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303 P - 3/94 - Berufungskammer der Zentralkommission (Berufungsinstanz Rheinschiffahrt)
Entscheidungsdatum: 15.06.1994
Aktenzeichen: 303 P - 3/94
Entscheidungsart: Urteil
Sprache: Deutsch
Gericht: Berufungskammer der Zentralkommission Straßburg
Abteilung: Berufungsinstanz Rheinschiffahrt

Urteil der Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt

vom 15. Juni 1994

303 P - 3/94

(ergangen auf Berufung gegen das Urteil des Rheinschifffahrtsgerichts Straßburg vom 22. März 1993- 1 E 286/93 -)

Tatbestand und Verfahren:

Am 13. März 1990 wurde die MS "V", die leer zum Laden in dem Hafenbecken von Fort-Louis I in der Gemarkung der Gemeinde STATTMATTEN (Bas-Rhin) lag von den Gendarmen der Brigade Fluviale (Wasserschutzpolizei) GAMBSHEIM kontrolliert, die dem Besitzer und Führer dieses Schiffes, „LS“ die obigen Zuwiderhandlungen vorwarfen, derentwegen er vor das Rheinschifffahrtsgericht Straßburg zitiert wurde.

Da „LS“ nicht erschienen war und das Gericht festgestellt hatte, dass die Zuwiderhandlungen begangen wurden, wurde er durch Säumnisurteil vom 27. Mai 1991 zu einer Geldsstrafe von 4.000 Francs verurteilt.

In einem zweiten Urteil in Abwesenheit vom 28. September 1992 wurde das erste bestätigt.

„LS“ hatte nach Zustellung des Urteils vom 27. Mai 1991, die laut Protokoll vom 17. November 1992 durch die Gendarmerie erfolgte, Berufung eingelegt und da er zu der auf den 22. März 1993 anberaumten Verhandlung erneut nicht erschienen war, wurde unter diesem Datum ein Urteil in wiederholter Abwesenheit gesprochen. Gegen dieses Urteil hat RA „G“ Berufung eingelegt.

Er formuliert eine Reihe von Berufungsgründen, die die Nichtigkeit der ergangenen Entscheidungen so wie die Verjährung der Verstöße belegen sollen, d.h.:

1. die Vorladung für die Verhandlung am 27. Mai 1991 wurde nicht am Wohnort von „LS“ zugestellt, womit sie ungültig ist und damit auch das Säumnisurteil;

2. die Zustellung des Urteils vom 27. Mai 1991 erfolgte an „LS“ in einer ihm nicht verständlichen Sprache, womit sie ungültig ist und als Folge auch das Säumnisurteil wegen wiederholter Abwesenheit aufgehoben werden muss;

3. durch die Nichtigkeit der Vorladung zur Hauptverhandlung wurde die Verjährungsfrist nicht unterbrochen und die Klage ist folglich verjährt.
 
Ohne insbesondere Gründe in der Sache geltend zu machen, beantragt er, dass die Berufungskammer die Nichtigkeit der Zustellungen, der Vorladungen und der Urteile verkündet so wie Freispruch von „LS“ von weiterer Strafverfolgung.

Die Staatsanwaltschaft beantragt ihrerseits Anerkennung der Ordnungsmäßigkeit der Verfahren und Bestätigung der ergangenen Urteile.

Begründung

Die in der gesetzlichen Form und Frist eingelegte Berufung ist zulässig;

„LS“ wurde ordnungsgemäß für den 27. Mai 1991 vor die Anklagebehörde des Oberstaatsanwalts Straßburg geladen;

Die Vorladung wurde den niederländischen Behörden zur Weiterleitung an die Adresse SNEEK, wo der Betroffene gegenüber den Gendarmen, die das Protokoll aufnahmen, erklärt hatte zu wohnen, übergeben;

Dem Ersuchen wurde nicht statt gegeben und auch nicht an die Adresse ROTTERDAM, wo „LS“ laut der städtischen Polizei von SNEEK wohnte;

Hingegen wurde das Säumnisurteil vom 27. Mai 1991, das durch das Urteil vom 28. September 1992 bestätigt wurde, „LS“ ordnungsgemäß am 17. November 1992 an Bord seines Schiffes durch einen Gendarmen, einen dazu berechtigten Kriminalbeamten, zugestellt, der umgehend den Widerspruch des Betroffenen entgegennahm und ihn über den Termin, auf den die Sache anberaumt war, informierte;

In dem Protokoll der Gendarmerie ist zu lesen, dass „LS“ erklärt hat: „meine Muttersprache ist Niederländisch, aber ich verstehe Deutsch ziemlich gut“ woraufhin der aufnehmende Gendarm vermerkt „seine Angabe zur Person und seine Aussage wurden ihm auf Deutsch übersetz und vorgelesen";

In Artikel 6 Absatz 4 der Europäischen Menschenrechtskonvention ist festgesetzt, dass jeder Angeklagte das Recht darauf hat, über Art und Grund der gegen ihn erhobenen Klage in einer ihm verständlichen Sprache informiert zu werden;

„LS“ bestreitet nicht, dass er Deutsch versteht; im Übrigen habe er einen Rechtsanwalt mit seiner Verteidigung betraut, der habe jedoch am Tag der Verhandlung sein Mandat nieder gelegt;

Bezüglich des Verjährungsgrundes geht aus den Angaben in der Akte hervor, dass der gesetzliche Wohnort von „LS“ zum Zeitpunkt der Ladung in der Tat Sneek war;

Die Vorladung vom 17. Dezember für den Gerichtstermin am 27. Mai 1991 ist somit ordnungsgemäß;

Das Säumnisurteil von diesem Datum hat verjährungsunterbrechende Wirkung bis zum Tag des Widerspruchs, das heißt bis zum 17. November 1992;

Seit diesem Datum ist bis zu dem Urteil in wiederholter Abwesenheit weniger als ein Jahr vergangen, weshalb die Verjährung nicht vollendet ist;

Aus dem zuvor Dargelegten geht hervor, dass „LS“ von den ihm vorgeworfenen Tatbeständen wie auch von dem Gerichtstermin Kenntnis hatte;

Die gegen das Berufungsurteil vorgebrachten Einwände sind demnach nicht begründet;

Die von den Gendarmen gegen „LS“ aufgenommenen Tatbestände sind erwiesen und exakt qualifiziert;

Die Behauptungen in dem Brief des Sekretärs des „B“ an das Rheinschifffahrtsgericht Straßburg vom 23. Januar, demzufolge er persönlich festgestellt haben will, dass die aufgeführten Fakten keinen Bestand haben, können nicht berücksichtigt werden, da die besagten Feststellungen zu einem Zeitpunkt nach dem Säumnisurteil, von dem er auf eigene Bitte eine Kopie erhalten hat,  gemacht wurden;

Die von dem Erstrichter ausgesprochene Strafe ist gerechtfertigt

und folglich aufrecht zu erhalten.


Aus diesen Gründen

erklärt die Berufungskammer:

Die von „LS“ gegen das Urteil des Rheinschifffahrtsgerichts vom 22. März 1993 eingelegte Berufung ist in der Form zulässig aber nicht begründet.

Die Berufung wird abgewiesen und das besagte Urteil wird in allen seinen Bestimmungen bestätigt.

„LS“ wird zur Übernahme der Kosten des Berufungsverfahrens verurteilt.