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Leitsätze:
1) Das öffentlich-rechtliche Verhältnis zwischen einem Sachverständigen und der Staatskasse untersteht dem allgemeinen Rechtsgedanken von Treu und Glauben nach § 242 BGB. Dem widerspricht die Forderung nach einer Entschädigung, die mehr als das vierfache einer zunächst angekündigten Forderung beträgt und fast den Streitwert der Klage erreicht.
2) Unterbleibt eine nach § 650 BGB erforderliche Anzeige, dass der Kostenanschlag wesentlich überschritten wird, so hat der Sachverständige den Auftrag im Rahmen des Kostenanschlags auszuführen.
Oberlandesgerichts Oldenburg
Beschluss
vom 5. September 1968
Zum Tatbestand:
Ein öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger hatte dem Gericht auf Anfrage nach oberflächlicher Prüfung der Unterlagen eines Rechtsstreits mit einem Streitwert von 5300,- DM als seine voraussichtlichen Kosten einen Betrag von 1000,- bis 1200,- DM „oder auch etwas mehr" genannt und darauf den Auftrag erhalten. Nach Erstattung des Gutachtens verlangte er ein Honorar von 4925,80 DM. Das Landgericht setzte die Gebühr auf 1500,- DM fest.
Die Beschwerde des Sachverständigen wurde vom Oberlandesgericht mit folgender Begründung zurückgewiesen.
Aus den Entscheidungsgründen:
Als öffentlich bestellter und vereidigter Bausachverständiger war der Beschwerdeführer kraft Gesetzes nach § 407 ZPO verpflichtet, das von ihm erbetene Gutachten zu erstatten. Mit seiner Beauftragung hat er auch grundsätzlich das Recht erworben, aus der Staatskasse eine Entschädigung für seine Leistungen gemäß dem Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen zu verlangen. Dieses öffentlich rechtliche Verhältnis zwischen dem Sachverständigen und der Staatskasse untersteht jedoch dem allgemeinen Rechtsgedanken von Treu und Glauben entsprechend § 242 BGB. Dem widerspricht es aber, wenn ein Sachverständiger entgegen seiner ursprünglichen Erklärung vor Erstattung des Gutachtens nach Erledigung des Auftrages eine Entschädigung fordert, die mehr als das Vierfache seiner zunächst angegebenen voraussichtlichen Gesamtkosten beträgt und fast den Streitwert der Klage von 5300,- DM erreicht. Der Beschwerdeführer hat selbst vorgetragen, innerhalb der letzten 10 Jahre nahezu 1200 Gutachten erstellt zu haben. Bei einer derartigen umfangreichen Erfahrung musste er wissen, dass er die Ermächtigung des Gerichts einzuholen hatte, bevor er so zeitraubende weitere Arbeiten zur Erstellung des Gutachtens vornahm. Bei einem Streitwert von nur 5300,- DM musste er sich selbst sagen, dass Gutachterkosten von 4925,80 DM vom Gericht und den Parteien nur in Ausnahmefällen und nur nach entsprechender Unterrichtung hingenommen werden würden. Dass ein Sachverständiger bei einer solchen Sachlage, d. h. ohne Ermächtigung oder auch nur Unterrichtung der Prozessparteien, eine Kürzung seiner Sachverständigenentschädigung hinnehmen muss, entspricht gesicherter Rechtsprechung (OLG Neustadt, JVBI. 1965, 285 mit weiteren Hinweisen).
Nun hat der Sachverständige zwar anlässlich einer von ihm erbetenen Fristverlängerung dem Gericht dargetan, dass die Erstellung des Gutachtens mehr Zeit in Anspruch nehmen werde, als er ursprünglich angenommen habe, und er hat auch gleichzeitig ausgeführt, in welcher Weise er das Gutachten zu erstellen gedenke, indem er die Gliederung seines Gutachtens angeführt hat. Doch hat er es verabsäumt, dem Gericht mitzuteilen, dass durch den erweiterten Arbeitsaufwand eine wesentlich höhere Entschädigungsforderung als die ursprünglich angegebene zu erwarten sei. Eine um mehr als vierfache höhere Vergütung war dem Schreiben des Sachverständigen nicht zu entnehmen, nachdem er auch schon bei der Bestimmung des zunächst angegebenen Honorars von 1000,- bis 1200,- DM die Notwendigkeit umfangreicher und gründlicher Prüfungen angeführt hatte. Das Gericht hatte deshalb keine Veranlassung, nunmehr noch vor der Erstattung des Gutachtens Abstand zu nehmen, zumal der Sachverständige darlegte, das Gutachten schon inzwischen zu einem großen Teil aufgestellt und teilweise auch schon geschrieben zu haben.
Darüber hinaus erscheint es in Ausführung des allgemeinen Rechtsgedankens von Treu und Glauben aber auch gerechtfertigt, den Grundsatz des § 650 BGB anzuwenden. Danach ist eine wesentliche Überschreitung eines Kostenanschlages unverzüglich anzuzeigen. Auch diesem Grundsatz hat der Sachverständige zuwidergehandelt. Unterbleibt aber eine Anzeige, so ist der Auftrag im Rahmen des Kostenanschlages auszuführen.
Nach alledem und unter Berücksichtigung eines gewissen Spielraums, der dem Sachverständigen bei der vom Gericht erbetenen ursprünglichen Schätzung eingeräumt werden muss, erscheint der vom Landgericht zugebilligte Mehrbetrag von 25% gerechtfertigt und angemessen."