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Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschiffahrt
Urteil
vom 10. Juni 1998
374 Z – 7/98
(auf Berufung gegen das Grundurteil des Rheinschiffahrtsgerichts Duisburg-Ruhrort vom 7. April 1997 - 5 C 57/96 BSch -)
Tatbestand:
Die Parteien streiten um die Folgen eines Schiffsunfalls, der sich am 11. August 1995 gegen 9.35 Uhr bei hellem Wetter auf dem Rheinstrom bei Km 711, Ortslage Dormagen, ereignet hat. In diesem Bereich des Reviers befindet sich im Kurvenbereich ein breiter Grund. Die Fahrrinne reicht von dem Rand dieses Grundes bis nahezu zum linksrheinischen Ufer, wo an jenem Tage Stillieger lagen. Bei einer Fahrt in Strommitte befindet man sich im rechtsrheinischen Teil des Fahrwassers. Die Klägerin ist Eigentümerin des TMS Z (1.323 ts groß, 93 m lang, 11,40 m breit, 1000 PS stark), das zur Zeit nachbeschriebener Ereignisse von Schiffsführer Rommers verantwortlich geführt worden ist. Der Beklagte ist Eigentümer des von ihm selbst geführten MS A (1.344 ts groß, 80 m lang, 9 m breit, 1000 PS stark). Am 11. August 1995 befand sich das mit 1.064 ts Butan beladene TMS Z auf dem Rhein in der Bergfahrt von Rotterdam nach Godorf. Gegen 9.35 Uhr erreichte das Schiff bei klarer Sicht Rhein-km 711. Ihm kam das in der Talfahrt befindliche und mit 1.151 ts Kies beladene MS A entgegen. Über Kanal 10 sprachen die Schiffsführer eine Begegnung Steuerbord an Steuerbord ab. Im Zeitpunkt der Absprache wäre eine solche Begegnung problemlos möglich gewesen. Spätestens im Zeitpunkt der Absprache zeigte TMS Z die blaue Tafel. Auf MS A wurde weder jetzt noch im weiteren Verlauf der Ereignisse die blaue Tafel gezeigt. Nachdem sich die Schiffe weiter bis auf 200 bis 400 m angenähert hatten, rief Schiffsführer R das MS A nochmals über Funk an, um nunmehr eine Begegnung Backbord an Backbord zu verabreden. Dies lehnte Schiffsführer Randel von MS A ab. Kurz darauf kollidierten die Schiffe bei Rhein-km 710,8 bis 711. Im Zeitpunkt der Kollision hatte TMS Z keinen Vorausgang mehr. Der Beklagte hat in Kenntnis des Unfalls und seiner Folgen sein Fahrzeug zu neuen Reisen ausgesandt. Aus Anlaß des Unfalls ist das Verklarungsverfahren 5 II 8/95 Schiffahrtsgericht Duisburg-Ruhrort durchgeführt worden. Die Wasserschutzpolizei in Köln hat das Ermittlungsverfahren 197/95 eingeleitet.
Die Klägerin hat behauptet, TMS Z sei im rechtsrheinischen Teil des Fahrwassers mit blauer Seitenflagge und Blinklicht zu Berg gefahren. Schiffsführer Rommers habe den ihm entgegenkommenden Talfahrer über Kanal 10 angesprochen und eine Begegnung Steuerbord an Steuerbord verlangt. Der Talfahrer habe nicht geantwortet und seinen Kurs beibehalten. Schiffsführer Rommers habe deshalb seine Durchsage wiederholt. Jetzt habe MS A geantwortet, sich entschuldigt und die Begegnung Steuerbord an Steuerbord bestätigt. Weil der Abstand der Fahrzeuge nur noch ca. 600 m betragen habe, habe Schiffsführer R die Umdrehungszahl seiner Maschine verringert und gleichzeitig ein Ausweichmanöver des Talfahrers entsprechend der Absprache erwartet. Weil dieses Manöver ausgeblieben sei, habe sich Schiffsführer R auf einen Abstand der Schiffe von 300 bis 400 m erneut gemeldet und habe wegen des kurzen Abstandes zu bedenken gegeben, die Begegnung besser Backbord an Backbord durchzuführen. Schiffsführer Ra habe jedoch die Begegnung Steuerbord an Steuerbord verlangt und erst jetzt damit begonnen, das Ausweichmanöver nach Backbord einzuleiten. Inzwischen habe TMS Z zurückgemacht und sei schon zu Tal gegangen. Gleichwohl sei MS A mit seinem Steuerbordvorschiff gegen den Kopf von TMS Z gestoßen. Der Kollisionsort sei vom linken Ufer 120 m entfernt gewesen.
Ihren Schaden hat die Klägerin auf 31.637,10 DM beziffert und Zahlungsverzug behauptet.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten außer dinglich haftend mit dem MS A im Rahmen des Binnenschiffahrtsgesetzes auch persönlich haftend zu verurteilen, an die Klägerin 31.637,10 DM nebst 4% Zinsen seit dem 25.6.1996 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat vorgetragen, MS A sei in mittigem Kurs zu Tal gefahren. TMS Z sei linksrheinisch fahrend entgegengekommen, ohne die blaue Tafel gesetzt zu haben. Eine problemlose Begegnung Backbord an Backbord sei zu erwarten gewesen. Bei einem Abstand der Schiffe von 600 bis 700 m habe TMS Z plötzlich die blaue Flagge gezeigt. Gleichzeitig habe er über Funk eine Weisung zur Begegnung Steuerbord an Steuerbord gegeben. Weisungsgemäß sei A von der Strommitte zum linken Ufer gefahren, während Z vom linksrheinischen Ufer zur Mitte gewechselt habe. Obwohl die Änderung der Kursweisung viel zu spät erfolgt sei, hätten sich die Schiffe bei einem Abstand von 200 bis 300 m in einer Position befunden, die eine problemlose Begegnung Steuerbord an Steuerbord habe erwarten lassen. Kaum sei diese Position erreicht worden, habe sich TMS Z erneut gemeldet und eine Begegnung Backbord an Backbord verlangt. Der Beklagte habe sofort widersprochen, da eine solche Begegnung wegen des geringen Abstandes der Schiffe nicht mehr möglich gewesen sei. Dennoch habe TMS Z, ohne die blaue Flagge einzuziehen den Kurs von der Strommitte zum linken Ufer hin gewechselt. Der Beklagte habe daraufhin über Funk wiederholt, daß eine Backbord an Backbord - Begegnung unmöglich sei, und er auf seinem linksrheinischen Kurs für die unverändert mit blauer Seitenflagge gewiesene Begegnung Steuerbord an Steuerbord bleibe. Gleichwohl habe der Schiffsführer von TMS Z keine Kurskorrektur zur Strommitte hin vorgenommen und seinen Kollisionskurs beibehalten. Die Schiffe seien dann mit den Vorschiffen zusammengestoßen.
Das Rheinschiffahrtsgericht hat nach Beiziehung der Verklarungsakten 5 II 8/95 Schiffahrtsgericht Duisburg-Ruhrort und der Ermittlungsakten A.- 197/95 WSP Köln durch das am 7. April 1997 verkündete Urteil die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt.
Zur näheren Begründung seiner Entscheidung hat das Rheinschiffahrtsgericht ausgeführt, der Beklagte habe den Unfall verschuldet, weil er als Schiffsführer des zur Tal fahrenden MS A nicht den Weg genommen habe, den ihm das TMS Z gewiesen habe. Dieser Weg sei geeignet gewesen. Hingegen liege kein Mitverschulden der Schiffsführung des TMS Z an der Begegnungskollision vor.
Gegen dieses Urteil hat der Beklagte mit dem Ziel einer Abweisung der Klage Berufung eingelegt und die Entscheidung der Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschiffahrt erbeten.
Der Beklagte führt aus, TMS Z habe keine rechtzeitige und eindeutige Kursweisung gegeben.
Nur die erste Kursweisung Backbord an Backbord sei rechtzeitig und eindeutig gewesen. Die darauffolgende Weisung zu einer Begegnung Steuerbord an Steuerbord sei verspätet aber noch so eindeutig gewesen, daß eine problemlose Begegnung möglich gewesen sei. Die weitere Weisung zu einer Begegnung Backbord an Backbord sei nicht nur verspätet, sondern auch unklar und Ursache für die Havarie gewesen. Z habe A keinen geeigneten Weg freigelassen. Das ergebe sich aus der durch ein „Kursweisungsdurcheinander“ ausgelösten Gefahrenlage und einem Abweichen von dem hier bestehenden schiffahrtsüblichen Kurs. MS A habe unverzüglich nach der Kursweisung Steuerbord an Steuerbord seinen ursprünglich mittigen Kurs nach linksrheinisch verändert, so daß trotz der zeitlich knappen Weisung eine problemlose Begegnung zu erwarten gewesen sei. TMS Z habe keinen konsequenten rechtsrheinischen Kurs gehalten. Z sei nicht rechtsrheinisch gefahren.
Der Kollisionsort sei nicht in Strommitte gewesen, sondern linksrheinisch.
Die letzte Weisung zu einer Begegnung Backbord an Backbord habe sich infolge eines „Kursweisungsdurcheinander“ unfallursächlich ausgewirkt. Es habe sich um keine Maßnahme des letzten Augenblicks gehandelt, weil die Gefahrenlage durch Z herbeigeführt worden sei.
Das unterlassene Typhonsignal sei schadensursächlich gewesen und begründe den Vorwurf überwiegenden Verschuldens.
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen und der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der des Verklarungsverfahrens aufzuerlegen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin tritt den Ausführungen in dem angefochtenen Urteil bei und denen des Beklagten entgegen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Beklagten ist in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden. In der Sache konnte seine Berufung jedoch keinen Erfolg haben.
Das Rheinschiffahrtsgericht hat mit Recht ein alleiniges, zum Schadensersatz verpflichtendes Verschulden des Beklagten an der Begegungskollision der beteiligten Schiffe festgestellt und jedes Mitverschulden der Schiffsführung des TMS Z verneint.
1. MTS Z hat rechtzeitig und eindeutig dem entgegenkommenden MS A den Kurs für eine Begegnung Steuerbord an Steuerbord gewiesen. Ohne Erfolg beruft sich der Beklagte darauf, zunächst sei eine Kursweisung Backbord an Backbord erteilt worden. Schiffsführer R hat bei seiner Vernehmung im Verklarungsverfahren angegeben, er habe bereits bei Rhein-km 713,0, wo er den Übergang gemacht habe, die blaue Tafel bei gehabt. Die Berufungskammer hat keine Bedenken, an diesen Angaben zu zweifeln.
2. Auch dem weiteren Beweisergebnis des Verklarungsverfahrens ist zu entnehmen, daß Schiffsführer Rommers von TMS Z nicht erst bei der Annäherung an die spätere Unfallstelle die Seitentafel gezeigt hat, sondern auf beträchtliche Entfernung zuvor. So hat der Zeuge V, der Schiffsführer des bei Rhein-km 711,3 stielliegenden MS B gewesen ist, vom Deck seines Schiffes aus gesehen, wie TMS Z etwa bei Rhein-km 712,5 mit blauer Flagge zu Berg fuhr. Berücksichtigt man, daß dieser Zeuge keine Angaben darüber gemacht hat, ob er TMS Z bereits vorher nach dem Übergang beobachtet und auch nicht gesehen hat, daß die blaue Flagge im Zeitpunkt seiner Beobachtung gesetzt wurde, muß angenommen werden, daß dies vorher erfolgt sein muß, wie das Schiffsführer R angegeben hat. Auch der Zeuge K, der Schiffsführer des MS L gewesen ist, hat bei Ablegen seines Schiffes von dem Steiger 5 der Verladeanlage Dormagen, linksrheinisch bei Rhein-km 710 sich durch einen Blick aus dem Steuerhaus seines Schiffes überzeugt, ob sein Manöver gefahrlos möglich sei. Dabei hat er nach rückwärts gesehen, ob sich Bergfahrt näherte. Hierbei hat er etwa einen Kilometer unterhalb einen Bergfahrer mit blauer Flagge gesehen und an der Farbe erkannt, daß es ein Schiff seiner Firma gewesen sei. Später habe er dann festgestellt, daß es sich um TMS Z gehandelt habe.
Die Berufungskammer glaubt dem Zeugen K. Daß sein Schiff dem gleichen Eigner gehört, begründet für sich gesehen keine Bedenken gegen die Glaubwürdigkeit dieses Zeugen.
Auch wenn sich die Beobachtungen des Zeugen K nur auf die Lage im Revier im Zusammenhang mit seinem Ablegemanöver bezogen und nichts darüber besagen, ob TMS Z bereits zuvor die Seitentafel gezeigt hat, bestätigt seine Aussage, daß dieses Schiff jedenfalls mindestens 800 m vor dem Erreichen des Kollisionsorts die Seitentafel bei hatte.
Aus dem sonstigen Beweisergebnis lassen sich keine sicheren Aufschlüsse darüber gewinnen, wann Schiffsführer R die blaue Seitentafel gesetzt hat.
Der Zeuge B, der Steuermann an Bord des TMS Z gewesen ist, hat nur allgemein gesagt, daß dieses Schiff die blaue Seitenflagge gesetzt hatte, ohne aber angeben zu können, wann das geschehen war. Seine Angaben sind daher ohne besonderen Beweiswert.
Der Zeuge Vo, der Schiffsführer des MS Le, hat mit seinen Besatzungsmitgliedern, den Zeugen L und W Beobachtungen aus der Schiffswohnung gemacht, als der Abstand der Kollisionsgegner bereits kritisch geworden war, und sie deshalb dem Unfallgeschehen ihre Aufmerksamkeit zuwandten. Sie haben zu dieser Zeit gesehen, daß Z die blaue Seitentafel gesetzt hatte, was unstreitig ist.
Die Zeugen W, Gr und Z haben auf dem sich nähernden TMS Z keine blaue Seitentafel gesehen. Die Zeugen de Vries und Krupp haben die blaue Seitenflagge erst auf kurzen Abstand der Schiffe oder zur Zeit der Kollision beobachtet.
Der Beklagte selbst will die blaue Seitentafel erst auf einen Abstand der Schiffe von 700 m gesehen haben, was in etwa mit den Angaben seiner Ehefrau Ga übereinstimmt, die die blaue Seitentafel auf TMS Z erst im Zeitpunkt der Kursweisung Steuerbord an Steuerbord gesehen haben will. Es mag richtig sein, daß der Beklagte und seine Ehefrau erst zu diesem sehr späten Zeitpunkt die Kursweisung erkannt haben. Das beweist aber nicht, daß die blaue Seitentafel erst jetzt gesetzt worden ist. Vielmehr muß davon ausgegangen werden, daß die Darstellung von Schiffsführer R bei seiner Vernehmung richtig ist. Denn der Beklagte hat sich nach der zweiten Kursweisung Steuerbord an Steuerbord überhaupt erstmals über Funk gemeldet und sich zunächst entschuldigt, er habe TMS Z nicht gesehen. So hat es Schiffsführer Rommers ausgesagt. Seine Aussage erscheint auch deshalb glaubhaft, weil diese Erklärung unabhängig voneinander und übereinstimmend auch der Zeuge Gr vom Schubverband K und die Zeugin V von MS V gehört und im Verklarungsverfahren bezeugt haben.
Bei zusammenfassender Würdigung des Beweisergebnisses des Verklarungsverfahrens ist die Berufungskammer unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles der Überzeugung, daß auf TMS Z die blaue Seitentafel bei dem Übergang dieses Schiffes etwa 2 km vor der späteren Unfallstelle und damit in einem erheblichen Abstand der Schiffe gesetzt worden ist, weil bei einem solchen Abstand der Schiffe der gegenüber dem Bergfahrer etwa doppelt so schnelle Talfahrer zur gleichen Zeit noch etwa 4 km von dem späteren Kollisionsort entfernt gewesen ist. Selbst wenn TMS Z erst 1 km vor der späteren Unfallstelle die blaue Seitenflagge gesetzt hätte, hätte der Abstand der beiden späteren Kollisionsgegner zu dieser Zeit noch etwa 3 km betragen. Die Berufungskammer ist daher der Überzeugung, daß die Kursweisung des TMS Z nicht verspätet, sondern rechtzeitig erfolgt ist. Nach dem Gesamteindruck der Beweisaufnahme war die Zeichengebung auch eindeutig.
3. Aus dem Beweisergebnis folgt, daß MS A zu keiner Zeit eine Kursweisung Backbord an Backbord erteilt worden ist.
4. Die festgestellte Kursweisung des TMS Z durch die blaue Seitenflagge verlangte von dem zu Tal fahrenden MS A, die Begegnung Steuerbord an Steuerbord. Diese Weisung hat Schiffsführer R bei der Annäherung der Schiffe zweimal über Funk angesagt. Den ersten Anruf mit der Kursweisung hat der Beklagte unbeachtet gelassen. Erst auf den zweiten Anruf hat er, wie ausgeführt, mit einer Entschuldigung und dann mit einer Kursbestätigung beantwortet.
5. Daß der gewiesene Weg zur Begegnung für MS A geeignet gewesen ist, stellt der Beklagte selbst nicht Infrage. Zwischen den unfallbeteiligten Schiffen und den Stilliegern am linken Ufer war jedenfalls ausreichend Raum für eine gefahrlose Passage, wenn der Talfahrer pflichtgemäß und rechtzeitig seinen Kurs nach linksrheinisch richtete. Daran hat der Beklagte es fehlen lassen und hierdurch die Kollision verursacht.
6. Der Beklagte kann sich zu seiner Entlastung weder auf ein „Kursweisungsdurcheinander“ noch auf eine Abweichung von schiffahrtsüblichen Kursen durch TMS Z berufen.
a) Von einem „Kurweisungsdurcheinander“ kann keine Rede sein. Es muß zunächst hervorgehoben werden, daß Schiffsführer R das entgegenkommende Tankmotorschiff nicht gesehen hat, was sicherlich schon einen schweren nautischen Verstoß darstellte. Er hat ferner den ersten Anruf des Bergfahrers nicht zur Kenntnis genommen, was darauf beruhen mag, daß er TMS Z übersehen und deshalb den Anruf nicht auf sich bezogen hat, was die Berufungskammer aus seiner Entschuldigung schließt. Wenn es aber bei der Annäherung der Schiffe zunächst keine Kursweisung Backbord an Backbord gegeben hat, blieb nur die Kursweisung Steuerbord an Steuerbord, auf der der Beklagte im letzten Abschnitt der Geschehnisse nach seinen eigenen Angaben im Verklarungsverfahren auch bestanden hat. Daß Schiffsführer Rommers nach der zweiten Kursweisung Steuerbord an Steuerbord für den Beklagten überraschend auf 300 m Abstand der Schiffe dem Talfahrer vorschlug „Machen wir lieber Backbord an Backbord“ führte schon deshalb zu keinerlei Verwirrung, weil der Beklagte darauf nicht eingegangen ist, sondern auf einer Begegnung Steuerbord an Steuerbord beharrte. Es ist also zu keiner abweichenden Kursverständigung gekommen. Nach der Überzeugung der Berufungskammer können Schiffsführer R aus diesem Vorschlag einer abweichenden Kursweisung keine Vorwürfe gemacht werden, weil er aufgrund des Kollisionskurses des Talfahrers annehmen konnte, daß eine Begegnung Steuerbord an Steuerbord nicht mehr möglich sei. Denn MS A hat erst unmittelbar vor dem Zusammenstoß den Kopf ein wenig nach Backbord genommen, wie der Zeuge V angegeben hat. Zwar will der Beklagte seinen Angaben zufolge nach der Kursweisung seinen Kurs nach Backbord hin verlegt haben, dabei kann es sich aber um keine sachgerechte Kursänderung gehandelt haben, anderenfalls es nicht zum Zusammenstoß seines schnell zu Tal fahrenden Schiffes mit dem erheblich langsameren und bei einem Ausweichmanöver trägeren Bergfahrer gekommen wäre. Wie die Kurse der Schiffe im Strom gewesen sind, läßt sich aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme nicht exakt feststellen, da die Aussagen der vernommenen Zeugen schwanken. Jedenfalls verliefen die Kurse aber im mittleren Drittel des Fahrwassers und jedenfalls so weit vom linken Ufer entfernt, daß MS A nach der Kollision gefahrlos an den Stilliegern vorbeifahren konnte, mag auch der Abstand des Kollisionsortes abweichend von den Angaben des Schiffsführers R und seines Steuermanns B und anderer Zeugen recht dicht am linken Ufer und so nahe an den Stilliegern gelegen haben, daß zwischen diesem Ort und den Stilliegern ein Schiff nicht mehr hätte wenden können. Schon daraus muß aber entnommen werden, daß A jedenfalls genügend Raum für eine gefahrlose Begegnung hatte, wenn man der Kursweisung Folge leistete. Das aber ist hier gerade unterblieben. Nicht der Bergfahrer mußte ausweichen, um A weiteren Raum zu verschaffen, sondern A war gehalten, den ihm gewiesenen geeigneten Weg zu nehmen.
b) Die vom Beklagten gerügte Nichtbeachtung schiffahrtsüblicher Kurse durch die Schiffsführung des TMS Z ist unter den hier gegebenen Verhältnissen unbegründet. Zur Zeit der Schleppschiffahrt war die Beachtung schiffahrtsüblicher Kurse für die sichere Fahrt langer und schwerfälliger Schleppzüge von großer Bedeutung, weil starke Strömungen in den Flußkrümmungen die Fahrt schwierig und gefahrvoll gestalteten. Die heutige Schiffahrt ist hingegen zu einer sicheren Fahrt auch gegen erhebliche Strömung in Flußkrümmungen und Hanglagen hinreichend technisch ausgerüstet. Unter diesen Umständen kommt schiffahrtsüblichen Kursen nur noch an besonderen Gefahrenstellen Bedeutung in dem Sinne zu, daß anderen Fahrzeugen dort ein Weg zu weisen ist, der den gesteigerten Anforderungen an die Sorgfalt zur Vermeidung gefahrvoller Begegnungen entspricht. Flußkrümmungen, wie die bei Dormagen, können jedoch nicht als eine solche Gefahrenstelle eingestuft werden, auch wenn sich dort eine Verladeanlage befindet, wo regelmäßig Stillieger anzutreffen sind, die Rücksichtnahme in Form einer Geschwindigkeitsreduzierung verlangen. Denn dieser Teil des Reviers ist übersichtlich. Die Strombreite ist nicht eingeschränkt und die Strömungsverhältnisse des Rheins bedeuten für moderne Motorschiffe hier keine besonderen Gefahren.
7. Schiffsführer R kann entgegen der Ansicht des Beklagten auch nicht vorgeworfen werden, in der gegebenen Situation schuldhaft ein Schallsignal unterlassen und hierdurch den Unfall mitverursacht zu haben.
Der Beklagte hat das zu Berg kommende TMS Z nach eigenen Angaben auf etwa 700 m Abstand gesehen. Nach seinen weiteren Angaben hat er die geforderte Weisung zur Begegnung Steuerbord an Steuerbord zu dieser Zeit erkannt und ausdrücklich als möglich bezeichnet. Schon aus diesem Grunde ist nicht ersichtlich, welchen Aufschluß ihm ein Schallzeichen über die von ihm wahrgenommene Kursweisung hinaus hätte vermitteln können. Möglicherweise hätte ein Schallsignal vor dem ersten Anruf über Funk ihn früher zur Aufmerksamkeit veranlaßt als der zweite Anruf von Schiffsführer Rommers. Das aber kann nicht als unfallursächlich erachtet werden, weil der Beklagte nach seinen eigenen Angaben im Verklarungsverfahren rechtzeitig durch den zweiten Anruf über Funk die erteilte Kursweisung erkannt hatte und dieser Kursweisung nach der Lage im Revier und den beiderseits gesteuerten Kursen risikolos hätte entsprechen können. Daß es zur Kollision der Fahrzeuge gekommen ist, beruht nicht auf einem unterbliebenen Schallsignal, vielmehr hat der Beklagte es unterlassen, den ihm gewiesenen geeigneten Weg zu nehmen.
Nach alledem mußte es bei dem angefochtenen Urteil sein Bewenden haben.
8. Die Kosten des Berufungsverfahrens waren dem Beklagten nach § 97 ZPO aufzuerlegen.
9. Aus den dargelegten Gründen wird für Recht erkannt:
Die Berufung des Beklagten wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Festsetzung dieser Kosten gemäß Artikel 39 der Revidierten Rheinschiffahrtsakte erfolgt durch das Rheinschiffahrtsgericht Duisburg-Ruhrort.