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Leitsatz:
Aufwendungen eines Dritten, z. B. im Verklarungsverfahren, können als Prozeßkosten im Sinne des § 91 ZPO von einer Prozeßpartei nur geltend gemacht werden, wenn sie im Interesse der Partei entstanden, nicht dagegen, wenn die Kosten im eigenen Interesse des Dritten aufgewendet sind.
Beschluß des Oberlandesgericht-Rheinschiffahrts-Obergericht in Köln
vom 1. Juli 1969
3 W 32/69
(Rheinschiffahrtsgericht Duisburg-Ruhrort)
Zum Tatbestand:
Bei einem Schiffsunfall hatten Kahn M und 2 Schiffe der Reederei S. Schäden erlitten. Die Beschwerdegegnerin als Versicherin von M hatte die Schäden an den Schiffen der Reederei S. reguliert und sich die Ansprüche nebst Gerichts- und Anwaltskosten von der Reederei S. abtreten lassen. Über den Hergang des Unfalls hatte ferner, ein Verklarungsverfahren stattgefunden, in dem die Reederei S. durch einen Anwalt vertreten war. Die , Beschwerdegegnerin hatte außer der Hauptforderung auch die durch die Teilnahme der Reederei S. am Verklarungsverfahren entstandenen Kosten gezahlt. Sie hatte sodann ein rechtskräftiges Grundurteil gegen die Beschwerdeführer zu 1 und 2 (die Eignerin des TMS T und dessen verantwortlichen Schiffsführer) erwirkt. In dem Höheverfahren wurde die Hauptsache für erledigt erklärt und schließlich entschieden, daß die Beschwerdeführer gesamtschuldnerisch die Kosten des ersten Rechtszuges zu übernehmen hätten. Im Kostenerstattungsverfahren hat die Beschwerdegegnerin auch die Kosten der Prozeßbevollmächtigten der Reederei S. in Rechnung gestellt, die der Urkundsbeamte jedoch mangels deren Beteiligung am Rechtsstreit abgesetzt hat.
Der Erinnerung der Beschwerdegegnerin hat das Rheinschiffahrtsgericht stattgegeben, weil die Beschwerdeführer die Verklarungskosten hätten zahlen müssen, wenn die Reederei S. selbst geklagt hätte, und es nur im Interesse der Beschwerdeführer gelegen habe, daß die Beschwerdegegnerin diese Kosten nicht im Hauptverfahren geltend gemacht habe, um so den Streitwert niedrig zu halten. Die jetzige Ablehnung widerspreche daher den Grundsätzen von Treu und Glauben. Auf die sofortige Beschwerde der Beschwerdeführer ist dieser Beschluß jedoch wieder aufgehoben und die Erinnerung zurückgewiesen worden.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die der Reederei S. durch die Teilnahme am Verklarungsverfahren - 5 II 3/67 - entstandenen und von der Beschwerdegegnerin ersetzten Kosten sind keine zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten des Rechtsstreits der Beschwerdegegnerin gegen die Beschwerdeführer, so daß keine Erstattung nach § 91 ZPO möglich ist.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Senates sind - wie der erste Richter zutreffend festgestellt hat - Kosten der Teilnahme am Verklarungsverfahren als Teil der Kosten eines aus dem betreffenden Schiffsunfall erwachsenen Rechtsstreites anzusehen und damit nach § 91 ZPO erstattungsfähig. Dies gilt jedoch nur dann, wenn die Verklarungskosten einer Partei selbst und nicht einem außerhalb des Prozesses stehenden Dritten entstanden sind.
Zwar haben bereits das Kammergericht (in JW 36, 3330; 38, 1336; 39, 569) und in Bestätigung dieser Rechtsprechung das OLG HAMM (in Büro 66,518) und das OLG Düsseldorf (in Büro 66,428) entschieden, daß unter Umständen auch Aufwendungen eines hinter einer Partei stehenden Dritten als Prozeßkosten im Sinne des § 91 ZPO zu berücksichtigen seien; dies aber nur unter der Voraussetzung, daß diese Aufwendungen von dem Dritten im Interesse der Partei gemacht worden sind. Das ist regelmäßig dann der Fall, wenn eine hinter der Partei stehende Versicherung Aufwendungen macht, um der Partei das Ergebnis ihrer Aufwendungen im Prozeß zu Gute kommen zu lassen. Hingegen stellen Kosten, welche ein hinter der Partei stehender Dritter i m eigenen Interesse für die Zwecke des Prozesses gemacht hat, grundsätzlich keine Kosten der Partei dar und sind daher nicht nach § 91 ZPO erstattungsfähig. Die Teilnahme der Reederei S. am Verklarungsverfahren geschah im eigenen Interesse, da für sie, als an der Havarie unmittelbar Beteiligte, die Klärung des Unfallherganges und der Schuldfrage für ihr zukünftiges Verhalten von größter Bedeutung war.
Diese zur Zeit ihrer Entstehung ausschließlich im eigenen Interesse der Reederei S. aufgewendeten Kosten sind daher nicht zu erstatten. Die Abtretungserklärung ist für die Frage der Kostenerstattung im Kostenfestsetzungsverfahren ohne Bedeutung. Der Senat verkennt nicht, daß der vom Vorderrichter vertretene Standpunkt zu einer für das Verklarungsverfahren praktikablen Regelung führt. Die rechtlichen Bedenken, die gegen eine solche Entscheidung sprechen, erscheinen jedoch so gravierend, daß der Senat sich ihr nicht anzuschließen vermochte. Der erste Richter hat mit Recht festgestellt, daß die der Reederei S. entstandenen Kosten keine echten Prozeßkosten der Beschwerdegegnerin und daher nicht unmittelbar nach § 91 ZPO erstattungsfähig sind. Der Grundsatz von Treu und Glauben, von dem die Entscheidung allein getragen wird, vermag das vom ersten Richter gewonnene Ergebnis jedoch nicht zu rechtfertigen, weil er im vorliegenden Falle nicht zu einer analogen Anwendung des § 91 ZPO führen kann. Bei den der Reederei S. entstandenen Kosten handelt es sich nämlich um einen Teil des ihr bei der Havarie entstandenen Schadens. Eine solche Schadensersatzforderung der nicht am Rechtsstreit beteiligten Reederei S. kann die Beschwerdegegnerin als Zessionarin jedoch nicht im Wege der Kostenerstattung geltend machen, sondern nur als Teil der materiellrechtlichen Schadensersatzforderung aus der Havarie. Dies hat die Beschwerdegegnerin jedoch verabsäumt, so daß die Forderung nunmehr verjährt ist. Diese Schadensersatzforderung nach Treu und Glauben der Beschwerdegegnerin im Wege der Kostenerstattung zuzusprechen würde bedeuten, daß sie einen Erstattungsanspruch erhielte, obwohl die Schadensersatzforderung bereits verjährt ist und daher als solche nicht mehr geltend gemacht werden kann. Der Grundsatz von Treu und Glauben darf aber nicht dazu führen, die Verjährung eines Anspruchs zu umgehen...."