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Leitsatz:
Wichtige Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zu Gunsten des Vorhabens Main-Donau-Kanal. u. a. zu folgenden Rechtsfragen:
Rechtsstellung von Eigentümern sog. „Sperrgrundstücke"; Anforderungen an die Linienbestimmung des BMV; Gültigkeit von Raumordnungsbescheiden nach früherem Landesplanungsrecht; verkehrspolitische Grundentscheidung für ein Vorhaben und Festlegung des Wohles der Allgemeinheit durch gesetzgeberische Entscheidung; Einschränkung der verwaltungsgerichtlichen Prüfungsmöglichkeit für derartige gesetzgeberische Entscheidungen; Planrechtfertigung der jeweiligen konkreten Planung durch Abwägung der öffentlichen und privaten Belange, insbesondere des Eigentumsrechtes.
Urteil
des Bundesverwaltungsgerichts
vom 12. Juli 1985
Zum Sachverhalt:
Beide Grundstücke wurden von dem Neubau der Teilstrecke des Main-Donau-Kanals „Stauhaltung Kelheim" betroffen; von dem Grundstück Flur Nr. 804 wurden 580 qm in Anspruch genommen.
Der Kläger begehrt die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses bezüglich der genannten Teilstrecke, die inzwischen fertig gestellt ist. Er hält den Planfeststellungsbeschluß formell und materiell für fehlerhaft.
Die Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland - Bei geladene: B-AG ist vom Verwaltungsgericht abgewiesen und die Berufung vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zurückgewiesen worden, wobei die Klage bezüglich des Grundstücks Flur Nr. 800/3 für unzulässig erklärt wurde, da der Kläger in diesem Falle keine Rechtsposition zur Abwehr einer für das Nachbargrundstück erteilten Baugenehmigung erlangt habe. Die Revision des Klägers blieb in allen Punkten erfolglos. Sie wurde vom Bundesverwaltungsgericht zurückgewiesen.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klage ist zulässig, soweit der Kläger sich gegen die Inanspruchnahme eines Teiles (580 qm) des in seinem Eigentum stehenden Grundstücks Flur 804 der Gemarkung Riedenburg wendet. Er ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts gegenwärtig berechtigter Eigentümer dieses Grundstücks. Der Entzug von Grundflächen zum Zwecke des Kanalbaues würde dieses Eigentum schmälern. Der Kläger ist daher gemäß § 42 Abs. 2 VWGO klagebefugt. Nicht erheblich ist, aus welchen Beweggründen der Kläger das Eigentum an diesem Grundstück erworben hat und dass er es im Falle vertragswidriger Nutzung oder nach Ablauf von zehn Jahren dem Voreigentümer auf dessen Verlangen rückübereignen muß. Der verfassungsrechtliche Schutz des erworbenen Eigentums (Art. 14 GG) wird durch solche Absprachen grundsätzlich nicht hinfällig. Anders möchte es sein, wenn das Eigentum nur zum Schein übertragen worden ist und auf diese Weise ein Missbrauch materieller oder prozessualer Abwehrrechte beabsichtigt wäre. Das ist hier jedoch nicht der Fall. Das von den Vertragschließenden angestrebte Ziel, unter anderem dieses Grund¬stück insgesamt für Zwecke des Naturschutzes und für landwirtschaftliche Zwecke zu erhalten, rechtfertigt auch das Mittel der (zeitweisen) Eigentumsübertragung an eine Institution, die in besonderer Weise befähigt ist, das gemeinsame - von der Rechtsordnung gebilligte - Anliegen auch prozessual mit Nachdruck zu verfolgen.
Das Berufungsgericht hat ohne Verstoß gegen revisibles Recht angenommen, dass der angefochtene Planfeststellungsbeschluß rechtmäßig und die Klage daher unbegründet ist. Dazu ist im Einzelnen zu bemerken:
Das Vorhaben steht mit der Zielsetzung und Aufgabenzuweisung des Bundeswasserstraßengesetzes vom 2. April 1968 (BGBI. II S. 173) - WaStrG - in Einklang. Nach § 12 WaStrG ist der Neubau von Bundeswasserstraßen als Verkehrswege Hoheitsaufgabe des Bundes. Mit der Planung und dem Neu¬bau des Main-Donau-Kanals nimmt der Bund diese gesetzliche Aufgabe wahr. § 12 Abs. 5 WaStrG lässt es zu, den Kanalbau einem Dritten zur Ausführung zu übertragen. Die durch den „Konzessionsvertrag" vom 30. Dezember 1921 begründete Verpflichtung der beigeladenen Rhein-Main-Donau-AG zum Ausbau des Kanals macht gemäß § 56 Abs. 3 WaStrG eine neue Übertragung überflüssig.
Entgegen der Auffassung der Revision ist die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses nicht durch § 13 WaStrG in Fragegestellt. Nach dieser Vorschrift bestimmt der Bundesminister für Verkehr im Einvernehmen mit der zuständigen Landesbehörde die Planung und Linienführung der Bundeswasserstraßen (Abs. 1); bei der Planung und Linienführung sind die Erfordernisse der Raumordnung und der Landesplanung zu beachten, soweit keine rechtsverbindlichen Programme oder Pläne nach § 5 des Raumordnungsgesetzes vom 8. April 1965 (BGBI. 1 S. 306) - RaumOG - vorhanden sind oder diese keine Bestimmungen über die Planung und Linienführung enthalten (Abs. 2 Satz 1). Die Linienführung des Kanals zwischen Nürnberg und Kelheim wurde durch Erlass des Bundesministers für Verkehr vom 28. März 1968 bestimmt. Diese Maßnahme ist nicht auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet, sondern hat innerhalb der Planung den Charakter einer die Sachentscheidung vorbereitenden Maßnahme mit allein verwaltungsinternem Charakter; sie erlangt rechtliche Verbindlichkeit gegenüber dem Baulastträger und gegenüber Dritten erst dadurch, dass sie in den Festsetzungen des Planfeststellungsbeschlusses ihren Niederschlag findet.
Die insoweit auf der Grundlage des § 16 Abs. 1 FStrG entwickelte Rechtsprechung (vgl. insbesondere Urteil vom 26. Juni 1981 - BVerwG 4 C 5.78 - BVerwGE 62, 342 -344-) muß inhaltlich auch für Planungen von Bundeswasserstraßen nach dem Bundeswasserstraßengesetz gelten. Zwar treffen die in BVerwGE 62, 344 genannten kompetenzrechtlichen Erwägungen hier nicht zu, da eigene und selbständige Verwaltungskompetenzen der Länder (Art. 90 Abs. 2 GG) hier nicht berührt sind (vgl. Art. 89 Abs. 2 GG). Aber darauf liegt auch nicht das entscheidende Gewicht der Argumentation. Letztlich kommt es darauf an, dass die Vorschrift des § 13 Abs. 1 und 2 WaStrG weder nach ihrem Wortlaut noch mit ihrem Regelungsgehalt etwas für die Annahme hergibt, dass der Gesetzgeber die „Bestimmung" von Planung und Linienführung durch den Bundesminister für Verkehr anders als eine die Sachentscheidung vorbereitende verwaltungsinterne Maßnahme verstanden hätte. Das folgt schon aus dem Verhältnis, in dem die Planungs- und Linienführungsbestimmung nach § 13 Abs. 1 und 2 WaStrG zur Planfeststellung nach den §§ 14 ff. WaStrG steht: Die Planungs- und Linienführungsbestimmung ist danach nicht innerhalb eines mehrstufig angelegten Verwaltungsverfahrens als selbständige, einer eigenen Bestandskraft fähige und für ihren Entscheidungsbereich zum Einwendungsausschluß führende Teilentscheidung ausgestaltet. Die Mitwirkung des Bundesministers für Verkehr ist vielmehr innerhalb des wasserstraßenrechtlichen Planungsprozesses ein unselbständiges Entscheidungselement auf dem Wege zum Erlass des Planfeststellungsbeschlusses, das als besonderer Vorgang im Planungsablauf nur deshalb in Erscheinung tritt, weil es durch die Kompetenzregelung zugunsten des Bundesministers für Verkehr äußerlich von anderen, nicht weniger bedeutsamen Elementen des Planungsvorganges abgehoben ist (so auch zum Verhältnis von § 16 Abs. 1 zu den §§ 17 ff. FStrG: Urteil des Senats vom 26. Juni 1981, a.a.O., S. 345/346). Daraus folgt für den vorliegenden Fall:
Selbst wenn die vorbereitende Planung und Bestimmung der Linienführung durch den Bundesminister für Verkehr fehlerhaft gewesen wäre, etwa weil der Minister - wie die Revision meint - die raumordnungsrechtlichen und landesplanerischen Anforderungen des § 13 Abs 2 WaStrG nicht hinreichend beachtet hätte, wäre nicht schon deshalb auch die angefochtene Planfeststellung rechtswidrig. Jedoch kann das Raumordnungsrecht die Rechtmäßigkeit der Planfeststellung unmittelbar beeinflussen. Denn die Planfeststellungsbehörde ist ohnehin gehalten, auch raumordnungsrechtliche und landes Verstoß gegen Bundesrecht hier nicht ersichtlich. Die Grundsätze der Raumordnung (vgl. § 2 Nr. 1 und 7 RaumOG) stehen dem Vorhaben nicht entgegen. Konkrete Maßstäbe, an denen es zu messen wäre, lassen sich ihnen nicht entnehmen. Die gemäß § 5 Abs. 4 RaumOG zu beachtenden Ziele der Raumordnung und Landesplanung geben für die konkrete Fachplanung im Allgemeinen nur einen grobmaschigen Rahmen vor, der schon von sich aus Planungsspielräume offen lässt (vgl. BVerwGE 68, 311 -316-; 68, 319 -231-). Dies gilt in besonderem Maße, wenn - wie hier - das jeweils in den Grundsätzen der Raumordnung (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 7 RaumOG) angeführte öffentliche Interesse an der verkehrs- und versorgungsmäßigen Aufschließung des Bundesgebietes unter anderem durch ein verkehrstüchtiges Wasserstraßennetz einerseits und der Schutz von Landschaft und Natur andererseits widerstreiten und bei der Planung mit dem diesen Belangen jeweils in der konkreten Situation zukommenden Gewicht zu beachten sind. Damit sind durch das Raumordnungsgesetz keine strengeren als die für die Fachplanung sich aus dem Abwägungsgebot ergebenden Anforderungen gestellt, auf die hier in anderem Zusammenhang noch einzugehen sein wird.
Hier steht zudem außer Frage, dass die Vollendung des Vorhabens den Zielen der bayerischen Landesplanung entspricht; danach ist der Main-Donau-Kanal ohne weitere Verzögerungen fertig zu stellen (vgl. zuletzt die Verordnung über das Landesentwicklungsprogramm Bayern vom 3. Mai 1984, GVBI. S. 121, ber. S. 337, Teil BX6 einschließlich der Begründung S. 273; der Planfeststellungsbeschluß -S. 48/49- nimmt auf das zur Zeit seines Erlasses vorliegende Landesentwicklungsprogramm Bayern vom 10. März 1976 - GVBI. S. 123, ber. S. 454, Bezug). Soweit die Revision die Gültigkeit des Landesentwicklungsprogramms angreift, kann ihr das nicht zum Erfolg verhelfen.
Die Planfeststellungsbehörde hat mit dem Erlass des angefochtenen Beschlusses ferner nicht gegen § 4 Abs. 5 RaumOG verstoßen. Nach dieser Vorschrift haben die Behörden des Bundes und der Länder ihre Planungen und Maßnahmen aufeinander und untereinander abzustimmen. Diesem Abstimmungsgebot ist im vorliegenden Fall insbesondere durch ein Raumordnungsverfahren (vgl. Raumordnungsbescheid des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft und Verkehr vom 22. Juli 1966), durch die Planung und Linienführungsbestimmung des Bundesministers für Verkehr im Einvernehmen mit der zuständigen Landesbehörde und durch die Orientierung an den Zielsetzungen des Landesentwicklungsprogramms Rechnung getragen worden.
Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 WaStrG bedarf der Ausbau oder Neubau von Bundeswasserstraßen der vorherigen Planfeststellung. Diese Vorschrift enthält wie auch vergleichbare Vorschriften anderer Fachplanungsgesetze (vgl. BVerwGE 48, 56 -59-; 55, 220; 56, 110 -116-) die materielle Ermächtigung der Planfeststellungsbehörde zur wasserstraßenrechtlichen Fachplanung. Zentrales Element dieser Ermächtigung ist die Einräumung einer planerischen Gestaltungsfreiheit. Diese erstreckt sich umfassend auf alle planerischen Gesichtspunkte, die zur bestmöglichen Verwirklichung der gesetzlich vorgegebenen Planungsaufgabe und zugleich auch zur Bewältigung der von dem Vorhaben in seiner räumlichen Umgebung aufgeworfenen Probleme von Bedeutung sind (vgl. dazu BVerwGE 52, 237 -245-). Allerdings bedeutet planerische Gestaltungsfreiheit nicht eine schrankenlose Planungsbefugnis. Dem Wesen rechtsstaatlicher Planung entspricht es vielmehr, dass jede hoheitliche Planung rechtlichen Bindungen unterworfen ist, deren Einhaltung im Streitfalle der Kontrolle der Verwal¬tungsgerichte unterliegt. Solche rechtlichen Bindungen ergeben sich aus den besonderen Regelungen des jeweils zur Planung ermächtigenden Gesetzes und aus allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsätzen, insbesondere aus dem Erfordernis einer auch gegenüber Art. 14 Abs. 3 GG standhaltenden Planrechtfertigung und aus den Anforderungen des Abwägungsgebotes (BVerwGE 56, 110 -116/117-; Urteil vom 22. März 1985 - BVerwG 4 C 15.83 -). Der angefochtene Planfeststellungsbeschluß verletzt die danach auch für ihn maßgeblichen rechtlichen Bindungen nicht:
Hinsichtlich der rechtlichen Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit bei dem Ausbau und Neubau von Wasserstraßen enthält § 18 WaStrG eine besondere Regelung; danach ist die Planfeststellung zu versagen, wenn
1. eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit zu erwarten ist, die nicht durch Auflagen verhütet oder ausglichen werden kann, oder
2. nachteilige Wirkungen auf das Recht eines anderen oder der in § 19 Abs. 5 bezeichneten Art zu erwarten sind, die nicht durch Auflagen verhütet oder ausgeglichen werden können (§ 19 Abs. 3 Satz 3), der Berechtigte Einwendungen erhoben hat und der Ausbau oder Neubau nicht dem Wohl der Allgemeinheit dient.
Im vorliegenden Fall ist speziell auf die Regelung in Nr. 2 abzustellen, da mit dem geplanten Eigentumsentzug von Grundflächen des Klägers (vgl. auch § 44 WaStrG) „nachteilige Wirkungen auf das Recht eines anderen zu erwarten sind". Der geplante Eingriff ist jedoch gerechtfertigt, weil das Vorhaben dem „Wohl der Allgemeinheit dient".
Die verkehrspolitische Grundentscheidung, dass der Bau des Main-Donau-Kanals zu vollenden ist, hat der Gesetzgeber durch § 56 Abs. 3 und 4 WaStrG zum Ausdruck gebracht. Er hat damit bekräftigt, dass die Vollendung des Kanals - vorbehaltlich der Planung im Einzelnen - grundsätzlich dem Wohl der Allgemeinheit diene. Das wird durch den Wortlaut des § 56 Abs. 3 und 4 WaStrG zwar nicht ausdrücklich so bezeichnet; im Vordergrund der gesetzlichen Regelung steht vielmehr die rechtliche Sicherstellung, dass die B-AG die ihr in Durchführung des Main-Donau-Staatsvertrages vom 13. Juni 1921 übertragene Aufgabe des Kanalbaues auf der Grundlage der bestehenden rechtlichen Bindungen stetig fortführe (vgl. die Begründung des Regierungsentwurfs vom 1. März 1966, Drucks. V/352 S. 18 -30-). Das setzt jedoch die verkehrspolitische Grundentscheidung des Gesetzgebers für die Vollendung des Kanals voraus, weil nur so die B-AG ihre Aufgabe erfüllen kann. Zudem ist die rechtliche Bedeutung des § 56 Abs. 3 und 4 WaStrG nur im Zusammenhang mit seiner rechtlichen Vorgeschichte richtig zu erfassen, die der Senat in seinem Urteil vom 4. Juni 1962 - BVerwG 4 C 38.62 - BVerwGE 14, 209 im Einzelnen dargelegt hat. Die bei Erlass des Bundeswasserstraßengesetzes vorgegebene Rechtslage ist einmal durch den bereits genannten Staatsvertrag vom 13. Juni 1921 und die ihm nachfolgenden Verträge geprägt. Diesbezüglich hat der Senat in seinem Urteil vom 4. Juni 1962 (a.a.O., S. 218) ausgeführt: „Verspricht ein Staat in einem Vertragswerk über Erstellung eines Schifffahrtsweges der mit der Erstellung betrauten Körperschaft jede Förderung, so erkennt er damit das Vorhaben als dem öffentlichen Wohl dienlich an." Ferner galten als Bundesrecht das Rhein-Main-Donau-Gesetz vom 11. Mai 1938 (RGBI. II S. 149) und die dazu erlassene Durchführungsverordnung vom 26. Juli 1938 (RGBI. II S. 281), soweit sie nicht infolge der Änderung der staatsrechtlichen Verhältnisse unabwendbar geworden waren (vgl. Urteil des Senats vom 21. Januar 1972 - BVerwG 4 C 34.68 - Buchholz 445.4 § 8 WHG Nr. 7). Dieses Gesetz bestimmte in seinem § 1 Abs. 1, dass die Reichswasserstraße zur Verbindung des Rheins über den Main zur Donau (bis zum Jahre 1945) fertig gestellt werden sollte. Zwar hat der Bundesgesetzgeber das Rhein-Main-Donau-Gesetz vom 11. Mai 1938 mit dem Inkrafttreten des Bundeswasserstraßengesetzes aufgehoben (vgl. § 57 Nr. 5 WaStrG). Damit hat er aber nicht die vertraglich und gesetzlich angestrebte Vollendung des Vorhabens aufgegeben. Für eine solche Absicht ergeben sich weder aus den Gesetzgebungsmaterialien noch sonst wie Anhaltspunkte.
Durch die ohne Vorbehalt zum Ausdruck gebrachte Entscheidung für die Vollendung des Kanals unterscheidet sich dieses Gesetz inhaltlich von anpassungsbedürftigen gesetzlichen Ausbauprogrammen, wie sie etwa im Fernstraßenausbaugesetz enthalten sind (vgl. dazu Urteil des Senats vom 22. März 1985 - BVerwG 4 C 15.83 -). Den dieser gesetzlichen Aussage zugrunde liegenden Bewertungen (z. B. hinsichtlich des Verkehrsbedarfs, des wirtschaftlichen Nutzens oder außerpolitischer Aspekte) hat das Gericht nicht eigene Bewertungen entgegenzusetzen, sondern es muß die Auffassung des Gesetzgebers respektieren, soweit nicht höherrangiges Verfassungsrecht Grenzen setzt.
Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen indes nicht. Der Gesetzgeber ist grundsätzlich befugt, für die Bewältigung bestimmter Probleme konkrete Regelungen (z. B. Maßnahmegesetze) zu treffen. Von dieser Befugnis hat der Bundesgesetzgeber im vorliegenden Fall in willkürfreier Weise Gebrauch gemacht. Er stand vor der Frage, wie das vorkonstitutionelle Gesetz vom 11. Mai 1938 bei der Kodifizierung des Bundeswasserstraßengesetzes zu berücksichtigen sei. Er entschied sich dafür, die im Gesetz vom 11. Mai 1938 enthaltenen Enteignungsregelung zugunsten einer rechtsstaatlichen Verfahrensweise zu beseitigen, ohne die Zielsetzung des Gesetzes, eine Rhein-Main-Donau-Verbindung herzustellen, aufzugeben. Auch darin kann eine verfassungswidrige Entscheidung nicht gesehen werden, selbst wenn man zugunsten des Klägers den Schutzbereich des Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG als berührt erachtet.
Für das Vorhaben streiten hinreichende Gründe des Gemeinwohls: Wesentlicher Grund für den Bau des Kanals ist, eine Wasserstraßenverbindung zwischen der Nord-Süd-Achse des Rheins und der Ost-West-Achse von Main und Donau zu schaffen. Die Schaffung einer solchen Verbindung drängt sich unter verkehrspolitischen Gesichtspunkten schon seit längerer Zeit auf (vgl. hierzu Held-Brüschwien, Rhein-Main-Donau, die Geschichte einer Wasserstraße, Regensburg 1929). Es soll eine Lücke geschlossen werden, um die Wasserstraßeninfrastruktur wesentlich zu verbessern. Hinzu kommen Gründe der Wasserwirtschaft, der Energiewirtschaft und der Wirtschaftsförderung (vgl. Planfeststellungsbeschluß S. 56). Zwar stehen das Ausmaß des konkreten Verkehrsbedarfs und der wirtschaftliche Nutzen im Verhältnis zu den Investitionskosten nicht fest. Das hindert jedoch die Annahme, dass das Vorhaben im Sinne des Art. 14 Abs. 3 GG dem „Wohl der Allgemeinheit" dient. Denn auch bei geringerem konkretem Bedarf und auch ohne wirtschaftlichen Nutzen für den öffentlichen Haushalt - der ohnehin bei Maßnahmen der öffentlichen Daseinsvorsorge regelmäßig nicht maßgebend ist - ist die Vollendung des Kanals sinnvoller Weise geboten. Dafür spricht außer den genannten Gründen ferner, dass das Vorhaben schon bei Inkrafttreten des Bundeswasserstraßengesetzes am 10. April 1968 zu großen Teilen fertig gestellt war. Was damit ins Werk gesetzt worden ist, ließe sich allenfalls mit erheblichem Aufwand und nicht ohne vorherige Beseitigung der bestehenden rechtlichen Bindungen - soweit dies überhaupt realisierbar ist - rückgängig machen. Davon abgesehen, ist es eine aus Gründen der Daseinsvorsorge von der Rechtsordnung vorgesehene öffentliche Aufgabe von erheblicher Bedeutung, ein mehrgliedriges Verkehrssystem (Straße, Schiene, Kanal) zu schaffen. Zur Vermeidung von Engpässen bei der Versorgung muß dessen Funktionsfähigkeit langfristig gesichert sein. Der Ausfall oder die zeitweise Störung ein¬zelner Verkehrswege muß kurzfristig ausgeglichen werden können. Darauf ist eine hoch industrialisierte Wirtschaft angewiesen. Auch die Versorgung der Bevölkerung macht angesichts der im Bundesgebiet dichten Siedlungsstruktur eine ausreichende Vorsorge erforderlich (vgl. hierzu auch Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 20. März 1984 - 1 BvL 28/82 - BVerfGE 66, 248 -258- betreffend Enteignung zum Zwecke der Energieversorgung).
Die demnach auch den Anforderungen des Art. 14 Abs. 3 GG standhaltende Grundentscheidung des Gesetzgebers für die Vollendung des Main-Donau-Kanals regelt freilich nicht, wie das Vorhaben nach Art und Umfang, insbesondere in Einzelheiten der Trassenführung, ausgebaut werden darf. Ob die konkrete Planung insgesamt rechtmäßig ist und ob das Wohl der Allgemeinheit die Enteignung gerade auch des privaten Grundbesitzes des Klägers rechtfertigt, ergibt sich abschließend erst aufgrund einer Abwägung der von der konkreten Planung berührten öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander (vgl. BVerwGE 48, 56 -63-; 56, 110 -122-; Urteil vom 22. März 1985 - BVerwG 4 C 15.83 -, UA S. 12). Das Abwägungsgebot ist jedoch durch den angefochtenen Planfeststellungsbeschluß nicht verletzt worden.
Hinsichtlich der Eigentumsrechte des Klägers, die durch die Planfeststellung überwunden werden (vgl. § 44 WaStrG), hat das Berufungsgericht festgestellt, dass die Planfeststellungsbehörde die Betroffenheit des Klägers gesehen und zutreffend eingeschätzt habe. Diese Betroffenheit sei nur gering; der Kläger sei nämlich nicht auf die Nutzung des kleinen Grundstücks angewiesen. Seine Eigentümerposition sei auch des¬halb schwach, weil der Voreigentümer Rückübereignungsansprüche geltend machen könne. Die Annahme des Berufungsgerichts, dass bei dem Ausgleich zwischen den schwachen Belangen des Klägers und der objektiven Gewichtigkeit der dem Allgemeinwohl dienenden Planungsmaßnahme dem Bau der Großschifffahrtsstraße der Vorzug habe eingeräumt werden dürfen, lässt Rechtsfehler nicht erkennen.
Sofern es dem Kläger weniger um die Wahrung seiner privatrechtlichen Rechtsposition als vielmehr in Verfolgung der Vereinszwecke um den Schutz von Landschaft und Natur geht, musste die Planfeststellungsbehörde dies nicht als einen privaten Belang des Klägers gesondert in die Abwägung einstellen. Soweit das in Rede stehende Grundstück in seinem gegenwärtigen - nach Meinung des Klägers zu schonenden - Zustand Bestandteil der hier ringsum besonders schutzwürdigen Umwelt ist, ist dieses Schutzinteresse in Wahrheit als öffentlicher Belang in die Abwägung einzubeziehen. Dem¬gegenüber könnte das damit sachlich übereinstimmende allgemeine Umweltschutzinteresse des Klägers nur dann ein besonderes Gewicht haben, wenn zusätzliche spezielle Gründe (z13. im Falle der Züchtung von seltenen Pflanzen oder Tieren gerade auf diesem Grundstück) vorlägen. Davon ist hier nicht die Rede.
Der verfassungsrechtliche Eigentumsschutz gestattet es jedoch dem Kläger auch geltend zu machen, dass der Planfeststellungsbeschluß deshalb rechtswidrig sei, weil bei der Abwägung ein dem Vorhaben widerstreitender öffentlicher Belang verkannt oder fehlgewichtet worden sei (vgl. BVerwGE 67, 74). Dem stehen im vorliegenden Fall die Beweggründe des Eigentumserwerbs und die vertraglichen Rückkaufsrechte der Voreigentümer nicht entgegen. Wie schon unter dem prozessualen Gesichtspunkt der Klagebefugnis ausgeführt wurde, ist hier nicht anzunehmen, dass der Eigentumsschutz von dem Kläger nur zum Schein begehrt wird. Insbesondere wird der Eigentumsschutz nicht dadurch gemindert, dass mit ihm gleichgerichtete Umweltschutzinteressen verfolgt werden. Auch das Grundstück des Klägers ist ein Teil der Natur, die durch den geplanten Kanalbau beeinträchtigt wird.
Entscheidend ist, dass die dem Vorhaben widerstreitenden Belange des Natur- und Landschaftsschutzes von der Planfeststellungsbehörde in ihrer wahren Bedeutung erkannt und dass mit Hilfe des landschaftspflegerischen Begleitplans die Beeinträchtigung von Landschaft und Natur erheblich gemildert worden sind. Die Entscheidung zugunsten des Kanalbaues in der hier vorgesehenen Trassenführung durch Teile des Altmühltals leidet daher nicht an einer Fehlgewichtung; sie ist nicht wegen Überschreitung der Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit rechtlich zu beanstanden.
Ob und in welcher Weise das Berufungsgericht hierzu Feststellungen getroffen und die Abwägung der Planfeststellungsbehörde auf die Einhaltung der angeführten rechtlichen Grenzen überprüft hat, ist den Gründen der Berufungsentscheidung selbst nicht zu entnehmen. Das Berufungsgericht hat sich mit diesen Fragen jedoch schon in den Gründen seines rechtskräftigen Beschlusses vom 18. Dezember 1981 - Nr. 8 B 81 A. 1128 - (S. 107 ff.) näher befasst, der den anschließenden Abschnitt der Staustufe Kelheim (km 157,000’ bis km 164,700) betrifft.
Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass Natur und Landschaft des Altmühltals nicht durch eine andere Trassenwahl auf eine verkehrsmäßig vertretbare Weise besser hätten geschützt werden können. Ferner hat das Berufungsgericht seine Überzeugung begründet, dass der verbindliche landschaftspflegerische Begleitplan die Einbindung des Kanals und die Bewahrung der vorhandenen Natur und Landschaft gewährleistet (vgl. a.a.O., S. 111). Dies lässt Rechtsfehler nicht erkennen. Auch die Annahme des Berufungsgerichts, es habe nicht darüber zu entscheiden, ob mit der Art des Ausbaues - einschließlich des landschaftspflegerischen Begleitplans - die bestmögliche Lösung getroffen sei, ist richtig. Mit den vorgesehenen landschaftspflegerischen Maßnahmen (z. B. durch eine standortgerechte Bepflanzung, eine vielfältige und naturnahe Gestaltung der Ufer mit wellenschlaggeschützten Bereichen durch die Anlage von Bermen und Wellenbrechern, von Flachwasserzonen und Leitwerken, die Erhaltung abgeschnittener Altmühltalschleifen und Altwässer, mit der vorhandenen Ufervegetation sowie der Entwicklung naturnaher Biotope und Regenerationsbereiche in geeigneten Randbereichen) ist der Eingriff in Natur und Landschaft jedenfalls so weit gemildert, dass das mit der Planfeststellung zum Ausdruck gebrachte Abwägungsergebnis nicht als auf der Fehlgewichtung einzelner Belange beruhend oder insgesamt als Fehleinschätzung angesehen werden muß.
Nach alledem war die Planfeststellung nicht gemäß § 18 Nr. 2 WaStrG zu versagen. Auch Nr. 1 dieser Vorschrift greift hier nicht ein. Eine nicht durch Auflagen hinreichend ausgeglichene Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit liegt hier nicht vor, da die Vollendung des Kanals auch hinsichtlich des hier in Rede stehenden Teilstücks und der dafür vorgesehenen Art des Ausbaues - wie dargelegt - dem Wohl der Allgemeinheit dient.
Der Kläger - A - hatte im Jahre 1979 ein Grundstück, Flur 804, Wiesengelände Gemarkung Riedenburg, durch notarielle Schenkung der Eheleute K. mit einer im einzelnen geregelten Rückübertragungsverpflichtung erworben. Er hat es sodann verpachtet. Ferner war für den Kläger seit 1973 eine Auflassungsvormerkung für ein weiteres in der Gemarkung Riedenburg gelegenes Grundstück, Flur 800/3, eingetragen.