, wenn der Schaden auf ein Verschulden zurückzuführen ist (Art. 2). Jede legale Schuldvermutung und somit jede sogenannte objektive Haftung im Falle eines Zusammenstoßes sind demnach ausgeschlossen.

2. Infolge des Zusammenstoßes erlitt die "H" einen Schaden, der sich aus dem Kaskoschaden und den vom "französischen Statt" geforderten Kosten für die Beseitigung zusammengesetzt, und die Regelung des Übereinkommens (Art. l) für die Wiedergutmachung ist anzuwenden.

3. Nach § l.18 Absatz 3 der RheinschifffahrtspolizeiVerordnung gelten für die Pflicht zur Beseitigung gesunkener Fahrzeuge die allgemeinen nationalen Vorschriften. Bei diesen nationalen Vorschriften handelt es sich nicht um Artikel 58 des Erlasses betreffend die französische Binnenschifffahrtspolizeiverordnung, sondern um Artikel 29 der Binnenschifffahrtsstraßenordnung (code fluvial), wonach die Schiffer nur zur Beseitigung, solcher Hindernisse verpflichtet sind, die sie auf Grund" ihrer Handlungsweise oder der Handlungsweise von Personen und Gegenständen, für die sie verantwortlich sind, geschaffen habe." Im vorliegenden Fall ist das Sinken der "H" weder auf die Handlung "DB" noch seiner Besatzung zurückzuführen, so dass die Pflicht zur Beseitigung des Hindernisses nicht besteht.

4. Angenommen, es ist, die Pflicht „DB“, das Schiffswrack zu beseitigen, so gehört diese Pflicht zu den nautischen Aufgaben des. Schiffsführers. Die vom "französischen Staat" geforderten Kosten waren somit durch die Verletzung einer nautischen Pflicht verursacht und dann ist die Haftung „DB“ gemäß Artikel 4 des Gesetzes vom 15.6.1895 beschränkt.

B. Der Kläger und Berufungsbeklagte:

Beliebe es der Zentralkommission:

- die Berufung zurückzuweisen

- das angefochtene Urteil zu bestätigen

- dem Berufungskläger die Kosten aufzuerlegen.

Gründe:

1. Auf das Genfer Übereinkommen kann man sich nur bei Schäden berufen, die ein Schiff, eine Person oder ein Gegenstand an Bord desselben infolge eines Zusammenstoßes zwischen zwei Binnenschiffen erlitten haben. Im vorliegenden Fall handelt es sich um eine Beschädigung der Schifffahrtsstraße.

2.

a) Artikel 25 des Gesetzesbuchs für die öffentlichen Binnenwasserstraßen und die Binnenschifffahrt (Code du Domaine Public Fluvial et de la Navigation Intérieure) und Artikel 58 des Erlasses vom 6.2.1932 sind nicht widersprüchlich, sondern ergänzen sich.

b) Die H im Flussbett stellt ein Hindernis dar, das durch die Handlungsweise des Schiffsführers, insbesondere die Nichterfüllung seiner Pflicht zur Hebung des gesunkenen Fahrzeugs, vorhanden ist.

Die Haftungsbeschränkung nach dem Gesetz von 1895 kann nicht geltend gemacht werden. Die Klage ist nicht auf das nautische Verschulden des Schiffsführers (§ 1.18 Absätze 1 und 2 der RSchPVO), sondern auf das Verschulden des Eigentümers gestützt, der das Fahrwasser nicht frei gemacht hat (§ l.18 Absatz 3 der RSchPVO). Es kann sich hierbei nicht um ein nautisches Verschulden handeln, denn der Schiffsführer spielt keine Rolle mehr, nachdem das Fahrzeug gesunken ist, weil es dann nicht mehr manövrierfähig ist»
Mit Gesuch vom 7.10.1975 hat die „RZ“ AG, die vom "französischen Staat" in der ersten Instanz herangezogen worden ist, ihre Absicht kundgetan, im Berufungsverfahren als Streithelferin aufzutreten.
Mit Schriftsatz vom 17.11.1975 ist die „RZ“ A.G. als Streithelferin aufgetreten, dadurch dass sie die Vorladung zur mündlichen Verhandlung in diesem Verfahren vor der Berufungskammer gefordert hat, und hat sowohl Bemerkungen zum Verfahren als auch zur Sache vorgetragen.

Die Streithelferin hat folgender Antrag gestellt:

eliebe es der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt:

- Das Urteil vom 7.5.1975 teilweise aufzuheben und heu zu entscheiden,

- zu bestätigen und zu erkennen, dass „DB“ objektiv dazu verpflichtet war, das Wrack der H zu beseitigen,

- festzustellen, dass diese Pflicht nicht erfüllt worden ist, infolgedessen „DB“ zu verurteilen, dem FRANZÖSISCHEN STAAT bis zum Wert des. Schiffs und der Fracht die Kosten zu erstatten, die durch die infolge des Schiffsbruchs der H zur Wiederherstellung des Schiffsverkehrs erforderlich gewordenen Arbeiten entstanden sind.

- Bei den Kosten rechtsmäßig zu erkennen.

Gründe:

1. Die „RZ“ AG hat ein starkes Interesse daran, in das Berufungsverfahren einzugreifen. Denn das Schicksal des vor dem erstinstanzliche Richter anhängigen Streitverkündungsverfahrens hängt vom Ausgang des Berufungsverfahrens ab. Dies trifft auch für den Antrag des FRANZÖSISCHEN STAATES zur Heranziehung der „RZ“ AG zum Verfahren zu.

2. Auf Grund seines in Artikel 1 und 4 beschränkten Geltungsbereichs ist das Genfer Abkommen nicht anwendbar.

3. § 1.18 Absatz 3 RSchPVO beinhaltet eine objektive Pflicht und verweist nur bei der praktischen Anwendung der allgemeinen Vorschriften, die in diesem Text enthalten sind, auf die örtlichen Gesetzgebungen.

4. Absatz 4 des Gesetzes vom 15.6.l895 ist anwendbar. Die Tatsache, dass man sich bei der objektiven Pflicht zur Beseitigung den Eigentümern gesunkener Fahrzeuge gegenüber, die ein Hindernis für die Schifffahrt darstellen, nicht an die Verordnungsbestimmungen hält, stellt nautisches Verschulden dar, für das der Schuldige seine Haftung beschränken kann.
 
In Erwiderung dieses Schriftsatzes der Streithelferin hat Herr „DB“ am 10.12.1975 einen Schriftsatz eingereicht und folgenden Antrag gestellt beliebe es der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt:

- Mit Entscheidung nach Sonderberatung gemäß Artikel 18 der Verfahrensordnung der Berufungskammer für Recht zu erkennen,

- die Anträge der „RZ“ A.G. vom 17.12.1975 für "de piano" unzulässig zu erklären,

- Herrn „DB“ Rückgriffe und Schäden wegen Verfahrensmissbrauch vorzubehalten,

- die „RZ“ A.G. zu den gesamten Kosten des Verfahrens zu verurteilen.

Gründe:

l. Die „RZ“ A.G. erfüllt nicht die Voraussetzungen, die nach Artikel 37 der Mannheimer Akte für die Berufung und nach Artikel 13 der Verfahrensordnung der Berufungskammer für die Streithilfe erforderlich sind.

2. Die „RZ“ A.G. kann "DB", was die vor dem Vorderrichter noch anhängige Klage auf Einbeziehung in ein Verfahren betrifft, nicht einen Rechtszug vorenthalten.

3. Die „RZ“ AG ist mangels eines juristisch belegten Interesses nicht berechtigt, „DB“ gegenüber dem FRANZÖSICHEM STAAT verurteilen zu lassen.

4. Die Berufungsfristen werden nicht eingehalten,

Mit Verfügung vom 15.1.1976 hat die Berufungskammer der Zentralkommission erklärt:

- dass sie die Beteiligung der „RZ“ A.G. am Berufungsverfahren auf Grund von Artikel 13 der Verfahrensordnung gestattet und ihre Eigenschaft im Grundurteil festlegt,

- dass die „RZ“ A.G., auf der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz gehört wird,

- dass sie „DB“ eine Ausschlussfrist von vier Wochen setzt, binnen der er etwaige Bemerkungen zum Schriftsatz der „RZ“ A.G. vom 17.ll.75 einreichen kann,

- dass sie die Kostenentscheidung vorbehält.

Am 23.2.1976 hat „DB“ einen letzten Schriftsatz mit folgendem Antrag gestellt:

Beliebe es der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt:

- die Streithilfe der „RZ“ A.G. für unzulässig, auf jeden Fall unbegründet zu erklären,

- sie zu den gesamten Kosten ihrer Streitverkündung zu verurteilen.

Herr „DB“ wiederholt den Vortrag aus seinem Schriftsatz vom 10.12.1975.

Entscheidungsgründe:

Die von dem Beklagten „DB“ am 13. Juni 1975 bei der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt angebrachte Berufung ist formgerecht und gemäß den Bestimmungen der Mannheimer Akte eingelegt worden.

nlässlich der Verhandlung vom 22.10.76 sind die anwesenden Parteien vom Präsidenten der Berufungskammer aufgefordert worden, die Zuständigkeit ratione materiae der Rheinschifffahrtsgerichte in der mit Schriftsatz vom 10.1.1974 im Namen des FRANZÖSISCHEN STAATES eingelegten Klage gegen Herrn „DB“ zu begründen.

Alle drei Parteien, Kläger und Berufungsbeklagter, Beklagter und Berufungskläger sowie die Streithelferin haben die These der Zuständigkeit mündlich vorgetragen, indem sie davon ausgingen, dass die Schäden, für die der FRANZÖSISCHE STAAT Ersatz fordert, Beschädigungen sind, "welche Schiffer während ihrer Fahrt oder beim Anlanden andern verursacht haben", wie in Artikel 34/ll/c der Mannheimer Akte vorgesehen wird.

Für die Schifffahrt auf dem Rhein gilt die Rheinschifffahrtpolizeiverordnung.
Paragraph 1.18 dieser Verordnung schreibt für die Schiffsführer die objektive Pflicht vor, das festgefahrene oder gesunkene Fahrzeug zu beseitigen.

In Absatz 3 dieses Paragraphen heißt es, dass für die Pflicht zur Beseitigung die nationalen Vorschriften gelten.

Diese objektive Pflicht kennt kein Verschulden des Schiffsführers. Dieser muss alles tun, um das Fahrzeug zu beseitigen, selbst wenn er keine Schuld am Sinken des Fahrzeugs trägt.
Der FRANZÖSISCHE STAAT vertritt die Auffassung, dass er berechtigt war, das Schiffswrack auf Kosten Herrn „DB“ zu beseitigen und fordert, dass dieser verurteilt wird, ihm seine Auslagen zu erstatten.
Folglich ist Gegenstand des Rechtsstreits lediglich eine Forderung zur Bezahlung einer Schuld, die durch die Erfüllung einer gesetzlichen Pflicht entstanden ist, eine Forderung, die durch das Handeln des FRANZÖSISCHEN STAATES-, insbesondere die  Beseitigung des Fahrzeugs für Rechnung "DB", begründet ist. Artikel 34/ll/c der Mannheimer Akte erstreckt sich nicht auf die auf einer solchen Forderung begründeten Klage, so dass die Rheinschifffahrtsgerichte nicht dafür zuständig sind und diese Gerichte auf Grund des ausschließlichen Charakters ihrer Zuständigkeit verpflichtet sind diesen Rechtsgrund von Amts ’wegen anzuführen.

Daher wird das Urteil für nichtig erklärt.
 
Es wird für Recht erkannt:

Die Berufungskammer erklärt auf die Berufung des Herrn „DB“, dass das Rhein-Schiffahrtsgericht Straßburg für die Klage des FRANZÖSISCHEN STAATES gegen Herrn „DB“ vom 10.1.1974 nicht zuständig ist und erklärt das Urteil des Rheinschifffahrtsgerichts Straßburg vom 7.5.1975 für nichtig.

Die Verfahrenskosten beider Instanzen, die vom Rheinschifffahrtsgericht Straßburg gemäß Artikel 39 der Revidierten Rheinschifffahrtsakte festzustellen sind, gehen zu Lasten der klägerischen Partei und Berufungsbeklagten.